HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-5-01
Additiones > §. 1
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Von dem nutzen und difficultäten einer landesbeschreibung
§. 2. ⇨

    ⇦ S. 14: Innhalt
S. 14 (Forts.) Beym ersten Theil, und in Specie bey dessen Eingang auch Cap. 1. §. 2. et seqq. et Cap. 2. §. 3. et 4.
  §. 1
  DIe im eingang gedachte Materialische oder Historische Beschreibung eines Fürstenthums, und also auch eines vornehmen stücks oder amts desselben, ist zwar mehr, wie man zu reden pfleget, curieus, als nothwendig, zeiget auch eben keinen sehr grossen und handgreifflichen Nutzen, jedoch wo man darzu gelangen kan, ist sie nicht zu verachten, noch zu unterlassen. Sie hat aber ihre sonderbare difficultäten, und zwar vornemlich diese, daß man selten eine person haben kan, welche dergleichen beschreibung mit gutem grunde, auch mit rechter art fürnehme. Das siehet man an denen sonst kostbaren, und wie sie ein einfältiger dafür hält, sehr kunstreichen, äusserlich auch wol-gezierten büchern, darinnen länder und städte, historischer und geographischer weise beschrieben werden, wie auch in den allermeisten chronicken; Denn an statt eines gründlichen berichts, bekömmet der leser mehrentheils ungewisse, fabelhafftige, oder zur sache nichts dienliche er-
S. 15 von Histor. Beschreib. §. 1.
  zehlungen. Wo die Autores solten von dem ersten ursprung oder erster erbauung, mercklicher vornehmen enderung, regierung, verfassung und policey in geist- und weltlichen, mit anzeig der vornehmsten umstände, handeln: Bringen sie etwas auf die bahn, so sich darzu am wenigsten schicket, oder reden von etlichen zufällen, als brand, theurung, sterben, kalten wintern und dergleichen, oder folgen ohne betrachtung einem gantz falschen bericht, den sie etwan aus gemeinen zeitungen, oder halbjährigen relationen erschnappet, thun auch mit sothanen fehlern der Herrschafft derselben orten ohne allen respect, keinen geringen schimpff und schaden, denn man siehet, daß bey ereignenden strittigkeiten solche bücher, wenn sie ein jahr 30. oder 40. alt werden, als historici allegiret werden, und weiß man fein hernach aus alten juristen, deren etliche vielleicht niemaln einigen historicum gelesen, oder davon ein judicium fällen können, zeugnis herbey zu ziehen, daß denen historicis zu glauben seye. Derowegen wäre unter andern wol anständigen stücken, daran es noch in Teutschland mangelt, dieses nicht ohne nutzen und wohlstand, wenn so wol des Reichs, und dessen allgemeine vornehmste geschichts-beschreibungen mit Käyserlicher autorität, durch redliche geschickte fürtrefliche leute fürgenommen, als auch die particular-beschreibungen der länder und städte, solchen personen auffgetragen würden, die des wercks mächtig wären. Denn wie schon gemeldet, ist daran der haupt-mangel, daß sich solcher
S. 16 Additiones zum 1. T. C. 1, §. 2.
  beschreibung öffters ungelehrte, oder, welches nicht viel bessers zu achten, halb-gelehrte, auch unerfahrne und faule, schlechte gesellen anmassen, die keine tüchtige nachricht weder haben noch zu erlangen wissen, sondern äffen und leyren andern ihren vorgängern nach, schmieren und schreiben, was jederman schon weiß, oder nicht zu wissen begehret, oder auch im grund falsch und unrichtig ist.
  Ferner fehlet es auch daran, daß, wenn gleich ein gelehrter und erfahrner mann, deme es seine geschäffte, als zwar selten geschiehet, zuliessen, oder der für sich und ausser ordentlichen Herren-diensten lebete, sich mit solchen dingen erlustigen, und dem vaterland dienen wolten, iedennoch gantz schwer ist, zu dem grund und kern der sache, die man beschreiben will, zu gelangen. Denn an den meisten orten, sind die alten schrifften in schlechter ordnung, und ist schwer darzu zu kommen. Wenn man auch gleich etwas erlanget, so sind es eintzele stücke, daraus wol ein und anderer umstand, aber keine cohærentz der sachen zu vernehmen. Etliche alte und neue händel hält man öffters ohne noth für heimligkeiten, und leidet lieber, daß davon ohne grund und falsch, als eigentlich und recht, geschrieben wird. Es fehlet auch endlich an verlag, denn da wil auch niemand, oder ie selten, ein Herr oder Commun dran, und wird keine ausgabe für unnöthiger, als diese, gehalten.
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Stand: 7. August 2017 © Hans-Walter Pries