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Zedler: Frühling HIS-Data
5028-9-2182-8
Titel: Frühling
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 9 Sp. 2182
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 9 S. 1118
Vorheriger Artikel: Früher Tage-Zeit
Folgender Artikel: Frühlingchen
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben und Anmerkungen
  Frühling, Lat. Ver, ist diejenige Jahres-Zeit, welche ihren Anfang nimmt, wenn die Sonne, indem ihre mittägige Höhe täglich wächset, im Mittage die mittlere Höhe zwischen der grösten und kleinsten mittägigen Höhe hat; hingegen zu Ende gehet, wenn die Sonne im Mittage den geringsten Abstand von dem Zenith eines Orts erhält, da sich denn alsdenn der Sommer anhebet.  
  Dieses ist der allgemeine Begriff, dem man sich in der Astronomie und Geographie von dem Frühling machen muß; denn wollte man den Frühling nach dem gemeinen Begriff hier zu Lande eine Zeit nennen, in welcher wieder anfängt alles grüne zu werden, so würde nicht nur diese Zeit wegen veränderlicher Witterung an sich veränderlich seyn; sondern sie würde auch mit andern Ländern, z.E. mit denen so in der Zona torrida oder frigida wohnen, keinesweges zustimmen; weswegen auch die Astronomi[1] die Determination dieser Zeit nach der Bewegung der Sonnen reguliret, um gewisse Limites des Frühlings dadurch zu erhalten.
[1] HIS-Data: korrigiert aus: Astoromi
  Dessen ungeachtet ist auch dieser ihre Bestimmung nicht allgemein: denn da sie sagen, daß der Frühling sich anhebe, wenn die Sonne in Widder tritt; so ist solches nur von denenjenigen Ländern zuverstehen, welche diesseits der Zonae torridae gegen Norden zu liegen; da hingegen die Länder, die über der Zona torrida gegen den Mittägigen Pol gelegen sind, den Frühling anfangen, wenn sie die Sonne im Anfange der Waage sehen.  
  Ja die Leute, so in der Zona torrida selbst wohnen, müssen, wenn wir hier nach dem gewöhnlichen Begriffe raisonniren wollen, die gröste Hitze oder den Anfang des Sommers haben, wenn ihnen die Sonne im Zenith stehet, da die von ihr perpendicular herabschiessenden Strahlen die gröste Wärme verursachen. Hingegen wird bey ihnen Winter seyn, wenn die Sonne im Mittage am weitesten von ihrer Zenith entfernet ist. Dahero wenn sie von diesem weitesten Abstand bis zu den Zenith sich beweget, endlich an einen Ort gelanget, da sie die mittlere Mittägige Höhe bekommt, so ist dieses gleichsam das Mittel zwischen Winter und Sommer, folglich der Anfang des Früh-  
  {Sp. 2183|S. 1119}  
  lings. Hieraus ersiehet man warum man, um einen allgemeinen Begriff von dem Frühlinge auf dem gantzen Erdboden zu erhalten, obige Definition hat geben müssen. Wie nach dieser auszurechnen, wenn an einen gegebenen Orte der Erden sich der Frühling anhebe und endige, lehret Varenius Geograph. gener.
  Warum man aber insgemein den Frühling als eine Zeit beschreibet, die sich anhebet, wenn die Sonne in den Widder tritt, und sich endiget, wenn die Sonne zum Anfange des Krebses schreitet, rühret daher, weil die meisten Astronomi und Calender-Schreiber in denen Mitternächtigen Ländern gewohnet haben, allwo dieses sich würcklich also befindet.  
  Da nun um selbe Zeit, wenn die Sonne in den Widder tritt, Tag und Nacht allenthalben einander gleich ist, so wird in Ansehung unserer diese Zeit das Frühlings-Aequinoctium genennet; das Punctum Arietis oder die Intersection der Ecliptic mit dem Aequatore beym Anfange des Widders selbst punctum vernale, ingleichen Sectio vernalis, ja die drey Himmlischen Zeichen der Widder, Stier und Zwillinge, durch welche die Sonne bey uns zur Frühlings-Zeit sich beweget, heissen daher Frühlings-Zeichen, Signa vernalia.  
  Es ist aber alles dieses nur relative auf die Situation unserer Länder zu verstehen; da hingegen in Ansehung anderer Länder ein ander Frühlings-Aequinoctium, Punctum vernale, auch andere Signa vernalia sich ergeben werden.  
  Es ist aber der Frühling die erste und annehmlichste Jahres-Zeit, in welcher sich die gantze Natur erneuert, und wieder lebhafft zu werden anfängt, da die Erde von der vergangenen Winter-Kälte, durch die von ihrer Entfernung wiederkehrende Sonne aufs neue erwärmet, die Pori der Erde eröffnet, und die Feuchtigkeiten, dem Wachsthum derer Bäume und Kräuter zu gute in die Höhe gezogen werden; sonderlich gereicht dabey zur Fruchtbarkeit, wenn sich der Wind von Niedergang mäßig mercken läßt, und seiner Art nach im April und May ein dienliches Regen-Wetter verursachet.  
  Es währet der Frühling drey Monath, und endiget sich den ein und zwantzigsten Junii.  
  Von dem Frühling hat ein vorsichtiger Haus- und Landwirth folgende Anmerckungen und Vermuthungen in Acht zu nehmen; nemlich:  
  wenn der Frühling von Wärme und Feuchtigkeit gemäßiget ist, und der Wind dabey von Niedergang gelinde wehet, verhofft man ein gutes Jahr; Dahingegen ein Frühling, der im Anfange gar naß ist, viel Gras und Unkraut bringet, davon die Saat erstickt und faulet.  
  Wenn das Getreyde und die Frühlings-Gewächse überflüßig, und frecher, als sonst gewöhnlich, zu wachsen pflegen, so vermuthet man, daß es viel Garben in die Scheune, aber wenig Körner in den Sack geben werde.  
  Ein Frühling der meistentheils kalt und frostig ist, giebt schlechte Hoffnung zum reichen Herbst oder gesegnet er Erndte.  
  Späte Reiffe und Fröste verderben die Blumen, Blüthen, zarte Gewächse und Früchte, die von einer frühzeitigen Wärme hervor getrieben worden.  
  Viel glatt- und sonderlich Furchen-Eiß im Frühlinge thut der Saat grossen Schaden.  
  Wenn die Frösche im ersten Frühling ihr Leich nicht in die Bäche und Wasser, sondern an denen äussersten Theil des Gestades werffen, das soll Anlauffen des Wassers bedeuten.  
  Von denen Canarischen Insuln sagt man, daß daselbst ein steter Frühling sey, weswegen sie auch fortunatae, das ist, glückselige Insuln genenet werden.  
     

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Stand: 18. August 2013 © Hans-Walter Pries