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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-4-11
Vierter Theil > N. XI
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Bestallung eines Unter-Marschalls, Hauß-Voigts oder Hof-Verwalters
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S. 831 (Forts.) N. XI.
  Bestallung eines Unter-Marschalls, Hauß-Voigts oder Hof-Verwalters, etc.
  1.
  NAchdem wir unserm Hof-Verwalter zur handbietung und unter-aufsicht, nechst unserm Hof-Marschall, oder wer von unsern hohen officianten solches amt iedesmahl vertreten und haben
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  wird bestellet und nachgeordnet, auch über diß, um mehrer richtigkeit willen in unsern hof-ämtern, ihme die rechnung, oder würckliche mit-aufsicht bey einnahme und ausgabe, anbefohlen, als soll er sich zu dem ende in unserer general-hof-ordnung, auch besondern instructionen, verfassungen und deputat-zetteln, für unsere küchen, keller, silber-cammer und burg-voigtey, wie auch in denen bestallungen der hof-diener, wohl ersehen, und in allen acten, urkunden und schrifften unsers hof-marschall-amts sich wohl bekant machen, dieselbige in registratur u. ordentlicher hinterlegung, auf anordnung und direction des hof-marschalls, erhalten helffen: Im übrigen aber, und in fällen, die in solchen ordnungen nicht richtig bestimmet, oder darinnen änderung fürfielen, unsers Hof-Marschalls befehl geleben, sich deshalben täglich bey ihm zum öftern sonderlich aber vor und nach der mahlzeit, anmelden und sonst ordentlich in dem gemach, so wir ihme eingegeben, finden und antreffen lassen, auch soll er ein gewiß memorial-buch alles dessen, was ihme absonderlich befohlen wird, halten, und sich mit vergeßlichkeit dieses oder jenes dinges nicht entschuldigen.
  2. Er soll, nechst dem hof-marschall, vor allen dingen und insgemein mit fleiß darauf sehen, daß unsern general- und special-ordnungen nachgelebet werde, und, da er vermerckte, daß entweder mit unchristlichen, ärgerlichen und verbotenen bezeigungen, oder mit unfleiß und untreu im amt, und einem ieden obliegender dienst-verrichtung, wider die gebühr, auch zu schaden und unordnung, gehandelt würde, soll er die geringen hof-diener anfangs, und
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  nach gestalten Dingen, ermahnen und warnen: Da es aber nicht helffen wolte, solche, wie auch höhere bediente, alsobald unserm hof-marschall anzeigen.
  2. Auf alle unsere bey der hof-statt zu täglichen gebrauch bedürfftige, und in denen hof-ämtern befindliche mobilia, an silber, zinn, kupffer, meßing, eisen, bettwerck, höltzern geräth, an teppichen, decken, tisch-gezeug, und dergleichen, soll er so fern sein absehen haben, daß an denselben, weder durch hof-diener noch fremde, kein wissentlicher schade und muthwille verstattet werde, sondern, wo er dergleichen innen würde, soll er alsobald darum reden, abwehren, und nach gelegenheit, zu bestraffung oder anordnung der ersetzung dem hof-marschall anmelden, was auch von sich selbst abschleisset, oder unvorsetzlich zu schaden kömmet, ihme vorzeigen, und die ursach anführen lassen, auch solche zu künfftiger revision des inventarii notiren, und zu des hof-marschalls ausschlag stellen, wie solches paßiret werden soll, bey solcher überzehlung, besichtigung und verneuerung des inventarii über den gantzen hof soll er dem hof-marschall mit gehorsam an die hand gehen, und ihn zu gewöhnlicher zeit daran selbst erinnern.
