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Zedler: Brandenburg, die Chur-Marck HIS-Data
5028-4-1032-1
Titel: Brandenburg, die Chur-Marck
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 4 Sp. 1032-1034
Jahr: 1733
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 4 S. 531-532
Vorheriger Artikel: Brandenberg, in Schwaben
Folgender Artikel: Brandenburg, eine Stadt
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text   Quellenangaben und Anmerkungen
  Brandenburg, die Chur-Marck, ist eine ansehnliche Provintz in Teutschland im Ober-Sächsischen Creise, grentzet  
   
  Die Länge von Driesen biß Closter Dießdorf ist ungefehr 45 Meilen, die Breite der aber von Treuen-Brietzen biß Löckenitz bey 25 Meilen.  
  Die ältesten Einwohner, von denen etwas bekannt, sind wohl die Senones oder Sueui, von denen die am Rhein wohnende Sueui, oder Schwaben entsprossen. Abel, der am weitläufftigsten von denen alten Einwohnern dieses Landes handelt, glaubt, daß ihre Könige oder Anführer Brenni geheissen, die auch zu Brennaburg oder Brandenburg gewohnet. Unter diesen alten Regenten kommt der Name Herlibonis I und seiner 3 Söhne Emelrici, Vridolonis, und Herlibonis II für, welche 3 Harlungi, das ist nach Abels Auslegung, die jungen Herren genennet worden.  
  Nachdem die Senones oder Sueui, durch die vielen Wanderungen ziemlich dünne worden, haben sich die Wenden oder Venedi des Landes bemächtiget, und zwar durch Hülffe derer Heueller, Wilsen, Obotriten, Polaber, Hilmoner, Redarier, Pommern, Lusitzer, Soraber und anderer Scythischen oder Sarmatischen Völcker, die von denen Teutschen alle unter dem gemeinen Namen derer Wenden begriffen wurden. Auch diese haben zu Brandenburg ihren Haupt-Sitz gehabt, wiewohl von ihren Regenten nichts bekannt, als daß der letzte, so dem Käyser Henrico Aucupi die Stadt übergeben müssen, Tugimir genennet wird.
  • Schurtzfleisch Diss. de Slauis …
  • Rangertus ad Helmold. …
  • Conringius de Finibus Imp.
  Wie es von dieses Käysers Heinrichs Zeiten an in der Marck Brandenburg gestanden, wird unter dem Artickel Brandenburg (die Marck-Grafschafft) angeführt.  
  Das Land, so fast durchgehends eben und ohne Berge, ist an vielen Orten sehr sandig, und mit Holtz bewachsen; an der Elbe, Havel und Oder aber mit guter Vieh-Weide und Getreide-Boden versehen. Doch wird auch auf dem Sande so viel Korn gebauet, daß die Einwohner davon leben, und meistens noch etwas verkauffen können. Wo das Korn etwas rar, sind die kleinen delicaten Rüben, Buchwaitzen, Hirse und das so genannte Manna oder Schwaden desto häuffiger. Es giebt auch an den meisten Orten Obst, und sonderlich wächst um Potsdam ziemlicher Wein, welcher häuffig nach Hamburg geschickt wird; wie dann auch der Toback, so hier wächst, nach denen See-Städten geführet, aber zuweilen auch unter einem neuen Namen wieder gebracht wird. HIS-Data: vgl. Waaren, (Brandenburgische)
  Die Vieh-Zucht an Pferden, Ochsen, Schaafen und Schweinen, ingleichen das Wildpret, sonderlich Hirsche und Rehe, nebst dem Honigbau, sind so überflüßig, daß auch fremden Ländern viel davon mitgetheilet werden kan.  
  An Brenn- Bau- Staff- und Schiff-Holtz ist eine grosse Menge vorhanden, und sonderlich die ungemein grossen Eichen und Tannen in der Gegend von Ratenau prächtig anzusehen.  
  An Berg-Wercken aber fehlt es, ausser daß hie und da einige Eisen-Hütten sind, ingleichen ein vor einiger Zeit angelegter Meßing-Hammer bey Neustadt Eberswalde, gleichwie auch zu Neustadt an der Dosse eine Glaß- und Spiegel-Fabrique angelegt worden.  
  Die Flüsse und Seen  
  {Sp. 1033|S. 532}  
  machen das Land, wo sie durchgehen, fruchtbar, und soviel deren schiffreich, zur Handlung beqvemer. Hieher gehört fürnemlich die Elbe, welche  
 
  • an der lincken Seite die
    • Ohre,
    • Tanger,
    • Ucht,
    • Biese,
    • Aland,
    • Zern,
    • Jetze;
  • an der rechten aber die
    • Havel,
    • Stepenitz und
    • Lockenitz
 
  zu sich nimt. In gedachte Havel fält  
 
  • auf der lincken Seite die
    • Spree,
    • Notte,
    • Pleu und
    • Ile,
  • auf der rechten aber
    • der Rhyn und
    • die Dosse.
 
