HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-5-45
Additiones > §. 45
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Noch andere zu kirchen und gottseeligen sachen gehörige dinge, als von des landesherrn fleiß in kirchen-sachen, bestellung einer general-superintendur und consistorii, qualificirung junger leute zu pfarrämtern, bestellung der schulen, verminderung der grossen menge gelehrten, mißbrauch der exercitien, des bücherschreibens, und von guten bibliothecken
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    ⇦ S. 246: §. 44
S. 246 (Forts.) Beym 11. 12. 13. 14. 15. Capitel, des II. T. geistliche kirchen und schul-sachen betreffende.
  §. 45.
  VOn dem grossen schaden, der auch in republica und regiments-sachen enstehet, wenn die
S. 247 Von einigen schul- und kirchen-Sachen. §. 45.
  landes-herren auff die kirchen- und schulen-sachen keinen fleiß wenden.*
  * Davon ist bereits genugsam in besagten Capiteln selbst gehandelt worden.
  2. Obs gut sey in einem lande, über die andern geistlichen einen general-superintendenten zu bestellen, oder ob es besser, solche verrichtungen in mehr diœceses, und unter mehr personen von gleichen ansehen, zu vertheilen, und also die oberste inspection aus dem collegio des consistorii zu führen, und wie solches collegium mit gutem nutzen zu bestellen.**
  ** Beyderley arthen können bey guter einrichtung ihren nutzen haben; Doch unverfänglich davon zu reden, so wäre besser durch eine person des General-Superintendens die oberste inspection zu versehen, und weil dieser bey dem consistorio ohnedem ein rath oder assessor ist, so können folglich die hauptsachen von diesem Collegio dirigiret werden.
  3. Wie zu verrichtung der pfarr-ämter junge leute besser, als bißhero geschehen, zu qualificiren und instruiren, und von einem thunlichen wege, das gemeine volck von der ruchlosigkeit zur gottesfurcht und ungezwungenen erbarkeit und frömmigkeit besser, als es die gemeine art und erfahrenheit giebet, anzuleiten.***
  *** Dieses würde sich von selbsten finden, wenn anderswo geschehener erinnerung nach, auf erziehung der jugend mehr fleiß gewendet, nur die tauglichen ingenia zu studiis gefördert, unter direction verständiger und gottesfürchtiger männer erzogen, nach vollbrachten studiis academicis unter dergleichen auffsicht erhalten, und niemand, der sich nicht wohl verhielte, befördert würde. Wobey auch nützlich, daß examinirte candidaten in denen verrichtungen des pre-
S. 248 Additiones zum II. T. C. 11. seqq.
  digamts, so viel sich vor ihnen schicket, eine einsicht, und folglich bey zeiten die rechte prudentiam theologicam bekämen. Dazu gehöret aber noch einige anstalt zu etlicher unterhaltung. Solche hirten nun würden auch gute Schaaffe ziehen, und das thätige Christenthum wieder empor bringen können, doch alles unter göttlichen seegen, sonder welchen sonst alle arbeit vergebens ist.
  4. Von dem grossen mangel wolbestellter schulen, nützlicher præceptoren, guter schulbücher, Förderung der lectionen, und wie denselben anders, als bißhero geschehen, zu helffen sey.****
  **** Davon ist an seinem orte gnugsam gesaget, und so wohl die mängel als mittel berühret worden.
  §. 5. Von nothwendiger abhaltung und minderung der allzu grossen menge derer, die studiren wollen, aber nichts redliches darinnen ausrichten, gleichwol andere wol anständige lebens- und nahrungs-mittel darüber versäumen, und also dem gemeinen wesen hernach unnütz und überlästig sind.*
  * Auch diese materie ist hin und wieder bereits berühret.
