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Zedler: Hals-Gerichte HIS-Data
5028-12-303-9
Titel: Hals-Gerichte
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 12 Sp. 303
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 12 S. 167
Vorheriger Artikel: Halseveld
Folgender Artikel: Hals-Gerichte, wird in unübernächtigen Thaten
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Hals-Gerichte, Lat. Criminale Judicium, ist zweyerley, das eine wird das hochnothpeinliche, das andere aber nur nothpeinliche genennet, davon die Fürstl. Sächs. Gothais. und Altenburg. Proceß- und Gerichts-Ordnung 10. P. 3. diesen Unterricht giebet:  
  Ein hochnothpeinliches Gerichte wird eigentlich dieses genennet, welches auf albereits erkannte Todes-Straffe, von wegen Eröffnung des End-Urtheils gehalten wird; nothpeinliche Gerichte aber werden diejenigen genennet, welche wegen peinlicher Anklage, so entweder von beleidigten Personen, oder von Fiscalen, so zu peinlichen Sachen geordnet sind, geschiehet, angestellet werden.  
  Überhaupt ist criminale Judicium dieses, wenn man den Reum eines Verbrechens halben anklaget, und dasselbe öffentlich zu straffen verlanget, es werde nun  
  {Sp. 304}  
  die Straffe dem Actori oder Fisco adpliciret, oder genüsset keiner nichts davon, sondern es wird die Straffe an des Delinquenten Leib exsequiret.
  • Blumius Proc. Cam. …
  • Richter d. l. n. 1.
  Nach dem Sachsen-Recht ist eigentlich ein Judicium criminale, wann die Klage auf Haut und Haar gehet. 
  Es wird aber unter iedem besondern Titel benannter zwey Arten ein mehrers gehandelt werden; vor ietzo aber wollen wir ein Formular von dem gehegten peinlichen Hals-Gerichte, wie es insgemein in denen Städten pfleget gehalten zu werden, mit anführen.  
  Es setzen die geordneten Gerichts-Personen an den unter freyen Himmel, an etlichen Orten aber, auf den Saal des Rath-Hauses, gesetzten Tisch nieder, und wenn der arme Sünder bald herzu gebracht werden soll, ziehet der Richter sein Schwerd aus, und nimmet es entweder allein, oder nebst einem weissen Stäblein, in die rechte Hand, nach Art ieden Orts. Constit. Crim. Art. 82.
  Er redet den einen Schöppen zur lincken Hand auf diese Masse an: Herr Schöppe N.N. ich frage euch, ob es an der Zeit und Stunde ist, daß ich eines E.E. Raths der Stadt N.N. Hoch-noth-peinlich-Hals-Gerichte hegen mag? Darauf antwortet der erste Schöppe: Herr Richter, weil euch die Gerichte befohlen, so ist es an der Zeit und Stunde, daß ihr E.E. Raths der Stadt N.N. hoch-noth-peinlich Hals-Gerichte hegen möget.  
  Weiter fragt der Richter den andern Schöppen: Herr Schöppe, ich frage euch, wie ich E.E Raths der Stadt N. hoch-noth-peinlich Hals-Gerichte hegen, und was ich gebiten und verbiten soll? Darauf antwortet der andere Schöppe: Herr Richter, ihr sollet es hegen zwey und eins mit Urtheil und Recht, wie recht ist, danach gebiten Recht, und verbiten Unrecht, und gebitet, daß Niemand sein eigen oder eines andern Wort rede, er thue es denn mit Erlaubniß, daß auch Niemand vorkomme, mit bedeckten Haupt und geschliffener Wehre.  
  Hier spricht der Richter: Ich hege E.E. Raths der Stadt N. hoch-noth-peinlich Hals-Gericht, mit Urtheil und Recht, zum ersten Mahle, mit Urtheil und Recht zum andern Mahle, mit Urtheil und Recht und allen dinglichen Rechten zum dritten Mahl; ich gebite Recht, und verbiete Unrecht, und gebite, daß Niemand sein eigen oder eines andern Wort rede, er thue es denn mit Erlaubniß, daß auch Niemand vorkomme mit bedeckten Haupt oder geschliffener Wehre.  
  Ferner fraget der Richter den dritten Schöppen, Herr Schöppe, ich frage euch, ob E.E. Raths der Stadt N.N. hoch-noth-peinlich Hals-Gerichte gnugsam geheget sey? Anwortet der dritte Schöppe: Herr Richter ihr habts gnungsam geheget.  
  Darauf rufft der Land-Knecht mit heller Stimme: E.E. Raths der Stadt N.N. hoch-noth-peinlich Hals-Gerichte ist geheget mit Urtheil und Recht zum ersten Mahle, mit Urtheil und Recht zum andern Mahle, mit Urtheil und Recht und allen dinglichen Rechten zum dritten Mahle: Hat iemand davor zu klagen, der komme vor wie recht, es soll ihm wie recht ist, geholffen werden.  
  Peinlicher Ankläger. Jetzo kömmt der peinliche Ankläger, dinget sich an und spricht: Herr Richter, ich  
  {Sp. 305|S. 168}  
  bitte um Erlaubniß vor dies hoch-noth-peinliche Hals-Gerichte zu treten. Anwortet der Richter: Es sey dir vergönnet. Alsdenn spricht der peinliche Ankläger ferner: Herr Richter, es hat N.N. am = = = = Jahres, N.N. nachdem er zu vorhero mit demselben auf dem so genannten N.N. bey dem Truncke in Streit gerathen, Abends bey dem Heimgehen, mit seinem bey sich gehabten Degen einen Stich auf der lincken Seite unter dem Arm in Leib zugefüget, daß er bald darauf davon zur Erden gesuncken, und des folgenden Tages frühe nach = Uhr daran verstorben, das gedencke ich mit Recht zu klagen, und bitte mir solches zugestatten, auch mich zu berichten, wie ich mit solcher meiner peinlichen Anklage soll vorkommen?  
