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⇦ S. 133: §. 31 |
S. 134 |
Additiones zum II. T. C. 5. §. 7. 8. |
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Beym Cap. 5. §. 7. 8. |
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§. 32. |
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DAß ein Herr und Regent diener haben müsse, wird niemand
leugnen, wie nützlich auch einem Potentaten redliche und geschickte diener
seyen, ist gleicher gestalt bekant, und hat offt ein einiger mann durch GOttes
beystand die glückseligkeit eines Regenten befördert. Man betrachte die exempel
des Jojada, und viele aus den profan-Historien, die wir kürtze halben nicht
anziehen. Herren und Regenten wissen dieses auch wohl, und vergehen sich
etliche ehe darinnen, daß sie zu viel, als daß sie zu wenig diener haben, oder
folgen in erwehlung der diener, der blossen zuneigung, meynende, ex quovis
ligno fieri Mercurium: Wen sie erheben wollen, er mag wenig oder viel verstehen
oder taugen, der müsse von untersten zum obersten grad gut und geschickt
gnugsam seyn; Was es aber endlich für einen ausgang damit gewinnet, und wie der
reuel hernach kömmet, das wäre wenigers nicht aus vielen alten und neuen
exempeln gnugsam zu beweisen, wo es nöthig, und nicht ohne das allerdings
bekant, auch zu gehäßig wäre. Ist also hoch und viel daran gelegen, was ein
Herr für diener wehle, und darum sind in diesem capitel etliche generalia
angezeiget worden. die dennoch nicht alle von gleicher nothwendigkeit sind,
als: (1) Wegen der Religion ist etlicher orten nicht nur willkührlich, sondern
nothwendig, daß man auch diener von einer andern religion haben müsse, oder es
sind auch die qualitäten der leute sonst der- |
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Von Bestellung der Diener. §. 32. |
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[1]massen gut, und ihr verhalten in religions-sachen so
erträglich, daß man nicht ursach hat, sie zumahl in ämtern, daran das
kirchen-wesen eben nicht hanget,* zu verstossen. |
⇩ [1]
⇩ * |
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(2.) Zum andern punct, die Geschicklichkeit und Erbarkeit
betreffende, weiß ich meines orts keine dispensation zu finden, sondern wünsche
vielmehr, daß demselben aller orten gantz sträcklich nachgelebet, oder, wo man
darinnen gefehlet, ohne bedencken änderung getroffen, und der gemeine Verß
nicht gescheuet würde, da es heißet: Turpius ejicitur, quam non admittitur
hospes. Diese schamhafftigkeit einen übel gewehlten diener nicht wiederum gehen
zu lassen, und seine freunde, die ihn gelobet und befördert, nicht zu erzürnen,
kan manchem Herrn unverwindlichen grossen schaden bringen. Ist der recommendant
ein ehrlicher und treuer diener, so soll er der erste seyn, der seinen, mit
vorschub und beförderung eines übelgerathenen dieners, begangenen irrthum
erkennet, und saget: |
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Fallimur, et qondam[2] non dignum tradimus, ergo
Quem sua culpa premet, deceptus amitto tueri. |
⇩ [2] |
|
Es hat auch ein solcher, der seinen versprecher und
beförderer stecken lässet, selbst anderst nichts verdienet. |
|
|
Ferner, weil zwey stücke an einem diener erfordert werden,
nemlich, verstand und frömmigkeit, so möchte man fragen, welches stückes mangel
ehe zu ertragen, nemlich, ob es ehe zu erdulden sey, daß ein diener zu seinem
amt verständig, hurtig und geschickt, in sitten, leben und wandel aber böse und
verwerfflich sey, oder im ümgekehrten fall, ob |
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Additiones zum II. T. C. 5. §. 7. 8. |
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man ehe zu frieden seyn könne, wenn die geschickligkeit
nicht, hingegen aber eine aufrechte gute frömmigkeit und untadeliche sitten,
vorhanden? Damit es nicht zu weitläufftig falle, wolte ich dafür achten, man
müsse hierbey nicht stoice gesinnet seyn, als wenn im politischen stande alle
laster gleiches grades und verdammnisses wären, oder alle tugenden von gleichem
nutz und wohlstand. So muß man auch wissen, daß kein mensch ohne mangel, und
derjenige nur besser und erleidlicher sey, welcher die geringsten und wenigsten
schädliche gebrechen an sich hat. Möchte also der schluß dahin ausfallen, daß
das erste und vornehmste lob zwar billich denen gebühre, die einen herrlichen
verstand, und allerdings zulangende wissenschafft ihres amts, benebenst einem
gottsfürchtigen, gewissenhafften und treuen gemüthe und unsträfflichen wandel,
zugleich haben. Das andere denenjenigen, welche mittelmäßig, jedoch also
qualificiret sind, daß sie, wiewohl etwas langsamer und unscheinbarer, doch
gleichwohl zur nothdurfft der staats, ihr amt verrichten, darbey aber fromm,
treu, gewissenhafft, auch nicht unfähig, von gelehrteren und erfahrneren
collegen oder vorgesetzten sich unterweisen zu lassen, und ohne geitz und
