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Zedler: Friede HIS-Data
5028-9-2094-9
Titel: Friede
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 9 Sp.2094
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 9 S. 1070
Vorheriger Artikel: Friedbuß
Folgender Artikel: Friede, ist theils zeitlich
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Friede wird entweder vor den Ruhe-Stand einer Republic genommen, da keiner den andern beleydiget, und jeder den andern sein Recht ungekränckt geniessen läst, welches so wohl äusserlich als innerlich geschicht.  
  Äusserlich geschicht es, wenn man das-  
  {Sp. 2095|S. 1071}  
  jenige, wodurch man den andern beleidiget, unterläßt, und dasjenige, warum man sich verglichen, würcklich leistet; Innerlich, wenn man eine Neigung den Frieden zu erhalten, oder, wenn Uneinigkeit entstanden, solchen wieder herzustellen bemüht ist, welches man ein friedfertiges oder friedliebendes Gemüthe nennet, ingleichen wann man gegen den Nächsten sich friedlich bezeigt, welches sowohl aus Furcht vor dem Gesetze, oder der aus Zänckerey zu besorgenden Schande, oder aus wahrer Liebe gegen den Nächsten geschicht, u. sind in Ansehung derer Temperamente die Wollüstigen mehr als die Ehr- und Geldgeitzigen zum Frieden geneigt.  
  In einem andern Verstande wird das Wort Friede auch vor dasjenige Pactum genommen, wodurch der Krieg geendiget wird, vermöge dessen die streitende Partheyen sich verbinden, das angethane Unrecht zu vergessen, und einander ferner nicht zu beleidigen, oder alle mögliche Satisfaction dißfalls zu leisten, und so heist es eigentlich ein Friedens-Schluß, und wird nicht sowohl von einem Streite unter Privat-Personen, als vielmehr unter Regenten, so mit einander Krieg geführt, verstanden, welche zu dem Ende die Bedingungen des Friedens schrifftlich abfassen und unterzeichnen, und dieses heist man ein Friedens-Instrument.  
  Die Sachen, darüber man sich vergleicht, müssen in des Regenten Gewalt seyn, und sind entweder public- oder priuat-Sachen.  
  Bey jenen ist zu sehen, ob es ein Regnum patrimoniale sey, wo der Regent nach seinem Gefallen thun kan, was er will; oder nicht, dabey des Volcks Einwilligung seyn muß.  
  Von priuat-Sachen kan zwar vermöge der hohen Herrschafft etwas vergeben werden, doch erfordert die Billigkeit denen Unterthanen den verursachten Schaden ersetzen.
  • Grotius de J.B. et P. ...
  • Pufendorf de J.N. et G.. ...
  • Textor Synops. Jur. Gent. ...
  Die Friedens-Puncte sollen deutlich abgefaßt seyn, wo sich aber einiges Bedencken über deren Verstand äussert, giebt Grotius l.c. §. 11. von der Auslegung die General-Regel: Quo quid plus habet fauoris, eo laxius accipiendum; quo longius abit, eo restrictius.  
  Die Personen so bey einem Frieden vorkommen, sind entweder Haupt- oder Neben-Personen. Jene sind die Principalen, welche Macht haben, Frieden zu schliessen, und dieses steht bey denen, welche die höchste Gewalt haben, wovon das Recht Friede zu schliessen ein Stück ist, dahero, wann gleich ein General wäre gezwungen worden, einen Frieden zu machen, so ist er doch nicht gültig, biß der Regente solchen ratificirt.  