  Ferner gehört hieher die Ucker und die Oder, welche  
 
  • an der lincken Seite die
    • Welse,
    • Fuhne,
    • Schlube,
    • Neisse und
    • Bober,
  • auf der rechten aber die
    • Warte,
    • Eilwig,
    • Pleisse
    • etc.
 
  zu sich nimmt. Von der nutzbaren Vereinigung der Oder mit der Elbe, vermittelst der Spree, (welche Chur-Fürst Fridrich Wilhelm an. 1663 durch einen 3 Meilen langen Canal bewerckstelligt hat) ist unter dem Artickel Mühlrose Nachricht zu finden. Die Seen sind wegen der Menge fast nicht mehr zu specificiren, welche meistens von denen benachbarten Orten ihren Namen haben.  
  Wegen derer vielen Veränderungen in der Marck sind die Einwohner wohl nicht von einerley Geschlecht herzuleiten. Vermutlich stammen noch viele von denen Senonern, oder Svevern, ingleichen von denen Wenden her, wie man denn sagen will, daß von denen Letztern noch eine ziemliche Menge oben an der Spree, und nach der Lausitz zu wohnen, die so gar heimlich einen König unter sich hätten, dem es weder an Scepter und Crone, noch an Einkünfften fehle, auch sollen sie heimlich Gewehr und Waffen haben, und sich, wo ihnen nicht fleißig auf die Finger gesehen wird, zusammen rottiren, welches alles man jedoch dahin gestellet seyn läst.  
  Albertus Vrsus und seine Ascanischen Nachfolger haben das Land mit Einwohnern aus andern Teutschen Provintzien, ja auch aus Flandern, Holland und Seeland besetzet. In der Helffte des 17 Seculi ist auch eine grosse Menge vertriebener Frantzosen und Pfältzer, auch eine Anzahl Schweitzer aufgenommen worden, wovon in Chur-Fürst Friedrich Wilhelms Leben mehr Nachricht befindlich. Bey so unterschiedener Art derer Einwohner ist also nicht möglich, etwas allgemeines von ihren Sitten und Neigungen anzuführen.  
  Die Anzahl derer Einwohner ist ungefehr daraus abzunehmen, daß an. 1698, 5230 paar getrauet, 19538 getaufft, und 10360 begraben; An. 1705 aber berichtet worden, daß man 28000 Mann zwischen 20 und 40 Jahren, die in denen Waffen geübt, darinnen berechnet.  
  Von der Religion derer ersten Einwohner ist nichts zugedencken, als daß dieselben Heyden gewesen, und nach angelegtem Marg-Grafthum erst die Christliche Religion eingeführt worden. Als die Religions-Änderung in Deutschland angieng, regierte eben Chur-Fürst Joachim der I, welcher sich denen Protestanten zu Augspurg und sonst ziemlich wiedersetzte, auch seine Dänische Gemahlin Elisabeth hart tractirte, weil sie der so genannten neuen Lehre zugethan war. Aber sein Sohn und Nachfolger Joachim II, bekannte sich an. 1539 zu Spandau, nebst seiner Hof-Staat öffentlich zur Augspurgischen Confession und führte dieselbe in seinen Landen ein, ließ sich auch das so genannte interim durchaus nicht aufdringen, ob er schon in andern und Politischen Dingen das Käyserliche Interesse auch wieder seine Religions-Verwandte beförderte.  
  Unter ihm und seinen Nachfolgern, hat sich alles in der Marck zu der Lutherischen Religion bekennet, wie denn auch die Bißthümer Brandenburg, Havelberg  
  {Sp. 1034}  
  und Lebus so wohl als die Clöster eingezogen, und theils zu Schulen angewendet, theils secularisirt worden. An. 1614 bekannte sich Chur-Fürst Johann Sigmund öffentlich zu der Reformirten Kirche und Religion, wobey er jedoch seine Unterthanen der völligen Gewissens-Freyheit versichert hat, welche auch bißher völlig gehandhabet worden, so daß noch der allergrößte Theil derer Brandenburgischen Unterthanen Lutherisch ist, wie man denn nirgends mit der Vereinigung derer beyden Protestirenden Religionen so weit gekommen, oder wenigstens eine so vollkommene toleranz zuwege gebracht, als unter König Fridrichen ist eingeführt worden; ob man schon zu einer völligen Vereinigung derer unzähligen Vorschläge und vielen Bemühungen ungeachtet, nicht gelangen können.  
  Das vornemste Regierungs-Collegium ist zu Berlin, unter dem die Mittel- Alte- und Ucker-Marck stehen, wiewohl in denen beyden letztern zu Stendel und Prentzlau auch besondere Regierungs-Verfassungen sind. Zu Cüstrin aber ist die Regierung über die Neue Marck, Sternberg und Crossen.  
  Die Land-Stände werden noch in Praelaten, Grafen, Ritterschafft und Städte eingetheilet.  
  Zu der ersten Classe gehören die Praelaten derer secularisirten Bißthümer Brandenburg und Havelberg, Lebus ist aber gantz eingezogen: item der Heermeister des Joanniter-Ordens zu Sonnenburg, sammt seinen 4 Commendatoren zu Lagau, Schiefelbein, Lietzen und Werben.  
  Zu der andern Classe derer Grafen gehörten ehedem die zu Stolpe, Hohnstein, Vierraden, und Ruppin-Lindau, welcher aber alle ausgestorben. Nun ist niemand als die Grafen zu Stolberg-Wernigeroda übrig.  
  Von der Märckischen Ritterschafft, welche den dritten Stand ausmachet, ist bey Abeln ein Catalogus anzutreffen, welcher auch meldet, daß an. 1704 der Anschlag der gantzen Marck und derselben incorporirten Länder sich auf 1018 Ritter- oder Lehen-Pferde belauffen habe. Unter denen Adlichen Familien haben die so genannte beschlossene einigen Vorzug. Zum Exempel in der Alten Marck, die von Alvensleben, Bißmarck, Bülow, Jagow, Knesebeck, Schenck und Schulenburg: ingleichen die, so die Erb-Ämter der Chur-Marck besitzen; als  
 