andere schwere laster sind. Der dritte platz aber gebührete, und zwar nicht
anderst, als unter der hofnung der besserung, erst denen, welche zwar
fürtreffliche fähigkeit haben, dabey aber entweder hochsinnig oder geitzig und
eigennützig, oder den wollüsten ergeben sind; Womit denn allerseits die
äussersten |
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Von Bestellung der Diener. §. 32. |
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gradus der ungeschicklichkeit und laster ausgeschlossen
werden. Denn wer gar nichts gründliches verstehet noch ausrichten kann, und in
wichtigen diensten und ämtern sitzen und stümpeln, gleichwohl pralen und auf
sein amt sich steiffen will: Oder im gegentheil, wer ein offenbarer sünder und
ärgerlicher gesell ist, und seine eigene schande in worten und wercken nicht
bergen kann, den soll man nicht lassen auf die wahl kommen, sondern soll ein
jeder Herr und Regent, wo nicht aus antrieb seines eigenen gewissens, dennoch
um seines unentbehrlichen nutzens, und um verhütung äussersten schadens, auch
grossen exempels, ärgernisses und eingangs willen, solche leute, die entweder
tölpel oder bößwichte sind, von den diensten ferne halten und abthun, und sich
daran keine consideration irren lasse. Ist ihm doch darbey ungewehrt, da er
sonst gnade üben, und seine neigung und paßion erfüllen will, auch darzu mittel
hat, einen armen gesellen, dem GOtt nicht die zulängliche gaben gegeben, und in
dessen beförderung ein mißgriff geschehen, etwa in andere wege, ohne schaden
des regiments zu bedencken, und die darauf gehende kosten für eine straffe
seines versehens und übereilens zu rechnen: Hat ihm aber auch ein bösewicht in
einem und andern stück auch einen ersprießlichen dienst geleistet; So kan ein
Regent einen nützlichen particular-dienst einer solchen person auch wol in
particulari vergelten, hat aber nicht ursach ihme, mit anvertrauung wichtiger
dienste, gelegenheit zur sünde zu geben. |
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Additiones zum II. T. C. 5. §. 7. 8. |
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Die (3.) erinnerung wegen beförderung oder vorziehung der
Landes-kinder ist etlicher orten nicht nur willkührlich, sondern auch nöthig,
wo das jus indigenatus sträcklich in acht genommen werden muß, wiewohl daraus
dem Regenten nicht wenig ungelegenheit entstehet, und solches bißweilen das jus
indignatus heissen möchte. In andern orten aber ist dieser umstand, so viel
thunlich, in acht zu nehmen, damit man nicht wahrhafftige Land-kinder, an statt
Männer, in Dienste bekomme. |
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(4.) Der Eydschwur ist gebräuchlich, aber zur sache, bey,
leider! je mehr und mehr einreissender ruchlosigkeit, nicht zulänglich, es sey
denn der schwörende ohne das ein ehrlicher und christlicher mann, den wird die
erinnerung des eydes um so viel desto mehr ermuntern. Wo man dergleichen
gemüths nicht versichert, so verlasse sich nur kein Herr und Regent, noch seine
vornehmste ministri, auf den blossen eyd, sondern führen nichts destoweniger
eine ordentliche und fleißige aufsicht auf die amts-verrichtungen und bezeigung
der diener: Man fasse auch die ämter und dienste dergestalt ab, daß man zu
jeder zeit auf den grund sehen, und sich mit den leeren und gemeinen
bezeigungen und hoffnungen, daß jeder thue, was er pflicht halben schuldig,
nicht bezahlen lassen dörffte. |
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(5.) Wegen der Besoldungen ist, wie in allen sachen, die
mittelstrasse am besten, und ist eines theils kein Herr so reich, daß er die
begierden aller seiner diener erfüllen könte, und da er gleich bey sei- |
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Von Bestellung der Diener. §. 7. 8. |
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ner zeit, zu abstattung grosser besoldung mittel zu haben
verhoffte, muß er doch auch auf die nachkommen gedencken, die ihme wohl etwa an
ausgaben, aber nicht in weißlicher und gedeylicher regierung nachfolgen
möchten. Andern theils aber ist fast nichts verdrießlichers, als wo Regenten
viele dienste und aufwartungen haben wollen, und nicht geringe titul denen
dienern geben, oder leichtlich einen jeden, der sich angiebet, befördern
wollen, die besoldungen aber also spärlich einrichten, daß wohl ein fleißiger
handwercker oder schlechter krämer mehr verdienen kan, als mancher, den man in
hohe ehren-ämter setzet, und der etwa alle das seinige auf studia gewendet, und
allen andern nahrungen absagen, oder seine güter und vermögen darbey
hindansetzen, und mit geringen nutzen durch diener verwalten lassen muß. Zu
behelff dieser sparlichkeit pfleget bißweilen der alte gebrauch vorgewendet zu
werden, weiß nicht, mit was grunde oder nutzen. Denn wo man die alte zeiten
wieder schaffen könte, darinnen so wohl alle lebens-mittel mehr, als um die
helffte, wohlfeiler, als jetzo; So dann auch die art sich zu kleiden und zu