  Bißweilen ist der Regent nicht geschickt, Frieden zu machen, entweder physicè wegen Minderjährigkeit oder Schwachheit des Verstandes, oder moraliter, wenn er gefangen oder ins Elend verjagt worden. Doch kan einer, so ein Erb-Reich hat, auch in der Gefangenschafft einen Frieden eingehen, da hingegen in einem Wahl-Reiche das Volck ihm die Herrschafft nicht also wird aufgetragen haben, daß er auch in der Gefangenschafft mit dem Reiche nach seinem Gefallen disponiren kan.  
  Hat man einen Regenten mit Recht vom Reiche vertrieben, so kan er im Exilio keinen Frieden schliessen, geschicht ihm aber Unrecht, so wird ihm niemand dieses  
  {Sp. 2096}  
  Recht absprechen.
  • Grotius l.c. §. 3.
  • Tector l.c. ...
  • Obseru. Hallens. ...
  Die Neben-Personen bey einem Frieden sind die Mediateurs, Arbitri und Abgesandten. Von denen Mediateurs ist ein besonderer Titel nachzulesen. Die Arbitri oder Schieds-Richter sind solche Personen, welche nach Anweisung derer Rechte die Partheyen, welche bey ihrem Ausspruche zu beruhen versprochen, entscheiden. Willenberg Sicil. Jur. Gent. Prud. ... Diss. de Arbitr. ...
  Durch die Abgesandten wird meistentheils der Friede geschlossen, wiewohl man auch Exempel hat, daß Potentaten solches persönlich gethan, als König Ferdinandus Catholicus in Spanien mit Ludouico XI. in Franckreich, und Churfürst Fridericus II. zu Sachsen mit seinem Bruder Land-Graf Wilhelmo in Thüringen.  
  Ob es aber rathsam, daß die Principalen in Person zusammen kommen, ist eine andere Frage. Denn wenn man gleich meynen wollte, es könten auf diese Art viele Puncte leichter abgethan, und bessere Freundschafft gestifftet werden, so stünde es doch dahin, ob bey der Adplication dieses seine Richtigkeit hätte, da sich hingegen viele andere Schwürigkeiten und Hindernisse ereignen würden. Ein eintziges Wort oder andere Kleinigkeit könte offt die gantze Sache verderben, da hingegen Abgesandten verhindern können, daß sie nicht alles so scharff erfahren; die Gesandten können auch nichts weiter thun, als was ihre Vollmacht mit sich bringt, und der Friede hat nicht eher seine Krafft, als biß er von dem Principal ratificirt ist. Führen gleich gewisse Gesandten den Titel als Plenipotentiarii, so wird doch solcher nicht zu ihrer Freyheit, sondern vielmehr zu des anderen Theils Sicherheit gegeben.  
  Der Friede ist von einem Stillstande unterschieden, indem bey jenem die Feindseeligkeit selbst aufgehoben wird, und man verspricht, den andern nicht mehr zu beleidigen, da hingegen bey einem Stillstande die feindlichen Handlungen nur auf eine Zeitlang unterbleiben, und so lange die Feindseeligkeit nicht durch die Vergessenheit dessen, was vorher geschehen, wegfällt, so lange kan man solches vor keinen Frieden halten.  
  Dergleichen Vergessenheit ist entweder Amnestia generalis, die sich auf alle Personen und Sachen erstreckt, oder specialis, so nur in Ansehung gewisser Personen und Dinge statt hat.
  • Boxhorn. Diss. de Amnestia.
  • Cocceius de Postlim. in Pac. et Amnest. Sect. 4.
  • Gribner Jurispr. Nat. III. 14. §. 3.
  Einige machen einen Unterschied unter  
 
