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Zedler: Gewalt, heist das Vermögen HIS-Data
5028-10-1377-9
Titel: Gewalt, heist das Vermögen
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 10 Sp. 1377
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 10 S. 706
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Folgender Artikel: Gewalt derer Aduocaten
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Hinweise:

Stichworte Text Quellenangaben
  Gewalt, heist das Vermögen etwas auszurichten, entweder mit Fug und Recht, und alsdenn ist es eine rechtmäßige Gewalt, Potestas, Pouvoir, oder ohne Recht und aus Muthwillen, da ist es eine straffbare Gewaltsamkeit, Vis, Violentia: und da ist man befugt, Gewalt mit Gewalt, wie man kann, zu vertreiben.  
  In Rechten ist zwar eine mit Gewalt erzwungene Sache ungültig: es ist aber hierbey zu wissen, daß der Zwang nicht entschuldige, wenn einer nothwendig etwas zu thun schuldig ist, oder es nicht ändern kann, und weil er sich dessen weigert, durch rechtmäßige Zwangs-Mittel dazu angehalten werden muß.  
  Unter andern wird auch der Beweiß in gewaltsam und ungezwungen unterschieden. Jener bestehet darinnen, wenn der Richter die Wahrheit durch die Folter und scharffe Frage heraustreiben muß.  
  In denen Römischen Rechten hat das Wort Gewalt, Lat. Potestas, unterschiedene Bedeutung, denn  
 
1.) bey Obrigkeits-Personen heisset Gewalt oder Potestas das Imperium, oder publica iubendi coërcendique auctoritas.
L. 215. π. de V.S.
 
  Daher Lutherus Rom. 13. das göttliche Gebot: Jederman sey unterthan der Obrigkeit durch die folgende Worte: die Gewalt, seu imperium, potestatem über ihn hat, wohl erkläret, wiewohl bißweilen durch das Wort Potestas nur Magistratus Maiores verstanden worden.
  • l. 26. π. de pignor.
  • Vinnius act. §. Inst. de Excus. tut. et curat.
 
  Daher der Signorie in Venedig, Guberneur in Padua und anderswo annoch
 
  {Sp. 1378}  
 
  Potesta genennet wird: Aber wenn
 
 
2.) dieses Wort von Knechten genommen wird, so heisset die Gewalt übern Knecht, Potestas dominica ein eigenthümliches Recht, so jedoch in Römischen Rechten bey denen Knechten auch ziemlich moderiret, als da es heisset: non licet sine caussa legibus cognita supra modum in seruum saeuire.
L. 1. §. 2. π. de his, qui sui l. al. iur. etc.
heute Welche Gewalt heutiges Tages, da die Knechtschafft gar abgeschaffet, bey unserm Gesinde noch mehr restringiret, als da allein emendatio modica zugelassen, und mögen dabey nicht wohl Prügel und Iniurien passiren, als, wenn die Frauen ihre Mägde Schand-Huren, oder dergleichen nennen. Stryk. Vs. mod. de his, qui sui l. al. iur. sunt §. 2.
  Wenn aber das Wort Gewalt oder Potestas von Vätern genommen wird, so heisset es eigentlich weder Imperium, noch Dominium, sondern eine Ciuil-Gewalt, welche Aristoteles ad Nicom. VIII. 16. eine analogicam potestatem Regiam nennet, da dem Vater so wohl derer Kinder freyer Wille, als auch ihr Gut und Eigenthum unterworffen ist, und zwar der Gestallt, daß beydes wohl administriret und erhalten werden möge, so regiae potestati gemäß ist.  
  Es ist aber das Vater-Recht viel anders, als das Recht eines Mannes über sein Weib, weil ein Eheweib dem Manne nicht schlechter Dings, wie dem Vater seine Kinder, untergeben, sondern der Mann ist nur das Haupt der Familie, dem also in Ordine Familiae das Weib Respect erweisen soll. Denn wie Vlpianus in L. 195. π. de V.S. eine Familie recht beschreibet, daß sie ein Corpus sey, quod continet plures personas sub vnius potestate, aut natura, aut iure subiectas.  
  Dabey aber die Personen unterschiedenen Respect und Pouvoir haben; Denn das Weib ist frey und sui iuris, wie der Mann, Gestallt wie der Mann heisset Dominus et Pater-familias, also wird das Weib Domina et Mater-familias genennet, welche Civilité auch die Römer beobachtet, da in L. 41. π. de Legat. 3. der Mann dem Weibe mit diesen Worten fidei committiret: Peto a te, Domina Vxor, ne ex fundo Titiano partem vindices, und in L. 19. §. 1. π. de ann. Legat. nennet der Mann in seinem Testament sein Weib gar Dominam sanctissimam, dergleichen auch in L. vit. §. 1. π. de aur. et. argent. Legat. zu finden; dagegen die Weiber ihre Männer, Virum meum L. 34. §. 7. tituliret, wie denn noch heute zu Tage die Worte Monsieur, mein Herr, i.e. Dominus Familiae, Madame, mon Coeur, und dergleichen eine Societät derer Personen, die von Stande nicht ungleich, jedoch daß der Mann ein venerabile directorium quoad ordinem Familiae behalte, in Gebrauch sind.  
     

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Stand: 24. Januar 2013 © Hans-Walter Pries