halten, bey hohen und niedern, nach damahligem geld-mangel, und einfältigem
stillen wesen unsers Vaterlandes, sehr gering und unkostbar gewesen, so solte
einer mit hundert gülden so weit kommen, als, nach heutigem lauff, mit vier
oder fünffhunderten. Nachdem aber die zeit sich offenbahrlich geändert, und
Teutschland mit gewerb, kriegen und bündnissen, in reicherer und listigerer
völcker sitten und köstlichkeit sich ver- |
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Additiones zum II. T. C. 5. §. 7. 8. |
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tieffet, so kann den alten besoldungen mit nutz der Regenten
nicht bestanden werden, es müste denn, welches wohl zu wünschen, aber nicht zu
gewarten ist, die gedachte alte weise und einfalt mit wohlfeiler und geringer
zehrung und kleidung wieder eingeführet, und der anfang nicht bey den dienern,
sondern bey dem Herrn selbst, und zwar auch nicht bey einem oder andern,
sondern bey vielen zugleich gemacht werden. Denn wer es absonderlich also gantz
und ungewöhnlich beginnen wolte, der wird zwar etwas an gelde, aber auch viel
an der reputation, ersparen, und etwa auch die diener nicht länger behalten,
als biß sie ihre bessere gelegenheit zu treffen wissen. Vordessen sind auch
alten dienern grosse begnadigungen, mit verleyhung auf etlicher güter oder
auszahlung grosser summen, zu anzug-geldern wiederfahren, das leidet heut zu
tage bey sehr vermehrten fürstl. geschlechtern und beschwerten cammermitteln
der wenigsten Herren zustand, und hat sich darauf ein diener nicht zu
verlassen, sondern sein absehen auf ordentliche besoldung, oder je auf
mittelmäßige und erschwingliche begnadigungen zu richten Ferner ist auch zu
erwegen, daß heut zu tage die dienste viel schwerer, gefährlicher, mühsamer,
und an eigenem haußhalt versäumlicher sind, als bey unsern alten vorfahren; Man
suche in archivis nach, ob vor hundert oder anderthalb hundert jahren in einem
jahre, ja in drey ober vier jahren, so viel staats- und justitz-sachen
vorgelauffen, als itzo in einem quartal oder wenig monathen an vornehmen höfen
unter die |
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Von Bestellung der Diener. §. 32. |
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hand kömmt; Es scheinet, daß zu selbiger zeit die räthe,
sonderlich von herrn und adelstand, mehr zeit auf ihren gütern, als bey hof,
zugebracht, und zu verrichtung der wenigen geschäffte etwa mit einem oder zween
tägen in der wochen auslangen können; Gewiß hat man nicht halb so viel zeit,
als jetzo, bedorfft, da man mit stetem schreiben, communiciren, contradiciren,
deduciren, refutiren, auch correspondiren, penetriren, wenigers nicht mit
commissionen, interpositionen, conferentzen, und dergleichen, immer occupiret
ist, und weder tag noch nacht Herren oder knechte ruhen lassen kan, darüber die
diener abgemattet, an ihrer gesundheit und leben verkürtzt, oder auch wohl
sonst in grosse gefahr und verlust gebracht werden. Ist also billich, wo die
mühe und gefahr ergrössert wird, daß allerdings auch die belohnungen vermehret
werden. Will man denn von nutzen reden, der bey geringen besoldungen ist, so
mag zwar bey jährlicher ausgabe in den cammer- und amts-rechnungen der
buchstabe und ziffer bey einem und andern diener etwas geringer fallen;
Hingegen aber ist gemeiniglich solcher zugang durch die menge vieler
vergeblichen und wohlentbehrlichen diener und unnützen gesindes, oder durch die
versäumung der geschäffte, wieder abgenommen und geringert, oder es gehet doch
über den Herrn in andere und ja so schädliche wege, wie man denn erfahren wird,
daß an höfen, wo die besoldungen gering sind, oder nicht erfolgen, nicht allein
das gemeine hof-gesinde allerhand mittel erfindet, mit dem maul zu erlangen o-
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der zu verderben, was sie im beutel nicht bekommen, oder daß
grössere diener und beamten denen armen leuten über die massen beschwerlich
seyn, und gar nichts umsonst thun wollen,** achten sich auch dessen gleichsam
befugt, weil es ihnen an sold ermangelt, und sie gleichwohl, als diener und
vornehme officianten, sich halten sollen; Was also ein regent mit grosser
schärffe und vielem unwillen im hof- oder bestallungs-buch ersparet, das
entzeucht man mit doppeln interesse den unterthanen, die doch endlich, wenn sie
verarmet sind, in verringerung allerhand gefälle dem Herrn es wieder abtragen;
überdiß machet man bey hungerigen dienern die justitz und gratificationes feil
verlieret respect nicht allein bey nachbarn, sondern auch bey den dienern
selbst, die sich für so wenige besoldung nicht gern sehr angreiffen lassen, und
wo auch dieses alles durch harte aufsicht des Herrn zu vermeiden wäre, und der
diener über die geordnete bestallung sich nichts anmassete, so wird er seuffzen
and klagen, alles gezwungen und halb thun, sich grämen, oder wo er ein
