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Zedler: König (Römischer) [6] HIS-Data
5028-15-1240-2-06
Titel: König (Römischer) [6]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 15 Sp. 1269
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 15 S. 626
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Übersicht
Titel
Wappen
Majestätsbeleidigung
Vergleich mit dem Kaiser
  Übereinstimmung
  Unterschiede
Richter
Absetzung
Abdankung

Stichworte Text Quellenangaben und Anmerkungen
Titel Es wird auch dem Römischen Könige der Titel Semper Augustus, oder, wie es in der Teutschen Reichs Schreib-Art gewöhnlich ist: Allezeit Mehrer des Reichs beygeleget, wiewohl sich ehe dem die Kayser in so ferne von denen Römischen Königen unterschieden, daß diese nur bloß den Titel Augustus, oder Mehrer des Reichs, ohne Beysatz Allezeit bekämen.
  • Diploma Frid. II. bey Frehero Tom. I. …
  • Diploma Henrici bey Lehmannen
  • Epist. Wenceslai ad Papam bey Leibnitzen Cod.  …
  • Diploma Maximil. I. bey Müllern im Reichs-Tags-Theatro
  • Reichs-Tags-Absch. zu Speier 1542. Prooem. zu Nürnberg 1542. Prooem. zu Augspurg 1555. und 1557. Prooem.
  • Cammer-Gerichts-Ordn. 1555. Prooem.
  • Eckstorm Chron. …
  • Leuckfeld Antiqq. …
  • Pfeffinger ad Vitriarii
  • Spener l.c. …
  Weiter bekommt er den Titel König in Germanien. Denn so bald dieser mit dem Römischen Titel vereinbaret ward, und so viel bedeuten sollte, daß keiner als der Teutsche erwählte König der Römischen Hoheit mächtig sey, ward er auch, so bald er üblich, so fort dem Römischen Könige zugleich mit dem Kayser zugeeignet.  Spener l.c. …
  Weiter erhält ein Römischer König fast alle Titel, welche dem Kayser beygelegt werden, den Titel Unüberwindlichst ausgenommen, welchen man noch bey keinem antrifft: Hingegen ist der Titel Serenissimus Princeps ac Dominus, beyden im Lateinischen gemein, wie wohl man ie doch den Kayser Unterschieds wegen auch Gloriosissimum beygenannt findet. Kaysers Carls des IV. Urkunden nennen seinen Sohn selbst Serenissimum Principem Dominum, Kayser Carl der V. aber nannte seinen Bruder serenissimum et potentissimum Principem.  
  Im Teutschen unterscheiden sich die Titel zum Theil viel besser. Die Urkunden von Maximilians des I. Wahl schreiben den Kayser Allerdurchlauchtigst, Großmächtigst, Allergnädigst; Gleiche Praedicate, das letzte ausgenommen, legt der König selbst seinem Vater bey. Dieser giebt ihm hingegen den Titel Durchlauchtiger Fürst, auch Durchlauchtigst. Die Chur-Fürsten nennen ihn Durchlauchtigster, Großmächtigster Fürst, Gnädigster Herr. Da aber heute zu Tage die weltlichen Chur-Fürsten selbst Durchlauchtigste heissen, ist wohl zu glauben, daß der Römische König eben Falls, wie  
  {Sp. 1270}  
  der Kayser, von denen Chur- und Fürsten Allerdurchlauchtigster zu nennen stünde. Wie wohl wie kann der Kayser den Römischen König nunmehro den Titel nach von denen Chur-Fürsten unterscheiden, da er diese laut der Capitulation gleich Falls Durchlauchtigste, und die Könige unter ihnen Großmächtigste zu nennen hat.
  • Limnaeus ad Capitulat. Maximil. II.
  • Leibnitz Cod.
  • Müller Reichs-Tags-Theatr. …
  • Capitulat. Caroli VI. Art. 3.
  • Spener l.c. …
  Von dem Kayser empfängt der Römische König weiter den Titel Ew. Liebden; er aber nennet den Kayser seinen Herrn und Sr. Majestät, doch wohl mit dem Beysatze und Sr. Liebden. Kayser Friedrich der IV. (III.) schrieb seinen Sohn Maximilianen den I. Durchlauchtiger Fürst und lieber Sohn, Ew. Liebden. In der Urkunde an die Chur-Fürsten hingegen hieß es: Dem Durchlauchtigsten Fürsten, Unsern Lieben Sohn, und gab also der Kayser dem Könige gegen die Chur-Fürsten einen höhern Titel, als wenn er an ihn selbst schrieb.  
  Der König aber schrieb dem Kayser Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Fürst, unser lieber Herr und Vater etc. Ew. Liebden etc. Im Ausschreiben an die Chur-Fürsten nennte der König den Kayser noch vermischt Sr. Kayserl. Gnaden wie auch Sr. Kayserlichen Majestät. Zu Carl des V. Zeiten aber war es gewöhnlich, daß sich Ferdinand der I. von dem Kayser nicht anders als mit dem Praedicate, Ihrer Kayserlichen Majestät, oder Ihrer Liebden und Kayserlichen Majestät erklärte, wovon viele Zeugnisse in denen Reichs-Abschieden und Capitulationen anzutreffen.
