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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-2-14-8
Anderer Theil > Cap. 14 > §. 8
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Welcher gestalt gute ordnungen und stifftungen zu aufnahme der hohen schulen gemacht und erhalten, auch zu erlernung guter wissenschafften und exercitien anstalt gemacht werde
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  §. 8. Von diesen allen findet man in den stifftungs-briefen und statuten einer universität gnugsame ausführliche nachricht. Es befleißigen sich aber die landes-fürsten und stifftungs-herren der universität für sich, und durch ihre consistoria, dahin; daß 1. über die stifftung selbst, mit reichung Scan 364
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  der besoldung, unterhaltung der personen, austheilung ihrer ämter und verrichtungen, und dergleichen, gehalten. 2. Denen statutis, darnach sich die professores und studiosi richten sollen, sträcklich nachgelebet, und zuweilen nachfrage und visitationes darauf angestellet und zuförderst darnach gesehen und getrachtet werde, daß die christliche reine religion an solchen orten rechtschaffen erhalten, und auch von dar durch die daselbst erzogene lehrer, kirchen- und schul-diener, weiter und beständig fortgepflantzet werden möge. 3. Nichts weniger, weil an solchem ort eine grosse menge studirender und erwachsener junger leute sich aufhält, welche sich ziemlicher freyheit anmassen, und ieder seines gefallens leben will, (wie denn etliche jahre hero ein solch üppiges und verkehrtes wesen, des also genannten Pennalisirens, dadurch die neuankommende studenten jämmerlich geplaget, und um ihre zeit, studiren und lebens-mittel, auch wohl um ihre gesundheit gebracht werden, entstanden) so wird durch alle dienliche mittel dahin gearbeitet, daß solche in guter zucht und stillem wesen erhalten, ihnen auch um ihre billige bezahlung die anschaffung der lebens-mittel befördert werde. 4. Weil gleichwohl manches feines ingenium, aus mangel des verlags, nichts lernet, die reichen aber dafür halten, daß sie dessen nicht bedürffen, und dahero in allen ständen grosser mangel geschickter leute, sonderlich bey kirchen- und schul-diensten, auch bey gerichts-stellen, sich ereignet: So haben von alters her die landes-herren, sonderlich nach der re-
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  ligions-änderung, und da man ein und ander kloster und stifft eingezogen, und dieselbe clerisey, samt ihren einkommen abgeschafft, viel stipendia, oder jährliche reichung eines gewissen geldes, vor arme studirende jugend, sowohl in gymnasiis, als auf universitäten verordnet, zu welchen vor andern die armen landes-kinder, so tüchtige ingenia haben, befordert, und hingegen, mittelst eines schrifftlichen scheins, verpflichtet werden, ihren studiis fleißig ob zu seyn, und sich einsten um gebührliche besoldung in diensten gebrauchen zu lassen, auch ohne des herrn, dessen stipendium sie geniessen, willen und wissen, andere dienste nicht anzunehmen, wie denn deswegen, und daß solche gute intention ihre würcklichkeit erreiche, auf den gymnasiis ein besonderer inspector, auf den universitäten gleicher gestalt einer zum aufseher über solche stipendiaten, geordnet ist, so hat auch auf dieselbe ein general-superintendens des fürstenthums sein absonderlich absehen, erkundiget sich ihrer gelegenheit und verhaltens, und lässet sich solche zu bevorstehender beförderung befohlen seyn, wird ihnen auch, nach gelegenheit ihres vorhabens, an denen consistoriis etwa ein methodus studiorum vorgeschrieben. Solchem exempel der landes-herren sind auch andere christliche personen nachgefolget, welche zu behuff der studirenden jugend, theils auch ihrer eigenen nachkommen und gefreundte solche stipendia verordnet, dabey aber das fürstliche consistorium, oder auch die unter-obrigkeiten, die obsicht haben, daß denenselben stiff-
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  tungen nachgegangen, und nach begebenden fällen die würdigsten, und die es am meisten befugt, darmit versehen werden.
  Eine andere gutthat geschicht auch der studirenden jugend damit, daß auf gymnasiis und universitäten eine gewisse person, Oeconomus oder Speiser verordnet, welcher eine ziemliche anzahl armer, oder doch nicht sonderlich vermögender schüler und studenten, um ein geringes kost-geld, an einem besondern ort mit einander speiset, welches man die communität nennet, darzu denn die Herrschafft, oder auch andere ehrliche leute, einen zuschuß jährlich thun, damit dieselbe speiser ohne schaden seyn.
  5. Weil es gebräuchlich, daß bey absterben oder abzug eines professorn die übrigen derselben facultäten, dem rectori der universität etliche personen nominiren und vorschlagen, die sie zu dem verledigten amt tüchtig erachten, und dieser es förder an der Landes-Herren höfe berichtet: So wird daselbst durch die consistoria reifflich erwogen, welcher aus denenselben dem andern der geschicklichkeiten halben vorzuziehen und anzunehmen sey, sintemahl an gelehrten, fleißigen und gottesfürchtigen professoren das aufnehmen der gantzen universität beruhet.
  6. Wird auch anstalt gemacht, daß zu ehrlichen und anständigen leibes-übungen, auch zu erlernung fremder sprachen, auf den universitäten, oder auch wohl auf gymnasiis, fecht- und tantz-meister, bereiter, frantzösisch- und italiänische sprachmeister, lautenisten, vorschneider, und dergleichen, um leidliche belohnung zu haben seyen.
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  7. Nachdem auch viel von denjenigen, welche auf universitäten studiren, in fremde lande, zu mehrer erlernung vorhergedachter exercitien und sprachen, auch beschauung fern-entlegener berühmten örter, ausreisen, und zu peregriniren pflegen, darbey aber grosser mißbrauch mit vergeblichem geld verschwenden, verlust der zeit, der gesundheit, auch offt der religion und des lebens vorgehet: So wäre nöthig, daß in consistoriis sonderlich gegen die landes-kinder, wo dergleichen reisen vorgenommen werden, gute ermahnung vorher gethan, auch ihnen wohl beyräthige instruction an die hand gegeben würde, wie sie sich nützlich und christlich in solchen reisen verhalten sollen, dergleichen vorsichtigkeit auch gegen andere, die handwercks- oder kriegs-dienste halben in die fremde ziehen, vorzuwenden stünde.
  8. Damit auch die studirende jugend desto mehr zu fleiß angereitzet werde, so ist billig und gebräuchlich, daß diejenigen, welche auf der universität sich wohl verhalten, und fleißig studiren, auch dessen öffentliche und beglaubte zeugnisse haben, für andern geehret und befördert; diejenigen aber, die daselbst bösen wandel geführet, strafffällig oder gar verwiesen worden, ohne sonderbare verspürte reu und besserung nicht hervor gezogen, noch mit diensten versehen werden.
  Diese beyde Puncten des kirchen- oder schulwesens, die bestellung der ämter betreffend, sind nun, wie aus diesem und vorhergehendem capitel abzunehmen von grosser wichtigkeit, und haben daher etwas weiter ausgeführet werden müssen. Was
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  sonst mehr für sachen in die verrichtung eines consistorii lauffen, die haben wir oben im 11. cap. summarisch angeführet, darbey wir es, weil solche dinge nicht unbekannt, und vielfältig beschrieben, auch mancherley ordnungen darvon aufgerichtet sind, wollen bewenden lassen.
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Stand: 26. Juli 2017 © Hans-Walter Pries