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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-3-5-4
Dritter Theil > Cap. 5 > §. 4
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Darüber werden küchen-rechnungen geführet, und küchen-meister, nebst andern bedienten, bestellet
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S. 596 (Forts.) §. 4. Ingleichen wird in dem fürstlichen garten ein und andere küchen-speise von allerhand guten, und nicht allenthalben gemeinen garten früchten, gezeuget, und damit die hof-küchen versehen,* also, daß ein küchen-schreiber seine einnahme theils und ordentlich aus den fürstlichen ämtern und vorwerckern, theils aus dem fürstlichen frauenzimmer- oder hof-apothecken, theils aus dem fürstlichen garten, theils auch, und was er von der keinem haben kan, oder wenn er es auf seine erinnerung sonderlich befehlicht wird, durch baare einkaufung, theils aus dem fürst- Scan 616

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  lichen keller an wein, bier, brod und eßig, so zu den speisen gebraucht wird, nehmen und führen muß, und kan solche einnahme aus den amts- apothecken- garten- und keller-rechnungen, und seinen gegebenen quittungen, denn denen wag-zetteln eines gegen-schreibers und hof-verwalters, und was das erkauffte belanget, aus dem gemeinen marckt-preiß erforschet und überleget werden.
  Bey seiner ausgabe muß er sich nach der ihme vorgeschriebenen ordnung halten, wie viel speisen und gänge er jedesmahl auf die fürstl. tafeln und diesen oder jenen tisch geben, und wie viel pfund oder stück, von gebraten- oder gesottenen, er zu jedem gericht haben muß: Damit nun solches desto richtiger geschehe, ist am sichersten, daß bey dem einhauen des fleisches, und darreichung der stücke aus den vorraths-gewölben, speise-kammer oder zehr-garten, wie mans etlicher orten zu hofe nennet, ein gegenschreiber oder hof-verwalter bestellet seye, und die summa desselben, wie sie im zettel verzeichnet, mit unterschreibe. Hiernechst werden über alle speisungen tägliche küchen-zettel verfertiget, wie viel gerichte aufgetragen, und was zu jedem genommen sey, dieselben hat bey dem anrichten ein hof-verwalter oder unter-marschall, bey den tafeln und tischen aber der hof-meister, ober-küchen-meister, oder wem es von fürstlicher herrschafft aufgetragen wird, gegen die aufgesetzte speisen zu übersehen, und wo mangel oder unrichtigkeit vorfiele, solches zu mercken, und in der rechnung zu ahnden. Uber diese ordnung darff ohne befehl kei-
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  ner schreiten, vielweniger aber in der küchen- und keller-stuben sonderbahre speisungen anstellen, fremde gäste nach hof ziehen, oder denen, die dahin gehören, mehr, als verordnet ist, folgen lassen, noch von den überbliebenen, oder dem vorrath, etwas abschleiffen oder abtragen lassen: Würde aber, wegen ankunfft der personen oder fürstl. ausrichtungen, ein mehrers, als das ordentliche deputat mit sich bringet, zu speisen seyn, darüber hat sich der küchen-schreiber und hof-verwalter von den hohen hof-ämtern befehls zu erholen, seinen vorrath anzuzeigen, einen überschlag des bedarffs zu machen, und zeitliche erinnerung, um verschaffung desselben, zu thun: Die extraordinair-aufgänge auch täglich in besondere zettel zu bringen, und von dem hof-verwalter oder hof-meister übersehen, und da dem befehl nachgelebet ist, unterschreiben zu lassen: Es wird auch wöchentlich die küchen-rechnung nach einem bequemen und kurtzen modell, dessen man sich gebrauchet, zusammen gezogen, der vorrath und überschuß in künfftige woche zur einnahme gebracht, öffters überzehlet und besichtiget, die rechnung jedesmahl durch die obere hof-ämter überleget, gegen der deputat-ordnung, ordinar- und extraordinar-küchen- und einhau-zetteln examiniret, nach dem tax, wie jedes angeschrieben, mit fleiß gesehen: Alle quartal aber die wochen-rechnungen zusammen summiret, und die einnahme des küchen-schreibers gegen die extracte der amts-rechnungen, welche über dasjenige, was nach hofe geliefert wird, eingeschicket werden müssen, gehal-
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  ten, und daraus die rechte summa und der tax ermessen: Aus diesen quartal-rechnungen wird hernach eine völlige jahr-rechnung zu fürstlicher cammer gereichet, damit die haupt-rent-rechnung über allen fürstlichen aufgang dadurch ergäntzet werden könne.