  • Pfeffinger ad Vitriarii
  • Spener l.c. …
  Von allen andern Hohen und Niedrigen bekommt der König den unstreitigen Majestäts-Titel und die Teutsche Reichs-Cantzley selbst, welche sich bekannter Massen andern Königen solchen Titel zuzuschreiben weigert, trägt kein Bedencken, einen Römischen König beständig Majestät zu nennen.
  • Reichs-Abschied zu Worms 1535. Proem. zu Augspurg 1555. §. 66. zu Worms 1564. §. 5.
  • Pfeffinger ad Vitr. l.c. …
  • Müller l.c. …
  • Cuspinianus Austr. …
  • Spener l.c. …
Wappen Das gewöhnliche Wapen eines Römischen Königs ist zwar der Reichs-Adler, aber doch nur mit einem Kopfe. Und ob er wohl hierinnen, wie in dem eigentlichen Kayserlichen Titel, wieder in etwas von dem regierenden Kayser unterschieden ist, so wird doch hierdurch dessen übrigen auf gleiche Art überkommenen Vorzügen nicht das geringste entzogen. In dessen mangelt es noch gar sehr an eigentlicher Nachricht, wie und wenn es zum Unterschiede des Königlichen Wapens von dem Kayserlichen gelanget seye; in dem man vor Wenceslai Zeiten den Adler kaum besonders als ein Wapen, sondern als ein Bild neben oder bey dem auf dem Throne sietzenden Kayser vorstellte. Unter Wenceslao wird hernach am ersten der Adler mit zwey Köpfen im Siegel vorgestellet, und nachge-  
  {Sp. 1271|S. 627}  
  hends müste allen Falls der Gebrauch aufgekommen seyn, daß ein zu Rom gecrönter Kayser den Adler mit zwey Köpfen und der Kayser Crone, ein noch nicht daselbst gecrönter aber den Adler mit einem Kopfe und der Königlichen Crone im Wapen geführet hätte. Dieses hat man auch ob wohl die Römische Crönung abgegangen und das in einem Zwischen-Reiche erwählte Reichs-Haupt, so fort den zweyköpfigen Adler zum Wapen angenommen, dabey gelassen, daß ein sogenannter Römischer König nur den einköpfigen gebrauchen soll.  
  Ob sich nun ein Römischer Kayser, der bis zu seiner Crönung bloß den Titel eines Römischen Königes führet, auf so kurtzer Zeit ein besonder Insiegel deswegen verfertigen lassen, stehet noch zu untersuchen, sinte Mahl die Crönung bald nach der Wahl erfolget, und sichs also mit der Änderung im Titel leichte gegeben, aber nicht reimen will, daß man auf so kurtze Zeit unnöthiger Weise zweyerley Reichs-Siegel verfertigt hätte. Es scheinet auch nicht, daß die eigentlich sogenannten Römischen Könige, welche bey Leb-Zeiten eines Kaysers erwählt werden, sich dergleichen leichte haben verfertigen lassen.  
  Daß Ferdinand der I. wegen derer vielen unter seinem Namen und Insiegel auszufertigenden Sachen, dergleichen gehabt haben möge, scheinet aus dem Reichs-Abschiede zu Speier 1542. §. 143. zu Nürnberg 1542. §. 44. zu Augspurg 1555. §. 143. zu erhellen, weil aber Ferdinand der III. und IV. Rudolph der IV. Maximilian der II. und Josephus dergleichen Sachen als Römische Könige nicht auszufertigen gehabt haben, so läßt man es dahin gestellet seyn, ob sie gleich Falls, wie jener, eigene Siegel gehabt haben.  
  Bey denen Crönungen aber, da der Ertz-Cantzler dem Könige die Insiegel vorträgt, ist es wohl alle Mahl, wie bey Maximilians des I. Crönung, geschehen, daß man die Kayserliche und Reichs-Insiegel gebraucht hat, wie bey Müllern l.c. … zu sehen. Man findet in dessen von dem Wapen mit dem Adler Nachricht bey
  • Heineccio de vett. …
  • And. Matthai de Nobil.
  • Wecken Beschr. Dreßden …
  • Schützen Jur. …
  • Limnaeo ad Capit. Ferdinandi I. Prooem. … ad Capitul. Maximil. II. Art. 18 …
  • Frehero ad Petrum ab Andlo
  • Carpzoven de Lege
  • Schwedern Introduct. …
  • Dan. Otten Jur. …
  • Mylero ad Rumelinum A.B. …
  • Casio de Republ. …
  • Schiltern Institut. …
  • Multzio Corp. …
  • Hornen Jur. …
  • Struven Syntagm. …
  • Brunnemannen Jur. …
  • Pfeffingern ad Vitr. …
  • und Spenern l.c. …
     
