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Zedler: Geilheit, (weibliche) HIS-Data
5028-10-637-2
Titel: Geilheit, (weibliche)
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 10 Sp. 637
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 10 S. 332
Vorheriger Artikel: Geilheit
Folgender Artikel: Geilhorst
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Geilheit, (weibliche) das Wüthen der Mutter, Furor vterinus, ist ein weiblicher Zufall, wovon auch die Jungfern geplaget werden, kommt insgemein aus Geilheit und untersagten Beyschlaffe her, deswegen sie erstlich traurig, unruhig, melancholisch etc. werden, und endlich gar in Raserey gerathen. Wird sonsten auch  
 
  • Nymphomania,
  • Priapismus feminarum,
  • Melancholia mulierum,
  • und Vteri detiramentum,
  • nimia salacitas feminarum,
  • Kutten-Toll,
 
  genannt.  
  Es sind gemeiniglich 3. Arten der Weiblichen Geilheit, die erste ist mehr natürlich, wenn nemlich die Jungfern oder Weiber zur Venus-Lust sehr geneigt sind, dabey aber niemahls die Vernunfft und Schamhafftigkeit aus denen Augen setzen, und dahero keinen unrechten Beyschlaff weder zulassen noch suchen, ob sie schon grosse Neigung dazu empfinden, und deswegen offtermahls viel ausstehen müssen.  
  Der andere Grad der Weiblichen Geilheit ist schon etwas ärger, und wird gleicher Gestallt so wohl bey ledigen, als verheuyratheten Weibes-Personen angetroffen: Denn beyde sind zuweilen der Gestallt geil, das ihnen kaum kan Genüge geschehen. Ob sie nun schon dabey auch noch die gesunde Vernunfft haben, also können auch ehrbare und schamhaffte Weibs-Bilder, sich darinne noch zwingen, daß sie ihren Adfect nicht so sehr verrathen, dahingegen andere, welche die Ehrbarkeit aus denen Augen setzen durch Reden und Geberden ihre Geilheit verrathen.  
  Bey dem letzten und höchsten Grad dieser Kranckheit leidet die gesunde Vernunfft. Es verrathen sich die Weibs-Leute mit Reden, welche wider die gesunde Vernunfft streiten, ja sie verfallen offtermahls dabey in eine Melanchaley, der Gestallt, daß sie offtermahls vollkommen melancholisch werden und auf alle Fragen verkehrt antworten.  
  Offtermahls ist die gesunde Vernunfft bey ihnen nur gradualiter verletzet: wenn sie auf den Point der Veneris kommen, sind sie aus sich selber, da sie zu anderer Zeit noch ge-  
  {Sp. 638}  
  lassen sind. Andere verrathen ihre Schwäche durch ihre Thaten, denn sie verfahren mit denen Scham-Gliedern übel, jucken und kratzen sich, oder stecken fremde Sachen hinein. Besonders wird alles bey ihnen schlimmer, wenn sie eine Manns-Person sehen, sonst sind sie noch ziemlich ruhig.  
  Die unmittelbare Ursache der Geilheit ist eine hefftige und wiedernatürliche Bewegung derer Lebens-Geister in die Geburth-Glieder, welche von einen principio irritante seinen Ursprung genommen. Aus der Phisiologie ist bekannt, daß, gleichwie alle Würckung derer Lebens-Geister, sie mögen in einem Organo Sensorio, oder anders wo erreget worden seyn, in dem sensorio communi, das ist in der Seele, einen definitum sensum mittheilet, also auch die Würckung derer Lebens-Geister in die Geburths-Glieder in der Seele gewisse venerische stimulos und Regungen erwecket. Wenn man diese stimulos natürlicher Weise betrachtet, so sind sie nicht beständig, sondern kommen nur dann und wann, da sie im Gegentheil bey allzu grosser Geilheit immer anhalten und ärger werden.  
  Hieraus lassen sich und von freyen Stücken alle Zufälle herleiten. Denn daß sie beständig geile Gedancken haben kömmt daher, so lange sie nemlich nach ihrer Vernunfft mächtig und schamhafftig sind, so suchen sie die entstandenen stimulos zu unterdrucken, und dencken selbigen nicht weiter nach; So bald sie aber geiler werden, müssen sie sich beständig, sie mögen wollen oder nicht, mit geilen Gedancken plagen.  