  Bey grossen hofhaltungen wird auch wohl ein sonderbahrer ober-küchen-meister von adel, oder sonst guten ansehens, zur aufsicht über die verrichtung und rechnung der küchen-personen verordnet, welches an mittelmäßigen orten ungewöhnlich, gleichwohl aber in grossen fürstlichen speisungen und ausrichtungen wird etwan eine person aus der fürstlichen renth-cammer der küchen zur mit-aufsicht und direction fürgesetzet und zugeordnet. So wird auch täglich eine gewisse ordnung mit tafeln und tischen gehalten, als daß, zum exempel, bey mittelmäßigen hofhaltungen eine fürstliche tafel, und daran, neben der herrschafft, das adeliche frauenzimmer, und alle adeliche hof-bediente, mit zwey gängen, oder abwechselung der gerichte, oder vor das frauenzimmer und die junckern ein besonderer tisch; denn ein andrer vor die fürstliche kinder und dero hofmeister und præceptores: Ein andrer vor die mittlern hof-officianten, cammer-diener, trompeter; Einer vor die cammer- und hof-mägde, gespeiset wird; Die aufwärter aber, pagen, laqueyen, köche und kellner, auch stall-bediente, werden theils von dem essen, so von der fürstlichen und adelichen tafel überbleiben, theils an besondern tischen gespeiset. Anderswo, oder auch bey fürst-
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  lichen grossen ausrichtungen, wird die fürstliche tafel mit den fürstlichen personen, und etwa mit dem hof-marschall, und wenigen vornehmsten bedienten: Die andere darnach, so man die grafen-tafel nennet, mit dem frauenzimmer, und nechsten nach den vornehmsten: Die dritte mit den geringern, und so fortan besetzet, wie es die gelegenheit der personen, und anordnung des Herrn, mir sich bringet.**
  Diese ordnung und maasse, wie sie bey hofe gehalten wird, also gebrauchet man sich derselben auch auf dem lande, wenn die fürstl. Herrschafft auf den ämtern sich aufhält oder reiset, oder fremde gäste daselbst tractiren lässet, da denn entweder alle küchen-bediente, oder etliche derselben mitgenommen, auch wohl wenn der ort nicht zu weit entlegen, zu verhütung der zurechnung und theuren einkauffs, oder unordnung theils victualien, wie auch anderer vorrath, als bettwerck, zienwerck, licht, und dergleichen, was in ämtern nicht zu finden, von hof aus dahin geschaffet werden: Wäre aber der Herrschafft comitat geringe, wird durch einen aus demselben, neben denen amtschreibern oder kellnern jedes orts, auf den ämtern die aufsicht auf die speisung und die rechnung geführet, welches auch so von dem geträncke zu verstehen. Darbey denn vonnöthen, daß in jedem amt über allerley vorrath und mobilien, so der Herrschafft zuständig, und zu dero anwesenheit und bedienung im gebrauch, ein inventarium aufgerichtet, und dessen ein exemplar bey der fürstlichen cammer vorhanden sey, darnach sich
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  auch, wegen anschaffung auf den ämtern, die hof-ämter richten müssen.***
  * Man sollte bey fürstl. hofhaltungen billig dahin sehen, daß in einem besondern küchen-garten allerhand garten-früchte gezeuget, und die geld-ausgaben so viel möglich erspahret würden. Denn weil ohnedem an den meisten orten wohl etliche hof-gärtner gehalten, und ihnen andere gesellen zugefüget, auch wohl gewisse hergebrachte frohnen zur hülffe gegeben werden, so kan man ja neben dem lust-garten dergleichen gewächs nützlich und überflüßig erzielen, zumahlen ein recht eingerichteter küchen-garten nicht weniger eine fürstliche und dabey nutzbare und angenehme ergetzlichkeit ist.
  ** Heute zu tage wird vieler orten folgende ordnung beobachtet, und an tafeln gehalten: 1) Die Fürstliche Tafel, woran, nebst der herrschafft selbst, auch die gräfl. und adeliche hof-dames, die anwesende fremden von stande oder characteur, und noch einer oder etliche hohe bediente gespeiset werden. 2) Die Marschalls oder neben-tafel wohin der hof-marschall, wie auch die andern vornehme bedienten, denen bey hof die tafel gegeben wird, als cammer- und hof-junckern, stall-meister u.d.g. auch fremde, welche man nicht sonderlich distinguiren will, gehören. 3) Die Kindes-cammer oder tafel vor die fürstl. kinder, so noch nicht erwachsen, samt ihren hof-meistern, dames und informatoren. 4) Die cammer-diener- und anderer dergleichen hof-officianten tafel. 5) Die pagen- und laqueyen tafel, samt dem pagen-hofmeister oder informator. 6) Eine tafel vor die übrigen geringere hof-bediente. Woraus denn abzunehmen, wie ein grosser aufwand bey einer hofstatt auf das speisen gehe. Daher an einigen orten angeordnet worden, daß denen von der 2. 4. und 6ten tafel, wie auch denen weiblichen personen, stall-bedienten, u.d.gl. jedem
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  nach seinen stande ein wöchentliches kost-geld, wofür sich ein jeder selbst seines gefallens speisen lassen mag, gereichet wird. Welches zwar zu erspahrung des sonst ungemein grossen ausgangs in küchen und keller ziemlich dienen könte, daferne nur das abschleppen, partiren und abtragen der geringeren bedienten durch genugsame veranstaltete aufsicht verhütet würde, denn sonsten an statt des einfachen ein gedoppelter aufwand geschiehet.
  *** Wo nun dergleichen inventaria und mobilien nicht vorhanden, müssen zuweilen die unterthanen, das bettwerck sonderlich, auf schlösser und amthäuser lieffern. Oder es werden auch die personen vom hof-staat nach der durch die hof-fourier gemachten eintheilung ordentlich einquartiret, massen denn die unterthanen zur aufnahme des hof-lagers schuldig und gehalten sind.
   
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Stand: 11. Juli 2017 © Hans-Walter Pries