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S. 359 (Forts) |
§. 2. Insgemein ist zu wissen, daß ob man wohl den fürsten des landes für einen herrn
desselben erkennet, so verstehet sich doch solche herrschafft nicht eben auf das eigenthum aller im lande
gelegenen unbeweglichen oder beweglichen güter, also, daß die personen der unterthanen, die häuser, äcker,
weinberge, etc. oder alles geld, vieh, geträydig, oder anderer vorrath des landes, des landes-herrn eigen,
und in seiner macht stünde, solches nach seinem gefallen, als sein eigenthum,* gantz oder zum theil zu
nehmen, und damit zu gebaren, wie etwa türckische und andere barbarische herrschafften sich dergleichen
anmassen, und aus der H. schrifft zu lesen, daß der könig in egypten das eigenthum alles ackers seiner
unterthanen, in der grossen theurung an sich erhandelt; Sondern es ist die allgemeine herrschafft des
landes-fürsten nichts anders, als die hohe botmässigkeit, welche wir im vorhergehenden andern theil nach der
länge beschrieben. Was er aber an eige- |
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Teutschen Fürsten-Staats |
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nen gütern und einkünfften im lande hat, und was ihme für vorzug und regalien zu seiner
bessern unterhaltung und ergetzlichkeit, auch verführung des regiments, zukommen, das entspringet alles aus
sonderbaren rechten und altem herkommen. |
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* Droben beym 7. cap. des II. Theils ist bereits erinnert, wie ein jeder regent,
sonderlich aber ein fürste und dem gleich geachteter landes-herr im teutschen Reiche iede stände und
unterthanen seines landes bey den hergebrachten rechten und gerechtigkeiten ruhig bleiben lasse. Hierzu
gehöret nun auch, daß er sich keines eigenthums über seiner unterthanen güter, noch weniger eines jurisaperturae über der unterthanen geld-kästen, wie etwan böse leute verwegen und lächerlich vorgeben möchten,
anmasse, sondern vielmehr, daß ein ieder unter seinem weinstock und feigenbaum sicher ruhen könne, nach
ermahnung der heil. schrifft, verschaffe. Zwar ist nicht ohne, daß vermöge der höchsten ober-gewalt oder
herrschafft, ein regente über seiner unterthanen gut und blut und was deme anhängig in seiner maasse zu
gebiethen hat, allein es ist dieses nur auf den fall der äussersten noth, und wenn das gemeine beste und des
regenten bedürffniß solches unumgänglich erfordert, auch unter bedingung jetziger oder künfftiger
wieder-erstattung, zugelassen. Woraus denn die gantze lehre von dem dominio supereminente, von welcher sonst die
rechts-lehrer so ängstiglich fragen und schreiben, sich auf einmal aber auch dabey dieses zu tage leget, daß
unter 100. und mehr exempeln sich kaum ein einiges finde, bey welchem alle diese requisita genau eintreffen.
Wiewohl hierinnen auch die mittelstrasse also zu halten, daß man nicht meyne, als wenn auf derer unterthanen
ermessen ankäme, ob in ein und andern fall die äusserste noth oder die gefahr des gemeinen bestes sich
ereigne oder nicht, sondern dieses so wohl, als sonst das regiment selbst, depen- |
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Dritter Theil. Cap. 1. |
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diret von des fürsten erleuchtetem urtheil wobey zwar die unterthanen per modum consilii
können gehöret, keines weges aber ihnen einige scrupulose examinationes oder unanständige beurtheilungen
gestattet werden: wie solche meynung der herr Ziegler in seinem buch de jure majest. mit einem præjudicio
bestärcket. Und aus diesem lassen sich auch die befugnisse eines fürsten bey schweren krieges-zeiten
anrichtung neuer vestungen, erbauung der residenzen samt dazu gehörigen marstall, reitbahnen, lust- thier-
und fasanen-gärten und dergleichen mehr, leichtlich beurtheilen; bey welchen und dergleichen vorkommenden
fällen ein getreuer Minister sich also verständig aufzuführen wissen wird, daß weder der hoheit und rechte
seines herrn etwas entzogen, noch die unterthanen über die gebühr beschweret werden. |
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