geschickter mann ist, mit beyden händen die erste gelegenheit ergreiffen, die
ihm anderer orten fürstehet. Dieses mag also für arme und nothleidende, doch
qualificirte und treue diener, mit ziemender devotion und wohlmeynung gegen
alle hohe häupter, und zwar ohne alles eigenes interesse, geredet seyn.*** Vor
die herren aber und wider allzugeldsüchtige unersättliche diener ist zu wissen,
nicht allein was oben erinnert, daß nemlich ein Herr die besoldungen also
einrichten müsse, |
⇩ **
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Von Bestellung der Diener. §. 32. |
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damit es einen bestand und daure habe, und daß er
diejenigen, welche ungewöhnliche tractamenten begehren, ausser sonderbaren
grossen motiven nicht suche noch aufhalte, sondern auch, daß viel diener also
geartet sind, daß sie mit keinerley besoldung zu ersättigen, oder ihnen zu
helffen wäre, sondern so viel der Herr ihnen jährlich an geld und geldes werth
zulegte, so viel und noch mehr legen sie zu an närrischem kleider-hoffart und
gepränge, oder an übermäßigen zehrungen, unbehutsamen haußhalt, und
dergleichen. Mancher könte wohl zurechte kommen, wenn er den spruch bedächte:
Fortunam reverenter habe! strebete nicht ohne gnugsam fundament nach hohen
tituln und kostbaren ehrenständen, hielte weib und kinder auf solche art, die
einsten nach seinem tode auch bestehen könnte. Denn nicht alle nachkömmlinge
der diener also gleich wieder zu besoldungen und ehren-ständen gelangen, werden
gleichwohl durch die köstliche erziehung unterdessen verzärtelt oder verderbet,
daß sie ihr lebtage nicht zurecht kommen, und entstehet an statt verhoffter
ehre und guter tage, endlich nichts, als schmähliche armuth; Und das ereignet
sich, wie landkündig, am meisten bey den kindern und nachkommen der hofleute,
und insonderheit denen, die aus bürgerlichen oder geringerem stande zu hohen
ehren-ämtern kommen, und sich darein nicht recht schicken können.**** Zwar
verwerffe ich allerdings den thörichten und nicht adelichen, sondern recht
bäuerischen hochmuth etlicher von der ritterschafft, oder auch höhern standes,
die da de- |
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Additiones zum II. T. C. 5. §. 7. 8. |
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nenjenigen so gar gehäßig sind, welche durch ihre eigene
tugend und geschicklichkeit von geringer ankunfft in hohe ämter und
ehren-stellen, folglich auch zu ansehnlichen gütern und mitteln gelangen, etwa auch,
mit gutem willen ihrer Herrschafften, und durch Kayserliche gnade, zu höherm
stande sich qualificiren lassen. Denn es kan fürwahr, wenn man es recht
bedencket, nichts einfältigers und ungereimters seyn, als daß die guten leute
vom ritter- und höhern stande allein auf solche ihre geburt trotzen, und
vermeynen wollen, daß andere menschen nicht auch verstand und qualitäten
erlangen, und nicht eben so wohl redlich, geschickt und genereus seyn könten,
wiewohl solche tugenden, leider! bey dem adel auch gar dünne gesäet sind. Man
weiß ja wohl, oder soll es wissen, daß die nobilitas civilis ein merè
positivum ist, und so wenig an und für sich selbst zu ämtern und verrichtungen
geschickt, als für GOtt seelig, mache. Es schimpffen auch solche übermüthige
leute ihr eigen geschlecht, welches nicht anderst, als aus geringem stande,
durch blosse tugend oder glück, als im kriege, durch tapfferfeit, (mit welchem
nahmen das würgen der menschen und raub frembder güter schon längst geadelt
worden) und im friede durch die feder oder kauffmannschafft, zum anfang der
adelichen standes, und etwa durch die blosse zeit in einen mehrern ruff und
aufnehmen gelanget. Pralern und verächtern, sage ich, stimme ich keines-weges
bey, preise vielmehr diejenigen für hoch glückselig, welche alles, oder das
meiste, nechst |
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Von Bestellung der Diener. §. 32. |
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GOtt, ihrer eigenen tugend, mühe und fleiß, und wenig oder
nichts der zufälligen geburt dancken dörffen. Giebt auch GOtt solchen personen
erkleckliche mittel, und treibet sie ihr gemüth dahin, durch erlangung
ehren-titul und adel standes, ihr gedächtniß zu verlängern, und ihren kindern desto
mehrern vortheil, zu verfolgung ihrer rühmlichen fußstapffen zu geben, das soll
niemand tadeln, wenn es, wie erwehnet, mit rechtschaffenen guten mitteln, auch
gnugsamen fundament und nachdruck, geschiehet; Darnebenst aber thun gewißlich
diejenigen gar unbehutsam, welche aus geringem stande zu ehren-stellen und
erklecklichen mitteln erhaben werden, aber die maasse nicht treffen können,
sondern meynen, man wüste nicht, daß sie nunmehro anders anzusehen und zu ehren
seyen, wenn sie sich nicht mit einem überflüßigen titul behängeten; Oder sie
wären gantz unglücklich, wenn sie sich und die ihrigen nicht köstlich genug in
kleidung und zehrung tractireten. Dieser gebrechen fähet sich von geringen