  6. Von besserer erziehung der jugend auff hohen und niederen schulen, so viel die tugend des gemüths und guter sitten betrifft, welcher punct fast bey keiner schule, der gebühr nach, betrachtet wird.**
  ** Auch desfalls ist schon erinnerung geschehen, und dependiret alles von der guten inspection, wovon auch n. 3. anregung gethan worden. Es haben mir um deßwillen die so genanten Gymnasia Academica gefallen wollen, weil bey solchen eine besser eingerichtete auffsicht, und die mittelstrasse zwischen den strengen schul-zwang und der gar zu grossen academischen freyheit sich findet.
S. 249 Von einigen Schul- und Kirchen-sachen. §. 45.
  7. Von nutzbarer anstellung gewisser collegiorum, darinnen studenten unter der auffsicht treuer professoren und vorstehern, um leidliche kosten, leben, und ihre studia absolviren könten.***
  *** Hierzu gehöret, was bereits im vorigen berühret worden. Einiger orten findet man seit der reformation her bereits solche Stifftungen, da unter der auffsicht eines Abtes oder Probstes etliche studiosi, so man conventualen nennet, unterhalten, und dabey durch information junger adelicher und anderer personen, auch zum predig-amt angeführet werden. Und wäre zu wünschen, daß auch anderer orten ein gleiches geschehen. Wo es aber noch nicht geschehen, könnten noch wohl mittel, sonderlich durch die §. 13. addit. berührte arth, dazu ausgefunden werden.
  8. Von dem schaden und nutzen derer also genanten exercitien, welche neben dem studieren auf universitäten getrieben werden.****
  **** Daß die mittelbahn hierinnen getroffen und kein hauptwerck daraus gemacht werden müsse, ist an seinem orte sattsam erinnert. Artig ist dieses in der beschreibung eines verbesserten Fürsten-staats angezeiget, wenn daselbst des Fürsten Palingenii cammer-rath erwehnet: Daß die Universitäts-gelehrte ihm nichts zu seinen vorhaben hätten dienen können, weil die meisten ihr geld unnütz verthan und nichts gelernet hätten, was ihnen zum gemeinen leben hätte nützlich seyn können. Einige hätten sich beklaget, daß sie fechten und tantzen gelernet, damit sie nun weder GOtt noch menschen dienen könnten, hingegen hätte ihnen solches anlaß zu schweren sünden gegeben. Sapienti sat.
  9. Von dem unerträglichen mißbrauch und schaden, auch rechtem gebrauch des reisens in frembde lande.*
S. 250 Additiones zum III. T.
  * Von dieser materie, ist die zeit her sattsam geschrieben worden, so daß weiter etwas hinzu zu thun nicht nöthig.
  10. Von gantz nothwendiger und nützlicher verhinderung des allzuvielen und ungeschickten bücher-schreibens und druckens, und anordnung genauer censuren der neuen bücher.**
  ** Durch geschickte censores würde nicht allein diesem, sondern auch andern unheil mehr abgeholffen werden. Es müssen aber mehr als einer der Censorum seyn, durch deren hände ein neues buch gehen müste.
  11. Von bequemer und nützlicher anordnung und gebrauch der bibliothecken, sonderlich zum behuff der studierenden jugend.***
  *** Es hat biß daher an nützlicher anordnung der bibliothecken zwar nicht gemangelt, allein an vielen orten sind solche ein kleinod, welches man im winckel verstecket. Daher kan dem gemeinen wesen ein schlechter nutzen damit gestifftet werden. Bibliothecken müssen nicht allein einen freyen zutritt von männiglich haben, sondern auch daraus nützliche bücher, gegen Schein und gnugsame sicherung ohne neid verabfolget werden. Ein vortreflicher nutzen könnte auch noch seyn, wenn in einer berühmten bibliothec ein gründliches register nach denen materien, gleichsam als kurtze collectanea, angerichtet, und bey zugang von neuen büchern continuiret würde. Welcher vorschlag vielleicht zu anderer zeit weiter entworffen werden kan.
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Stand: 7. September 2017 © Hans-Walter Pries