  4. Wegen des gegen-verzeichnisses soll er es also halten, daß er ein richtig buch habe, in welches er alle in die hof-ämter, küche, keller, silber- oder licht-cammer, bettmeisterey und burg-voigtey einkommenden vorrath, materialien, victualien, speiß und tranck, welche denen darzu bestellten küchen-meistern oder küchen-schreibern, hauß-kellnern, silber-dienern, bettmeisterin, burg-voigt, und dergleichen
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  personen, keinesweges allein, sondern allezeit, in beyseyn des Hof-Verwalters, geliefert, auch von ihnen, bey vermeidung unserer straffe und ungnade, anderer gestalt nicht angenommen werden sollen, richtig einschreibe, den tag und die summa deutlich darbey vermelde, und den hof- beamten, in dessen rechnung solche gehöret, mit unterschreiben lasse. Gleicher gestalt soll er hingegen bey der ausgabe, wenn, zum exempel, aus der speise-cammer oder zehrgarten dem koche zugehauen und zugezehlet wird, es sey an fleisch, wildprät, fischen, gemüsen, confect, gewürtz, oder anders, zugegen seyn, und nach dem verzeichniß der personen, zu deren speisung solches erfordert wird, und unsern deputat, die lieferung ausrechnen, und den zeddel, den der küchen-schreiber darüber verfertiget, mit unterschreiben, worauf es, und sonst nicht in ausgabe, bey der küchen-rechnung paßiret werden soll. Wenn auch aus dem vorraths-keller in den speise-keller die nothdurfft zu schaffen, soll er die fasse nach ihrer eiche aufzeichnen, es auch also halten, wenn gebrauet wird, also, daß entweder die fasse ihre bekannte grösse und eiche haben, oder iedesmahl von ihme visitiret und aufgeschrieben werden. Er soll auch darbey seyn, wenn der wein im vorraths-keller gefüllet, oder an fassen etwas gebessert werden soll, da auch über das deputat etwas mehr an geträncke zu folgen, von unserm hof-marschall anbefohlen wird, soll er darauf sehen, oder in grossen ausrichtungen andere personen darzu bestellen, daß dasselbige richtig, und ohne abschleiffung und betrug, geschehen,
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  und aufgetragen werden möge. Die wachs- und unschlit-lichter bey hof (nechst dem er diese und alle andere nothdurfft in sein gegen-verzeichniß bringet,) soll er wöchentlich, nach ihrer gattung, wie auch das brod und semmeln, öffters auf die wage ziehen lassen, und darnach sehen, daß zu unserer hof-statt rechtes gewicht geliefert werde, und weil mit dem holtze keine eigentliche gewißheit gehalten werden kan, soll er doch täglich darnach sehen, daß kein unrath fürgehe, und zu einer gewissen stunde unter der aufsicht des unter-burgvoigts, oder dergleichen personen, alle feuer angezündet, und wieder ausgelöschet werden, es wäre denn kranckheit oder anderer geschäffte halben, auf befehl des hof-marschalls ein anders erlaubet. Was denn für unsere hof-statt an täglicher nothdurfft auf dem marckt einzukauffen ist, soll der Hof-Verwalter, soviel müglich, es also halten, daß er bey dem einkauff selbst seye, und zu dem ende die leute, welche etwas in ziemlicher menge verkauffen wollen, nach hof gewiesen werden, oder da es nicht füglich geschehen kan, ihme durch den küchen-schreiber der einkauff alsbald angezeiget, in sein gegen-buch geschrieben, und darnach von ihme öffters gefragt werde, ob der marck-preiß also gewesen. Es sollen auch die zu solchem einkauff verordnete wochentliche mittel nicht ehe dem einkauffer gefolget werden, wenn nicht der Hof-Verwalter die specification der hof ämter, wohin die vorige summa verwendet worden, unterschrieben. Da wir aber etwas nahmhafftes an gewürtz, confect, tuch und andern, auf messen und märckten
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  einkauffen liessen, darüber soll der Hof-Verwalter bey der lieferung, und abwegung oder messung zugegen seyn, und, wie bey andern sachen, sein richtiges einschreiben halten. Er soll auch nichts untüchtiges, kranckes und verdorbenes, und also der gesundheit schädliches, oder sonst unflätiges und übelanständiges, bevorab an schlacht-viehe, wein, bier, und dergleichen, weder zu küchen noch keller, bey der lieferung annehmen, sondern solches wieder zurück weisen, oder unserm hof-marschall, auch, nach gelegenheit, dem hof-medico anmelden.
  5. Bei aller speisung, und anderer lieferung, soll er eigentlich darauf sehen, daß keinem mehr oder weniger, als unser deputat vermag, geliefert werde, da er denn bei dem augenschein mangel oder überfluß befindet, soll er bald darum reden, und den grund erkundigen. Wo auf unsern oder des hof-marschalls befehl, bei ein- oder anderen mahlzeit, zufälliger weise, etliche wenige, zwo oder drey personen mehr, als ordentlich gespeiset würden, hat er zwar, ausserhalb das brod oder getränck, weiters nichts auf solche verschreiben zu lassen, so aber derselben mehr würden, soll er alsobald dasjenige, was zu ihrer speisung und pflegung gehöret, in sonderliche zettel bringen, vom hof-marschall unterschreiben lassen, und darauf in der ausgabe setzen, und auf diese weise soll er es auch halten, wenn über das deputat, bei gastungen und ausrichtungen bei hof etwas zu holen. Bei dem anrichten soll er erst die küchen-zettel übersehen, und, nach befindung, corrigiren, ehe sie in unsere tafel-stuben gereichet
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  werden: Also soll er auch die keller-zettel erst examiniren, ehe sie dem hof-marschall zugestellet werden: Bey dem aufheben der speisen und getrancks soll er auch zugegen seyn, und, so etwas übrig ist, und aufzuheben dienet, soll er es alsobald notiren, und an dem küch- und keller-zettel wiederum abziehen.
