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Allgemeine Encyclopädie HIS-Data
5139-1-11-146-1
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Werk Bearb. ⇧ 11. Th.
Artikel: BODENZINS - BODFELD
Textvorlage: Göttinger Digitalisierungszentrum
Siehe auch: HIS-Data Bod
Hinweise: Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Bearbeitung
Inhalt:
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Bodianus ⇨

⇧ S. 146 Sp. 2  
Forts. S. 146 Sp. 2 BODENZINS, Grundzins, Grundrente, rente foncière, ist die Vergütung, welche der Eigenthümer eines Grundstücks für dessen Benutzung von dem Nichteigenthümer empfängt.♦  
  In dieser Einfachheit, ohne beigemischte Vergütung für Kostenauslagen auf das Grundstück heißt er ursprünglicher Bodenzins, und beruht allein auf dem Eigenthumsrecht. Er entsteht ohne Rücksicht auf den Kaufpreis der Grundstücke, und seine Entstehung wird vielmehr durch die Unveräußerlichkeit derselben befördert, weil die Nichteigenthümer des Bodens bedürfen, und' seine Benutzung wenigstens erwerben müssen, wenn sie ihn selbst nicht erwerben können. Ist er aber vorhanden und sind die Grundstücke veräußerlich, so wird sich ihr Kaufpreis nach dem Bodenzinse richten. Hat z. B. ein Eigenthümer für die Benutzung eines Angers, oder Steinbruchs einen Bodenzins von 5 Thlr. erhalten, so wird er bei dem Geldzinsfuß von 5 Proc. nicht unter 100 Thlr. verkaufen.♦  
  Wenn der Bodenzins allein auf dem Eigenthumsrecht beruht, so folgt, daß ihm kein Ertrag gegenübersteht, woraus er bezahlt wird, weil das Eigenthum weder eine Sache noch die Eigenschaft einer Sache ist, sondern blos die Befugniß über sie bestimt; weil es also keinen Ertrag gibt, und sich darauf auch nicht bezieht. Gründet sich daher der Bodenzins auf das Eigenthumsrecht, so bestimt er sich nicht nach der natürlichen Fruchtbarkeit des Bodens, und wenn er es z. B. bei einer Baustelle thun sollte, so würde er in einem Pfennigbruch selbst zu London in der Nähe von Carltonhouse bestehen.♦  
  Indeß ist doch der Bodenzins neben dem Arbeitslohn und dem Verlagsertrag seit den Physiocraten 1) als der dritte Theil des ursprünglichen Einkommens angenommen. Aber Smith 2) selbst schwankt, und verweist den Verlagszins in das abgeleitete Einkommen, Kraus 3) faßt alle drei Theile unter Arbeitsertrag zu-
 
 
  • 1) Die Physiocraten nahmen den Bodenzins wahrscheinlich als das unantastbare Eigenthum in ihre Lehre auf, um sich und sie vor dem Vorwurf zu verwahren, das Grundeigenthum anzugreifen.
  • 2) On the wealth. 1. 63. und 1. 338. 414. 2. 414. Seine verschiedenen Äußerungen rügt Lauderdale Inquiry into the nature of public wealth. 1804.
  • 3) Statswirthschaft. 1. 24.
 
