S. 165 (Forts.) |
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§. 26. I. Wegen der Heyrath ist kein zweiffel, nach dem
der landes-herr die vornehmste person des gantzen landes ist, und
männiglich auf sein thun und leben die augen wirfft, grosse herren auch
mehrentheils vielen bösen nachreden, manchmahl ohne ihr verschulden, aus
neid des bösen feindes, und seiner werckzeuge, unterworffen, daß alle gute
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Teutschen Fürsten-Staats |
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sichtigkeiten und erinnerungen, die sonst bey
vorhabender heyrath, und im ehestande selbst, vernünfftigen und
christlichen leuten gegeben werden, so vielmehr und nothwendig bey
verheyrathung fürstlicher, und dergleichen hoher personen, und ihrem
ehestande in acht zu nehmen seyn: Als, daß die heyrath mit dem gebeth und
christlichen guten vorsatz angefangen, auf tugend und frömmigkeit, gute
gestalt, rechtes alter, ehrliches geschlecht gesehen: im ehestande selbst,
rechte treue beständige liebe, gedult in creutz und schwachheiten,
nothwendige versorgung des ehegatten, und dergleichen, in acht genommen
werden: Weßwegen man in andern geist- und weltlichen büchern nachricht
findet. Allhier aber wollen wir nur etliche umstände, die ein regent, nach
gelegenheit des vaterlandes, in solchen stücken in acht zu nehmen pfleget,
erinnern. |
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1. Nach alten herkommen des Teutschlandes verheyrathen
sich die teutschen Fürsten und vornehme Reichs-Grafen an keine andere
person, als welche Fürstlichem, Gräflichem, oder denenselben
gleichgeachtetem Geschlecht, welches zumahl im reich bekant, und etwa auch
dem landes-fürsten, der da heyrathet, nicht unterworffen, oder land-säßig
wäre, gebohren ist, und sind exempel anzuziehen, daß, im fall es eine
fürstliche und hohe person hierinnen anderst gehalten, und an eine gemeine
vom adel, oder bürgerlichen standes-person, sich vermählete, es ihnen nicht
allein zur bösen nachrede gereichet, sondern auch denen also erzielten
kindern ihr stand und recht zur landes-regierung sehr be- |
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Anderer Theil. Cap. 7. |
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schnitten, auch wohl aberkannt, oder sie mit geringern
gütern abgewiesen worden. |
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2. Pflegen sie alsdenn gemeiniglich, und mit grösserm
respect, und bequemlichkeit, zu heyrathen, wenn sie zur Landes-Regierung
würcklich getreten, es wären denn andere sonderbare wichtige ursachen, als
da sind der befürchtende abgang der geschlechts, oder eine bevorstehende
stattliche gelegenheit zu heyrathen, und dergleichen obhanden, daß also ein
herr auch zuvor, und bey lebzeiten seiner eltern, oder derer, die das
regiment hätten, sich im ehestand begebe. |
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3. Erwehlen sie auch gerne eine Gleichheit des Standes,
indem, daß sie nicht leichtlich an einen solchen ort sich machen, da das
vermögen, und ansehen der eltern und der person weit grösser, oder im
gegentheil viel geringer, wäre. Denn aus jenem überladen sich die herren
mit vielen vergeblichen unkosten, und im andern fall haben sie auch nicht
wenig ungelegenheit. |
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4. Ist es müglich, so nehmen sie eine solche gemahlin,
die ihrer religion ist, so wohl des ehelichen vertrauens, als auch land und
leute, und ihrer kinder halben, welche widrigen falls offt deswegen in
gefahr, oder in argwohn und zerrüttung, kommen, dahero auch in manchem
fürstlichen und höhern hause durch testamenta der vorfahren solcher punct
besonders recommendiret und auferleget ist. |
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5. Wenn sonst vorhergesetzte stücke, und dann die
gemeinen umstände der person halben sich wohl |
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Teutschen Fürsten-Staats |
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befinden, sind unsere teutsche fürsten und landes-herren
eben nicht so sehr auf das vermögen oder reichthum der gemahlin bedacht,
sintemahl in den meisten fürstlichen und gräflichen häusern in Teutschland
die töchter nur mit einem gewissen und bekanten stück geldes ausgestattet,
und von der succession des landes damit abgewiesen werden, darbey lässt es
der heyrathende herr billig bewenden, und macht sich darüber keine weitere
anschläge, wenn es nicht ohngefähr, und aus schickung GOttes, sich zutrüge,
daß er mit gutem vergnügen an einen solchen ort geriethe, da die erbschafft
der lande und leute auf die gemahlin fiele, oder sonst ein zufälliges
anderwärtiges vermögen darbey zu hoffen, welches denn zu einem sonderbahren
aufnehmen des landes, wenn die andern eigenschafften einer löblichen
gemahlin auch darbey sind, manchmahl gedeyen kan. |
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6. Darbey pflegen sie auch in der Versorgung oder
Gegen-Vermächtniß, welche denen fürstlichen und gräfflichen gemahlinnen vor
vollenziehung des beylagers, mit gutem rath und vorbetrachtung aufgerichtet
werden, sich nach der gelegenhelt des einbringens der gemahlin, und dem
vermögen des landes, zu richten, solche leibgedinge oder einkünfften, die
einer gemahlin, nach zutragendem tode eines herrn, und solche ausgeb- oder
hand-gelder, die sie in währendem ehestande jährlich haben soll, zu
verordnen, daß damit das land nicht zu sehr beschweret, und denen
nachkommen zu |
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Anderer Theil. Cap. 7. |
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viel an intraden entzogen, oder sonst andere
ungelegenheit daraus verursachet werde. * |
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7. In währendem ehestande werden solche fürstliche
gemahlinnen mit gnugsamer aufwartung und was die äusserlichen ceremonien
belanget, auf die weise, wie der landes-herr selbst, geehret und
unterhalten, wie unten im capitel von der hof-statt wird zu vernehmen seyn.
Einige bothmäßigkeit, oder mit-regierung deroselben, oder eine abgesonderte
hof-statt aber ist ungewöhnlich, auch dem landes-herrn zum theil
schimpflich, und in viele wege schädlich, doch pflegen denselben wohl
cammer-güter und haußhaltungs-sachen zur ergetzlichkeit, nach beliebung, so
die fürstliche eheleute darzu haben, untergeben zu werden. Alles, was nun
zu erhaltung glückseliger ehe und gebührlichen standes einer gemahlin des
landes-herrn kan bedacht, und was dißfalls für ungelegenheit, übelstand und
ärgerniß, kan abgewendet werden, das gereichet dem herrn selbst mit zur
ehre, freude und vergnügung, und ist also nicht ein geringes stück, welches
er für sich, und mit vertrauten vernünfftigen räthen, zu erwegen und wohl
zu verordnen hat. |
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* Bey vielen fürstlichen Häusern in Teutschland ist
deswegen in denen erbtheilungs-recessen und pactis domus besondere
vorsehung geschehen, wie hoch eine gemahlin versorget und mit leibgeding
versehen werden solle, damit die lande nicht gar zu sehr beschweret werden
mögen; welches denn an sich selbst sehr zu loben ist. Ein mehrers aber und
exempel davon anzuführen ist nicht thunlich noch nöthig, sondern es mag
hier gnug seyn, daß man hiermit einige anleitung darzu gegeben, das übrige
muß aus denen |
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Teutschen Fürsten-Staats |
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pactis und verträgen selbst, welche einen jeden, der
mit solchen dingen zu thun bekömmt, zu seiner zeit in die hände gerathen,
erlernet werden. |
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