1. Th. Cap. II
HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-2-07-12
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Werk Inhalt ⇧ III
daß die unterthanen und stände in ihren befugnissen nicht gekräncket oder verachtet werden
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    ⇦ S. 125 § 11
S 125 (Forts.) §. 12. Wie der landes-fürst seine hoheit insgemein im gantzen lande, und über alle dessen einwohner üben und behaupten soll, ist schon angezeiget; Weil wir aber etliche freyheiten und befügnisse, deren sich die unterthanen zu gebrauchen haben, und darwider nicht beschweret werden dürffen, im 4. cap. beschrieben, so erfordert auch das landes- obrig- Scan 145
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  keitliche amt, und läufft in die verrichtung seiner räthe, daß sie solches Recht der Landschafft auch für augen haben, * die sachen, die hohe landes-regierung betreffend, darinnen die landes-stände entweder nothwendig, oder um besserer werckstellung willen zu beschreiben, und zu rath zu ziehen sind, nicht für sich allein angreiffen, sondern auf die anstellung eines land-tages, und gebührliche proposition und handlung mit denen ständen gedencken, massen solches ausführlich in obgemeldten capiteln zu finden. Und thun hierinn die lands-herren öffters und lieber ein übriges, daß sie nemlich die land-stände zu rathe fragen, als daß sie vor sich selbst verfahren, ob sie gleich dessen befugt oder berechtiget sind, denn durch solche berathschlagung und land-tags-schlüsse, gewinnen sie die gemüther der unterthanen, geben ihnen ihr gutes vorhaben, und die darzu bewegende ursachen desto deutlicher zu vernehmen, und verbinden dieselbige zu desto willigerm gehorsam, kan ihnen auch destoweniger verarget werden, wenn sie über solchen schlüssen eifferig halten, und die überfahrer desto schärffer ansehen, jedoch muß dabey auch eine maasse gehalten, und nicht dasienige erst in weitläufftige überlegung gebracht, und ruchtbar gemacht werden, was einer geschwinden, eilsamen und unvermerckten anordnung bedarff, oder eine kleinmüthigkeit und mißtrauen anzeiget, wenn man erst in solchen fällen rath und einwilligung begehren wolle, darinn die vernunfft und die rechte des landes schon klare maasse geben.
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  * Wir haben schon an seinem orte berühret, durch was vor veranlassung die menschen sich in bürgerliche gesellschafften zusammen gethan und Republiquen errichtet haben, und daß solches aus dem willen und vergleich der einzelnen hauß-väter uhrsprünglich herrühre. Woraus denn ferner folget, daß diejenige regiments-art, in welcher ein souverain mit seinen unterthanen und ständen über die wichtigsten angelegenheiten des landes berathschlaget, die natürlichste und ordentlichste seye. Zwar weiß ich wohl, daß viele schmeichler hierinnen anderer meynung sind; wie denn unter andern aus dem von einem anonymo heraus gegebenen discurs von land-ständen, ingleichen aus des ehemahlig berühmten Kayserl. ministri Schröders politischen tractat vom absoluten fürsten-recht zu ersehen. Alleine, vor itzo zu geschweigen, daß ich nicht sehe, was einem grossen herrn aus solcher wiedrigen doctrin vor ein vortheil zu wachsen könne, so ist mit vielen gründen darzuthun, daß solche principia auf schlechten füssen stehen. Nur etwas weniges davon zu berühren, so ist ja ein jeder souverainer herr und deme gleich geachterer teutscher landes fürst alle pacta und vergleiche, also auch die darauf ruhende rechte seiner unterthanen, nach dem natürlichen gesetze von welchem kein mensch in der welt befreyet, zu halten verpflichtet. Ja ein teutscher landes-fürst und regent hat noch überdem die reichs-fundamental-gesetze, worinnen die jura der land stände und unterthanen fest gestellet sind, zu betrachten, und dabey wohl zu erwegen, daß wie ihme selbst höchst beschwerend seyn würde, wenn ein mächtiger Kayser der landes fürstl. hoheit durch eine angemaste arbitrarische regierung derogiren wollte, also auch die stände seines landes die gröste ursach darüber zu klagen haben würden. Thun demnach vertraute ministri nicht wohl, die ihren herrn zu solchen dingen verleiten: Und weil sie eines theils demselben darunter übel vorstehen auch
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  öffters in den grösten schaden bringen, andern theils auch die armen unterthanen kräncken, so ist es kein wunder, wenn GOtt darnach mit einer realen predigt kömmt und verhänget, daß ein solcher Peryllus in seinem eigenen inventirten ochsen verbrennen muß. Ohne ist ja wohl nicht, daß man denen ständen nichts über die gebühr einräumen, noch es von dem consiliio deliberativo, zum decisivo kommen lassen soll; Aber auch alles über einen hauffen werffen wollen, ist noch weniger zu rathen, auch an sich unnöthig, da ein fürst, nachdem er selbst geschicklichkeit zu regieren besitzet, oder geschickte diener hat, ohnedem mit guter art thun kan, was er will.
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Stand: 2. Januar 2017 © Hans-Walter Pries