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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-2-10-4
Anderer Theil > Cap. 10 > §§ 4-7
Werk Inhalt ⇧ Cap. 10
Und bestehen einmahl im gerichts-zwange
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S. 262 (Forts.)   ⇦ S. 262: §. 3
  §. 4. Die geringste und gemeinste art, welche auch fast mehrentheils nur bey dem dritten punct der regierungs-sachen vorläufft, ist der Gerichts-Zwang, welcher durch die gerichts-diener und boten, landknechte, stadtknechte, die häscher, büttel, und endlich die scharffrichter, verrichtet wird, daß nemlich verklagte oder ungehorsame, oder auch missethätige personen, auf anordnung der gerichte, nicht nur daselbst und vor der obrigkeit zu erscheinen, erfordert, sondern im fall des aussenbleibens, oder da sie dasjenige nicht, was ihnen auferleget wird, vollbringen, oder wider die rechte und gesetze missethätig handeln, mit gewalt geholet, angeschlossen, ins gefängniß geworffen, ihnen etwas von ihrer habe ausgepfändet, und in die gerichte, oder denen, welchen es mit mehrerm rechte zustehet, überlieffert, * oder sie aus dem besitz der güter, worein sie nicht mehr gehören, ausgetrieben, oder, welches den nachrichtern zukömmet, an ihrem leibe gestäupet, gezüchtiget, oder gar vom leben zum tode, durch allerhand arten der rechtmäßigen straffe, gebracht werden. Scan 282
  * Zu welchen Mitteln diese gerichtbarkeit zu handhaben, ausser denen beyden im text berührten, auch noch die ansetzung einer geldstraffe, gerechnet wird, durch welche die obrigkeit ebenmäßig den ungehorsam bändigen kan.
§. 5 §. 5. Zu rechter ausübung dieses gerichts-
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  zwangs wird erheischet eine Gerichts-Folge, daß nemlich die unterthanen eines jeden gerichts, stadt oder dorffs, auf anordnung der obrigkeit, alle insgesamt, so viel gegenwärtig und zu bekommen sind, oder etliche aus denselben auf besonderes gebot, den gerichts-dienern, die man zur ausführung solches zwangs haben muß, beystand und schutz leisten, daß er sein anbefohlen werck verrichten, und ihnen darbey der widerspenstige, missethätige nicht schaden oder nicht entrinnen könne, sonderlich aber, daß den flüchtigen übelthätern, bevorab den räubern und landes-beschädigern, auch von einem gerichte und gebiet ins andere nachgeeilet werde, davon in den ordnungen und satzungen unterschiedlicher länder und fürstenthümer viel zu finden.
§. 6 §. 6. Nichts destoweniger gehöret auch zu diesem grad die verschaffung der gefängnisse, und verwahrung für allerhand personen, die man verdachts oder mißhandlung halben zur hafft bringet, welche denn also zugerichtet seyn sollen, daß dadurch der zweck der gefängnisse, nehmlich der leute, biß zu ausführung ihres rechtens, mächtig zu seyn, nicht überschritten werde, welches geschicht, wenn solche örter so gar ungeheuer, und aller nothdürfftigen bequemlichkeiten entblöset sind, daß dadurch die menschen an ihrer gesundheit schaden leiden. *
  * Dergleichen schädliche gefängnisse sind nun in denen Reichs-rechten höchlich verbothen, und demnach so wohl aus dieser absicht, als auch weil es überhaupt den armen menschen dergestalt zu plagen, unverantwortlich, höchsten fleißes zu meiden, und dabey zu bedencken, daß man nicht allein Gott dem allmächtigen
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  dereinst, sondern auch der hohen Kayserl. Majestät darüber rechenschafft zu geben habe.
§. 7 §. 7. Dieser gerichts-zwang kömmet nun nicht allein dem landes-fürsten, sondern auch denen ständen des landes, welche gerichte haben, jedoch nach ihrer maasse, und so weit es eines jeden gerichtbarkeit mit sich bringet, zu, liegt aber dem landes-fürsten ob, über diesem die aufsicht zu führen, und darüber zu halten, daß damit recht gebahret, und der gehorsam der unterthanen, samt der ruhe und friede des landes dadurch behauptet werde.
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Stand: 17. September 2017 © Hans-Walter Pries