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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-2-7-26
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Wegen der Heyrath
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  §. 26. I. Wegen der Heyrath ist kein zweiffel, nach dem der landes-herr die vornehmste person des gantzen landes ist, und männiglich auf sein thun und leben die augen wirfft, grosse herren auch mehrentheils vielen bösen nachreden, manchmahl ohne ihr verschulden, aus neid des bösen feindes, und seiner werckzeuge, unterworffen, daß alle gute vor- Scan 185
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  sichtigkeiten und erinnerungen, die sonst bey vorhabender heyrath, und im ehestande selbst, vernünfftigen und christlichen leuten gegeben werden, so vielmehr und nothwendig bey verheyrathung fürstlicher, und dergleichen hoher personen, und ihrem ehestande in acht zu nehmen seyn: Als, daß die heyrath mit dem gebeth und christlichen guten vorsatz angefangen, auf tugend und frömmigkeit, gute gestalt, rechtes alter, ehrliches geschlecht gesehen: im ehestande selbst, rechte treue beständige liebe, gedult in creutz und schwachheiten, nothwendige versorgung des ehegatten, und dergleichen, in acht genommen werden: Weßwegen man in andern geist- und weltlichen büchern nachricht findet. Allhier aber wollen wir nur etliche umstände, die ein regent, nach gelegenheit des vaterlandes, in solchen stücken in acht zu nehmen pfleget, erinnern.
  1. Nach alten herkommen des Teutschlandes verheyrathen sich die teutschen Fürsten und vornehme Reichs-Grafen an keine andere person, als welche Fürstlichem, Gräflichem, oder denenselben gleichgeachtetem Geschlecht, welches zumahl im reich bekant, und etwa auch dem landes-fürsten, der da heyrathet, nicht unterworffen, oder land-säßig wäre, gebohren ist, und sind exempel anzuziehen, daß, im fall es eine fürstliche und hohe person hierinnen anderst gehalten, und an eine gemeine vom adel, oder bürgerlichen standes-person, sich vermählete, es ihnen nicht allein zur bösen nachrede gereichet, sondern auch denen also erzielten kindern ihr stand und recht zur landes-regierung sehr be-
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  schnitten, auch wohl aberkannt, oder sie mit geringern gütern abgewiesen worden.
  2. Pflegen sie alsdenn gemeiniglich, und mit grösserm respect, und bequemlichkeit, zu heyrathen, wenn sie zur Landes-Regierung würcklich getreten, es wären denn andere sonderbare wichtige ursachen, als da sind der befürchtende abgang der geschlechts, oder eine bevorstehende stattliche gelegenheit zu heyrathen, und dergleichen obhanden, daß also ein herr auch zuvor, und bey lebzeiten seiner eltern, oder derer, die das regiment hätten, sich im ehestand begebe.
  3. Erwehlen sie auch gerne eine Gleichheit des Standes, indem, daß sie nicht leichtlich an einen solchen ort sich machen, da das vermögen, und ansehen der eltern und der person weit grösser, oder im gegentheil viel geringer, wäre. Denn aus jenem überladen sich die herren mit vielen vergeblichen unkosten, und im andern fall haben sie auch nicht wenig ungelegenheit.
  4. Ist es müglich, so nehmen sie eine solche gemahlin, die ihrer religion ist, so wohl des ehelichen vertrauens, als auch land und leute, und ihrer kinder halben, welche widrigen falls offt deswegen in gefahr, oder in argwohn und zerrüttung, kommen, dahero auch in manchem fürstlichen und höhern hause durch testamenta der vorfahren solcher punct besonders recommendiret und auferleget ist.
  5. Wenn sonst vorhergesetzte stücke, und dann die gemeinen umstände der person halben sich wohl
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  befinden, sind unsere teutsche fürsten und landes-herren eben nicht so sehr auf das vermögen oder reichthum der gemahlin bedacht, sintemahl in den meisten fürstlichen und gräflichen häusern in Teutschland die töchter nur mit einem gewissen und bekanten stück geldes ausgestattet, und von der succession des landes damit abgewiesen werden, darbey lässt es der heyrathende herr billig bewenden, und macht sich darüber keine weitere anschläge, wenn es nicht ohngefähr, und aus schickung GOttes, sich zutrüge, daß er mit gutem vergnügen an einen solchen ort geriethe, da die erbschafft der lande und leute auf die gemahlin fiele, oder sonst ein zufälliges anderwärtiges vermögen darbey zu hoffen, welches denn zu einem sonderbahren aufnehmen des landes, wenn die andern eigenschafften einer löblichen gemahlin auch darbey sind, manchmahl gedeyen kan.
  6. Darbey pflegen sie auch in der Versorgung oder Gegen-Vermächtniß, welche denen fürstlichen und gräfflichen gemahlinnen vor vollenziehung des beylagers, mit gutem rath und vorbetrachtung aufgerichtet werden, sich nach der gelegenhelt des einbringens der gemahlin, und dem vermögen des landes, zu richten, solche leibgedinge oder einkünfften, die einer gemahlin, nach zutragendem tode eines herrn, und solche ausgeb- oder hand-gelder, die sie in währendem ehestande jährlich haben soll, zu verordnen, daß damit das land nicht zu sehr beschweret, und denen nachkommen zu
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  viel an intraden entzogen, oder sonst andere ungelegenheit daraus verursachet werde. *
  7. In währendem ehestande werden solche fürstliche gemahlinnen mit gnugsamer aufwartung und was die äusserlichen ceremonien belanget, auf die weise, wie der landes-herr selbst, geehret und unterhalten, wie unten im capitel von der hof-statt wird zu vernehmen seyn. Einige bothmäßigkeit, oder mit-regierung deroselben, oder eine abgesonderte hof-statt aber ist ungewöhnlich, auch dem landes-herrn zum theil schimpflich, und in viele wege schädlich, doch pflegen denselben wohl cammer-güter und haußhaltungs-sachen zur ergetzlichkeit, nach beliebung, so die fürstliche eheleute darzu haben, untergeben zu werden. Alles, was nun zu erhaltung glückseliger ehe und gebührlichen standes einer gemahlin des landes-herrn kan bedacht, und was dißfalls für ungelegenheit, übelstand und ärgerniß, kan abgewendet werden, das gereichet dem herrn selbst mit zur ehre, freude und vergnügung, und ist also nicht ein geringes stück, welches er für sich, und mit vertrauten vernünfftigen räthen, zu erwegen und wohl zu verordnen hat.
  * Bey vielen fürstlichen Häusern in Teutschland ist deswegen in denen erbtheilungs-recessen und pactis domus besondere vorsehung geschehen, wie hoch eine gemahlin versorget und mit leibgeding versehen werden solle, damit die lande nicht gar zu sehr beschweret werden mögen; welches denn an sich selbst sehr zu loben ist. Ein mehrers aber und exempel davon anzuführen ist nicht thunlich noch nöthig, sondern es mag hier gnug seyn, daß man hiermit einige anleitung darzu gegeben, das übrige muß aus denen
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  pactis und verträgen selbst, welche einen jeden, der mit solchen dingen zu thun bekömmt, zu seiner zeit in die hände gerathen, erlernet werden.
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Stand: 15. September 2017 © Hans-Walter Pries