schreibern, oder dergleichen bedienten an, und steiget biß in die höchste
ämter, also, daß dannenhero (um wieder auf unser vorhaben zu kommen) nicht eine
geringe ursach entstehet, daß mancher mit ziemlicher besoldung nicht auskommen
kan. Verständige leute wissen ihre glückseligkeit anders, als in kleidern und
leckerbißlein zu suchen, und je mehr sie sich einziehen, demüthig, höfflich und
bescheiden sind, und auf solche art auch ihre weiber und kinder zu regieren
wissen, je mehr werden sie von Herren und andern vornehmen per- |
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Additiones zum II. T. C. 5. §. 7. 8. |
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sonen geliebet und hoch geachtet, und erlangen weit mehr,
als wenn sie zur unzeit nach allzu hohem stande und reichthum streben, oder
sonst sich nicht begreiffen wollen; Die vom ritterstande können auch
dergleichen leuten nicht allein nichts anhaben, noch sie an ihrem glück
hindern, sondern müssen vielmehr selbst in viel wege und mancherley ursachen
halben darzu behülfflich seyn. Denn es heisset doch endlich: Sapiens
dominabitur astris, und GOtt erhebet, durch verleyhung seiner gaben, den
geringen aus dem staub, und setzet ihn neben die fürsten seines volcks. |
|
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Dem (6) erinnerungs-punct kan man, wo gleichwohl sonst die
person anderst nicht zu gebrauchen und zu accommodiren wäre, ziemlicher massen
vorkommen, mit genauer ausdingung derjenigen stücke, daran der diener einig
privat-interesse hat, und daß man ihm in solchen verrichtungen einen andern
zuordne oder substituire. Ist auch der diener von vernunfft, und gutem gemüthe,
so wird er es selbst nicht anders begehren, sondern vielmehr ungeheissen solche
geschäffte andern überlassen, darinnen er seiner eigenen angelegenheit halben
einigen argwohn auf sich laden möchte.***** Beym (7) ist es an dem, daß es, wo
rechtschaffenes vertrauen zwischen den gliedern unsers vaterlandes wäre, dieser
erinnerung gar nicht bedürffte; Ist auch einer im grunde des hertzens ein
ehrlicher und gewissenhaffter mann, so wird er sich an seiner amts verrichtung
keines weges hindern lassen, daß er etwa unter einem andern begütert ist;
Sinte- |
⇩ ***** |
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Von Bestellung der Diener. §. 32. |
Scan 1033 |
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mahl, wo streitigkeiten zwischen demselben und dem Herrn,
welchem er dienet, fürfallen: So wird der diener keine felonie oder untreue
begehen, da er nach recht und gewissen redet und räthet. Es soll auch kein
lehen-herr oder landes-fürst begehren, daß ihme ein lehen-mann oder unterthan
anderst, als es rechts und gewissens halber seyn sollte, und so gut als er es
verstehet, begegnete, und müste er ja denselben, wenn er ihn in seinen selbst
eigenen dienst-bestallungen hätte, ebener gestalt von rechts-wegen frey votiren
und urtheilen lassen. Käme es aber (das zwar in Teutschland, als in einem
Reiche, das sein allgemein Oberhaupt und hohe Reichs-gerichte hat, gar nicht
seyn soll) zwischen zweyen Herren, deren einem der diener mit amts-pflicht, dem
andern aber mit lehenschafft oder erb-huldigung verwandt wäre, zu öffentlicher
fehde und krieg, da müsten die umstände von Herren und dienern wohl erwogen
werden, wie alsdann das amt eines ministri mit der erbpflicht bestehen könte,
sonderlich, wenn eine solche person den vornehmsten dienst, darauf des gantzen
staats regierung bestünde, auf sich hätte. Denn sonst, wo er in mittelmäßigem
stande wäre und mehr collegen neben ihm stünden, kan man wohl mittel finden,
daß er dennoch ohne schaden und bedencken seinen dienst, da er wolte, behalten,
und sich der andere Herr mit fug dessen nicht beschweren könte. |
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Die (8) und letzte erinnerung begreiffet anfangs dieses, daß
ein Herr in ein collegium niemand setzen solle, der denen schon darinnen
begrif- |
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S. 148 |
Additiones zum II. T. C. 5. §. 7. 8. |
Scan 1034 |
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fenen zuwieder und beschwerlich wäre; Es verstehet sich aber
dieses auch von wichtigen und erheblichen bedencken, welche wider des Herrn
vorhaben anzuziehen wären. Denn einmahl ist ein schädlich und verdrießlich
werck, wenn man leuten gleiche titul und besoldung giebt, und sie in die
collegia stecket, welche nicht gleich arbeiten, noch solches zu lernen gewisse
hoffnung haben können, oder sonst unbequemer böser sitten sind. Hingegen aber
werden offt einem Regenten unnöthige scrupel gemacht, und eines oder andern
beförderung nicht darum gehindert, daß er nicht tüchtig gnug wäre, sondern daß
man lieber einen andern, etwa näher verwandten, bey sich haben, oder auch mit
weniger anzahl und grossem privat-nutzen das collegium besetzt sehen möchte.