S. 147 Sp. 1 BODENZINS ⇧ Inhalt 
  sammen, und Rau 4) bemerkt, daß aus demselben Grunde wie der Verlagszins auch der Bodenzins in das abgeleitete Einkommen gehören würde.♦  
  Man kann freilich das ursprüngliche Einkommen nach dem Maß der Kräfte vertheilen, welche dabei von Seiten des Bodens, der Arbeit, und ihrer Hilfsmittel zusammenwirken, aber dieses führt zu dem reinen Grundertrage, und nicht zum Bodenzinse. Hier steht dem Einkommen vom Boden sein Ertrag gegenüber, und nicht das Eigenthum; und es gibt keinen andern Erwerber als den Arbeiter. Mischt man das Eigenthum in die Rechnung, so erhält man eine fremde Größe 5).♦  
  Beruhet nun der Bodenzins auf dem Eigenthumsrecht, und wird er doch als Theil des ursprünglichen Einkommens angenommen, so vereinigt sich unrichtig ein Eintheilungsgrund aus der Rechtslehre mit dem Eintheilungsgrund aus der Wirthschaftslehre, so tritt dadurch das abgeleitete Einkommen der Grundeigenthümer in die Stelle des ursprünglichen Einkommens der Arbeiter, so entsteht Verwirrung, und so bleibt unerklärlich, wie die Grundrente keinen nothwendig gegebenen Satz für ihre Größe hat, obgleich ihn der Arbeitslohn und der Verlagszins hat; denn das Daseyn des Bodens wird durch den Bodenzins nicht bedingt, das Daseyn der Arbeiter und des Verlags wird aber durch ihre Unterhaltskosten bedingt. Der Arbeitslohn hat seinen nothwendigen Satz in dem unentbehrlichen Lebensbedarf des Arbeiters, mit ihm fehlt auch der Arbeiter, dagegen fehlt der Boden nicht, wenn auch der Bodenzins wegfällt. Wiederum kann der Arbeitslohn nicht höher seyn, als der Arbeitsertrag, wenn die Arbeit nicht unterbleiben soll; und der Bodenzins kann höher seyn, als der Bodenertrag, wenn der Boden nur Hilfsmittel zu anderm Erwerb ist, und das ist er nicht blos bei städtischen Baustellen, sondern selbst bei vielen Bauergütern.  
  Alle Arbeit, jede Warenbereitung, die Arbeiter lassen sich vermehren, der Boden allein läßt sich nicht vermehren. Seine Eigenthümer stehen den Nichteigenthümern als Alleinhändler mit dem beliebtesten und unentbehrlichsten Gegenstande gegenüber. Der Bodenzins ist das Einkommen, welches durch dieses Vorrecht gewährt wird. Er richtet sich nach dem Verhältniß der Eigenthümer und der Nichteigenthümer, und bestimt sich im Allgemeinen zum Vortheil der Eigenthümer, weil die beiden Bedingungen alles Preises zu ihrem Vortheil sind. Das Angebot der Länderei ist von Anfang an beschränkt, die Nachfrage durch Reiz und Nothbedarf gespornt, und je größer und wohlhabender die Volksmenge wird, je mehr Landerzeugnisse sie bedarf, destomehr muß der Bodenzins steigen.♦  
  Er richtet sich nach dem Marktpreise der Landerzeugnisse im Allgemeinen, weil der Zinsmann soviel abgeben kann, als er, nach Abzug seines Arbeitslohns und Verlagzinses, für den Bodenertrag auf dem Markt empfängt; und der Bodenzins richtet sich ferner nach allen Vortheilen, welche die Güter im Ertrage und Absatz haben; das fruchtbarste Land zunächst an dem theuersten Markt wird die höchste Grundrente gewähren,
 
 
  • 4) Handbuch der Nationalwirthschaftslehre 1. 179.
  • 5) Gött. Gel. Anz. St. 80. v. 1822.
 
