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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-2-8-10
Anderer Theil > Cap. 8 > §. 10
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Wie die gaben und überfluß des landes recht anzuwenden
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  §. 10. Der andere haupt-punct dieses stücks, welcher ist, daß die gaben, oder der überfluß des landes, daraus die einwohner desselben, über die unentbehrliche nothdurfft, nutzen schaffen, und ihr vermögen dadurch mehren können, recht angewen- Scan 248
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  det werden, wird dergestalt gefördert und in acht genommen, wenn 1. dieselbigen stücke, darinnen der segen des landes, und jeden orts, bestehet, als zum exempel, das getreidig, wein, wollen, tuch, eisen, holtz, und höltzerne waaren, garn, leinwand, etlicher orten die kräuter zum färben, weyd und safflor, und was dergleichen mehr ist, sonderlich erkundiget, beobachtet, die solches zeugen und bereiten, in guter anzahl, ordnung und rechter wissenschafft ihrer kunst erhalten, aus unzeitiger begierde durch die obrigkeit mit auflagen über die gebühr nicht beschweret, sondern zu forttreibung ihres thuns aufs möglichste angehalten, und was sie zum verlag ihres wercks bedürffen, um ein billiches ihnen verschaffet werde, darzu denn etliche oben schon beym ersten punct erzehlte erinnerungen auch dienlich seyn.
  2. Wenn auch die obrigkeiten dahin bedacht seyn, daß sie in dero lande je mehr und mehr, was nützlich, und austräglich seyn kan, nach gelegenheit desselben, und auf reiffliche vorbetrachtung aller umstände vernünfftig einführen, und die leute darzu durch allerhand gütliche mittel und befreyungen anleiten, und also nicht in den gedancken stehen, daß es eben im alten Wesen bleiben müste, und nichts verbessert werden könte. * Denn wo die vorfahren dergleichen meynung gehabt hätten, würden in manchen landen, vielleicht mehr wildnisse und geringe nahrung, als so viel fruchtbare äcker, weinberge, und handthierungen, zu finden seyn.
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  3. Müssen die fremden, die in das land handeln, solche waaren holen, und geld, oder andere nützliche dinge, da hingegen hinein führen, auch der billigkeit nach in acht genommen werden, theils, daß ihnen freyer handel und wandel, sonderlich auf den jahrmärckten, verstattet, die strassen wohl gebessert und erhalten, sie mit neuen ungebührlichen zöllen und auflagen nicht abgetrieben, auch auf den land-strassen gute sicherheit gehandhabet, den wirthen und gast-gebern, da man sich der zehrung und einkehr gebrauchen muß, keine übersetzung nachgelassen, sondern billiger tax gemacht, das recht auf begeben schleunig ertheilet, und anders mehr, was die handelsleute und fremden ins land zu reisen und zu handeln anreitzet, angestellet, hingegen was sie beschweret, und zur ungebühr drücket, abgewendet wird.
  4. Auf die unterthanen selbst aber, welche den vorrath des landes an andere orte bringen, und damit handeln wollen, gebühret der hohen obrigkeit, ebener massen das einsehen zu haben, theils, daß solche leute den handel verstehen, und redlich führen, also durch unbesonnenheit, oder auch durch schalckheit, an andern orten sich selbst, und ihre landes-leute nicht in schaden bringen, theils, daß sie auch in andern herrschafften nach gleich und recht gehalten, und ihre handthierung nicht zur ungebühr, und wider die reichs-satzungen und herkommen gestopffet, sondern wo dergleichen vorgehen wolle, an die obrigkeit derselben örter
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  um abstellung angehalten, und die rechtmäßige freyheit der handlung behauptet werde.
  5. Nichts weniger gehöret auch hieher die aufsicht, daß durch schädlichen auf- und vorkauff die unterthanen selbst einander den handel nicht schwer machen, die bauersleute ihren erwachsenen vorrath zu öffentlichem marckt in die städte führen, das hausiren und unterschleiffen mit allerhand waaren, die sonst auf märckten männiglich feil sind, abgeschaffet, und sonderlich fremden nicht gestattet werde, im lande die waaren, vor dem einheimischen, der damit handeln wolte, zu besprechen, aufzukauffen, zu vertheuren, und ihnen den vortheil aus den händen zu ziehen. ** 
  Diese bißhero erzehlete, und dergleichen mehr nützliche dinge, werden nach dem dritten punct der landes-fürstlichen regierungs-geschäffte, vermittelst der ordnungen und gesetzen des landes beobachtet, allermassen dieselben, nach dem sie, wie im eingang dieses capitels vermeldet, vom landes-herrn mit seinen räthen berathschlaget, auch wohl, nach gelegenheit, mit denen land-ständen communiciret, und deutlich und umständlich verfasset sind, in öffentlichen druck, oder auch schrifftlich aus der cantzeley, unter des landes-fürsten nahmen, vorrede und beschluß an alle stände des landes, auch alle herrschaffts-beamten, welchen die gerichtbarkeit anvertrauet ist, ausgefertiget, einem jeden ein exemplar mit dem fürstlichen oder landes-herrlichen siegel zu ende bedruckt, zugeschickt, und darauf, als ein gesetz der hohen obrigkeit, deme man pflicht und gewissens
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  halben zu gehorsamen schuldig, in allerhand anstalten, urtheilen und straffen, gesehen und gesprochen, auch zu dero handhabung allerhand dienliche mittel angewendet werden.
  * Wieder solche thörichte meynung eyfert sonderlich der autor des tractätleins: Österich über alles: Und nach ihm der sonst angeführte frey-herr von Schrödern in seiner fürstlichen Renth-kammer, bey welchen einige seine gedancken hiervon zu befinden, doch aber auch nicht alle ohne unterschied anzunehmen sind.
  ** Doch ist auch hiebey gute behutsamkeit zu gebrauchen, daß die ausfuhre benöthigter waaren nicht zur unzeit verbothen, und dadurch die nachbarn zu repressalien verleitet werden, welches denn aus der Zeit und umständen selbst erwogen werden muß. Also wurde einst in einem gewissen fürstenthum die ausfuhre des getraydes gar arthig ohne verboth gehemmet, dadurch, daß man die fremden aufkäuffer fleißig beobachten und sie durch die einheimischen vom kauff abtreiben ließ. Ein mehrers kan von diesen sonst nützlichen materien nicht hinzugethan werden, weil ohnedem diese bogen über vermuthen anwachsen.
   
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Stand: 17. September 2017 © Hans-Walter Pries