Eine unart ist es auch in Teutschland, daß man wohl qualificirte personen
zuweilen nur um deswillen verschmähet, weil sie jung sind, und die praxin, wie
man saget, noch nicht haben; Andere Nationen sind hierbey viel vernünfftiger:
Ein junger mann, der die wissenschafft nach nothdurfft, und herrliche
natürliche gaben hat, kan am allerbesten folgends gezogen, und zu dem gemeinen
nutzen, und langwierigen stattlichen dienstleistungen, in zeiten zubereitet
werden Wenn man ihn in ein collegium zu alt und erfahrnen bey zeiten setzet, da
muß er arbeiten, und bescheidentlich reden und schweigen, sich auch in seinem
thun und leben in acht nehmen lernen; Hingegen da man ihn gehen lässet,
vergisset er zum theil, was er gelernet, wird unwillig und verdrossen, oder
gehet gar |
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S. 149 |
Von Bestellung der Diener. §. 32. |
Scan 1035 |
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aus diensten. Wird er aber in geringere ämter befördert,
darinnen er, ohne beystand alter und erfahrner leute, vor sich selbst
resolution fassen muß, da treibet ihn die hitze der jugend offt vom rechten
wege ab, wird kühn und eigensinnig, oder auch faul und wollüstig, bringet seine
beste zeit mit schlechten geschäfften zu, kommet in verachtung, und wo er
hernach gleichwohl einsten zu höherer dignität und amts-arbeit beruffen wird,
muß er gleichsam wieder fornen anfangen, und ehe er etwas erfahrung erlanget,
ist er alsdenn schon unter die alten zu rechnen, wird stumpff, kranck oder
überdrüßig, und gereichet solcher gestalt weder herr noch diener zum rechten
zweck. Und das begegnet also mehrentheils denen von adel, die etwas feines
gelernet haben, und hurtiger fähigkeit sind, aber wegen ihrer jugend erst zu
hof lange gebrauchet, oder auf land-ämter gesetzet werden. Von denen von
bürgerlichem stande oder gelehrten will man gemeiniglich erst erfordern, daß
sie practiciren oder advociren sollen. Es ist auch ein geschickter ehrlicher
advocat alles lobes und ruhmes werth, und in einem staat keines weges zu
entbehren. Man thäte aber besser, daß man solche leute, denen GOtt in jungen
jahren fürtrefliche gaben verliehen, sie möchten graduiret seyn, oder nicht,
vor andern müglichst beobachtete, und bey zeiten zu cantzeleyen zöge, auch sie
mit secretarien- und protonotarien-ämtern belegte, (welches ihrem gradui oder
ehren-stande allenfalls gar nicht schimpfflich seyn solte) und also lerneten
sie darbey die praxin mit weniger ge- |
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S. 150 |
Additiones zum II. T. C. 5. §. 7. 8. |
Scan 1036 |
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fahr, als wo sie auf blosses glück die advocaturen antreten,
sich um erwerbs willen in allerhand geringe händel und räncke schicken, den
leuten nach dem maule reden, und sich vielfältig prostituiren, auch von ihren
eigenen clienten offf schimpfflich genug tractiren lassen, darüber auch
unverschämt oder heuchler werden müssen.****** Ein hurtiger kopff kann in einem
collegio von zuhören und concipiren viel mehr begreiffen, indem es alle tage zu
thun giebt, ihme auch die fehler gezeiget und corrigiret werden, als da ihn
niemand, als mit schaden und schimpff warnet und bessert. |
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Was zu ende dieses achten puncts, wegen der collegialischen
erinnerung, angehänget worden, das ist mit grosser behutsamkeit zu gebrauchen,
und lässet sich ohne merckliche schwürigkeit nicht leicht gerade zu
werckstellig machen. Zwar ist kein grösser freund-stück, als wenn einer dem
andern seinen fehler guthertzig eröffnet, und ihn vor schimpff und schaden
warnet; Es gehöret aber eine grosse vertraulichkeit, wie auch ein solch gemüth,
sonderlich auf seiten des erinnernden, darzu, das voller güte, liebe und tugend
ist, auch so zart und geschicklich mit dem andern umzugehen weiß, daß der gute
zweck richtig erhalten, und kein argwohn eines dominats oder widerwillens
verursachet werde.******* Der præsident oder director eines jeden collegii,
wenn er zulängliche qualitäten hat, schickt sich zu solcher vermahnung am
allerbesten, und nach seinem exempel lernen sich die andern richten, und wissen
dergleichen ihm an die hand zu |
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S. 151 |
Von Bestellung der Diener. §. 32. |
Scan 1037 |
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geben, oder wenn die reyhe der direction an sie käme, auch
zu practiciren. Aber unbescheidene, passionirte und unverschuldete erinnerungen
der mit-knechte empfindet man allzu scharff, noch vielmehr aber von Herrn und
Regenten selbst. Denn es lässet sich alles besser durch mittels-personen
ausrichten, gleich als GOtt der HErr uns sein wort nicht in göttlicher und
englischer majestät, sondern durch unsere neben-menschen verkündigen lässet.