  Darauf fraget der Richter den vierten Schöppen: Herr Schöppe, ich frage euch, wie peinlicher Ankläger mit seiner Anklage soll vorkommen? Antwortet der vierte Schöppe: Herr Richter, er soll vorkommen mit ausgezogener geschliffener Wehre, und Zeter-Geschrey zwier und eines, wie recht ist. Dieses des vierten Schöppen Antwort giebt der Richter dem Ankläger mit diesen Worten: Du solt vorkommen mit ausgezogener geschliffener Wehre, und mit Zeter-Geschrey zwier und eines, wie recht ist. Darauf spricht peinlicher Ankläger ferner zum Richter: Herr Richter, so bitte ich, daß mir der Gerichts-Frohn (oder Land-Knecht) die ausgezogene geschliffene Wehre, wie bräuchlich, vortrage. Darauf spricht der Richter: Es sey dir vergönnet.  
  So denn hat der Land-Knecht eine blosse Wehre unter dem Schöppen-Tisch liegen, die nimmt er, und gehet dem Ankläger vor, von und zu dem Gericht. Darauf gehet der peinliche Ankläger, hohlet den Beklagten, u. der Zeter-Schreyer ruffet laut drey Mahl, Zeter über N.N. daß er N.N. entleibet. Unterdeß gehet der Land-Knecht vor dem Kläger her, u. leget die blosse Wehre, wenn das dritte Zeter-Geschrey aus ist, wieder an seinen Ort.  
  Alsdenn spricht der Ankläger weiter zu dem Richter: Herr Richter, ich klage an N.N. daß er am = = abgewichenen Jahres, N.N. nachdem er zu vorhero mit demselben auf dem so genannten N.N. bey dem Trunck in Streit gerathen, Abends bey dem Heimgehen mit seinem bey sich gehabten Degen einen Stich auf der lincken Seite, unter dem Arm im Leib zugefüget, daß er bald darauf davon zur Erden gesuncken, und des folgenden Tages nach = = Uhr daran verstorben. Und frage, ob der Angeklagte darum nicht billig zur Antwort geheischen werde?  
  Darauf wincket der Richter mit dem Stab dem Land-Knechte, alsdenn ruffet der Land-Knecht, ich heische und lade dich N.N. vor dies hoch-noth-peinliche Hals-Gerichte zur Antwort. Wenn nun der Angeklagte vor Gerichte stehet, wiederhohlet peinlicher Ankläger seine angebrachte Klage und spricht: Herr Richter, ich klage an N.N. daß er am = = = = abgewichenen Jahres N.N. nachdem er zu vorhero mit demselben auf dem so genannten N.N. bey dem Trunck in Streit gerathen, Abends bey dem Heimgehen mit seinem bey sich gehabten Degen einen Stich auf der lincken Seite unter dem Arm im Leib zugefüget, daß er bald darauf davon zur Erden gesuncken, und des folgenden Tages frühe nach = Uhr  
  {Sp. 306}  
  daran verstorben; Und frage, ob es nicht billig, daß er zu gebührender Straffe genommen werde?  
  Darauf redet der Richter dem Angeklagten zu und spricht: N.N. du hast gehöret, wie du angeklaget worden bist, nemlich, daß du am = = abgewichenen Jahres, N.N. nachdem du vorhero mit demselben auf dem so genannten N.N. bey dem Trunck in Streit gerathen, Abends bey dem Heimgehen mit deinem bey dir gehabten Degen einen Stich auf der lincken Seite unter dem Arm im Leib zugefüget, daß er bald darauf davon zur Erden gesuncken, und des folgenden Tages frühe nach = Uhr davon verstorben, das gestehest du ja noch Mahls, wie du es Laut der Inquisition-Acten in der Güte mehr Mahls gestanden hast.  
  Wenn nun der Angeklagte mit ja antwortet, oder es sonst gestehet, spricht der Richter zu ihm: Nun so höre dein Urtheil an. Und hebet darauf an, und lieset ihm das Urtheil vor, und wenn das letzte Wort des Urtheils verlesen ist, so bricht der Richter alsobald den Stab. Darauf wendet der Scharffrichter den armen Sünder von dem Gerichte, und führet ihn nach der Feimstädt, doch verzeicht er so lange, bis das Gerichte aufgehoben, und die, so den armen Sünder das Geleit geben sollen, fertig worden sind.  
  Nach verlesenen Urtheil ruffet der Land-Knecht, oder Gerichts-Frohn, weiter aus: Hat iemand vor diesem hoch-noth-peinlichen Hals-Gerichte weiter zu klagen, der mag es thun, der Herr Richter wird sonsten das Gerichte aufheben. Wenn Niemand zu klagen hat, alsdenn fraget der Richter den fünfften Schöppen: Herr Schöppe, ich frage euch; weil Niemand ist, der ietzo vor diesem hoch-noth-peinlichen Hals-Gerichte zu klagen hat, ob ich es mag aufheben. Darauf antwortet der fünfte Schöppe: Herr Richter, ihr möget das Gerichte aufgeben. Darauf spricht zuletzt der Richter: So gebe ich E.E. Raths der Stadt N.N. hoch-noth-peinliches Hals-Gerichte wiederum auf, im Namen GOttes des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes GOtt behüte uns vor bösem Gerichte, Amen. Darauf stehet der Richter und Schöppen auf, und stossen die Bäncke ein wenig um.  
     

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Stand: 15. Februar 2013 © Hans-Walter Pries