  Fraget man, woher der gleichen Gedancken entstehen? so muß man wissen, daß es ein Gesetz der Natur sey, Vermöge welches die gehörigen Bewegungen derer Lebens-Geister definitas ideas und Gedancken hervor bringen. Dahero es kein Wunder, wenn die beständigen Würckungen derer Lebens-Geister in die Geburts-Glieder beständig Venerische Stimulos und anhaltende geile Gedancken hervorbringen.  
  Zu mancher Zeit sind dergleichen Gedancken angenehm und beliebt, sie werden von denen Weibs-Bildern unterhalten und geheget, so, daß sie endlich selbst dabey unterliegen müssen, das ist, die Seele verliehret ihre Gewalt und Herrschafft, dadurch es geschiehet, daß eine beständigere und hefftigere Bewegung in dem Sentorio communi erreget wird, da nun die Seele solche nicht mehr mäßigen und stillen kan, so fänget sie an zu rasen, ist beständig mit dergleichen Venerischen Stimulis beschäfftiget, und kan hernach nicht mehr anders, als dergleichen Gedancken führen: allein wenn noch zuweilen andere und wideriche Bewegungen vorkommen, und sich eine solche Person den Schaden vorstellet, der daraus entstehen könte, so behält die Seele noch ihre Herrschafft, und ändert bey Gelegenheit die entstandenen geilen Gedancken.  
  Zuweilen sind auch noch andere Pathemata, welche diese Kranckheit mit verstärcken. Denn offtermahls findet sich bey diesen Personen eine Traurigkeit, besonders, wenn sie den Beyschlaff, den sie doch hefftig begehren, nicht haben können; dahero es auch kömmt, daß sie unterschiedene Geberden und Thaten vornehmen. Denn sie suchen dadurch die Venerische Stimulos, welche ihnen gar zu viel Verdruß machen, zu stillen, kratzen und reiben demnach sich scharff die Scham-Theile, oder stecken fremde Sachen hinnein, ja daher entstehet offtermahls die Mania, welche bey denen Weibs-Personen zuweilen so arg wird, daß sie entweder sich, oder andere, umzubringen trachten.  
  Die Ursachen, welche die Lebens-  
  {Sp. 639|S. 333}  
  Geister in Venerische Bewegung setzen, sind zweyerley, einige remotae, andere proximiores.  
  Die Proximiores Caussae sind der Liquor genitalis, welcher in denen Geburts-Gliedern entweder gar zu häuffig, oder auffwallend, oder scharff gefunden wird. Was der Liquor genitalis bey den Weibern sey, ist aus der Anatomie oder Physiologie bekannt. Ob man schon nicht läugnet, daß derjenige Safft, welcher in einen reiffen Ey gefunden wird, durch seine Aufschwellung die organa genitalia, besonders aber die Ouaria der Gestallt irritire, oder vielmehr gelinde adficire, daß hieraus eine venerische Empfindung entstehe; Nichts desto weniger glaubet man doch, daß die öfftern Ursachen der Geilheit von einem weit andern Liquore herzuleiten seyn.  
  Denn wer weiß nicht, daß bey denen Weibs-Personen nicht nur wehrenden Beyschlaffs, sondern auch zu anderer Zeit mit dem grössesten Vergnügen ein Serum abfliesset, welches der Liquor prostatarum genennet wird. Er entstehet nicht anders, als bey denen Manns-Personen aus denen prostatis, welche bey denen Weibs-Leuten um die Harn-Röhre sitzen. Ja, gleichwie die gantze Mutter-Scheide voller Drüsen stecket, also wird aus deren Röhrgen fast eben dergleichen Liquor lymphathicus abgesondert.  
  Gleichwie nun die Manns-Personen so wohl diurnis als nocturnis pollutionibus unterworffen sind, also findet man auch bey denen Weibs-Leuten, daß, wenn sie entweder nur eine angenehme und liebe Person sehen, oder von geilen Gedancken, oder, wenn sie die Geburths-Glieder sehr jücken, ein gewisser Safft von ihnen läufft. Demnach thut man wohl nicht unrecht, wenn man den Liquorem genitalem vor die Haupt-Ursache der Geilheit ansiehet, indem er selbige erwecket  
 
I) durch seine Menge. Denn wenn viel von demselben gesammlet ist, so suchet er seinen Ausgang, dadurch er die Röhrgen gelinde adficiret, die Lebens-Geister erreget und also venerische Empfindungen und Stimulos erwecket.
 