Aber von dieser materie wäre viel ein mehrers zu schreiben, worzu itzo keine
gelegenheit ist. |
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* Also möchte z. e. in protestantischen fürstenthümern noch
wohl hingehen, wenn man pure hof-bediente von einer andern religion bestellen
wollte. Aber in collegiis, in ämtern, will es sich, wo sonst vorgedachte
umstände nicht sind, keinesweges schicken, auch nicht einmahl in einem
cammer-collegio; Denn ob gleich dieses an sich mit religions-sachen nichts zu thun
hat, so lauffen doch per indirectum die affairen ineinander, daß man der
communication und guten harmonie nicht entbehren kan. |
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** Wie man denn dessen ein exempel an denen so genannten
sportuln siehet, welche an den meisten orten, nicht allein in den untern-
sondern auch in den höhern judiciis und collegiis eingeführet sind; Da denn
fast niemand die feder ansetzen will, wenn er nicht seine bezahlung davor
bekomme. Diesem unwesen abzuhelffen entsinne mich, daß einst in einem gewissen
fürstenthum beym landtage in vorschlag gebracht wurde, ob nicht die sportuln
gar könten aufgehoben, und dagegen jedem bedienten nach proportion aus einem
gewissen fundo eine zulage gemacht werden? welches aber unter andern motiven
auch darum verworffen worden , weil so denn des streitens und sollicitirens
kein ende seyn, und der friedfertige den zancksüchtigen würde übertragen
müssen. Ich glaube |
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S. 152 |
Additiones zum II. T. C. 5. §. 7. 8. |
Scan 1038 |
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auch, daß hierdurch ein grösseres übel mit geschencken bey
justiz- und cammer-wesen einreissen möchte, welches zwar auch an denen orten,
wo sportuln gebräuchlich, leyder nicht gantz und gar gehoben, doch aber bey
weitem nicht in so starcken grad, als wo die sportuln nicht herkommens,
anzutreffen ist: Da man an letztern orten sich öffters nicht scheuet, eine
extraordinaire belohnung zu fordern, und meynet darzu berechtiget zu seyn. Doch
will ich dieses cum debita protestatione, und denen hin und wieder noch
anzutreffenden gewissenhafften dienern keinesweges zu nahe geredet haben |
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*** Zu läugnen ist nicht, daß die im text befindliche und
aus der erfahrung hergenommene umstände ihre richtigkeit haben, massen es auch
um deßwillen nicht anders seyn kan, da die vielen prächtigen hofhaltungen von
tage zu tage zunehmen, und wenn denn die revenuen nicht zureichen wollen, so
verfällt man auf einziehung der ausgaben, greifft es aber dabey meists am
unrechten orte an, und will denen abziehen, welche die meiste mühe, arbeit und
sorge, auch wohl gefahr beym Regimente haben, da hergegen am unnöthigen orte
und unnützlichen dienern tausendmahl mehr aufgehet, und keiner an eine
reduction gedencket. Dieses nun wie es aufrichtigen und honetten leuten über
die massen schmertzet, also soll ein Landes-Herr, wo ihm auch gleich von
unverständigen höfflingen anleitung darzu gegeben würde, dennoch hierinn
durchaus nicht geheelen, sondern einen jeden nach verdienst ehrlich und
zulänglich besolden, damit er zu fernerer treue und liebe angefrischet werden
möge. Das löbl. Ertz-Hauß Österreich hat aus bekannter clemenz deßfals eine
besondere maxime, wenn es nach bericht des freyherrn von Schröder in seiner F
Rent-C. denen, so einige jahre redlich gedienet, um eine fürstl. gnade zu
suppliciren gestattet, solche auch nach condition der person ausgehen lässet.
