HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-5-48
Additiones > §. 48
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Ob es nützlich, daß die kammer von dem geheimden- oder Regierungs-rath dependire
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S. 262 (Forts.) §. 48.
  Bey bestellung einer Cammer mit Präsidenten, Directoren oder Räthen, fället zu bedencken vor, ob es rathsam sey, dieselbe, ohne dependentz, von den Geheimen oder Regierungs-räthen zu verordnen, oder ob diesen die cammer-sachen, sonderlich, was etwas wichtig oder streitig ist, über die zur cammer geordnete zu dirigiren, ihren bericht zu erfordern, und für sich oder mit genehmhaltung des Regenten, denen hernach maasse zu geben, haben sollen. Die decision muß man nicht aus denen beschriebenen rechten suchen. Denn was unter den Römischen und Griechischen Kaysern von den vorstehern des fisci, oder der käyserlichen privat- und cammer-gütern-
S. 263 Ob Cammern dependent seyn sollen. §. 48.
  verwaltern, und deren bottmäßigkeit, gefunden wird, lässet sich anders nicht, als andere historien und exempel, auf unsere zeit appliciren, sondern es stehet bey einem Herrn und Regenten, oder dependiret auch von gewissen abfassungen, die er mit seinen land-ständen hat, ob und wie fern die cammer-räthe independent von den andern collegis seyn können oder sollen. Wenn mit solcher independentz dem lauff der justitz kein abbruch geschiehet, noch in die cammer solche sachen gezogen werden, die einer ordentlichen cognition und abtheilung bedürffen, auch der Regent, auf der stände und unterthanen beschwerung, in cammer-sachen sich der rechte und landes-herkommen nach zu erklären, oder recht zu leiden, gefast ist, so ist, meinen gedancken, oder vieler vornehmen höfe kundbarer praxi nach, besser, nützlicher, und zu beförderung aller sachen ersprießlicher, daß die cammer eine gewisse jurisdiction habe, und nicht schuldig seye, den andern räthen von ihren anstalten und verordnungen bericht und rechenschafft zu geben. Jedoch wird darzu erheischet, daß die cammer nicht allein mit schreibern und calculatoren, sondern auch mit rechts- und des landes-brauch erfahrnen, redlichen und gewissenhafften, auch ansehnlichen leuten, bestellet sey, deren vota und bedencken auf recht u. billichkeit so wol, als der andern räthe, fundiret, und bey den Herren durchdringend seyn, welche cammer-räthe auch über diß solcher bescheidenheit und billichmüthigkeit sich gebrauchen müssen, daß sie in schweren sachen den Regenten vorschlagen, daß sie in die collegia der geheimen- oder regie-  
S. 264 Additiones zum III. T.
  rungs-räthe gehen, den casum proponiren, und üm eröffnung dero bedenckens bitten, oder allenfalls in wichtigen fällen, auf der regenten geheiß, nicht als inferiores und dependentes, sondern als vornehme räthe und mit-glieder der andern collegiorum, rede und antwort geben mögen.* Denn wo die dependentz und subordination der cammer eingeführet wird, da pfleget zu entstehen, daß gemeiniglich keine andere personen zur cammer bestellet werden, oder sich gebrauchen lassen, als die nur exequiren und selbsten kein recht noch billigkeit finden können, woraus ferner folget, daß entweder die regiments-räthe sie stätig reformiren, und mit ihrer scrupulosität, oder allzu grossen mildigkeit oder langsamkeit, den gang oder aufnehmen des cammer-wesens hindern, oder daß der Regent, um sich der contradiction zu entschütten, und seinen willen zu haben, die diener bey der cammer wider die höhern räthe dennoch unvermerckt heget, ihnen in vielen dingen wider billigkeit folget, und sich also zwischen zweyen stühlen nieder setzet, indem ihme die von der cammer nicht können noch dörffen einreden, die höhere collegia aber von den wenigsten sachen etwas erfahren, oder mit dem Regenten, da sie sich ihres beruffs gebrauchen wollen, verdrießlich zerfallen.
  * Welches eben die nöthige communication ist, wovon in dem tractat selbst hinlänglich geschrieben worden.
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Stand: 11. September 2017 © Hans-Walter Pries