 
II) kan die Turgescentia dieses Liquoris diese Kranckheit zuwege bringen; dahero auch diejenigen Weibs-Bilder am geilsten sind, welche hitziges und aufwallendes Geblüte haben.
 
  Daß  
 
III) die Schärffe des obgedachten Safftes die Weibs-Leute geil mache, lehret folgendes gemeines Experiment. Denn einige Physici haben vielmahls in die Mutter-Scheide eines Hundes solvirten Pfeffer gegossen, und davon angemercket, daß die Hündinnen läuffisch werden. Nun ist gewiß die Solutio des Pfeffers anders nicht als scharff, und was könne wohl die Schärffe anders als venerische Stimulos erregen? welches bey denen Menschen, die beständig und zu aller Zeit zum Beyschlaffe und Geilheit geneigt sind, offtermahls zu geschehen pfleget, denn jede Schärffe machet in denen Lebens-Geistern eine Bewegung, welche die Stimulos Venereos zu erregen vermögend ist. Dahero scorbutische Weibs-Personen, oder diejenigen, welche an der Gicht, oder einer andern Kranckheit laboriren, die von Schärffe und Unreinigkeit herkömmt, zum Venus-Spiel sehr geneigt sind.
 
  Zu denen Remotis caussis, welche die Geilheit erregen, gehöret  
 
1) das gute und böse Blut. Daß das böse und scharffe Blut dergleichen zuwege bringen könne, ist nur jetzo erwiesen worden, von dem guten Blute aber ist vollends gar kein Zweiffel. Denn wenn die Leute gut leben, und ihnen nichts abgehet, so kan es ja wohl
 
  {Sp. 640}  
 
nicht anders kommen, als daß sie geil werden, dahero sind diejenigen übel daran, die entweder nicht heyrathen können oder dürffen.
 
 
2) Gute, gewürtzhaffte, scharff gesaltzene Alimenta. Wie will es anders seyn, als wenn sie wollüstig leben, sie auch wollüstig werden. Wasser und Brodt thut es nicht leichte.
 
 
3) Aphrodisiaca, Spanische Fliegen etc. Diese brauchet man offtermahls venerische Stimulos zu erregen, dahero es kein Wunder, wenn von solcher Artzeneyen Mißbrauch auch die Leute geil werden.
 
 
4) Speculationes. Diese werden unvergleichlich durch die bekannten Liebes-Romainen unterhalten.
 
 
5) Liebes-Träncke. Diese können zwar eigentlich keine Geilheit verursachen, es sey denn, daß sie aus Aphrodisiacis bestünden.
 
 
6) Verursachet nicht selten der Beyschlaff selbst Geilheit; Denn daß zuweilen die Mägdgen und Weiber darinne nicht zu ersättigen sind, ist ihrer Langsamkeit zuzuschreiben, welche verursachet, daß bey dem Beyschlaffe ihre Venerischen Stimuli nicht getilget werden.
 
 
Daß so wohl bey denen Manns- als Weibs-Personen nach Ausflüssung des Liquoris genitalis der Stimulus venereus einiger Massen besänfftiget werde, ist bekannt: Gesetzt aber, daß bey dem Beyschlaffe der Männliche Saame eher abflösse, als der Liquor genitalis des Weibes, so wird dieser zurücke bleiben, und in Wallung gebracht werden, und solcher Gestallt die Stimulos Venereos nicht tilgen sondern vielmehr vermehren, daß also die Frau von dem Beyschlaffe nur halb gesättiget gehet.
 
