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Dritter Theil. C. 5. von Verfass. einer Hofstatt. |
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§. 31. So aber, ausser den ordentlichen fällen, wie es auf
werckel- und feyer-tagen, auf hohen festen und dergleichen gewöhnlichen
begebenheiten bey denen ordentlichen hof- und andern herrschaffts-dienern, die
darzu gezogen werden, zu halten, noch weiter sich zuträgt, daß fremde leute,
hohes und niedern standes, von dem landes-herrn bey hof und einquartirung ins
fürstliche schloß, oder in die stadt, mit speisung und futter versehen werden
müssen, da gebühret sichs, daß bey dem Herrn selbst durch den hof-meister
erinnerung geschehe, worbey denn die Landes-herrn gute vorsichtigkeit, nach
denen in oben angezogenem 7. cap. gegebenen erinnerungen, zu gebrauchen und zu
bedencken pflegen: Als, bey hohen personen, wes standes der gast oder fremde
person, wie nahe er ihm verwandt, oder mit freundschafft und nachbarschafft
zugethan, ob er wohl mit ihm bekannt, oder ob er das erstemahl und dessen
ankunfft ungewöhnlich, wie starck sein comitat an leuten und pferden sey, ob er
ihn zu ehren-sachen gebethen, ob er ihme zu gefallen, oder mittels einer
durchreise, ankommen, ob er voran geschicket, die ankunfft, und seinen comitat,
durch einen fourier, oder futter-zettel notificiret, oder unversehens
angelanget, ob der Landes-Herr auch vormals bey demselben gewesen, wie er von
ihme tractiret worden, etc. Mit geringen personen aber, wes standes und würden
die seyn, wem sie dienen, ob sie als |
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gesandte oder abgeordnete, oder für sich in
privat-geschäfften und anliegen, oder zufälliger weise ankommen* ob sie in gutem
beruff und æstimation am hofe bekannt oder auch etwa dem herrn in dieser oder
jener sache bedient oder willfährig, oder ob sie ihme zuwider gewesen: Ob auch
andere leute zu hof anwesend seyn mit dem sie in streit nicht stehen, und beyde
bey einander zu haben: Ob der Landes-herr selbst in guter disposition sey, mit
fremden zu der zeit zu conversiren, ob er sich einer verdrießlichen ansprache
vermuthe. |
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Nach diesen und mehrfältigen umständen wird eine
vernünfftige resolution gefasset, und bestehet darinnen, zu erhaltung
reputation und rechter maasse, auch freundschafft und guten vernehmens mit
fremden und nachbarn, auch andern ehrlichen leuten, gar viel, ob und wie ein
hoher und niederer gast zu tractiren, und ob man es bey gemeiner bewirthung
wolle bewenden, oder sonderliche aufwendung, um ehre und freundschafft willen,
nicht allein mit speiß und tranck, sondern auch mit anstellung anderer
fröhlichkeiten thun, oder ob man in andrem fall zumal, und da keine hohe
personen oder gesandten selbst ankommen, und sich anmelden,, die erforderung
nach hof gar unterlassen, oder sie besonders speisen, mit auslösung, oder in
andere wege begnadigen wolle. Wie es nun zu halten sey, und was darzu erfordert
werde, darüber lässet ein hof-meister in den hof-ämtern |
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zettel verfertigen, vom Landes-herrn, da er sich damit zu
beladen pfleget, unterschrieben, und den extraordinar-aufgang damit belegen,
welches denn auch geschicht, wenn eintzelen personen und herrschaffts-dienern,
die bey hofe sonst nicht gespeiset werden, fremder herrn gemeinen dienern, die
etwas bey hof ausrichten, handwerckern und fröhnern, etwas über die gewonheit
an speise, tranck und dergleichen, gereichet wird: Also, daß, obgleich in
solchen geringen fällen ein hof-marschall selbst verordnung thut, es dennoch
etlichen orten dem Herrn hernach in besondern zetteln vorgeleget, und also bey
der rechnung der hof-ämter nicht irrthum erwecket werde. Nichts weniger hat
auch ein Landes-herr zu disponiren, wie er es hingegen auf den reisen in und
ausser landes wolle gehalten wissen, wie starck sein comitat seyn solle, ob er
etwa bey fremden sich anzumelden und einzusprechen gedencke, was er an solchen
orten, nach dem gebrauch der höfe, unter die ämter und bediente zur verehrung
geben wolle: Wolte aber ein regent wichtiger geschäffte halben mit solcher fast
täglichen bemühung sich nicht beladen, sondern einem geschickten und treu
befundenem hof-marschall oder hofmeister die anordnung ausserhalb gar wichtiger
fälle mehrentheils vertrauen oder übergeben, so erfordert doch die nothdurfft,
daß er sich zu gewisser zeit, wöchentlich, monatlich oder quartaliter, von dem
ordinar- oder extraordinar aufgang, und der art und weise desselben, aus den
rechnungen vortrag thun lasse, und so etwan zu |
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wenig oder zu viel geschehen, reformation anstelle, und
gewisse regul und maßgabe, wie in solchen fällen künfftig es zu halten
sey. |
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* Es ist zwar bey Fürstlichen höfen gebrauch, daß man fremde
durchreisende, oder sonst in der residenz zu negotiiren habende
privat-personen, wenn sie sich bey hofe præsentiren, nach gelegenheit entweder an die
fürstl. oder marschalls-taffel ziehen, auch sonsten ihnen eine fürstliche
clemenz spühren lässet, doch muß auch kein handwerck daraus gemachet, noch
solchen leuten ein längerer aufenthalt bey hofe, als etwan einige tage
verstattet werden. Denn wo jemand einen freywilligen kostgänger abgeben, und
mit beyseit-setzung der höfflichkeit aus den tagen wohl gar wochen oder jahre
machen wolte, wäre dasselbe nicht zu dulten. Denn der unnöthigen kosten und
aufwandes nicht zu gedencken, so fallen solche leute nur zur last, und bekommen
gelegenheit, die beschaffenheit und umstände des hofes auszukundschafften, und
solche anderwerts auszutragen. |
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