HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Buchdruckerey HIS-Data
5028-4-1755-1
Titel: Buchdruckerey
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 4 Sp. 1755
Jahr: 1734
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 4 S. 893
Vorheriger Artikel: Buchdrucker
Folgender Artikel: Buche
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text   Quellenangaben
  Buchdruckerey.  
  Diese herrliche Kunst ist gegen des Mittel des 15. Seculi in Teutschland erfunden worden. Stephanus Zamoscius schreibt die Erfindung denen Scithen, andere aber denen Chinesern mit grösserer Wahrscheinlichkeit zu, und sagen, daß diese Kunst schon vor Christi Geburt bey ihnen bekannt gewesen. Doch diesem ungeachtet bleibet denen Teutschen der Ruhm, sintemahl sie selbige weder von den Chinesern erlernet, noch gleiche Art zu drucken mit ihnen haben; immassen der Chinesische Druck mehr denen Holtz-Schnitten und Kupffer-Stichen gleichet.  
  Immittelst will sich so wohl Straßburg als Mayntz desselbigen anmassen. Welche es mit Straßburg halten, und Joann Mentelin, einen Innwohner daselbst, vor den ersten Erfinder angeben, beruffen sich auf zweyerley, in ihrem Stadt-Archiv befindliche geschriebene Chronicken. Die erste, so ohne Namen des Autoris von ihnen angeführet wird, meldet, daß A. 1440 diese so nützliche Buchdrucker-Kunst zu Straßburg durch Joann Mentelin zuerst an Tag gebracht worden: Dieser hätte durch seinen Diener, Hannß Gänsfleisch, welchen er sehr scharffsinnig befunden, weiter zu kommen verhoffet, und ihm also die gantze Sache vertrauet. Allein dieser habe ihn schändlich betrogen, indem er mit Joann Guttenberg, der aus den nunmehro freyherrlichen Geschlechte Zumjungen entsprossen war, und sich von seiner Wohnung zu Mayntz, Guttenberg nennete, auch etwas Wissenschafft um des Mentelins Erfindung hatte; Kundschafft gemacht, und sey zu ihm nach Mayntz gezogen, allda alles ins Werck zu richten, wiewohl GOtt endlich des Gänsfleischens Untreu also gestrafet, daß  
  {Sp. 1756}  
  er völlig sein Gesicht verlohren.  
  Die andere Chronic hat Daniel Speckling, ein Baumeister zu Straßburg, verfertiget. Dieser berichtet, ausser einigen erst angeführten Umständen, daß Mentelins Schwager, Peter Schefer, und Martin Flach dieses kostbare Werck verleget; Mentelin selbst, nachdem er von seinem Diener Joann Gänsfleisch, so arglistig wäre hintergangen worden, habe sich deßwegen zu tode gekümmert, da er denn zu Ehren der Kunst, ins Münster begraben, und eine Drucker-Presse auf seinen Grab-Stein gehauen worden. Gedachter Speckling will die erste Presse, auch die Buchstaben selbst gesehen haben, die, wie auch gantze Wörter und Sylben in Holtz geschnitten, kleine Löcher gehabt, und durch einen Faden an einander gehänget worden.  
  Die aber, so vor die Stadt Mayntz den Ruhm zu behaupten suchen, antworten hierauf, daß die angeführten Chronicken, weder auf öffentlichem Befehl, noch aus öffentlichen Monumenten wären verzeichnet worden; desgleichen, daß sie verschiedene Unordnung begiengen, mit andern Scribenten, so zu Anfang des 16. Seculi gelebet, nicht überein stimmten, auch endlich viel zu neue wären, als daß sie dieses, was sie sollten, beweisen könten. Nur sind sie selbst nicht einig, ob sie die Ehre der Erfindung erwehnten Guttenberger, oder Johann Fausten und seinem Tochtermann, Peter Schefern zuschreiben sollen. Zwar was Guttenbergern antrifft, so bezeuget Trithemius, daß er aus Petri Schefers Munde vernommen, wie diese Kunst von Guttenbergern, Bürgern zu Mayntz, erfunden worden, welcher, nachdem er fast alle sein Vermögen aufgewendet, und bey nahe aus Desperation das Werck gar hätte liegen lassen, sich mit Joann Fausten, auch einem Mayntzischen Bürger, eingelassen, da sie denn mit gesammter Hand zu dem Werck geschritten.  