 
7) Der Männliche Saame, wenn dieser eine merckliche Schärffe bey sich führet, und mit solcher Schärffe in die Mutter-Scheide tritt, wird er so wohl als der Pfeffer mit seiner Schärffe die Geilheit befördern, besonders aber bey denenjenigen Weibs-Personen, die sich nicht reinlich halten, und die Geburths-Glieder von den Unreinigkeiten saubern: Denn solcher Gestallt geschiehet es gar leichtlich, daß die zurück gebliebenen scharffen Theilgen gleich einen ferment die übrigen zuflüssenden Theilgen ebenfalls scharff machen.
 
 
8) Würmer, welche sich öfftermahls in der Gebähr-Mutter aufhalten.
 
  Der erste Grad der Geilheit lässet sich sehr schwerlich erkennen. Denn die Weibs-Personen sind verschämet, und werden es also dem Medico nicht sagen: Dahero wenn man nicht aus der Lebens-Art und andern Umständen die Geilheit beurtheilen kan, wird man schwerlich dahinter kommen können.  
  So verhält es sich auch mit dem andern Grade, bey welchen die Begierde zum Beyschlaff so groß ist, daß sie nicht können genug kriegen. Und woher wolte man dieses wohl schlüssen? Denn das Frauen-Volck wird es dem Medico nimmermehr sagen, daß sie wie die Mertz-Hasen hureten, und doch nicht könten genug kriegen.  
  Was aber den letzten Grad anlaget, bey welchen die gesunde Vernunfft zugleich mit leidet, diese kan man aus denen Geberden, der übeln und freyen Aufführung, und Zerkratzung derer Geburths- Theile, und aus denen unzüchtigen Reden beurtheilen. Gleichwie aber die allzugrosse Geilheit anfänglich gar sehr verhählet wird, also verändert sich selbige gar offter Mahls, wenn unterschiedene Pathemata dazu kommen, endlich in die Melancholey selbst.  
  Hat man die Kranckheit untersuchet, so werden sich auch die Ursachen gar leichtlich finden, dahero hat man nöthig auf die vorhergehenden Ursachen zu sehen, ob nicht vielleicht das Ubel erblich. Das ist gewiß, der Apffel fällt nicht leicht weit vom Stamme, und wenn  
  {Sp. 641|S. 334}  
  die Mutter und Große-Mutter liederlich gelebet, so wird die Tochter auch leichte eine Hure. Uber dieses muß man auch auf den gegenwärtigen Zustand derer Weibs-Personen sehen, ob sie nemlich einen alten Mann geheurathet, oder einen, der nichts tauget? auch hat man derselben Aufferziehung und Leibes-Beschaffenheit zu beobachten und fället ja gar leichtlich in die Augen, ob sie vollblüthig sey, oder voller Unreinigkeiten und unreiner Saltz-Theilgen stecke.  
  Die allzu grosse Geilheit lässet sich schwerlich curiren. Es ist ein groß Unglücke, wenn einer eine solche Frau bekömmt, zumahl, wenn sie nicht schwanger wird, denn entweder der Mann kriegt viel mit ihr zu thun, oder sie gehet weiter. Uber dieses ist die Cur wegen vieler anderer Ursachen sehr schwer. Denn die Patientinnen halten gemeiniglich schlechte Diaet, sie suchen Gelegenheit zu Venerischen Anreitzungen, wenn nun vollends darzu kömmt, daß sie vollblütig, scharböckisch etc. seyn da muß so eine Kranckheit freylich sich schwerlich heben lassen. Wiewohl auch offtermahls Furor Vterinus curiret werden kan, und gleichwie sich die große Geilheit endlich in Maniam verwandelt, also wird aus der Mania zuweilen wieder nur eine Geilheit.  
  Die Geilheit ist aber nach der Beschaffenheit, und denen Umständen derer Weibs-Personen bald schwer, bald leichte zu heben. Wenn es ein Adfectus magis naturalis ist, das ist, daß sie nur dazu incliniren, so wird die Cur nicht allzu schwehr seyn, angesehen eine kluge Unterrichtung und Unterweisung die natürlichen Bewegungen und Stimulos gar sehr einschrencken kan: Es müssen nemlich dergleichen Personen den Müßiggang meiden, fleißig in die Kirche gehen, ernsthaffte Sachen vornehmen, da wird sich die Kranckheit offt von sich selbst verlieren.  
