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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
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Dritter Theil > Cap. 5 > §. 2
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Zu solcher wird erfordert I. eine fürstl. wohnung, worüber ein hauß- oder burg-voigt bestellet
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S. 589 (Forts.) §. 2. (I) Zu der Fürstlichen Wohnung werden bestellet ein Burg- oder Hauß-voigt, welcher alle der fürstlichen residentz-gemächer im beschließ habe, oder denen sie eingethan werden, die schlüssel zustelle und abfordere, dieselbe, so wohl auch die gänge, treppen, sähle und vorgemächer durch die Hof-wächter, Kehr-mägde, und dergleichen leute rein und sauber halten lasse, niemand darinn unflätherey zu verüben, oder die wände mit schreiben und klecken zu besudeln, verstatte, den vorrath des holtzes von den flössen und amts-fuhren, welches zu der küchen, und zu erheitzung der gemächer, vonnöthen, samt dem pech oder strohe, damit das feuer angezündet wird: Item kohlen, die man zum kochen brauchet, zugezehlet und zugemessen annehmen, und an gehörige orte schaffen, zu rechter zeit feuer und licht anzünden, auslöschen, die schlöthe und feuer-essen alle monate zu winters-zeit fegen lassen: In den gemächern den vorrath an tischen, stülen, bäncken, gemählden und bildern in verzeichniß und aufsicht habe, die fenster in acht nehme, und zu rechter zeit zu bessern angebe, die dächer in obsicht habe, sonderlich daß zu winterszeit solche von überhäufften schnee Scan 609
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  und gewässer, oder durch sturm-winde, nicht schaden leiden, den hof, die brunnen, und die abflüsse, in ihrem wesen erhalte, alles zu dem ende, damit, wie es zwar in jeder haußhaltung seyn soll, auch an einem fürstlichen hofe, reinigkeit, ordnung, gesundheit und bequemlichkeit der wohnung, erhalten werde, und nicht durch verstattete unlust von leuten und hunden heßlicher gestanck und unsauberkeit entstehe, oder die grossen kostbaren hof-gebäude nach und nach eingehen, oder durch verwahrlosung gar in feuers-brunst gerathen; Sintemahl an sich selbst offenbahr, wie viel raums und gemächer zu einer fürstlichen hof-statt gehöret, und in anstellung derselben darnach gesehen werden müsse, wo die fürstliche Herrschafft, dero Gemahlin, Kinder, und adelich Frauenzimmer, fremde Herrschafften ihre gemächer und cammern haben sollen, wie die hof-capellen, die tafel, oder eß-stuben, die hof- stuben für das gemeine hof-gesinde, die gemächer der vornehmsten hof-bedienten, wie auch der pagen und laqueyen, küchen und keller, silber- oder licht-cammer vorraths-gewölbe, brau-häuser, back-häuser, bind- schlacht- und wasch-häuser, samt ihren stuben und gewölben, der marstall und stall-stuben, die cantzeley- und consistorial-gemächer und archiv, (weil dieselbe um vieler ursachen willen bey hof am allerbequemsten seyn) landschafft-stuben zeuch-häuser, müntzen, etwa auch sähle, zu fürstlicher ergetzlichkeit, reit-häuser, ball-
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  häuser, bibliothecken, musicanten-stuben, denn wacht-stuben, thor-stuben, krancken-stuben, garten-häuser, gefängnisse etc. seyn sollen.
  Zu obgedachter verrichtung bey allen diesen orten, welche auch wohl dem hof-verwalter oder hof-fourier aufgetragen wird, gebrauchet man sich, und hat in einem wart-geld oder bestallung, und gewissen geding, allerhand handwercker, als einen verständigen bau-meister, zimmer-leute, dach-decker, schlösser, fenster-macher, tischer, tüncher, mahler, mäurer, pflasterer, brunnen oder röhr-meister und dergleichen: So gehöret hierzu auf erinnerung der hof-bedienten, aus fürstlicher cammer in die bequemsten ämter und örter zu verordnen, daß allerhand materialien, an brenn-holtz, und kohlen, denn bau- u. schirr-holtz, schifer, ziegeln, kalck, leimen, steine, breter und bohlen, bühnen oder latten, glaß, eisen, kupffer, bley, röhren, etc. vor die hof-statt verschaffet und daselbst hin, gegen quittung derer, die es annehmen, geliefert: Mit den handwerckern entweder, nach der sachen wichtigkeit, in der cammer selbst, oder durch die hof-bediente, gedinget, sie wöchentlich oder alle quartal bezahlet, und zu dem ende die zettel ihrer arbeit von den hof-ämtern unterschrieben, extracts-weise 14. tage vor den quartalen eingesendet, und darauf mit ihnen abrechnung gehalten werde. Hingegen auch ein solcher burg- oder haus-voigt über allen empfang, und in verwahrung habender mobilien richtige verzeichniß und inventaria haben, und gefast
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  seyn muß, so offt durch den ober-bedienten, oder sonst aus fürstlicher anordnung darnach gefraget wird, darüber rechenschafft zu geben, des schadens und abgangs, den er nicht verhüten können, umstand und ursach anzuzeigen, und was neu verschaffet oder verbessert wird, wieder in das verzeichniß zu bringen, von welchen so wohl der oberste hof-officiant, als auch die fürstliche cammer,* gleichstimmige exemplaria haben müssen.
  * Überhaupt lieget auch einer fürstl. cammer ob, oder es wird auch derselben mit nutz aufgetragen, daß wöchentlich 2. oder 3. mahl einer aus deren mitteln nach hofe komme, und nicht allein nach denen in diesem §. beschriebenen verrichtungen, sondern auch ferner auf küchen und keller, den hauß-rath und mobilien fleißig sehe, wo ein mangel sich ereignet, einrede und erinnerung thue, auch mit dem hof-marschall darüber communiciren. Sintemahl ein fürstl. und dergleichen hof-wesen so groß und weitläufftig, daß unmöglich alles von dem hof-marschall und denen ihme nachgeordneten bedienten übersehen werden kan, sind auch diese bedienten selbst nicht allemahl so beschaffen, wie es wohl billig seyn solte. Je genauere aufsicht also gehalten werden kan, je besser wird die ordnung erhalten und der schaden verhütet. Und lieget einer cammer am allermeisten daran, indem dieselbe zu anschaffung der victualien so wohl, als was sonst bey hofe aufgehet und gebrauchet wird, anstalt und vorsorge tragen muß.
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Stand: 9. Juli 2017 © Hans-Walter Pries