S. 331 (Forts.) |
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§. 2. Hieraus kan man nun leichtlich schliessen,
daß die erste und niederste, gleichwohl aber nöthigste und
unentbehrlichste art der schulen diejenige sey, darinnen solche
beyde stücke, nemlich der nothdürfftige unterricht christlicher
lehre, und die erlernung gemeiner zu allen ständen erforderten
geschicklichkeit, als da ist, lesen, schreiben, und dergleichen
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Teutschen Fürsten-Staats |
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ben werden. Dahero denn auch in den landen der
Augspurgischen confeßion die christliche hohe obrigkeiten
vorlängsten, und sonderlich nach der zeit der reformation, dahin
gearbeitet, und sich auch noch stets löblich bemühen, daß es nicht
leichtlich an einem ort des landes, wo leute beysammen wohnen, und
kinder gezogen werden, an einer solchen schule mangeln, oder ja
dieselbe nicht ferne davon, sondern bequemlich gelegen, und zu
finden seyn möge.* Es sind auch vieler orten besondere ordnungen und
schul-verfassungen nicht allein aufgerichtet, sondern auch in
öffentlichen druck ausgangen, bestehet aber sonderlich und
hauptsächlich, was zu behuff dieser schulen geordnet werden kan,
darinnen: |
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1. Daß in den schulen gottesfürchtige, erbare,
lehrhafte und geschickte personen zu schulmeistern verordnet werden
sollen, es habe gleich die landes-herrschaft, und dero consistorium
selbst, oder wie gemeiniglich geschicht, die gemeinde und
kirch-spiel solchen schul-dienst zu besetzen. Denn nichts desto weiniger
die vorgeschlagene person von dem superintendenten examiniret, und
nicht ehe, als wenn sie tüchtig befunden worden, zuzulassen
ist. |
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2. Daß den schulmeistern gnugsame art und weise
in schrifftlichen ordnungen gezeiget wird, wie sie sich bey ihrer
unterweisung verhalten, und wie sie in einem und andern stück
verfahren sollen, damit nicht auf viel und unterschiedliche weise
nach eines ieden kopff und unverstand die jugend zerrüttet sondern
im lernen eine natürliche, anmuthige art, wenig und einerley
schul-bücher, und denn auch eine gewisse |
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Anderer Theil. Cap. 14. |
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zeit und eintheilung der schüler in etliche
hauffen nach unterscheid dessen, was sie begriffen, gehalten, und
die gemeine jugend, deren man zumal in den dörffern nicht lange
entbehren kan, ihren eltern und freunden zu dienst, desto ehe wieder
aus der schulen entlassen werde. |
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3. Daß in verordnung der lectionen eine rechte
wahl und nothwendiger unterscheid gehalten werde, damit das nöthige,
als da ist sonderlich die unterrichtung in christlicher lehre,
zuförderst geschehe, und denn die gemeinnützigen stücke, lesen,
schreiben, rechnen, singen, und was etwa mehr in teutscher sprache
einem vernünfftigen menschen zu allerhand guter nachricht in allen
ständen dienen kan, der jugend beygebracht, überfluß aber vermieden,
und diejenige, welche nach der eltern gelegenheit, und ihrer
fähigkeit, mehr wissen sollen, in die weitere und höhere schulen zu
rechter zeit geschaffet werden. |
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4. Daß man die schulmeister dahin weiset, daß sie
bey der jugend, neben der wissenschafft, fürnemlich auf pflantzung
der gottesfurcht, erbarkeit, gehorsam, demuth, stilles und
eingezogenes wesen, verträglichkeit, züchtige geberden, und was mehr
christlich und löblich ist, ihr absehen haben. |
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5. Daß die eltern, vormündere und pfleger der
jugend, das ihrige bey dem schul-wesen zu thun, auch angewiesen und
gehalten werden, als, daß sie die jugend zu rechter, und zum
längsten im fünfften jahr ihres alters, in die schule schicken,