  Stecken aber über dieses die Patientinnen voller Scorbutischer und anderer Unreinigkeiten, so werden sie schwerlich von ihren Ubel befreyet werden, sintemahl der Scorbut, an und vor sich betrachtet, sich schwer curiren lässet, dahero auch die andern daraus entstehenden Kranckheiten sich schwerlich heben lassen.  
  Delectirt sich aber das Frauen-Zimmer an dergleichen Sachen, und hänget diesen Gedancken immer mehr und mehr nach, so ist keine Hülffe vor sich. Entstehet der Furor Vterinus, oder allzugrosse Geilheit von Würmern, so ist das Ubel schwerlich zu curiren, angesehen sich die Würmer nicht leichtlich erkennen, viel weniger aber gar wegbringen lassen.  
  Die Cur dieser Kranckheit erfordert, die Stimulos venereos zu mäßigen und zu tilgen, denn wenn sie diese nicht hätten, würden sie auch in einen solchen Adfect nicht verfallen. Doch kan man sie nicht gantz und gar tilgen, denn wenn man z.E. ein Mägdgen vor sich hätte, die frisch und gesund wäre, und es fehlete ihr nichts als ein Mann: wenn man nun dieser ihre Stimulos tilgen wolte, so müste man aus einen gesunden Menschen einen Krancken machen. Dahero die Stimuli nur zu mäßigen und zu besänfftigen sind, und muß man einig und allein darauf sehen, daß solche nicht zu sehr das Gemüthe einnehmen, und selbiges gleichsam als mit einem contagio inficiren, daraus denn endlich Raserey entstehet.  
  Diesen Entzweck nun zu erlangen, hat man dreyerley Hülffs-Mittel nöthig, und zwar  
  1) Diaetetischer. Zu diesen gehören gute Erinnerungen, vornemlich, daß man ihnen den Müßig-Gang verbietet, und sie von unnützen und unzüchtigen Geschwätzen abhält: denn man muß nicht die Stimulos allein  
  {Sp. 642}  
  betrachten sondern auch wissen, daß selbige der Seele zu thun machen. Gesetzt nun, daß sich dergleichen Weibs-Personen auch fühlen, und Lust zum Beyschlaffe bekommen, so wird doch alles abgewendet werden, wenn sie zu der Zeit der Seele etwas anders zu thun geben.  
  Will sie nun dergleichen speculationibus entgehen, und denenselben nicht nachhängen, so muß sie auch alle verdächtige Compagnien und übrige Gelegenheiten vermeyden. Thut sie dieses nicht, so wird endlich eine Gewohnheit daraus, welche in Moralibus eben die Krafft und Würckung hat, als in Physicis. Dahero muß sie vielmehr solchen Sachen nachhängen, welche der Venus-Lust gerade zuwider sind, sie muß die Sünde betrachten, und dawieder GOttes Hülffe anruffen.  
  Uber dieses soll sie auch Morales rationes annehmen, daß sie sich unglücklich mache, prostituire, und wenn sie ledig, aus dem Beyschlaffe schwanger werden, und was daraus wieder vor Ubel, als Kinder-Mord und dergleichen entstehen können.  
  Uber dieses muß sie sich in Essen und Trincken guter Diaet befleißigen. Es essen zwar viele alles durch ein ander ohne Schaden, welches aber diejenigen, so zu Unreinigkeiten, zum Exempel zum Scharbock geneigt sind, nicht thun dürffen. Dahero man ihnen eine Diaet verschreibet, Vermöge welcher die fremden Saltz-Theilgen ausgeführet, und das Blut versüßet wird.  
  Ist aber das geile Frauen-Zimmer gesund, so weiß man nicht, wie die Cur anzustellen, am besten ist es, wenn so ein Mensch heurathen kan. Gesetzt aber, sie bekömmt einen alten Mann, oder einen, der nicht viel tauget, so ist es ein Unglück vor so ein Mensch, und weiß man nicht, was da zu rathen, denn man kan und darff doch nicht sagen, daß sie sich einen andern zulegen soll.  
