HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-5-26
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Wie es mit dem religions-exercitio der unterthanen nach denen reichs-gesetzen beschaffen
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S. 120 (Forts.) Beym §. 3.
  §. 26.
  WEgen der religions-freyheit und übung ereignet sich nicht ein geringer zweiffel, ob ein Landes-herr auch so fern dieses puncts halben gebunden sey, daß er nicht macht habe, seinen, oder auch andern im Reich zugelassenen religions-verwandten, eine öffentliche übung ihrer religion zu vergönnen wenn er denen ständen und inwohnern des landes die eine widrige religion herbracht haben, und deswegen durch den frieden-schluß, oder auch überdiß mit sonderlichen verträgen versichert sind, keinen eintrag thut, sondern ihnen ihre kirchen, schulen, consistoria, und dergleichen, mit allen einkünfften lässet und gönnet. Die Landes-herren gründen sich in der allgemeinen regul ihrer hoheit in geist- und weltlichen dingen, stellen die unterthanen in die exception, und halten darfür, daß dieselbe sich dißfalls nicht zu beschweren haben, weil sie stricte et positive behalten, was ihnen der friedenschluß oder verträge eigentlich geben und zulegen, und weil darinnen ausdrücklich nicht verboten, daß sich der Landes-herr seines rechtens ohne schaden des andern theils gebrauchen möge, so
S. 121 Von der Religions Ubung. §. 26.
  halten sie sich der regul. Die stände und unterthanen hingegen wissen hierwieder, und was ihnen etwa mehr opponiret wird, ihre einreden auch anzuziehen, dafür achtende, daß solche neben-einführung einer wiedrigen religions-übung, der meynung und intention derer statuenten und paciscenten nicht gemäß, und ihnen an ihrer gewissens- und religions-freyheit in viele wege beschwerlich und ärgerlich sey, wodurch mit der zeit bey je mehr und mehr einreissender kaltsinnigkeit in religions-sachen, und unter der neugierigen unachtsamen jugend, die übung und freye bekäntniß der religion gleichsam unvermerckt verleschen und hinfallen würde Diese sache, und was darbey mehr vor umstände vorfallen, stehet mir, oder einem andern, durch privat-eröffnung einiges gutachtens, weder zu tractiren, noch weniger aber zu decidiren zu, sondern gehöret an höhere orte, und, nachdem sie alle und jede stände des Reichs, fürnemlich aber und in den meisten fällen die protestirende hart treffen kan, ist zu wünschen, daß sie heilsamlich und wol erörtert werden möge.*
  * Wo ausser der disposition der allgemeinen grund-gesetze des Reichs sich in einem lande desfallß noch besondere reversales befinden, da wären dieselbe allerdings zu halten: Wo aber solches nicht ist, kan die sache auf beyden seiten disputiret werden, und möchten sich vor ein und andern theil nicht geringe argumenta finden; Die materie ist aber gar zu delicat und weitläufftig, daß sie allhier nicht zu tractiren stehet. Am besten ist, man thue, so viel möglich, und überlasse das übrige der göttlichen direction, welche zu rechter zeit in allen ziel und maasse zu setzen weiß; Menschliche hülffe und anschläge wollen hierbey ohnedem wenig oder gar nichts ausrichten.
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Stand: 27. August 2017 © Hans-Walter Pries