S. 307 |
|
⇦ S. 307: §. 2 |
|
§. 3. Insonderheit aber wird in den consistoriis
auch verrichtet und geführet die geistliche gerichtbarkeit in
allerhand streitigen fällen *, welche in denen sachen, die ins
consistorium gehören, sich ereignen, da denn die irrige partheyen
vorbeschieden, gehöret, mit bescheide versehen, auf bedürffenden
fall, durch etliche gelinde wege und mäßige straffen zum gehorsam
gebracht, oder an die weltliche jurisdiction zur execution gewiesen,
oder auch die geistliche kirchen-censur, und endlich gar der bann
angeordnet, und also vielfältig eine art und weise eines
gerechtlichen processes gehalten wird, nur daß dißfalls, weil die
sachen gemeiniglich keinen verzug leiden, und der leute
christenthum, oder die heilige ehe, oder milde sachen, und das
armuth, betroffen, ohne weitläufftigkeit und ordentli- |
Scan 327 |
S. 308 |
Teutschen Fürsten-Staats |
Scan 328 |
|
che rechts-fristen, auf schlechte und einfältige
erkundigung der sachen verfahren wird. ** |
|
|
Nachdem aber das consistorium in dahin-gehörigen
sachen die oberste inspection hat, und die höchste stelle im lande
ist, aber nicht wohl müglich fället, ohne beyhülffe anderer
nachgeordneten aufsichten dero hohes amt mit rechtem nachdruck zu
üben, so sind in etlichen grossen fürstenthümern solcher
consistorien mehr, als eines, zu finden, auch wohl etlichen
vornehmsten land-ständen gewisse geistliche unter-consistoria oder
ehe-gerichte verstattet. Zu dem ist sehr nützlich, und in etlichen
orten gebräuchlich, daß auch hin und wieder im lande, und in
etlichen zusammen-geschlagenen dörffern und bezircken, nicht nur
special-superintendenten, sondern auch Geistliche Unter-Gerichte,
durch des Landes-Herrn befehl verordnet werden, davor solche sachen,
die sonst zwar ins consistorium gehören, aber nicht anfangs so gar
groß, wichtig und nachdencklich sind, erst verhöret, der vergleich
versuchet, oder was seine entscheidung bald haben kan, abgeordnet,
und verschaffet, also, daß das consistorium vieler mühe in geringen
sachen überhoben, oder doch gründlich und umständlich berichtet
wird: *** Wie denn auch sonst dem consistorio die ober-aufsicht und
direction über die unter-gerichte gebühret, und von diesen die
appellationes dahin geschehen. |
|
|
* Wohin insgemein gerechnet werden, ausser
vorbemeldten haupt puncten, die ab- und einsetzung der schul- und
kirchen-diener, gelöbniß- ehe- und schwängerungs sachen,so fern die
letztere der kirchen-censur un- |
|
S. 309 |
Anderer Theil. Cap. 12. |
Scan 329 |
|
terworffen, kirchen- und schul-besoldungen,
geistl. einkünffte, was ad censuram morum et disciplinam
ecclesiasticam gehöret, u. d. g. so aus der observantz und denen
consistorial-ordnungen zu erlernen. Denn es ist leicht zu ermessen,
daß nicht nöthig gewesen, daß alle protestantische fürsten ihre
consistoria auf gleichen fuß eingerichtet sondern sie können diese
speciem der jurisdiction, gleich andern, nach belieben verhandeln
lassen. Also werden in der Pfaltz, dem Clevischen und Märckischen
die ehe-sachen vor weltlichen richtern tractiret. Wie denn auch
dieses leicht zu begreiffen, daß in wichtigen fällen der hohen
obrigkeit allerdings von denen consistorialen vortrag geschehen, und
deren verordnungen nachgelebet werden müsse. |
|
|
** Welches zwar insonderheit von sachen erster
instantz zu verstehen: Sintemahl wo es zur leuterung u. s. w. kömmt,
so wird dieselbe nach denen formalibus processus tractiret. |
|
|
*** Des endes sonderliche instructiones vorhanden.
Z. e. daß sie wohl vor die erhaltung der ehe handeln, nicht aber
deren trennung gestatten dürffen. u. d g. m. |
S. 309: §. 4 ⇨ |