  Die andern Hülffs-Mittel, so zu dieser Cur erfordert werden, giebt die Chirurgie, als da ist Venaefectio, Fonticulus, und Nymphotomiae.  
  Natürlicher Weise sind die vollblütigen Weibs-Personen geil, dahero man bey denenselben dessentwegen viel Blut weglassen muß, wenn sie gleich darauf matt werden, denn dadurch wird des Aufwallen des Bluts einiger Maassen gehindert. Ist es aber im Furore Vterino, und man findet, daß sie eine Pletorica, und dabey ihre monatliche Zeit nicht hat, muß man desto eher, und zu wiederholten malen die Aderlaß vornehmen.  
  Die Fontanelle darff man nicht ohne Unterschied anrathen; Denn wenn dem Frauen-Zimmer weiter nichts fehlet, als daß sie geil sind, so werden sie sich wenig Nutzen davon versprechen können, gesetzt aber, sie haben Scorbutisch Geblüte, so kan man einiger Maßen die Schärffe dadurch abführen.  
  Die Nymphotomia endlich, welche in Nympharum exstirpatione bestehet, ist das dritte Chirurgische Mittel. Bey geilen Weibs-Personen siehet man, daß, wenn sie sich ihre Geburts-Theile scharff reiben und jucken, sie dadurch machen, daß selbige grösser werden, und aufschwellen. Dieses wiederfähret gemeiniglich der Clitoris, welche offtermahls so dicke und lang wird als ein Männliches Glied: Gleicher gestallt verhält es sich auch so mit denen Nymphis, welche offtermahls so aufschwellen, daß sie aus denen Schaam-Lefftzen hervor treten.  
  Zu diesen Ende, um die Geilheit zu unterdrucken, rathen einige, daß er nun so wohl die Clitoris, als die Nymphae ausrotten und wegschneiden soll; Alleine es scheinet, daß dieses Mittel einen zweiffelhafften Ausgang gewinnen mögte; Denn da die Venerische Empfin-  
  {Sp. 643|S. 335}  
  dung nicht allein in diesen Theilen angetroffen wird, so wird auch diese Operation, zu Dämpfung der Venus-Lust, nicht hinlänglich seyn; Wie man denn solches auch bey dem männlichen Geschlechte siehet. Denn gleichwie aus denen Testiculis einige, aber doch nicht alle Venerische Empfindung entstehet: Also siehet man, daß die Castraten auch noch Lust zum Beyschlaff bey sich empfinden. Eben so verhält es sich auch mit dem Frauen-Volcke. Denn ob man ihnen schon die Nymphas ausrotten wollte, würde doch die Venerische Empfindung nicht zurücke bleiben, welche durch keine Exstirpation könte getilget werden, man müste denn alle Theile, in welchen Venus-Lust entspringen kan, ausrotten, damit aber mancher wenig mögte gedienet seyn.  
  3) Die dritten Hülffs-Mittel sind die Remedia pharmaceutica, welche in euacuantia und alterantia eingetheilet werden. Zu ienem gehöret vornehmlich ein Vomitiv aus dem Tartaro Emerico, oder Mercurio Vitae zusammen gesetzet; Wenn nemlich die Geilheit von einen Liebes-Trancke sein Ursprung genommen, so ist es allerdings nöthig, daß man solches je eher je lieber auszuführen suchet.  
  Hat aber die Geilheit andere Ursachen, so werden die Brech-Mittel wenig nutzen, man wolle denn dadurch die Patientinnen schwächen, und solcher Gestallt die sonst muntere Venus schläffrig und verdrüßlich machen, welche sich aber doch binnen 2. biß 3. Tagen wieder erholen, und so geil als zuvor, seyn wird.  