  Erstlich hätten sie die Buchstaben auf höltzerne Formen ordentlich eingeschnitten, und ein Vocabel-Buch, Catholicon genannt, gedruckt. Weil sie aber mit diesen Formen nichts mehr drucken können, hätten sie eine Art Formen von allen Buchstaben des Lateinischen Alphabets zu güssen erdacht, vermittelst welcher sie die Buchstaben von Ertz oder Zinn nachmahls gegossen, und darauf mit dem Messer zurechte gemacht. Immittelst wäre grosse Beschwerlichkeit dabey gewesen, denn es sie schon 4000. Gülden gekostet, ehe sie noch den 12. Bogen der Lateinischen Bibel zu Ende gebracht. Wiewohl nachgehends Peter Schefer, der auch auf Lateinisch Opilio, oder nach seinem Vaterlande, von Gernsheim genennet wird, durch eine leichtere Art Schrifft zu güssen, diese Schwierigkeiten wiederum gehoben.  
  Mit diesem stimmet überein die Dedication an Käyser Maximilianum, so dem Teutschen Livio, welcher A. 1505. zu Mayntz gedruckt, vorgesetzt worden. Solches bekräfftiget noch mehr eine alte, in Nieder-Teutscher Sprache zu Cölln von Joan Kölhof A. 1499. gedruckte Chronic, welche berichtet,  
  {Sp. 1757|S. 894}  
  daß diese Kunst A. 1440 erfunden, und in folgenden Jahren mehr und mehr ausgearbeitet worden, biß man endlich A. 1450 die Lateinische Bibel zu drucken angefangen. Der erste Urheber aber davon sey gewesen Juncker Joann. Gudenburch, ein Bürger zu Mayntz, und bürtig von Straßburg. Nicht weniger bezeugen dieses Wimphelingius, und Joann Arnold Bergellanus, wie auch das Monument zu Mayntz im Juristen Collegio unter der innern Dach-rinne. Ja es können solches auch diejenigen beweisen, welche aus der ersten Mayntzischen Buchdruckerey diese Kunst in andere Europaeische Länder ausgebreitet, und durchgängig Guttenbergern für den ersten Erfinder ausgegeben. Allein in dem 16 Seculo unterstunden sich einige, diß herrliche Werck dem Fausten zuzuschreiben, ja gar Guttenbergern zu Faustens Diener zu machen.  
  Inzwischen ist doch auch nicht des Harlemischen Bürgers, Laurentii Joannis, mit dem Zu-Namen Küster, zu vergessen, dessen vorhero in Holtz-Formen verfertigte Donate und andere Wercke dem Guttenberger zu seiner Erfindung mögen Anleitung gegeben haben, und der dannenhero von denen Holländern insgemein vor den Urheber angegeben wird.  
  Im übrigen ist zumercken, daß als Anfangs Guttenberger, Faust und Schefer in einem Hause beysammen gewesen, selbige sich nachgehends, weil sie sich wegen des Gewinns nicht vertragen können, zertrennet, und Joann Faust nebst Petro Schefern eine eigene Officin gehabt. Eben dieser Johann Faust, gieng mit seinen gedruckten Lateinischen Bibeln nach Paris, und davorhero ein geschriebenes Exemplar vor 4 biß 500 Gülden zu stehen kam, verkauffte er eines vor 60 Gülden, und nachmahls vor noch geringern Preiß, biß er endlich auf 30 Gülden kam, da er denn mit denen so ihre Bibeln vor 60 Gülden gekauffet, in grosse Weitläufftigkeit gerieth, daß er darüber entfliehen muste.  
  Was nun die Wercke betrifft, von denen man gewiß versichert seyn kan, daß sie zuerst gedruckt worden, sind solches folgende:  
 
  • der Psalter Lateinisch Mayntz A. 1457 durch Joann Faust und Peter Schefer von Gernsheim;
  • Durandi rationale divinorum officiorum durch eben dieselben A. 1459.
  • Catholicon Januensis durch dieselben A. 1460
  • die Bibel Lateinisch A. 1462.
  • Officia Ciceronis A. 1465 da Schefer als Faustens Diener angegeben wird;
  • Institutiones Justiniani cum glossis A. 1468 bey Schefer allein.
 
  Am Ende dieses letzten Buches wird die Historie solcher Erfindung in folgenden Lateinischen Versen kürtzlich erzehlt.  