  • Armistitia, wenn die feindseligen Handlungen, nicht aber die Zubereitung zum Kriege aufgehoben werden;
  • Induciae, wenn sowohl die Handlungen als die Zubereitung, aber nicht die Ursache desselben wegfiel;
  • und Pax, wenn die Ursache des Kriegs gehoben würde.
Treuer ad Pufendorf p. 559.
  Die Friedens-Tractaten gehen offt sehr langsam her, ehe die Sache selbst zur Richtigkeit kommt. Denn da sind erstlich Praeliminar-Tractaten, wenn man sich wegen des Orts vergleicht, da die Friedens-Handlung soll angestellt werden, immassen der Platz von einem Hofe so weit liegen soll, als von dem andern, damit niemand in der geschwinden Correspondenz einigen Vortheil habe, und kein Potentat sieht gern, daß er in seines Feindes Lande durch seine  
  {Sp. 2097|S. 1072}  
  Gevollmächtigte etwas schliessen sollte, daher Holland so vielmahl die Ehre gehabt, daß daselbst unterschiedene Fridens-Conferentien gehalten worden.  
  Es ist auch wegen der allgemeinen Securitaet ein wichtiger Punct, weil ein jeder Gesandter über seine Leute frey gebieten will, zu welchen Praeliminarien auch noch gehöret, daß man sich wegen eines Armistitii vergleicht, weil sonst der schönste Artickel, wo man sich alle Tage neue Händel zu besorgen hat, gar leicht ein Loch bekommen kan.  
  Kommt man zu der Sache selbst, daß die Conferenzien angehen, und die streitigen Puncte untersucht werden, damit ein Vergleich getroffen werde, so muß man die Regeln der Klugheit nicht mit der Billigkeit vermischen. In Ansehung der Billigkeit setzt man voraus, daß ein jeder verbunden, dem andern den verursachten Schaden zu ersetzen, welches bey denen Friedens-Tractaten unter Potentaten auch sollte beobachtet werden. Wolffs Gedancken vom Gesellschafftlichen Leben derer Menschen ...
  Doch die Klugheit giebt den Rath, wenn ein Schwächerer mit einem Mächtigern zu thun hat, daß er an keine Satisfaction gedencke, und wenn die Potentaten gleich sind, so liegt viel an der Conduite derer Gevollmächtigten.  
  Es ist zwar gewöhnlich, daß die verglichenen Friedens-Articel solenniter beschworen werden, doch hält das Recht der Natur solches nicht vor nöthig.  
  Wenn der Frieden seine Richtigkeit hat, so giebt es offt wegen der Exsecution grosse Schwürigkeit, und auf die bißweilen von andern Potentaten geleistete Garantie ist auch nicht viel zu bauen, siehe Garantie,
  • Grotius l.c. §. 52.
  • Buddeus Elem. Philos. Pract. ...
  • Cocceius Diss. de Guar. Pac.
  Gleich wie ein Potentate niemahls billige Vorschläge zum Frieden verwerffen soll, weil allezeit ein grösserer Vortheil vom Frieden als vom Kriege zu erwarten ist, also erfordert auch das natürliche Recht nach dem richtigen Principio, daß man die Pacta halten müsse, daß man denselben heilig und unverbrüchlich halte, wozu sie die Göttliche Straffe, das natürliche aus dem Kriege entstehende Ubel und die Garantie anderer Regenten verbinden solle.  
  Hat gleich die Republic durch den Frieden einigen Schaden erlitten, so muß man ihn doch halten, weil der Verlust durch die wieder hergestellte Ruhe gnugsam ersetzt wird, und weil der Friede mit der gantzen Republic, welche der Regent repraesentirt, so erstreckt sich die Verbindlichkeit auch auf seine Nachfolger, welche in alle Rechte und Verbindlichkeiten treten, die auf der Republic hafften.
  • Becmann Polit. Parall. 23.
  • Buddeus l.c.
  Lebt man aber dem geschlossenen Frieden zuwider, so heist solches ein Friedens-Bruch, doch kan man auch ohne den Frieden zu brechen, neue Ursache zum Kriege geben, zumahl wenn einer unterschiedene Reiche hat, und die Beleidigungen nur in Ansehung des einen Reichs aufgehoben sind.
  • Grotius l.c. §. 27.
  • Henniges ad Grot. l.c.
  • Textor l.c. ...
  Es wird aber nach Grotii l.c. Meynung der Friede auf dreyerley Art gebrochen.  
 
1) Faciendo contra id, quod omni paci inest, wenn man ohne gegebene Ursache neue Feindseligkeiten anfängt.
 
 
2) Faciendo contra id, quod in pace dictum est aperte, wenn man etwas thut oder unterläßt, was im Frieden
 
  {Sp. 2098}  
 
  ausdrücklich bedungen worden.
 
 
3) Faciendo contra id, quod ex pacis cujusque natura debet intelligi. Z.E. wenn einer dem andern ohne Noth mit seiner Macht droht, wenn man Grentz-Festungen aufgerichtet, wenn man wider Gewohnheit und ohne Noth starck wirbt.
  • Kulpesius Colleg. Grotian. ...
  • Willenberg Sicilim. Jur. Gent. ...
  • Gundling Discours über den Zustand der Europäischen Staaten P. II. p. 491. sqq.
     

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Stand: 27. März 2013 © Hans-Walter Pries