  Die Purgier-Mittel an und vor sich betrachtet, scheinen in der Geilheit gar nichts zu nutzen, indem sie die Venas mehr rege machen. Dieses kan man an denenjenigen abnehmen, welche zur Venus-Lust allzu schläffrich sind, denn giebet man dergleichen Leuten ein starckes purgans und führet mit demselben scharffe Unreinigkeiten ab, so wird man wegen des starcken Stimuli die Geburts-Glieder mit rege machen.  
  Mit denen Alterir-Mitteln muß man sich nach denen Ursachen der Kranckheit richten, und gehören demnach hieher erstlich Anthelmintica wenn Würme da sind z.E. das Decoctum Mercurii crudi, und andere Mercurialia und bittere Wurm-Artzeneyen. Ob schon bittere Sachen das Blut mehr in Bewegung bringen, so wiederstehen sie doch darinne der Geilheit, indem sie die Würmer tödten. Indessen ist dererselben Gebrauch nicht alle Zeit sicher, maßen die Würmer nicht allemahl davon sterben, sondern zuweilen, vornemlich aber mit scharffen Artzeneyen die Venus-Lust mehr erwecket wird. Anderns Accredinem humorum temperantia.  
  Wie wir oben erinnert haben, so entstehet der Furor Vterinus, oder die Geilheit, offtermahls von dem Aufwallen des Bluts in denen Geburts-Gliedern, oder von einer Schärffe, welche die Schaam-Theile prickelt, dawider dienen nun Oleosa, als das Oleum Amygdal. dulc. papau. etc. ja man kan auch etwas, aber sehr wenig, von den Oleo Ayosciami dazu thun.  
  Ist man aber in der Ursache nicht gewiß, so verordnet man solche Artzeneyen, welche 2 auch wohl 3 Ursachen zugleich wider stehen z.E. Vermes enecantia, et humorum Accredinem temperantia.  
  Drittens Aquosa z.E. Aqua Nympheae Endiuiae, worunter man Viertens thut Nitrata, besonders das Nitrum purificat. Denn obschon dieses rein Saltz ist, so hilfft es doch wider die Geilheit, in dem es das Auffwallen stillet.  
  Fünftens Gelatinosa et glutinosa z.E. lac lunae Bolus Armeniac. Margaritae, terrae sigillatae, in welchen al-  
  {Sp. 644}  
  len eine Krafft ist, der Schärffe zu widerstehen, als auch das Aufwallen zu mäßigen.  
  Diese Mittel sind mit denen oben angeführten Nitratis und aquis weit sicherer zu gebrauchen, als diejenigen Artzeneyen, welche gemeiniglich, als specifica wieder diese Kranckheit, gerühmet werden, nemlich sechstens die Camphorata und besonders der Campher selbst. Allein die Wahrheit zu bekennen, ist nicht einzusehen, wie der Campher solle vermögend seyn die Geilheit zu unterdrücken und zum Venus-Spiele untüchtig machen. Denn er ist flüchtig und Scharff, und scheinet also die Venus mehr zu erregen als zu stillen, ja man brauchet auch denselben in- und äusserlich, ohne daß der Venus-Lust dabey etwas abgehen sollte.  
  Siebendes Acida, der Spiritus Nitri, Salis, der Succus Citri. Dieser werden gemeiniglich wider die Geilheit gelobet, weil aber die sauern Sachen den Urin treiben, so scheinen sie nicht gar zu dienlich zu seyn, in dem der sauere und scharff gemachte Urin die Venus mehr erreget, und die Geburths-Theile stimuliret. Man kan zwar durch dererselben öfftern und vielen Gebrauch die Säffte verdicken, und die Patienten cachectisch machen, aber des gehet so bald nicht an, ist auch nicht erlaubet, einen dadurch kranck zu machen. Demnach ist es am besten, wenn man sich gelinder säuerlichere Artzeneyen bedienet. z.E. der Tinctur. Flor. papau. welche so wohl mit ihrer Schärffe, als auch ihrer Schmertz- stillenden Krafft das Aufwallen der Säffte besänfftigen wird, wiewohl man auch in diesem Falle, die mit verdünnenden Wassern vermischte Nitrata füglich vorziehen muß. Johann. Philippi Eyselii Dissert. de furore uterino Erfurt 1715.
     

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Stand: 1. Februar 2023 © Hans-Walter Pries