  • Cämmerer sind die von Schwerin,
  • Marschallen die von Putlitz,
  • Schatz-Meister die Schencken,
  • Truchsessen die von Querbeck,
  • Küchen-Meister die von Schulenburg,
  • Schencken die von Hacke,
  • Jägermeister die von Gröben.
 
  Unter denen Städten, deren, wenn man die kleinen oder Flecken darzu rechnet, über 100 sind, werden nicht mehr als ungefehr 20 zu Land-Tägen beruffen. Die vornemsten Städte sind  
 
1) in der Alten-Marck
 
  • Stendal,
  • Saltzwedel,
  • Gardleben,
  • Tangermünde,
  • Seehausen,
  • Osterburg,
  • Werben,
  • Anneburg,
  • Calbe.
 
 
2) in der Priegnitz
 
  • Perleberg,
  • Havelberg,
  • Witstock,
  • Pritzwald,
  • Kiritz,
  • Lentzen,
  • Wilsenack.
 
 
3) In der Mittel-Marck
 
  • Berlin,
  • Charlottenburg,
  • Potsdam,
  • Alten-Landsberg,
  • Köpenick,
  • Wusterhausen,
  • Brandenburg,
  • Spandau,
  • Ratenau,
  • Fehrbellin,
  • Ziegeser,
  • Franckfurt,
  • Treuen-Brietzen,
  • Mühlrose,
  • Fürstenwalde,
  • Lebus,
  • Oderberg,
  • Neustadt-Eberswalde,
  • Grimnitz,
  • Ruppin
  • etc.
 
 
4) In der Ucker-Marck,
 
  • Prentzlow,
  • Templin,
  • Löckenitz,
  • Angermünde,
  • Schwet,
  • Vierraden.
 
 
5) In der neuen Marck
 
  • Cüstrin,
  • Königsberg,
  • Soldin,
  • Landsberg an der Warte,
  • Santock,
  • Driesen,
  • Sonneburg,
  • Sternberg,
  • etc.
 
     

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Stand: 23. August 2016 © Hans-Walter Pries