HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-2-13-6
Anderer Theil > Cap. 13 > §. 6
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Von dem unterscheid und subordination der kirchenämter
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S. 321 (Forts.)   ⇦ S. 321: §. 5
  §. 6. Nechst diesem ist nun auch von dem unterscheid und ordnung der kirchen-ämter zu reden. Denn man findet in der göttlichen Schrifft Neuen Testaments, daß schon bey der Apostel zeiten zweyerley ämter bey dem kirchen-wesen üblich gewesen. Denn die Apostel und Jünger des HErrn haben gelehret und geprediget, auch die Sacramenta administriret, andere sind der einsammlung der christlichen allmosen, damit im anfang der Christenheit viel zu thun gewesen, und andern verrichtungen fürgesetzt gewesen, welche Scan 341
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  man Diaconos genennet, wiewohl heut zu tage bey unsern kirchen dieser name auch einem prediger, der nicht der erste oder vornehmste eines orts ist, gegeben, und die verrichtung bey dem allmosen, welche zu selbiger zeit vortrefflichen geistreichen leuten anvertrauet worden, ietzo etlichen aus der gemeinde, als altar-leuten, kirchen- und kasten-vorstehern, und den kirchnern oder küstern, fast zukömmet. Uberdiß kan man aus etlichen orten der apostolischen schrifften, so wohl auch denen ältesten kirchen-scribenten, abnehmen, daß noch zu, oder doch alsobald nach den zeiten der H. Apostel in denen kirchen-ämtern ein vorzug und ordnung gewesen, daß über etliche prediger und kirchen-diener einer stadt oder bezircks, einer aus ihrem mittel, der begabeteste und erfahrneste, zum aufseher, oder wie wirs nach dem griechischen wort nennen, Bischoff, erwehlet und fürgesetzet worden, dessen aufsicht fürnehmlich dahin gangen, daß er die andern kirchen-diener zu fleißiger verrichtung ihres amts ermahnet und angewiesen: Ihnen in schweren fällen rath ertheilet, oder eine versammlung aller seiner anbefohlenen geistlichen brüder und amts-genossen gehalten, und einen schluß gemacht, die geringen kirchen-dienste bestellet, bey der ordination der prediger die direction und das wort geführet, und dergleichen. Und wird dafür gehalten, daß die ersten bischöffe durch die Apostel selbst bestellet, und die andern durch die sämtliche kirchen-diener iedes orts, auch wohl die ältesten und ansehnlichsten aus der gemeinde gewehlet worden. Nach der zeit, als die
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  käyser und könige zur christlichen religion getreten, haben diese bischöffe. welche unter den heydnischen obrigkeiten sich sehr demüthigen, und bloß das geistliche amt, sonder einiges weltliches ansehen, führen müssen, etwas mehr ehre und autorität erlanget, * die christliche potentaten haben ihnen viel beystand geleistet, und es dahin gerichtet, daß sie mit mehrern einkommen, ehren-stand und einer gewissen botmäßigkeit, versehen, auch über etliche bischöffe wiederum Ertz-Bischöffe, und oberste aufseher mit mehrer autorität verordnet worden. Nachfolglich ist es dahin gediehen, daß sie ie mehr und mehr ansehnlich und mächtig worden, und die andere kirchen-diener allzusehr gedrucket, daß darüber schon vor langen zeiten viel geklaget, und wider die bischöfliche macht, ja wider das amt selbst, als ob es unnöthig, und in GOttes wort, und der alten kirchen gebrauch nicht gegründet wäre, gar gestritten worden, daran sich aber die bischöffe wenig gekehret, sondern vielmehr immer höher gestiegen, und sonderlich in dem Römischen Reich unter dem schirm des Römischen bischoffs oder Pabsts, der sich einer obersten botmäßigkeit über alle die andern angemasset, sich auch der weltlichen obersten gewalt des Röm. Käysers widersetzet, auch endlich darvon gar loß und frey gemacht, zu grossen weltlichen herren und regenten worden, wie solches aus den historien voriger zeiten, und denen noch für augen stehenden exempeln Teutschlandes am tage ist: Jetzunder zu geschweigen, was grosse zerrüttung, empörung und kriege über die wahl
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  und bestättigung solcher bischöffe hin und wieder entstünden, indem darüber bald der gemeine pöbel, bald die geistlichen des bisthums, oder der dioeces, (wie der bezirck, darüber ein bischoff verordnet ist, genennet wird) bald nur etliche seine nechste zugeordnete, die nach der Zeit Canonici, Collegiati, Dom- und Capitul-Herren genennet worden, fürnehmlich aber die Käyser und Könige, und denn anders theils die Päbste gegen einander gestritten, und solches recht zu sich ziehen wollen.
  * Ich glaube, daß schon in den erstern seculis, ehe noch die Römischen Käyser zum christenthum getreten, hierzu ein anfang gemachet worden Denn weil die Christen, nach der ermahnung des Apostels, es vor unzuläßig hielten, vor heydnischen richtern zu zancken, liessen sie ihre streitigkeiten unter einander sonderlich bey den geistlichen, ältisten und vorstehern abthun, woraus nach der hand die sogenante episcopalis audientia, und so weiter, da man bey einreissender barbarey eine nothwendigkeit denen leuten eingebildet, die ietzige macht der bischöffe erwachsen.
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Stand: 18. März 2017 © Hans-Walter Pries