darvon keines weges abhalten, sie zu hause nicht ärgern,
sondern |
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Teutschen Fürsten-Staats |
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dern vielmehr zu erholung und beobachtung dessen,
was sie in schulen gutes lernen, anweisen. |
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6. Daß über die schulen eine richtige inspection
geführet werde, und sonderlich die pfarrer iedes orts, auf ihre
schulmeister, und die untergebene jugend ein wachsames auge haben,
damit christlicher und nützlicher ordnung allenthalben nachgelebet
werde, wie denn sonderbare verordnung hin und wieder gethan ist, wie
und wann die erforschungen oder examina der jugend zu bequemen
jahrs-gelegenheiten, als da ist die zeit vor der erndte,
angestellet,** wie davon an den general-superintendenten, und förter
ans consistorium, bericht geschehen, und denen ereignenden mängeln
abgeholffen werden soll. |
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7. Muß auch die hohe und niedrige obrigkeit, und
dero beamte und bediente, über solchen schulen halten, die hohen
zwar nicht allein mit verfassung guter ordnung, nach denen bißhero
erzehlten stücken, sondern auch daß sie selbst lust und beliebung
trage, in dem consistorio öffters nach dem schulwesen zu fragen, auf
dessen verbesserung zu gedencken, und dem mangel vor zu seyn, nach
tüchtigen leuten zu trachten, und ihnen gnugsames auskommen bey
ihrem dienst zu verschaffen, sie auch unerkannter dinge solches
ihres dienstes nicht einsetzen lassen. Die beamten und gerichts-verwalter aber,
daß sie über den schul-ordnungen steiff halten, den
examinibus beywohnen, den schul-dienern bey ihrem amt, auch darbey
gewöhnlicher freyheit und immunität schutz leisten, ihnen zu ihrer
besoldung, |
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Anderer Theil. Cap. 14. |
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erhaltung ihrer wohnungen und dienst-güter,
verhelffen, und alle müglichste förderung erzeigen.*** |
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* Recht löblich ist deßfals die anstalt des
höchstseligsten hertzogs Ernesti zu Gotha gewesen: Es hat auch Gott
dessen geführte vorsorge so wohl gesegnet, daß man in denen gantzen
landen fast keine person, auch unter einfältigen bauersleuten
antreffen wird, welche nicht in den grund-stücken christlicher
lehre, samt nothdürfftigen lesen und schreiben geübet wäre. |
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* Es werden aber solche examina durch die
special-superintendenten, nebst den beamten oder gerichts-herren, nachdem es
ein oder andern orts hergebracht, verrichtet, denen ereignenden
mängeln durch nöthige erinnerung abgeholffen, alles in gewisse
verzeichnisse und tabellen gebracht, und diese samt dem gehaltenen
protocoll, dem consistorio eingeschicket, welches, was etwa noch zu
erinnern, anordnet, damit es bey künfftigen visitationen beobachtet
werden könne. |
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*** Hierbey kan ich nun nicht umhin, dieses zu
erinnern, daß grosse herren nicht allein, sondern auch niedere
obrigkeiten fast nichts vor unanständiger halten, als sich um das
schulwesen zu bekümmern: Es ist auch in der meisten augen nichts
verachteter als ein schulmann, daher es denn kömmet, daß die
wenigsten mit hinlänglichen besoldungen versehen, wie ich denn deren
angetroffen, die denen bauern das viehe gegen ein stück brod gehütet
haben. Daher kömmt es auch, daß keiner zu schul-diensten sich
bequemet, ohne der zu andern diensten nicht tüchtig ist, da doch
umgekehrt zu den schulen die tüchtigsten leute solten genommen
werden, in betracht dem gemeinen wesen so viel an rechter
zubereitung der jugend gelegen ist. Ich sage aber fast, es werde
auch dieses vor die lange weile erinnert seyn, wenn nicht Gott die
hertzen christlicher obrigkeit erwecket. |
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