1. Th. Cap. II
HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-2-07-10
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Werk Inhalt ⇧ III
daß der Käyserl. Majestät der respect und gebühr erwiesen, doch auch des landes-herrn rechte nicht gekräncket werden.
2.) ⇨

S. 119 (Forts.)   ⇦ S. 119 §. 10 (Anfang)
§. 10 (Forts.) Als Erstlich gegen Kayserl. Majestät und das Reich hält man sich in des landes-fürsten geheimder rathstuben gefasset, und weiß 1. wie man dem römischen kayser in schreiben, und auch im reden und aufwarten, da der landes-herr in person vor Ihrer Majestät erscheinen sollte, den schuldigen respect erweisen soll, allermassen davon gewisse nachricht aus Scan 139
 
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  dem exempel der vorfahren, und unserer zeiten in schrifften zu finden. 2. So offt sich enderung der käyserlichen person, oder auch bey dem landes-herrn zutrüge, gebühret sich, daß um die gewöhnliche belehnung, mit dem fürstenthum und annehmung der pflicht- oder reichs-huldigung angesucht werde, deßwegen bey der cantzeley die art und weise, wie solches nach altem herkommen geschehen müsse, und was für personen und kosten darzu gehören, zu finden. 3. Die käyserliche befehle und anordnungen an den landes-herrn werden nicht allein angenommen und gelesen, sondern auch in schuldigster gebühr erwogen, und nachdem sie den reichs-schlüssen und herkommen gemäß, durch fürstliche ausschreiben im lande publiciret. 4. Gebühret dem landes-herrn und dessen räthen zu wissen, wie viel an geld und volck in gemeinen reichs-nöthen, oder gewilligten anlagen, das land dem römischen käyser und dem reich gebe und contribuire, auch wie und was masse es ausgeschrieben und eingenommen werden soll, zu verordnen. 5. So der landes- herr von einem andern verklaget wird, hat er zu bedencken, wie er nach gelegenheit der sache, und ausweisung der reichs-constitutionen, sich einzulassen, und seine nothdurfft fürzubringen habe, also auch im gegentheil, wo er wider jemands eine sache hätte, die für des reichs austräge oder höchsten gerichte gehöret, wo und wie er dieselbige anhängig machen wolle, damit weder in der sache selbst, noch in der art und weise solche zu führen, oder im proceß verstossen werde. Zu solchem ende wird erfordert,
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  daß der landes-herr am käyserl. Hof, und am käyserl. cammer-gericht, seine bestellte agenten, procuratores und advocaten halte, denenselben gewisse instruction, auch besoldung gebe. Ingleichen 6. zu unterhaltung käyserl. cammer-gerichts jährlich ein gewisses, so ihme nach des reichs-ordnung zugetheilet, beyschiesse, auch was daselbst und am käyserl. hofe vor gebühren und sportuln erheischet werden, gehöriger massen abtragen lasse. Gleich wie aber der landes-herr vor sich und durch seine räthe dem jenigen nachkommen muß, worzu ihn die schuldigkeit gegen Käyserl. Majestät und das Reich verbindet, also pflegt er auch, und ist ihm nicht weniger zu erhaltung seiner hoheit und staats angelegen, dahin zu sehen, daß ihme auch seine Landes-Fürstliche Regierung, Freyheiten und privilegien dißfalls ungeschmälert bleiben, indeme er nicht zugiebet, sondern dagegen seine nothdurfft gebührlich anzuführen bedacht ist, wenn (1.) Ihme in seiner regierung, landes-ordnung, und ertheilung der justitz, eine andere maasse und ordnung fürgeschrieben werden wollte, als welche den reichs-satzungen und herkommen gemäß ist. * (2.) Wenn man ihme seine unterthanen von seinem gehorsam, gerichtbarkeit und obrigkeits-zwang abfordern, und zur ungebühr schützen wolte. ** (3.) Wenn ihme in religions- und andern sachen solche dinge anbefohlen und zugemuthet werden, welche den reichs-satzungen zuwider wären. (4.) Wenn Ihme und seinen unterthanen steuer und schatzungen, welche
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  nicht im reich gewilliget worden, oder mehr als ihme zukäme, auferlegt und angeheischet würden. (5.) Wenn ihme ein anderer stand im reich, oder ein fremder potentat zum ober-herrn in etlicher, oder allen sachen wollte aufgedrungen werden. (6.) Wenn ihme die gerichts-stellen, da fürsten und herren ihre sachen klagen und verantworten, wolten versperret, und er oder seine unterthanen, an andere orte gezogen, und an ausübung des rechtens verkürtzet und übereilet werden. (7.) Wann ihme an seinem Reichs-Fürsten-stande, ehre, herrlichkeit, vorzug und würden, abbruch und beschimpffung wolte zugezogen werden. In solchen und dergleichen fällen ist gute behutsamkeit und weiser rath vonnöthen, wie solchen beschwerden, wenn sie zumahl aus übelen bericht oder ungestümen anhalten eines gegentheils, oder in unruhigen zeiten und zerrüttung des gantzen reichs von höhern orten herrühren, mit geziemender verantwortung, remonstration, schrifftlich, oder durch gesandschafften, durch rath und handlung anderer vertrauter chur- und fürsten, sonderlich der nechsten anverwandten, durch beschwerung auf reichs-tägen, und andere, nach erzeigung der fälle, zuläßige mittel, *** unverletztes gewissens, und sonder grössere gefahr der land und leute, abzuhelffen sey? Ingleichem, wie gegen andere stände des reichs, oder fremde, so sich dieselbe etlicher dergleichen dinge unterstünden, in- und ausserhalb reichs, in güte, und mit zugelassener gegenwehr zu verfahren.
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  * Wohin auch gehöret, was wir sonst von der macht gesetze zu geben, item, die reichs-schlüsse und gesetze anzunehmen, gesagt haben.
  ** Vordem zwar dependirte die verbothene abforderung der unterthanen von Kayserl. concession, nachmahls aber ist solche gemeines rechtens worden. Und was den ungebührlichen schutz betrifft, ist gleichfalls deutlich genug versehen, daß, wenn auch unterthanen wider ihren landes-herrn hohen orts klagen würden, doch denenselben nicht schlechter dings geglaubet, sondern erst um bericht geschrieben werden solle. Welches denn bey denen hohen reichs-gerichten in frischer observanz ist.
  *** Welche zwar meistens, zumahl bey dergleichen zeiten, die der text anmercket, von schlechter würckung seyn: Sonderlich möchte man von der beschwerung auf reichs-tägen fast sagen, wie vormahls von denen processen zu Speyer: Spiræ lites spirant, non exspirant: Das beste mittel ist, wenn ein fürst durch guten haußhalt und andere kluge anstalten sich auf den nervum rerum gerendarum schicket, mit dessen hülffe er viele feurige pfeile wird abwenden können.
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Stand: 13. September 2017 © Hans-Walter Pries