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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-3-4-8
Dritter Theil > Cap. 4 > §. 8
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Uber solche diener und deren obhabende verrichtungen muß die fürstliche cammer direction und aufsicht führen
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    ⇦ S. 531: §. 7
S. 531 (Forts.) §. 8. Nach also geschehener, und jedesmahl, so offt es nöthig, angeordneter diener-bestellung folget nun die würckliche aufsicht und direction über diese diener, und die ihnen untergebene cammer-nutzungen selbst. Scan 551
  Dahero denn, nach anleitunq der oben erzehlten regalien, in die expedition fürstl. oder dergleichen cammer-räthe gehöret,* und sie dahin gewiesen werden, welcher gestalt sie auf rechte bestellung und nutzung der bergwercke, und dazu gehörigen verlag und berechnung, auf die verfertigung oder erhaltung richtiger müntze, auf das saltz-werck, auf die bestellung der geleits- und zoll-bedienten, erhaltung der brücken und strassen verhütung des unterschleiffs und betrugs bey dem geleiten, gebrauch und nutzung der wild-bann, auf die wald-nutzung und erhaltung der darüber verfaßten ordnung, insonderheit auf die flösse, und darzu gehörigen verlag und berechnung, auf die hammer-wercke, pech-nutzung und schneide-mühlen, auf die richtige einbringung der amts-gefälle, pacht-gelder, geträid-und geld-zinsen, richtige lieferung der steuer, bestellung der straff-gelder, bey der regierung, durch die darzu absonderlich bestellte fiscalen und cantzley-verwand-
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  ten, in ämtern aber durch die beamten ihr amt und aufsicht führen, und was sie darbey in einem und andern stück für mittel brauchen sollen.
  Ferner wie sie auf nutzbare bestellung des acker-baues, und treue einbringung des jahr-wachses, gedencken, die viehe-zucht und schäfereyen, wohl bestellen, die fischereyen zu rechter zeit und in güter ordnung anschaffen, die weinberge wohl bauen lassen, die gärten in gutem wesen erhalten, die wiesen-nutzung und vorrath an heu in acht nehmen, über die mühl- ordnung, und derselben schuldigkeit, halten, und was dergleichen mehr, und gebührlicher bestellung und nutzung der-cammer-güter und herrschaffts-eigenthum dienen kan, anordnen, und was sie insonderheit bey dem bau-wesen in acht nehmen sollen: Inmassen zu dem allen etlicher orten eine ausführliche instruction und cammer-ordnung deutliche anweisung thut, solche räthe auch über diß gewisse tabellen und memorialien haben, daraus sie leichtlich absehen, an welchen orten und zu welcher jahrs-zeit, vornehmlich nach einem und andern zu sehen sey.
  Es fliessen aber die nutzbarliche arten und weisen mit diesen und dergleichen sachen, und ihrer verwaltung gebührlich umzugehen, aus dem rechten verstande der haußhaltung, dero kunst und beschaffenheit in sonderbahren büchern beschrieben ist, sodann auch aus fleißiger aufmerckung, und vernünfftiger ausrechnung und überschlag, was in einem und andern stück, durch lange erfahrung nützlich oder schädlich an diesem oder jenem ort erfun-
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  den worden: Derowegen denn die schrifftlichen nachrichte und mündliche erforschungen, bey alten leuten und dienern, jedes orts gar fürträglich sind, gleichwohl aber darneben denen cammer-räthen obliegt, nach gelegenheit der zeiten, und dem exempel anderer, oder aus verständigem nachsinnen an einem und andern gefäll, einen neuen nutzen ohne beschwerung anderer, zu bedencken, und derowegen ihre vorschläge dem Landes-herrn zu thun.
  * Diese ordnung und verrichtungen, welche im text dieses capitels in die fürstliche cammer verwiesen werden, finden sich meistentheils bey denen Teutschen höfen also. Es haben aber hingegen andere vor einen grossen fehler bey diesen und andern Europäischen höfen halten wollen, daß man die besorgung des gantzen fürstl. einkommens, samt dessen vermehr- und verbesserung denen cammern lediglich überlässet, welche doch unmöglich alles dieses bestreiten können. Daher kömmet es, daß man nur die gemeine einnahme und ausgabe so obenhin besorget, und wenn es denn nicht zureichen will, auf allerhand gewöhnliche inventiones verfället, als neue imposten mit beschwerde der unterthanen, erborgung eines anlehns, versetz- oder verkauffung fürstl. güter, concedirung eines privilegii oder monopolii, ausdrückung eines in fürstl. bedienungen sich vollgesogenen schwammes, und was dergleichen nicht gar mühesame griffe mehr seyn, weil auf andere zu gedencken weder zeit noch vermögen da ist. Und wäre demnach besser, die bey dem finanz- und cammer-wesen vorlauffende geschäffte also abzusondern, daß einige bey der Directions- oder Deliberations-Cammer, andere hingegen bey der Expeditions-Cammer tractiret würden. Zu dieser letztern müsten gehören alle verrichtungen bey der einnahme und ausgabe, und die aufsicht, daß mit denen vorhandenen revenüen
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  wohl gebahret würde, wie die in einigen §§. Dieses Cap. verzeichnet stehen; zu der erstern gehöreten hingegen die im 18. §. und sonst hin und wieder erwehnte stücke, in summa, alles, wo von nützlicher vermehrung fürstl. intraden, samt dahin zielenden vorschlägen und projecten die frage ist. Denn gleichwie zu dieser letzteren art nicht allerley leute tüchtig sind, sondern subtile, erfahrne, und mehr als in einem stück der erudition geübte ingenia dazu erfordert werden; Also ist leicht zu erachten, daß die ordentlichen cammer-bedienten diesem negotio nebst denen täglichen expeditionen unmöglich vorstehen können. und wenn ja etwas deliberiret werden muß, so geschicht es meistens nur obenhin und wohl gar mit verdruß woraus dem landes-fürsten, in vermehrung seiner intraden und dahin gehörenden anstalten, viel schaden entstehen muß. Doch ist dieses nicht zu vergessen, daß freylich zu einem solchen collegio vieler aufwand gehöret, inmassen geschickte leute besoldet seyn wollen, und also dieser vorschlag sich in so weit vor mäßige Teutsche Fürstenthümer nicht schicket, in welchen aber solches durch etliche der geheimden- und anderer dazu gezogener räthe tractiret, und damit es denen staats-geschäfften keine confusion verursache, auf gewisse tage und stunden verwiesen werden könne.
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Stand: 17. Juni 2017 © Hans-Walter Pries