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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-3-5-24
Dritter Theil > Cap. 5 > §. 24
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Deren tugendhafften wandel
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S. 636 (Forts.) §. 24. Zum andern werden die hof-leute, durch die gemeine hof-ordnung, zu etlichen tugenden absonderlich vermahnet, von gewissen lastern aber vor andern abgemahnet: Was die tugenden belanget, sollen sie sich so wohl, als christen und ehrliche biederleute, dann auch zu der Herrschafft, und ihren eigenen respect, und vermeidung des ärgernisses, alles erbarlichen wandels höchlich befleißigen, insonderheit der demuth, gehorsams, bescheidenheit, freundlicher conversation mit männiglich, nach standes gebühr, wahrheit, verschwiegenheit, ausrichtsamkeit, nüchterkeit, verträgligkeit und dergleichen. Hingegen sollen sie, nebenst andern untugenden und lastern, insonderheit diejenigen vermeiden, welche durch bösen gebrauch, leider! an den meisten hö- Scan 656
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  fen im schwang gehen, oder, sonst, zumal schändlich und an redlichen dienern, unerträglich seyn, gotteslästern, fluchen, schweren, abergläubische und der zauberey ähnliche händel treiben, schlägereyen und frevel-thaten, welche bey höfen durch den burg-frieden, bey abhauung der hände, und anderer schweren straffen verboten, fressen und sauffen, schandiren und liederliche possen treiben, mit verdächtigen weibes-personen unter allerhand vorwand umgehen, oder sich behängen, karthen- und würffel-spiel treiben, untreu und unterschlag allerhand herrschafftlichen vorraths, speise und trancks, fürnehmen: Inmassen denn keinem hof-diener zu verstatten, daß er mehr als ihm geordnet, suche und begehre, oder mit winckel-zechen bey hof in küchen und keller, zuziehung fremder leute und schmarutzer, oder durch abtrag und wegschleiffung durch die seinigen, der Herrschafft schaden und ungelegenheit macht, oder mit essen und trincken säuisch und unrathsamlich umgehe. Zu dem ende denn denen hof-officianten und der schloß-wache scharffe aufsicht auf dergleichen abschleiffer und ungetreue gesellen zu befehlen, und solche anzuhalten, auch, was sie ungebührlich wegtragen wollen, abzunehmen, vieler orten erlaubet ist. Vielweniger soll ein hof-diener die fürstliche gemächer und andere beschlossene örter bey hof selbst, thätig eröffnen, besteigen, etwas daraus entwenden, oder auch in meynung, solches unerlaubter weise zu borgen, oder zu brauchen, heraus nehmen, er soll auch bey hof nichts verwüsten, be-
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  schädigen, verunreinigen, verdächtige leute, ungezogene kinder und jungen, oder auch hunde mit sich dahin schleppen, sich keines weydewercks und jagens anmassen, wenigers im reisen, oder anbefohlenen jagen oder hetzen, die feld-früchte verderben. Ein jeder soll sich auch schändens und schmähens, lügens, verleumdens und fuchsschwäntzens gäntzlich enthalten: So er aber mit jemand etwas zu thun, oder wenn treue, freundliche warnung nicht helffen wolle, von seinen mit-dienern etwas pflicht halben zu eröffnen hätte, solches bey den vorgesetzten bescheidentlich und treulich vorbringen, und es weiters nicht ausbreiten, sondern zu gebührender verordnung gestellet seyn lassen: Seine besoldung soll er nicht mit unbescheidenheit und grobheit, da sie ihm etwa eine wenige zeit aussen bliebe, oder so er an seinem deputat etwas mangel spührete, ungestümer weise suchen und erpochen wollen, sondern da er hierinnen beharrlich beschweret werden wolte, bey dem obern, und wohl endlich dem Landes-herrn selbst in gebührenden respect ansuchung thun, sonst aber an den deputat, ordnung und zeit, wie die speise und tranck besoldung, holtz, licht, feuer und dergleichen, bey hof gereichet wird, sich allerdings begnügen lassen, selbige zeit und maasse in acht nehmen, und da er sie muthwillig versäumet, ihm den abgang selbst zurechnen. Da er auch, nach gelegenheit seines dienstes und standes, diener und gesinde bedarf, sich nach redlichen leuten zuläßiger weise umthun, und andern hof-dienern die ihrigen nicht abspannen oder verführen, auch die er annimmet, wel-
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  che zu Hofe unterhalten werden, vorher dem hof- oder stallmeister vorstellen, ingleichen auch, was religion, und wie sie gegründet seyn, durch den hof-prediger erforschen lassen. Und wiewohl nicht zu vermuthen, auch in annehmung der diener aufs möglichste verhütet wird, daß man grobe müssethäter, gotteslästerer, zäuberer, todschläger, hurer, ehe-brecher, gewaltsame räuber, diebe, und dergleichen, bey höfen habe oder hege, so ist doch auf den fall, da nach menschlicher unart, und des teufels antrieb, ein hof-diener in dergleichen grobe und harte verbrechen sich vertieffete, dieses ausdrücklich zu versehen nützlich, daß sich nicht allein kein anderer derselben annehmen,ihnen zu verübung und vergebung ihrer bösen thaten, oder zu der flucht, vorschub und unterschleiff geben, sondern auch ein solcher miß-händler selbst sich um seines dienstes und standes willen keines vortheils oder verschonung, sondern vielmehr stärcklicher straffe, nach ausweisung der rechte, zu versehen haben solle.
  Bey denen andern, zum theil vorhero gedachten, geringen überfahrungen aber wird die art gebrauchet, daß zuförderst ein diener dem andern brüderlich und freundlich ein oder mehrmahl, wenn es nicht zu grob und unverantwortlich ist, ermahne, da es aber nichts verfienge, dem hof-officianten, darunter er zuförderst gehöret, anzeige: Dieser so dann die erinnerng und verwarnung, auch gelinde bestraffung, mit entziehung etwas von seinem deputat, oder abweisung auf etliche zeit von hof, vornehme: Endlich aber, und auf beharrliche
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  unart, dem Landes-herrn selbst die sache hinterbringe, die verbrecher oder ungehorsamen auch in arrest und handfeste nehmen lasse, und erwarte, ob und wie die Herrschafft einen solchen diener in weitere straffe nehmen, oder gar abschaffen wolle.
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Stand: 15. Juli 2017 © Hans-Walter Pries