S. 329 (Forts.) |
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⇦ S. 329: Innhalt |
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§. 1. |
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ES darff keines weitläufftigen anführens, sondern
ist allerdings bekannt, und bey allen völckern, die ihre vernunfft
wohl gebrauchen, geschweige denn bey christlichen policeyen, zu
ieder zeit gäntzlich dafür gehalten worden, daß an auferziehung der
jugend in einem regiment sehr viel gelegen: Ja, daß von den leuten
selten ein ander leben, thun und wandel zu hoffen sey, als wozu sie
von kindesbeinen an erzogen und gewehnet worden. Ist nun solche
erziehung und gewehnung gut und tauglich, so hat man sich auch
redlicher und geschickter leute beym regiment in allen ständen:
Widrigen |
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Teutschen Fürsten-Staats |
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falls aber nichts anders, als eines unartigen und
wilden wesens zu versehen. |
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Es pfleget sich aber offt ein iedes land
hierinnen nach der art seiner nahrung und meisten verrichtung zu
achten: Kriegerische und räuberische völcker, zum exempel, werden
ihre kinder fürnehmlich von jugend auf zu kriegs-übung gewehnen. Die
sich der seefahrt nähren, werden sie bald zu schwimmen, fischen und
schiffen, andere anderst anführen. |
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Betrachten wir aber den zustand unsers
vaterlandes teutscher nation, so ist zwar derselbe sehr
veränderlich, also, daß den wenigsten eltern bekannt oder gewiß
fürgesetzet ist, worzu sie ihre kinder, sonderlich die söhne,
erziehen wollen, die meisten stellen es auf die zuneigung des kindes
selbst und auf die begebende fälle und gelegenheiten.* Ein ieder
aber, der ein christ, und seiner vernunfft mächtig ist, hat
gleichwol zu wünschen, und dahin zu trachten, daß seine kinder in
zarten jahren, da sie ohne das zu andern verrichtungen unbequem
seyn, in der christlichen religion wohl unterrichtet, und auch zu
solchen dingen angewiesen werden, deren sie sich in allen ständen,
darein sie etwa Gott dermaleinst setzen möchte, wohl und nützlich
gebrauchen können. Welches denn geschicht durch anführung der jugend
zu denen schulen, darinnen solche beyderley stücke getrieben werden,
sintemal die erkäntniß der wahren religion in der jugend nicht so
wohl durch die öffentliche predigt, welche fürnemlich den
erwachsenen und verständigen geschehen, als durch eigentliche,
einfältige und stetige unterweisung, nachforschung und aufsicht
derer darzu geschickten |
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Anderer Theil. Cap. 14. |
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personen gepflantzet wird, und werden solcher
ursachen halben die schulen, und das gantze schul-regiment, weil die
unterrichtung in christlicher lehre, dero erstes und wichtigstes
stück ist, billig vor werckstätte und vorbereitungs-örter der
christlichen kirchen geachtet, auch deren verordnung und bestellung
vor eine verrichtung des geistlichen regiments gehalten, und dabey
gleichwol auf den fernern zweck, nemlich, die unterrichtung in
andern nützlichen dingen und wissenschafften auch mit gesehen. |
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*Beydes geschicht aus gar zu grosser nachläßigkeit
und unverstand in erziehung der jugend. Massen diese noch nicht von
dem verstande, daß sie solte eine ihrem genie und zustande gemässe
profession erwehlen können; So ergiebet sich auch bey manchen die
gelegenheit, daß er zu denen studiis geräth, vor den sich doch der
dreschflegel besser geschicket hätte. Nichts gewöhnlicher aber ist,
als daß die kinder der eltern profession nachfolgen, zu der sie doch
offte so geschickt, als der esel zum lautenschlagen. Wer siehet aber
nicht, daß es deßfalls an recht prudenten inspectoren der jugend,
auch am wahren eyfer der republic deßfals wohl zu prospiciren,
fehle, welches beydes demnach christliche obrigkeit zu dero selbst
eigenen besten fleißig zu behertzigen hat. |
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