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⇦ S. 80: §. 13 |
S. 80 (Forts.) |
Bey eben diesem
Cap. IV. §. 5. |
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§. 14. |
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WEgen etlicher standespersonen, welche an sich selbst ihrer
geburt wegen Reichs-stände, oder etlicher Herrschafften halben, die sie in
landsäßigen orten haben, Land-Stände und unterthanen sind, pflegt die frage zu
entstehen: Ob dieselbe personen, wegen dergleichen landsäßiger Herrschafften,
die sie in solcher qualität von dem Landesfürsten recognosciren, nur in
realibus, und nicht in mere personalibus, für landsassen zu halten? In realibus
præsupponiret man, und verstehet unter solchen termino allhier, daß sie an
solchen vollkömmlich landsäßigen Herrschafften, und auff deren bezirck und
unterthanen, dem Landes-Fürsten das Territorium gestehen, mit folge,
appellation, visitatione Episcopali, und dergleichen juribus: Daß sie sich auch
nicht weigern, ihrer administration halben, an denselben orten für dem
Landes-Fürsten |
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S. 81 |
Von der Landsäßigk. immediat. Reichsst. §.14. |
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rechenschafft zu geben, auch so fern personaliter vor ihme
zu stehen, wo sie nemlich in solchen Herrschafften contrahiren oder
delinquiren. Mere personalia aber nennet man allhier, wenn sie ausser dem
bezirck derselben Herrschafften, und in ihren Reichs-Lehen, oder sonst
anderswo, durch contract verbunden, und also zum exempel blosser, auff die
landsässigen örter, weder tacite, noch expresse versicherter schulden halben
personaliter für dem Landes-Fürsten, dem sie ratione der landsäßigen
Herrschafft geerbhuldiget haben, conveniret und beklaget werden. Die
Landes-Fürsten wollen beydes von ihnen erfordern*, fürnemlich aus zweyen fundamenten,
als (1.) daß solche personen nicht allein vasallen, sondern auch erbgehuldigte
unterthanen, also mit ihrer person individue dem Landes-Herrn zum gehorsam
verbunden sind, woraus geschlossen wird, daß sie ihn indirecte, und also auch
in mere personalibus, für ihren richter halten, und ihm dannenhero gleicher
gestalt gehorchen sollen, wenn er saget: Solve quod debes, und vermeynet man an
den landes-fürstlichen höfen nicht, daß dieses der Reichs-Freyheit einen
abbruch verursache. Denn man muß doch allenthalben die schuldigkeit endlich
leisten, und hat der actor electionem fori, wenn der reus mehr, als an einem
ort, seßhafft ist, auch begehren sich hierüber die Fürsten in der
administration der Reichs-Herrschafften, und was darvon dependiret, nicht zu
mengen. (2.) Werden in den fürstlichen cantzeleyen und hoffgerichten actus
allegiret und gezeiget, daß in solchen fällen, |
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Additiones zum 1. T. C. 4 §. 5. |
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auch in mere personalibus, dergleichen personen sich
submittiret haben. Hingegen setzen sich darwider die vasallen und landsassen,
die sonst ihres geschlechts und anderer güter halben frey und immediat sind,
und restringiren ihre landsässerey und geleistete huldigung einig und allein
auff den bezirck und administration der Herrschafften, die sie, als landsäßig,
inne haben, dafür achtende, wo sie auch in mere personalibus sich submittirten,
daß ihnen ihre Reichs-freyheit gantz vernichtet würde. Dieses wird
unverfänglich, und sonder einiges Theils præjuditz, zu dem ende angeführet, daß
man spüren möge, wie mancherley qæstion aus der definition eines Land-standes
entspringe, welches etwan nicht von allen so gründlich bedacht wird. Denen
fürstlichen cantzeleyen und hoff-gerichten kan niemand mit fug verdencken, daß
sie über der observantz der vorfahren halten. Einem jeden ehrlichen mann und
diener gebühret, præsentem statum tueri, den stand, den er gefunden, zu
behaupten, bevorab, da er es mit gutem gewissen thun, und kein scheinbarlich
wider recht und erbarkeit lauffendes hinderniß erkennen kan. Denen
Reichs-Grafen, Herren und freyen Ritterschafften, ist ihre freyheit auch lieb; Ob aber
in der sache, wenn sie zu vergleichen getrachtet würde, nicht ein mittel-weg zu
finden, der beyden Theilen ersprießlich wäre, darüber lässet man diejenige,
welche es angehet, ihrem besten verstande nach, urtheilen. |
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* Man muß aber hiebey nicht davor halten, als wenn
durchgängig alle Landes-Fürsten im Teutschen Rei- |
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S. 83 |
Von der Landsäßigk. immediat. Reichsst. §.14. |
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che, welche ein territorium clausum haben, dergleichen Recht,
daß deren auswärtige Vasallen, ob sie gleich im übrigen Reichsfrey, auch in
blossen personal fällen vor ihren Gerichten stehen müssen, prætendireten,
sondern es sind nur einige, welche dieses als ein altes recht aus der observanz
deduciren wollen. Notabel ist, daß die in Thuringen gesessene Grafen bereits im
13 Seculo sich denen Landgrafen in Thuringen gäntzlich unterworffen, wie aus
denen an Landgraf Heinrichen ausgestellten reversalien d. a. 1248 abzunehmen
ist. Anderswo ist dergleichen subjection bereits einigermassen durch gewisse
pacta gemäßiget worden Uberhaupt aber ist zu mercken, daß ein jeder
Landes-Fürst, welcher sothanes recht in unverrückter observanz hergebracht, sich auch
gerne dabey erhalten will: Denn ob gleich die angezogenen gründe der immediaten
Stände zum theil nicht zu verwerffen; So halten sie doch auch in allen den sich
nicht, Massen nicht folget, das wenn sie in mere personalibus vor den
Landes-Fürsten stehen müssen, ihnen dadurch ihre Reichs-freyheit gantz vernichtet
würde. Denn es bleibet vielmehr diese so wohl ihrem stande nach, als auch wegen
der übrigen hoheit und befugniß, so sie in ihren inmmediaten Landen haben,
ihnen annoch in seiner maasse feste stehen, kan also im übrigen denenselben
gleich viel seyn, ob sie in einer blossen personal-sache vor einem hohen
Reichs-gerichte, oder vor dem Landes-Fürsten, welchem sie wegen anderer
landsäßigen guther und Herrschafften unterworffen, belanget werden. Zumahln
auch der respect, den sie insgemein und in causis feudum non concernentibus dem
Landes-Herrn schuldig, ein solches erfordert, diesemnach man nicht sehen kan,
wie der bekante trauchius in Iur Publ dieses herkommen als der vernunftt und
billigkeit zuwieder lauffend behaupten konnte Jedoch können und wollen wir
hierinnen keinem Theile etwas zu nahe geschrieben haben, wie wir denn auch
wohl |
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Additiones zum II. T. C. 1 §. 1. |
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glauben, daß ein jeder sein recht, so gut er kan, zu
mainteniren suchen werde. Eine dieser sachen nahe kommende frage ereignet sich
noch darinnen: Ob immediate personen, z. e. die von der freyen Ritterschafft in
Francken und Schwaben, welche zwar in ansehen ihrer eltern und deren gehabter
Reichsfreyen Rittergüther haben, vor reichsfrey zu achten? Welches nach
überlegung vorstehender umstände keines weges bejahet werden kan. |
S. 84 §. 15 ⇨ |