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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-3-4-18
Dritter Theil > Cap. 4 > §. 18
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3) Eine berathschlagung wie die mittel zu den ausgaben zu finden
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S. 562 (Forts.) §. 18. (3.) Folget darauf, so offt es nöthig, und zum wenigsten alle quartal eine ordentliche berathschlagung,* wie und zu welcher zeit auch aus welchen mitteln, eine und andere ausgabe zu nehmen und anzuordnen, auch wenn und wo die behörige nothdurfft dessen, so man im lande selbst nicht hat, am rathsamsten und besten zu schaffen und zu erlangen sey, und sonderlich, wenn auf gemachte überschläge sich befindet, daß der ausgaben mehr, als der einnahmen sind, so gebühret sich, auf mittel zu gedencken, daß Scan 582
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  entweder solche ausgaben,ohne schaden und schimpff zu verschieben, oder extraordinar zugelassene mittel zu ergreiffen, derer denn insgemein viererley zu seyn pflegen, als 1. Eine anlage der steuer im Lande, welche man aber nicht ehe vornehmen kan,** als in den fällen, wo sie zugelassen, nemlich in vorfallenden Reichs- und kriegs-steuren, oder in grossen Landes-nöthen und cammer-beschwerungen auf vorgehende bewilligung der land-stände.
  2. Die angreiffung des fürstlichen vorraths, an baarschafft, getreid, mobilien, und dergleichen, darüber man aus denen rechnungen richtige verzeichnisse und vorraths-bücher von den rent-meister, oder sonst eigentliche inventaria von andern herrschaffts-bedienten gehalten werden müssen, welche angreiffung aber auch mit guter vorbetrachtung der umstände zu thun, ob es zur zeit rathsam und nützlich, ob es wieder zu ersetzen, oder ob die noth so groß, daß mans nicht ändern könne, ingleichen wie und wohin sonderlich das geträide, wein, wollen, am besten zu vertreiben, daß es nicht aufkäuffern oder wucherischen leuten in die hände komme, die zu der cammer und des gantzen landes schaden ungebräuchlichen nutzen damit suchen.
  3. Die verkauffung eines cammer- oder dergleichen herrschafftlichen stück gutes, welche zu weilen, und sonderlich, da solche güter von lehen-leuten heimgefallen sind, mit mehrerm nutz geschicht, als, daß sich die fürstl. cammer mit mehrern dienern und aufsicht beladet: Zuweilen aber, wenn man alte nutzbare cammer-güter loßschla-
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  gen will, schädlich und schimpflich, und dahero wohl zu bedencken und zu überlegen ist, auch womöglich, im äussersten fall doch die wiederlösung vorbehalten wird.
  Das vierdte, und vorigen zeiten sehr gewöhnliche mittel, ist die aufnahme eines anlehens: Ob nun wohl fälle seyn können, daß aus unumgänglicher noth, zu abwendung bevorstehenden grossen schadens, oder ergreiffung scheinbarlichen nutzens, jedoch in solcher maasse, daß man den borg wieder zahlen und credit halten könne, dergleichen mittel nicht zu vermeiden: So wird doch in den meisten orten dieses aus solchen dringenden ursachen nicht, sondern daher fürnemlich fürgenommen, daß man unnöthige, übermäßige ausgaben zu grossem pracht und ungebührlichen aufgang nicht vermeidet, und sind daher so viel ansehnliche fürstl. und dergleichen cammern, in solche schulden-last und unordnung gerathen, daß sie jetziger zeit mit abrichtung der zinsen von solchen schulden, oder mit bezahlung deroselben fast gar nicht mehr fortkommen können, sondern entweder ihre nothdürfftige ausgaben, samt den übermäßigen, einziehen müssen, oder den creditoren keine zahlung leisten, dahero viel an dem ihrigen zu grossen schimpff und nicht geringer verantwortung solcher hohen örter, schaden an ihrem vermögen leiden, und darneben auch aller credit verlohren wird: Daß auch in nöthigen und unvermeidlichen fällen kein anlehen von jemands mehr fast zu hoffen oder zu haben ist.*** Hingegen durch ordentliche
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  und nützliche berathschlagung und gegeneinanderhaltung der einnahme und ausgaben, abschneidung der unordnung, rathsamen einkauff, und dergleichen vernünfftige wege, durch göttlichen segen nicht allein wohl auszukommen, sondern auch die in vorigen zeiten auf die einkünffte gewürckte schulden-last wieder nach und nach abzutilgen: Zu welcher rathsamkeit und billiger christlicher anstalt dasjenige, was wir oben im andern theil cap. 7. §. 15. und 27. in beschreibung der fürstlichen tugenden angeführet, einen christlichen regenten bewegen und anleiten kan.
  * Von solcher berathschlagung ist schon beym 8ten §.  gehandelt, und daselbst angeführet, daß es gut, wenn in grossen landen ein eigenes collegium, in kleinern aber ein selectus einiger geschickten räthe dazu geordnet wird, welche alle oder ein paar tage in der wochen ihre deliberationes halten, welches besser, als solches auf die quartale zu verschieben.
  ** Wie weit dieses gegründet, ist bereits im III. cap. sect.8. ausgeführet worden; Daher auch unnöthig, deswegen etwas mehr hinzu zu thun.
  *** Die quelle dieses unwesens, zusamt deren verstopffung stecket in dem, was §. 16. 17. item §. 14. geschrieben worden. Zwar ist wohl an deme, daß die vermehrung und daher gefolgte vertheilung der fürstl. und gräfl. häuser vieles beytrage, daß die einkünffte nicht zureichen wollen; es lieget aber auch vieles an den übermäßigen pracht und aufwand, worinnen es der kleinere dem grössern immer gleich oder wohl zuvor thun will, in dem irrigen wahn, ob müste darinnen der splendeur eines fürsten bestehen, welcher doch vielmehr in wohlanständigen fürstl. tugenden, fürstl. anstalten, genauer doch accurater und fürstl. hofhaltung, erhaltung geschickter und auch auswärts dieserwegen renommirter
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  diener, conservirung prompten credits u. d. g, mehr zu suchen wäre. und wird man sehen, daß wo dieser letztere und wahre grund verworffen, statt dessen aber der erstere erwehlet wird, man den gesuchten endzweck des ruhms und ansehens am wenigsten erhalte, vielmehr bey andern in heimliche verachtung falle: Welches allein einen grossen herrn billig zum accuraten und verständigen haußhalt antreiben soll, und daß er die im folgenden §. erzehlten ausgaben also moderire, wie es sein zustand und einkommen ertragen will.
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Stand: 18. Juni 2017 © Hans-Walter Pries