  6. Er soll mit allem ernst verhüten, daß von unserm hof, auch sonderlich in der küch- und keller-stuben, back- und schlacht-häusern, keine zechen, gelage und winckel-mahlzeiten gehalten werden, massen er denn öffters und zu ungewöhnlicher zeit, mittelst eines haupt-schlüssels, den er von dem hof-marschall zu solchem ende abfordern kan, auf dessen befehl, herum gehen, und da er solche ungebühr findet, dem hof-marschall zur bestraffung anmelden soll: Auch soll er bey den tafeln und tischen, sonderlich beym gesinde, niemand eindringen und schmarutzen lassen, der nicht dahin gehöret.
  7. Wie sonst unser hof-marschall auf unsere fürstliche und neben uns gespeiste tafeln, sein absehen und inspection haben, und damit beschäfftiget seyn wird, also soll unser hof-verwalter auf die andere tische unserer unter-officianten und gemeinen diener, die obsicht haben, daß richtig und ordentlich gespeiset, und, was sich sonst mehr gebühret, darbey in acht genommen werde, bevorab soll er solches thun bey grossen ausrichtungen und anwesenheit fremder personen, oder da gleich ihme solches alles zu verrichten zu viel, und für nöthig befunden würde, andere zu solcher verrichtung zu bestellen, so soll er doch,
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  nebenst dem hof-marschall, die ober-aufsicht darüber haben, und die absonderlich verordnete marschälle und aufseher zu befehlen und zu instruiren wissen.
  8. Da wir auch, ausser unsers Hof-lagers, auf unsern ämtern, oder sonsten, unsern hof-verwalter zur aufsicht und verrichtung seines amts gebrauchen wolten, soll er sich darzu gehorsamlich, auf unsern oder des hof marschalls befehl bequemen, und daselbst die ordnung und maasse, wie bey unser hof-statt, halten, es sey ihme denn ein anders absonderlich befohlen.
  9. Endlich soll er auch, zu abhörung und examination der wochen- und quartal-rechnung unserer hof ämter, dem hof-marschall alle hülffe und aufwartung leisten, die einnahme aus seinem gegenbuch, und in küchen, keller, und anderswohin ertheilten zetteln, auch denen zurechnungen unserer beamten, die er aus unserer rent-cammer abholen soll, die ausgabe aber nach denen richtigen küchen- und keller-zetteln, und denen deputaten, auch in extraordinariis aus denen besondern befehlen des hof-marschalls, oder unserer selbst, examiniren, und zu dem ende täglich unter allen küchen-zetteln die summa des ausgangs mit seiner hand summiren, und gegen die wochen-rechnung, und darinnen geführten summe der ausgabe, halten, da er nun unrichtigkeit befindet, solche dem hof-marschall eröffnen nechst ihm, was richtig ist unterschreiben, auch sonst ihm, und in denen quartal-rechnungen bey unserer rent-cammer, gute nachricht und ursachen anzuzeigen wissen, warum die rechnungen steigen
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  oder fallen, wie er denn insonderheit die abwesenheit der diener, welche er aus denen wöchentlichen verzeichnissen derselben ermessen kan, wohl in acht nehmen und deswegen gebührliche abkürtzung thun soll. Er soll auch schuldig seyn, in unsere cammer monatlich einen extract des ausgangs bey hof einzusenden, auch nach abgelegter rechnung, den vorrath oder rest in allen ämtern zu visitiren, und dem hof-marschall, oder dem rent-meister, solchen, wo es begehret würde, vorzehlen und weisen zu lassen.
  10. Damit er nun in diesem seinem amt mit mehrerm nachdruck und respect dienen möge, wollen wir alle zur einnahme und ausgabe bestellte hof-diener, wie auch das gemeine gesinde, an ihn mit einem handschlag durch unsern hof-marschall anweisen, daß sie ihm biß an gedachten unsern hof-marschall, und uns, schuldige folge leisten, darbey er denn, was er dieser seiner bestallung, unserer hof-ordnung, und des hof-marschalls oder unserm befehl gemäß handelt, gebührlich und mächtiglich geschützet werden, auch da beschwerung und klage über ihn gelangte, gehöret, und zu nothdürfftiger verantwortung gelassen, und unverschuldeter oder unerkannter dinge nicht gestraffet oder geschimpffet werden soll, und wird er sich selbst mit den hof-dienern, auch fremden, nach aller ehrbarkeit und hof-sitten, in acht zu nehmen, nicht zu gemein zu machen, sondern guter vorsichtigkeit, treue, verschwiegenheit, und behutsamkeit, zu befleißigen wissen, etc.
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Stand: 3. August 2017 © Hans-Walter Pries