S. 147 Sp. 2 BODENZINS  
  das unfruchtbarste Land zunächst dem wohlfeilsten Markt wird den niedrigsten Bodenzins geben, wenn es nicht ganz zinslos liegen bleibt.♦  
  Es ist schon bemerkt, daß der Bodenzins mit steigender Wohlhabenheit und Bevölkerung steigt, dagegen mit sinkender Wohlhabenheit und Bevölkerung sinkt; aber beides kann auch umgekehrt der Fall seyn, weil er nicht auf statswirthschaftlichem, sondern auf statsrechtlichem Grunde beruht, und weil er nothwendig fallen muß, wenn der Grund unter ihm weggenommen wird. England gibt von dem ersten Fall ein Beispiel, die Kriegspreise hatten dort die Bearbeitung und den Bodenzins von Ländereien möglich gemacht, welche bei Friedenspreisen die Kosten nicht ersetzen, und nun wieder wüst liegen; und ließe man dort das Getreide von dem verarmten festen Lande zu, so würde die Grundrente von allen, selbst den fruchtbarsten Ländereien, wegfallen, ohne daß der Reichthum des Landes sich verminderte, weil die städtische Bevölkerung das gewinnen würde, was die ländliche verlöre, weil die Grundeigenthümer, aber nicht der Landbau zu Grunde gehen, weil Handel und Gewerbe noch mehr aufblühen würden. Es wäre ein unglückseliger aber keinesweges ein bettelhafter Zustand.♦  
  Ein anderer Fall ist, wenn Kriegssteuern ausschließlich auf den Landbau gelegt, und im Frieden beibehalten werden, welche sich dann desto weniger auf den Gewerbstand übertragen, weil die Landleute die Märkte überführen müssen, um durch den Verkauf ihrer Erzeugnisse die Steuergelder zu bekommen, und dann desto mehr erzeugen müssen, je größer die Wohlfeilheit wird, während der Gewerbstand zugleich durch diese Wohlfeilheit und durch auswärtigen Absatz empor komt. Hier vermehrt sich der allgemeine Wohlstand auf Kosten der Landeigener, und des Bodenzinses, aber der Bodenzins kann sich auch und hat sich wirklich auf Kosten des allgemeinen Wohlstandes vermehrt, wenn und wo das Land aus großen Gütern besteht, welche Pächtern eingethan, durch Leibeigene bestellt, und wo die Erzeugnisse auswärts verkauft werden und dem großen Haufen kaum das nothwendigste Brodkorn verbleibt.♦  
  Der entgegengesetzte Misbrauch ist, wenn dem Bodenzinse Gewalt angethan und er verkümmert wird. Sind die Grundstücke, doch nicht mit unbestimmter Theilbarkeit, und ist der Bodenzins in freiem Verkehr, so verliert er sich durch Ankauf und Verkauf in die Rechnung des reinen Gutsertrags, als dessen Theil hat er seinen Preis wie das sicherste und bestimmteste Einkommen, und folgt dem allgemeinen Stande und Gange des Reichthums.♦  
  Die Lehre vom ursprünglichen Grundzinse würde nicht in die Statswirthschaft gekommen seyn, wenn der Grundzins als Abgabe zur Anerkennung der Grundherrlichkeit nicht durch ganz Europa verbreitet wäre. In Teutschland hat er seit Einführung der Grundsteuer festbestimmte Sätze angenommen, aber er ist zu verschieden, als daß er einen allgemeinen Maßstab zuließe, wie z. B. den Werth der natürlichen Fruchtbarkeit, welcher zum Theil und namentlich in Betref der Viehweiden neuerdings bei den Grundsteueranlagen zur Anwendung gekommen ist.♦  
  Die ursprüngliche Grundrente finden wir ungewiß, wir mögen sie in der Schule oder in der Erfahrung betrachten, und da sie in der zusammengesetzten Grundrente für Bodennutzung im Zustande  
S. 148 Sp. 1 BODERSWEYER ⇧ Inhalt 
  künstlicher Fruchtbarkeit mit Wirthschaftsgebäuden u. s. w. in dem Pachtzins mitenthalten ist, so fällt ihr Begriff mit dem Begriff des reinen Ertrags nicht zusammen, oder die Ertragsberechmmgen fallen geringer als die Pachtgebote, die Verpächter sind im Vortheil gegen die Pächter, das Verpachten ist vortheilhafter als das Verkaufen, und das Verpachten im Kleinen noch vortheilhafter, als das Verpachten im Großen.♦  
  Über die einzelen Grundrenten von Äckern, Gärten, Weinbergen, Wiesen, Forsten u. s. w., vgl. die hieher gehörigen Artikel, auch Pacht 6).
   
Bodersweyer BODERSWEYER, bedeutendes Dorf von 800 Einw. 145 Bürgern, eben so vielen Häusern, 7 Schirm- und 7 Judenfamilien mit einer Synagoge, im Großh. Baden, Bezirksamte Bischofsheim am hohen Steg, durch die Produktion seines Hanfes merkwürdig, welcher als Schleiß- und Spinnhanf nach Frankreich, Holland u. s. w. jährlich zu 600 bis 900 Centner ausgeführt wird.
   
Bodfeld BODFELD, ein altes Jagdschloß der sächsischen Kaiser, von dem nur noch Grabenreste die alte Stelle, ¾ Stunden südwestlich von Elbingerode, am nördlichen Thalrand der Bode nachweisen. Heinrich I. wurde hier 936 krank, Heinrich III. starb hier 1056 in den Armen Papst Victor II. Es gehörte ein großer Forst- u. Jagddistrikt (das jetzige Amt Elbingerode und ein Theil des Blankenburgschen) dazu, und alles tauschte Heinrich II. 1008 an Gandersheim, welches Stift bis in die neuesten Zeiten Lehnherr von Elbingerode war, von dem nachher der Bezirk den Namen tauschte. Die Grafen von Hohenstein Wernigerode und Stolberg besaßen ihn nach einander seit dem Anfange des 12ten Jahrh. und noch spricht das Letztre ihn an (s. Elbingerode) *).
 
  • 6) Rau Handb. der Nat. Wirthschaftslehre I. 234. fl. Lotz Handb. der Wirthschaft 1. 514. fl. 3. 211.
  • *) Delius Bruchst. aus der Geschichte des Amtes Elbing. Wernig. 1813.
 
   
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Stand: 3. Januar 2018 © Hans-Walter Pries