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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-2-12-3
Anderer Theil > Cap. 12 > §. 3
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Von der geistlichen gerichtbarkeit des Consistorii
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  §. 3. Insonderheit aber wird in den consistoriis auch verrichtet und geführet die geistliche gerichtbarkeit in allerhand streitigen fällen *, welche in denen sachen, die ins consistorium gehören, sich ereignen, da denn die irrige partheyen vorbeschieden, gehöret, mit bescheide versehen, auf bedürffenden fall, durch etliche gelinde wege und mäßige straffen zum gehorsam gebracht, oder an die weltliche jurisdiction zur execution gewiesen, oder auch die geistliche kirchen-censur, und endlich gar der bann angeordnet, und also vielfältig eine art und weise eines gerechtlichen processes gehalten wird, nur daß dißfalls, weil die sachen gemeiniglich keinen verzug leiden, und der leute christenthum, oder die heilige ehe, oder milde sachen, und das armuth, betroffen, ohne weitläufftigkeit und ordentli- Scan 327
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  che rechts-fristen, auf schlechte und einfältige erkundigung der sachen verfahren wird. **
  Nachdem aber das consistorium in dahin-gehörigen sachen die oberste inspection hat, und die höchste stelle im lande ist, aber nicht wohl müglich fället, ohne beyhülffe anderer nachgeordneten aufsichten dero hohes amt mit rechtem nachdruck zu üben, so sind in etlichen grossen fürstenthümern solcher consistorien mehr, als eines, zu finden, auch wohl etlichen vornehmsten land-ständen gewisse geistliche unter-consistoria oder ehe-gerichte verstattet. Zu dem ist sehr nützlich, und in etlichen orten gebräuchlich, daß auch hin und wieder im lande, und in etlichen zusammen-geschlagenen dörffern und bezircken, nicht nur special-superintendenten, sondern auch Geistliche Unter-Gerichte, durch des Landes-Herrn befehl verordnet werden, davor solche sachen, die sonst zwar ins consistorium gehören, aber nicht anfangs so gar groß, wichtig und nachdencklich sind, erst verhöret, der vergleich versuchet, oder was seine entscheidung bald haben kan, abgeordnet, und verschaffet, also, daß das consistorium vieler mühe in geringen sachen überhoben, oder doch gründlich und umständlich berichtet wird: *** Wie denn auch sonst dem consistorio die ober-aufsicht und direction über die unter-gerichte gebühret, und von diesen die appellationes dahin geschehen.
  * Wohin insgemein gerechnet werden, ausser vorbemeldten haupt puncten, die ab- und einsetzung der schul- und kirchen-diener, gelöbniß- ehe- und schwängerungs sachen,so fern die letztere der kirchen-censur un-
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  terworffen, kirchen- und schul-besoldungen, geistl. einkünffte, was ad censuram morum et disciplinam ecclesiasticam gehöret, u. d. g. so aus der observantz und denen consistorial-ordnungen zu erlernen. Denn es ist leicht zu ermessen, daß nicht nöthig gewesen, daß alle protestantische fürsten ihre consistoria auf gleichen fuß eingerichtet sondern sie können diese speciem der jurisdiction, gleich andern, nach belieben verhandeln lassen. Also werden in der Pfaltz, dem Clevischen und Märckischen die ehe-sachen vor weltlichen richtern tractiret. Wie denn auch dieses leicht zu begreiffen, daß in wichtigen fällen der hohen obrigkeit allerdings von denen consistorialen vortrag geschehen, und deren verordnungen nachgelebet werden müsse.
  ** Welches zwar insonderheit von sachen erster instantz zu verstehen: Sintemahl wo es zur leuterung u. s. w. kömmt, so wird dieselbe nach denen formalibus processus tractiret.
  *** Des endes sonderliche instructiones vorhanden. Z. e. daß sie wohl vor die erhaltung der ehe handeln, nicht aber deren trennung gestatten dürffen. u. d g. m.
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Stand: 12. Januar 2017 © Hans-Walter Pries