HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-5-02
Additiones > §. 2
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Nutzen und mangel der land-charten
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S. 16 (Forts.) §. 2. Zum exempel mag dienen, daß nicht fast eine eintzige land-carte der provincien in Teutschland vorhanden, welche nicht mit vielen, ja schier Scan 898
S. 17 Von den Mängeln der Land-Charten. §. 2.
  unzehlichen mängeln angefüllet wäre; Nicht nur allein wegen der Situation, und deren künfftigen einrichtung nach dem Polo, denn dieselben irrthümer mercket nicht ein jeder, es entspringet auch daher wenig schaden; Sondern in andern handgreifflichen Stücken, daß viel örter ausgelassen, dörffer für städte, und städte für dörffer angeschrieben, auch gantz ungeschickte Nahmen, wie sie etwan der gemeine mann nach seiner bäurischen art, ausspricht, oder sonst gantz falsch und undeutlich, (der übel-bezeichneten flüsse, gebürge und wälder, welche mehrentheils nur nach phantasey hinein gemahlet werden, zu geschweigen,) darein gesetzet und zu befinden. Solte nun nicht ein Regent oder ein gantzes land ein für allemahl etliche hundert Gülden aufwenden können, daß eine solche Land-carte oder Tafel mit grund und geschickligkeit, nicht durch stümpler, sondern durch fleißige und darzu geschickte leute, auch nicht in der stube und hinter den ofen, sondern in re præsenti, auf dem lande, wie sichs gebühret, abgefasset, und wo nicht publiciret, doch im Lande zu nothdürfftiger information behalten würde, und solte man gleich etliche Jahre damit zubringen, denn es wäre doch endlich besser einmahl und langsam, als niemaln etwas rechtes zu machen. Jeder Fürst und Herr, edelmann, stadt und commun, weiß ja seine marckungen und zugehörung, oder hat doch leute, die es wissen, derowegen, wo Obrigkeitliche handbietung darzu geschiehet, und ein fleißiger mann mit billich-mäßiger belohnung darzu gebrauchet, und
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  auf den augenschein geleitet würde, wäre dieses stück, welches gleichwol zum fundament der historischen beschreibung vorher dienet, nicht unmüglich zu erheben. Etliche haben vermeynet, es sey dergleichen beschreibung schädlich, weil in kriegs-zeiten die feinde, und deren quartiermeister, sich gar eigentlich darnach richten können. Es scheinet aber nicht, daß dieses bedencken erheblich sey, denn die land-carten, die man allbereit hat, so schlecht sie auch seyn, können einen feind, der überhaupt handelt, und nach einem kleinen ab- und zugang nicht fraget, schon gnugsam dienen; Er findet auch, wenn er der lande mächtig wird, so viel er zu seinem zweck bedarff, durch allerhand Mittel, gnugsame Nachricht. Derowegen dienen die accuraten und eigentlichen land-carten nicht einem feind, denn er muß sich auf den augenschein, und nicht allein auf brieffe gründen: Sie dienen auch eben nicht so sehr einem fremden, der auf das grosse und vornehmste siehet, sondern dem Herrn und Regenten, und den vornehmsten einwohnern und bedienten des landes. Daraus können sie in kriegs- und friedens-zeiten bey allerhand fürfallenden geschäfften, da man von gräntzen, von durchzügen, von zusammenschlagung, theilung oder auswechselung dieser oder jener örter, zu geistlicher oder weltlicher gerichtbarkeit oder anstalt, von strassen, schiffarthen, zöllen und geleiten, von durchführung der gefangenen, von jagten und fischereyen, auch von etlichen umständen in handel und wandel redet und rathschlaget, sich leichtlich
S. 19 Von den Mängeln der Land-Charten. §. 2.
  und ehe informiren, als durch vieler Jahre erfahrung, welche nicht einem jeden begegnet, wie denn wohl an grossen höfen und in Regierungen und cantzeleyen leute sitzen, welche von oberzehlten dingen votiren und statuiren, und doch keine gelegenheit gehabt haben, des landes und des situs kundig zu werden, dieweil man nicht einen ieden im reisen und verschicken, an alle orte brauchen, oder ihn im lande spatziren führen kan, die werden denn offt durch einen referenten, der sich auf den augenschein gründet, und etwan passioniret ist, oder in den tag hinein ohne gnugsamen grund, redet, und sein votum vertheidiget, übel verleitet und hintergangen.
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Stand: 8. August 2017 © Hans-Walter Pries