  [6 Zeilen lateinische Verse]  
  Es haben zwar einige den Ruhm dieser Erfindung der Stadt Basel zueignen wollen, weil man einen Reformatorium vitae morumqae et honestatis clericorum findet, so der Anzeige nach, die am Ende des Buchs stehet, in bemelter Stadt bey Michael Furtern A. 1444 gedruckt seyn soll. Es lässet sich aber leicht erweisen, daß in der Jahr-Zahl ein Druckfehler begangen worden.  
  Von denen  
  {Sp. 1758}  
  Teutschen ist diese Kunst nach Italien gekommen, allwo Ulrich Huhn oder Gallus und Sixtus Rießinger beyde von Straßburg gebürtig, und zwar jener zu Rom, und dieser zu Naples die ersten Drucker gewesen. Zu Ludovici XI. Zeiten ist diese Kunst nach Franckreich, folglich nach und nach in die übrigen benachbarten Königreiche gelanget. Von Schweden handelt Jo. Alnandri Historiola Artis Typographicae in Suecia. Rostock 1725. 8.  
  Die andern Theile der Welt haben nicht nachfolgen können, oder wollen, denn im gantzen Ottomannischen Reich, war, um den gemeinen Mann durch Lesung guter Bücher nicht klug zu machen, bey schwerer Straffe verbothen, Buchdruckereyen einzuführen, und als es die Griechen zu Constantinopel nach langer Zeit gewagt, und eine Druckerey angeschafft, ist dieselbe samt allen dazugehörigen Leuten, auf Befehl des Sultans ins Meer geworffen worden. Doch endlich ist vor etlichen Jahren, so sehr sich auch der Muffti und diejenigen, so durch Schreiben ihr Geld verdienet, wiedersetzet, eine Druckerey zu Constantinopel aufgerichtet worden, und man hat schon verschiedene gedruckte Bücher aus derselben gekommen. Africa und America haben diese Kunst wegen ihrer wilden Lebens-Art nicht nutzen können.  
  Solchemnach ist diese vortreffliche Nutzbarkeit in Europa meistentheils allein verblieben, und man hat alle Mißbräuche zu verhindern, an denen meisten Orten, heilsamlich versehen, daß die Buchdrucker einen Eyd ablegen müssen, nach welchen sie nicht, was nicht vorher censirt worden, drucken dürffen.  
   
  • Neuhofs Gesandtschaft an Käyser von China.
  • Ricaut etat de l'sempire Ottoman.
  • Beold.
  • Trithemius in Anal. Hirsang. …
  • Auentin. Annal. ad A. 1450.
  • Wimpheling. Epit. Rer. Germ. …
  • Bergellanus in carmine de chalcograph. inuent.
  • Petri Scriuerii Laurecrans vooz Laurens Koester.
  • Serrarius de Rebus Mogunt.
  • Draudius in Typog. discursu.
  • Junius et Scriverius Descr. Batav.
  • Boxhorn. de Typogr. Jnuent.
  • Schreuelius in Harlemo.
  • Majerus in veris inuent.
  • Schragius von Erfindung der Buchdruckerey.
  • Schmidius Danck Predigten wegen Erfindung der Buchdrucker- Kunst.
  • Boeclerus Orat. de Typogr.
  • Spizelius de Re litt. Sinens.
  • Zamoscius Analect. Daciae Antiquit.
  • Mentelius de Vera typogr. Orig.
  • Vitre de typogr.
  • Adam. in vit. Guttenb. et Faustii.
  • a Mallinckrot de Ortu Typogr.
  • Morhof. Polyhist. …
  • Reimmans Einleit. in die Hist. Litt. …
  • Fabricius Bibl. Lat. …
  • Chevilier histoire. de l'imprimerie.
  • Bullart Academie des Sciences …
  • Tenzelius von Erfindung der Buchdrucker-Kunst. Hanov. Auszug ad A. 1700 …
  • Struuius in Introduct. ad Notit. Rei Litt. …
  • Amoenitates Litt. T. I.
  • Memoires de litterature T. I.
  • Maittaire Annal. Typograph.
  • Werthers wahrhaffte Nachricht der so alt als berühmten Buchdrucker-Kunst. Frf. 1721. in 4.
  • Müller Leipziger Buchdruckerey. Leipzig 1720. in 4.
  • Schroedter Dispt. De Typographia Wittenberg 1697.
    von denen Zeichen der Buchdrucker hat Spoerl Introductionem in Noth. Insign. Typograph. Nürnberg 1730. in 4. herausgegeben.
     

HIS-Data 5028-4-1755-1: Zedler: Buchdruckerey HIS-Data Home
Stand: 15. November 2022 © Hans-Walter Pries