HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-5-13
Additiones > §. 13
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Auch ein überschießender ertrag wohl anzuwenden
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    ⇦ S. 76: §. 12
S. 76 (Forts.) §. 13.
  Den überschiessenden ertrag von solchen entweder zusammen geschlagenen oder eintzelen corporibus (dessen zwar in denen bisherigen bösen zeiten nicht viel seyn mag*) soll und will man fast aller orten hinwieder zu anderweiter ausleihung und ergrösserung des capitals anwenden; Es
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  scheinet aber nicht ohne ungelegenheit zu seyn. Zwar haben es hiebevor die prälaten und vorsteher der clöster auch nicht anderst gemacht, und sind wol die meisten intraden der geistlichen güter von dergleichen mitteln, da man ersparte einkünffte hinwieder auf gült und zinsen, an geld, getreid und wein, ausgeliehen, oder liegende gründe erkauffet, in so ansehnlichen stand gerathen, da anfangs die ersten stifftungen mehrentheils gering gewesen. Gleichwie aber schon längst bey grossen regimentern wahrgenommen worden, daß mit dem progress der geistlichen bereicherung dem gemeinen wesen kein nutz geschaffet worden, dahero etlicher orten die erkauffung der immobilien denen geistlichen corporibus verbotten; Also möchte aus ebenmäßiger betrachtung auch dergleichen wider das zunehmende ausleihen und wuchern mit milden einkünfften nicht undienlich seyn, als durch welches doch endlich nicht allein pfand-recht, sondern auch das eigenthum der güter erlanget, und mancher fauler gesell und übeler haußwirth, der in mangel solcher aufnahms-mittel besser haußhalten, das schwelgen einstellen, und seines beruffs fleißiger abwarten müste, folgends zu grunde gerichtet wird. Insonderheit aber ist zu betrachten, daß, wo durch GOttes segen die renthe der geistlichen güter die jährliche ordinair ausgabe übertrifft, dennoch ohne allen zweiffel im lande arme und mangelhaffte kirchen- und schul-diener, oder zum wenigsten hauß-arme, krancke und hülffs-würdige leute sind, denen man aus solchem überschuß mit grosser vergnügung
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  beyspringen könte. Ein vorrath zwar, wo er zu hben, ist aller orten gut, jedoch in seiner maasse, und daß weder die christliche mildigkeit versäumet, noch untreuen dienern zu viel vertrauet, oder das corpus der capitalien unnöthig ergrössert, und hernach die einbringung schwer gemacht, oder, wie es wol ehe geschehen, indem man sich auff den neuen zugang verlässet, das alte nicht geachtet, und ins stecken gebracht werde. Schiene also das beste, daß der überschuß sothaner corporum, wenn er eine gewisse summe, (die da etwa zu einem noth-pfennig und reparation der schäden, die man bey administration der güter offt zu gewarten, zurück zu legen, oder an gewisse örter auszuthun wäre) übertroffen hat, anderweit mildiglich an wohlverdiente und benöthigte personen, oder löbliche sachen, angewendet, und weitere vermehrung des capitals unterlassen würde.**
  * Es ist zwar wohl wahr, daß heut zu tage den denen meisten piis corporibus kein sonderlicher jährlicher überschuß anzutreffen, vielmehr hat man alle hände voll zu thun, daß nur die nöthigen ausgaben bestritten, und schuldenlasten verhüthet werden können: Ich weiß aber nicht, ob die schuld eben oder allein an den bisherigen bösen zeiten liege. Denn überhaupt sind wohl allemahl gute und böse zeiten unter einander in der Welt vermenget gewesen, wie man dieses aus denen alten und neueren historien sattsam findet. Diesemnach so glaube ich vielmehr, daß die meiste schuld an übeler administration solcher güther gelegen; Denn vieler orten gebrauchet man die gotteskästen und pia corpora zur ungebühr, von welchen ein ieder succedirender administrator etwas ziehen will: Die von der gemeinde wollen auch nicht leer ausgehen und stehen
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  wohl gar in den gedancken, weil sie zu des corporis erhaltung beygetragen, so müste ihnen auch bedürffenden falls wieder etwas davon zu guthe kommen: Anderer unzuläßigen absichten, welche denen, so mit dergleichen sachen zu thun gehabt, nicht unbekant sind, zu geschweigen. Daher es denn geschicht, daß ehe man sichs versiehet, diese corpora ins abnehmen gerathen sind, und eine erstaunende menge restanten, und unter solchen viele, so verstorben und verdorben, sich finden. Wenn nun hingegen die hohe Obrigkeit auf die verwaltung solcher güther fleißige auffsicht führen lassen wolte, würden solche, sie seyn auch sonst so geringe als sie wollen, sich bald vermehren Massen es bey allen dingen nicht so wohl an der Menge des einkommens, sondern an nützlicher administration und proportionirten ausgabe gegen die einnahme gelegen ist.
  ** Ich habe diese im text berührte anmerckung in der erfahrung vor wohl befunden, man siehet es auch noch täglich, daß nach dem gemeinen slentrian die einkünffte sothaner corporum nicht recht gehandhabet, einem administratori nach dem andern in solche einzugreiffen verstattet, ja von dem gemeinen mann wohl gar vor ein gemeines ærarium gehalten, da hingegen die versorgung der kirchen und Schuldiener, und zumahl der armen und preßhafften personen gar hindan gesetzet werden. Meine gedancken gehen demnach dahin, daß vor allen dingen die administration aller piorum corporum im lande mittelst vorschreibung gewisser regeln genau eingerichtet, so denn wenn ein iedes sothaner corporum ein erkleckliches einkommen, zusamt einen nothdürfftigen capital auf unvermuthete falle, vor sich gebracht, im übrigen nicht eben beständig auf die vergrösserung des capitals und einkommen gesehen, (denn dadurch kömmt man nur in den päbstlichen mißbrauch und enerviret die republic) sondern der überschuß zu anderweiten nützlichen gebrauch angewendet werde; als da sind: 1. die versorgung anderer armer Gotteskästen, kirchen und schuldiener, deren viele in
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  schlechten stande, und öffters sich nicht recht erhalten können, wie davon bereits im II. Theil. cap. 11. p. 297. erinnerung gethan worden. 2. Die errichtung nützlicher schulen und accademien, wodurch der republic gleichfals ein mercklicher nutzen auf verschiedene arth entstehet. 3. Die stifftung guter armen und waisen-häuser, woran in unseren Teutschlande sonderlich ein grosser mangel erscheinet, und die armen fast in keinem lande schlechter versorget werden, massen die hin und wieder befindliche Allmosen anstallten nicht hinlänglich sind. 4. Die anrichtung krancken- und invaliden-häuser vor arme preßhaffte und sonst in der republic diensten beschädigte personen. Ich kan aber diese stücke dißmahl nicht weiter ausführen.
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Stand: 12. August 2017 © Hans-Walter Pries