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§. 2. Dahero es dann nun an deme, daß die
christliche obrigkeiten von ihrer weltlichen macht und
handhabungs-mitteln den kirchendienern zu desto sicherer und besserer
verrichtung ihres amts viel mitgetheilet, also, daß auch die
kirchen-censur der kleine und grosse bann, darvon wir im gedachten
11. cap. geredet,* und das erste und eigentliche handhabungs-mittel
des kirchen-regiments ist, auf solche maasse, und so viel die darbey
mit unterlauffende würckliche anstalten und zwangs-mittel belanget,
mit weltlicher macht und äusserlichem nachdruck zu bestärcken
gewesen. Und ist solcher äusserlicher zwang und handhabung so viel
nöthiger, alldieweil die gottlosen, bösen und heuchlerischen leute,
nachdem der öffentliche christliche gottesdienst in allen landen
eingeführet worden, mitten unter den frommen vermenget, und in der
äusserlichen versammlung der kirchen mit begriffen sind, da in der
ersten kirchen dieselbe mehrentheils sich selbst von der
christlichen gemeinde ausgeschlossen, und es mit den unglaubigen
heyden gehalten. |
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* In gedachten 11. cap. hat der herr autor von der
prediger gewalt, denen ruchlosen sündern die absolution und den
gebrauch des heil. Abendmahls zu versagen, etwas angeführet, welches
man insgemein den kleinen kirchen-bann zu nennen pfleget. Dahingegen
der grosse bann in gäntzlicher ausschliessung von der christlichen
gemeinde bestehet. Der ursprung dieses bannes ist nicht nur aus der
christlichen kirchen, sondern bereits aus dem Juden- und heydenthum
zu suchen: gestalten Julius Cæsar bereits dessen gebrauchs bey den
alten Druiden der Gallier gedencket, insonderheit aber Seldenus de
Synedr. Ebraeor. derer al- |
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Teutschen Fürsten-Staats |
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ten Griechen und Römer heydnische gebräuche
zusammen getragen hat. Woraus denn zu ersehen, daß der bann eben
keine mit dem christenthum entstandene, oder wohl gar in Gottes wort
denen kirchen-dienern privative anvertraute straffe sey, sondern es
ist entweder eine pur weltliche, oder doch in einen christlichen
staat mit der weltlichen dermassen verknüpffte straffe, daß sie in
den bürgerlichen leben die meiste würckung hat, und diesemnach denen
kirchen-dienern nicht alleine, auch nicht weiter, als es die hohe
obrigkeit nach gut befinden ihnen verstattet, mag anvertrauet
werden. Zwar will man hierinnen meist anders davor halten, und daß
bereits GOtt die straffe im alten Testament durch Mosen habe
einsetzen lassen, nicht minder im neuen Testament solche denen
kirchen-dienern anvertrauet sey. Gleichwie aber berührter Seldenus
herrlich dargethan, daß der jüdische bann nicht älter als die
babylonische gefängniß sey, und bey damahliger zerstreuung unter die
heyden statt einer jurisdiction eingeführet, nachher aber als eine
eingewurtzelte gewonheit beybehalten worden; Also ist es auch mit
dem bann in der christlichen kirchen nicht anders beschaffen, weil
die ersten christen sich dessen ebenfals in ermangelung weltlicher
obrigkeit, die sie nicht gerne behelligten, zu dem auch viele laster
nach der heyden gesetzen nicht straffbar waren, gebrauchet, welche
weise nachmals beybehalten, aber zum höchsten mißbrauch angewendet
worden. Ob nun gleich dieselbe noch ietzo einigen nutzen haben
könte, daferne nur sonst der mißbrauch verhütet wird; so muß doch
der hohen obrigkeit allenthalben die direction verbleiben, wo man
die höchste gewalt in der republic nicht zerstümmeln, und zum
pabsthum wieder den weg bahnen will. |
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