Weil aber nicht alle fürsten und Regenten in |
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S. 153 |
Von Bestellung der Diener. §. 32. |
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dem stande, an geld oder güthern geschencke auszutheilen,
sich befinden, haben sie andere gute wege treue diener zu belohnen, z. e wenn
sie einem vor andern einen gnädigen zutritt gestatten, und auf dessen
recommendationes reflectiren, da es denn an verschiedenen zufluß nicht zu
fehlen pfleget. Wiewohl ich diesen modum weder billigen noch mißrathen will;
wenigst hat ein fürst dabey wohl zu observiren ursach, daß unter solche
recommendationes keine justiz oder in des fürsten interesse lauffende sachen
mit eingeschoben werden. Glaube auch, ein redlicher mann werde, wo die
würckliche erkäntlichkeit nicht statt haben kan, mit der bezeugung des willens
zufrieden seyn. |
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**** Ich wolte fast sagen, daß nicht so wohl diesen leuten,
sondern vielmehr denen von adel der allhier berührte fehler anhänge, daß sie
meistens mehr verthun, als ihr einkommen leyden will, und meynen, es dürffe zu
erhaltung ihres standes nichts gespahret seyn, solte man auch gleich hernach
darben, und suchen sie darinnen einen sonderlichen vorzug vor dem unadelichen
stande, den sie ohnedem wo nicht öffentlich, doch heimlich vor nichtswürdig
achten. Es lieset ihnen aber der herr autor allhier eine recht schöne lection,
und zeiget damit an, daß er keine thörichte einbildung auf den leeren adel bey
sich geheget habe. Die alten haben bereits gesagt, quod sola virtus nobilitet,
und ist der adel an und vor sich selbst eine nulle, welche, nachdem die ziffer
der tugend dazu kömmet, viel oder wenig gilt. Wenn also der adel vor andern ein
vorrecht behaupten will, muß er auch der rechten tugend und geschicklichkeit
sich befleißigen, denn man sonst nicht siehet, warum die Pallas nicht so wohl
einem, der seine ahnen nicht zehlet, als einem von adel das ehren-kleid sticken
solte. Gewiß wollen es hier das tantzen, fechten, jagen, voltisiren und reiten
so wenig als das wort von und zehlung der ahnen ausmachen; sondern gleichwie
das letztere auch unter dem so genannten bürger-stande sich findet, daß
einige |
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S. 154 |
Additiones zum II. T. C. 5. §. 7. 8. |
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ihre vorfahren von etlichen hundert jahren her nahmhafft
machen können, welches aber dieselben nicht so gleich geschickt und tugendhafft
machet: also habe ich auch noch nicht gesehen oder gelesen, daß durch die erst
benannten exercitia, die zwar an sich gut, aber auch von personen unadelichen
standes so gut und meistentheils noch besser erlernet werden, jemand der
republic einen wichtigen dienst geleistet, und z. e. einen ersprießlichen
rathschlag herausgefochten oder voltisiret, und durch zierliche courbetten oder
affectirte sarabande eine noth abgewendet hätte. Denn alle solche dinge sind
ein nebenwerck, und lernet sich noch zeit genug, wie man eine verwegene volte
machen, oder zwey beine über ein pferd hängen könne. Aber mit emsigen studiis
den leib abzumatten, und sich damit gleichsam der republic aufzuopffern, ist
ein ander werck, welches, da es von vielen adelichen standes gescheuet, und
wohl gar mit allerhand schimpfflichen nahmen beleget wird, so darff es ihnen
auch nicht verdriessen, wenn andere rechtschaffene leute, die eher mit ihnen
reiten, tantzen und fechten, als sie mit jenen in gelehrten geschäfften es
aufnehmen können, ihnen vor dem hamen fischen. Wobey mir denn die frage
einfället, ob einem fürsten rathsamer, bediente von adelichen und andern hohen-
oder mittelmäßigen und geringen stande zu nehmen? Welche aus obigen und sonst
angeführten leicht zu decidiren; Am besten ist, wenn ein fürst zuforderst auf
gottesfurcht, und gute qualitäten bey einem diener siehet, das übrige bleibt
als ein nebenwerck dahin gestellet, doch daß man sich auch vor leute von gar
schlechter und übelberüchtigter ankunfft wahrnehme, und scheinet diese
intention denen Reichs- und Cammer-gerichts-satzungen gemäß zu seyn. Bekandt
ist sonst von denen politicis, daß sie einem fürsten die ministros von
allzugrossen geschlecht und ansehen widerrathen; Also schöpfften, vormahls die
Könige in Franckreich aus dem hause Valois nicht geringe jalousie über das hauß
Bourbon, |
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S. 155 |
Von Bestellung der Diener. §. 32. |
Scan 1041 |
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und nachmahls über die häuser Mommorancy unb Guise, gestalt
sie eben aus dieser staats-absicht bey Francisco I. sollen in ungnade gefallen
seyn, welcher auch seinem sohne Henrico zuletzt angerathen, er sollte den
connestabel Mommorancy und Claudium hertzog von Guise nicht zu den affairen
ziehen, weil allzugrosse und capable ministri gefährlich wären. |
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***** Wohin auch die disposition einiger Cantzley-ordnungen
zielet: Daß räthe und assessores in sachen, welche sie oder die ihrigen
betreffen, abtreten, und sich des referirens und votirens enthalten sollen |
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****** Es findet sich auch bey solchen leuten noch dieses
inconveniens, daß weil sie währender advocatur bald eine sache pro bald contra
defendiret haben, sie endlich gar darüber in scepticismum juridicum gerathen,
und nachmahls nicht wissen, wie sie sich in geschäfften helffen sollen |
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******* Dergleichen bey diesen leyder! bösen zeiten wohl
nicht zu hoffen ist, da man vielmehr tag und nacht darauf dencket, wie man nach
dem bey höfen üblichen 8ten gebot andere verläumden wolle. Per aliorum injurias
grassari ad honores ist eine sonderliche hof-maxime, und hilfft man einem eher
den stein, woran er sich stossen kan, in den weg legen, als daß man ihn warnen
solte. Wohl wäre es, wenn grosse Herren diesees merckten, weil doch deren
schaden und nutzen meistens darunter periclitiret. S. die anmerckung. §. 36. n. **. |
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S. 155 §. 33 ⇨ |