HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-5-22
Additiones > §. 22
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Daß auch mitten im lande eximirte, und gantz oder zum theil befreyete sich befinden können
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S. 112 (Forts.) §. 22.
  Was §. 5. dieses capitels von dem stylo und ausschreiben gemeldet wird, das ist nun solcher vorher angedeuteter maasse oder ausnahme auch unterworffen. Denn, ungeachtet allgemeiner befehle und ausschreiben, können doch im bezirck des landes gar wol leute wohnen, die dergleichen gebot nicht trifft oder verbindet. Man findet wol in einer stadt oder flecken, welche ingemein und per regulam den Landes-Herrn erkennen, ihme huldigen, steuer und folge leisten, gewisse inwohner, die der steuer und heersfolge, welches zwey grosse würckungen der Hoheit sind, gantz und beständig befreyet bleiben, und zwar durch ausdrückliche verleyhung des landes-herrn; Und also kan man dergleichen leute auch finden, die also befreyet sind aus uhraltem herkommen, wie denn im Reiche edelleute sind, unter die freye ritterschafft gehörig, welche in den ring-mauren landsäßiger städte wohnen, in welchen alle jahre allgemeine gebot und anordnungen ergehen, denen aber die gedachte von adel sich nicht unterwerffen. Darbey ist zwar offenbar, daß in etlichen dingen ein solcher befreyter nothwendig, wenn er gleich für seine person unstrei-
S. 113 Von der Erb-Huldigung. §. 22.
  tig befreyet ist, per indirectum pariren muß, um deswillen, daß er, oder etliche, als eintzele personen, es nicht anders machen noch halten können. Zum exempel: Wenn in einem lande oder stadt ein verbot der ab- oder zufuhren geschiehet oder es wird eine allgemeine feyer und trauer angestellet, oder es gereichet zu fehde oder krieg, darnach müssen sich solche exemti, auch nolentes volentes, richten, und können es nicht ändern. Und also ist es auch im gegentheil mit dem gebrauch der Landes-fürstlichen Hoheit bewandt, daß sich derselbe, nach der beschaffenheit des orts und der leute, in ihren wirckungen anderst ergiebet und erzeiget, und also aus dem allgemeinen stylo, titul und prædicat, nicht auff alle effectus oder landsasserey dermassen unabwendlich und ohne ausnahme zu schließen, sondern bey jedem punct, wo streitigkeiten oder bedencken über der execution entstehen will, vernünfftig zu erwegen, wie weit man mit der general-regul auslangen könne. Das beste ist, welches in vorigen zeiten offt verabsäumet seyn mag, daß der Landes-herr, und seine räthe, in übung derer aus der Landes-Hoheit herfliessenden regalien von stücken zu stücken zwar fleißig und emsig seyn, und deshalben acten und registraturen halten lassen, nach und nach aber dahin sehen, daß sie, was streitig ist, und denen landsassen, die auch nur in territorio, wie sie es nennen, und nicht de territorio, sind, in gute richtigkeit bringen, welches geschehen kan, wenn man nicht alles so gar deutlich und scharff auff den nutz des Herrn, sondern auch auff die bequemlich-
S. 114 Additiones zum II. T. C. 2.
  keit des unterthanen und inwohners zeucht: Und so demjenigen, der gantz frey seyn will, und deswegen argumenta und beweißthum hat, lieber etwas nachlässet, das zu seinem besten und vergnügen dienet, und hingegen etliche vornehme stücke in gewißheit setzet, als daß man alles auffs genaueste ausüben wolte, wodurch nicht allein der befreytete desperater und zu durchgehender behauptung seiner exemtionen getrieben, sondern auch andere, die dergleichen principia haben, desto mehr aufgereitzet, und endlich solche difficultäten erreget würden, welche auch wol ein mächtiger Regent unausgemacht lassen müste.
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Stand: 26. August 2017 © Hans-Walter Pries