Majestätsbeleidigung Es ist auch ferner gar leicht zu zweifeln, ob an einem Römischen Könige die Majestät beleidigt werden könne. Denn da ausser Streit ist, daß dieses Laster, so gar wider die Reichs-Vicarien und Chur-Fürsten begangen werden könne,  
  {Sp. 1272}  
  so fällt es desto weniger bedencklich, denjenigen als einen Majestät-Schänder anzusehen, der wider das Reichs-Haupt, ob es gleich noch keine würckliche Regierung führt, gefrevelt hätte, sinte Mahl das Reich, in dem es durch die Wahl und Crönung desselben zum Reichs-Haupte, die Majestät an ihm ein Mahl auf bündigste erkennet, zugleich wollen muß, daß sie von allen auf solche Weise angesehen und vor unverletzlich gehalten werden.
  • Reinking de Regim. …
  • Lyncker de Rege
  • Horn Jur. …
  • Spener l.c. …
Vergleich Kaiser-König Ist nun gleich der Unterschied eines Römischen Königs und Kaysers im vorhergehenden deutlich gnug angezeiget; in dem ein Kayser das würckliche und selbst regierende Reichs-Haupt, ein Römischer König hingegen eben Falls ein wahres Reichs-Haupt, aber nur in Hoffnung der künfftigen Würcklichkeit ist; so wird doch nicht undienlich seyn, mit Spenern l.c. … aus Limnaeo ad Capit. … Pfeffingern ad Vitr. … und andern dahin gehörigen mehr, anzuführen, worinnen ein Römischer König mit dem Kayser übereinkomme oder sich von ihm unterscheide, auch zugleich die dabey gemachten Erinnerungen beyzufügen.  
Übereinstimmung Die Übereinstimmung des Königs mit dem Kayser zeigt sich also  
 
1.) wegen der gleichen Art der Erhebung, nehmlich der Wahl,
 
 
2.) daß solche Wahl bey der Seits von denen Chur-Fürsten alleine geschicht,
 
 
3.) daß Franckfurt bey beeden der ordentliche Wahl-Ort ist.
 
 
4) [1]
[1] HIS-Data: Nr. in der Vorlage übersprungen
 
5.) Daß dem Römischen Könige so wohl als dem Kayser das Reich und dessen Wohlfahrt anbefohlen wird; dabey ie doch der Unterschied in Ansehung der gegenwärtigen Würcklichkeit, welche dem Kayser alleine, und in Ansehung der zukünfftigen Würcklichkeit, welche nach der Regel dem Römischen Könige bloß ohne weitere Folge zustehet, in Acht zu nehmen.
 
 
6.) Daß die Capitulation von beyden gleich nach der Wahl, beschworen wird, wobey ie doch dasjenige, was nur gesagt worden, in Absicht auf die Würckung eben Falls Statt findet.
 
 
7.) Daß der Crönungs-Ort und die Crönung, bey beyden nicht unterschieden sind.
 
 
8.) Daß die Crönungs-Gebräuche fast durchgängig übereinstimmen.
 
 
9.) Die Ordnung derer Taffeln bey dem Crönungs-Mahle nicht geändert ist; wobey Limnaei Streit mit Schützio, ob die goldene Bulle davon Verfügung thut, nichts auf sich hat.
 
 
10.) Daß der Majestäts-Titel beyden nach dem Reichs-Stilo zustehe.
 
 
11.) Daß dieses auch von dem Titel Semper Augustus zu sagen.
 
 
12.) Daß beyde Reichs-Häupter hiessen. Hier verstehet ein ieder gar leichte, daß die Beschaffenheit eines Reichs-Haupts bloß das Reich und die Stände, nicht aber den Kayser selbst mit angehe. Denn diesen nennet der König seinen Herrn, und ist also in Ansehung dessen mehr ein Reichs-Glied als Reichs-Haupt. Es wird also der Römische König gar füglich ein Caput quiescens, oder ruhendes, ein Kayser aber ein Caput vigilans oder wachendes Haupt genannt, welches der Reichs-Abschied zu Speier 1570. §. 24. zu Re-
 
  {Sp. 1273|S. 628}  
 
  genspurg 1567. §. 42. bestätiget. Trüge auch gleich ein Kayser dem Könige die Regierung auf, so wäre er doch erst nach dem Kayser das oberste Reichs-Haupt.
 
 
13.) Das beyde der Christlichen Kirche Advocaten und Schutz-Herren sind. Es scheinet aber, daß diese Pflicht mit denen übrigen bey Leb-Zeiten eines regierenden Kaysers gleich Falls ruhe.
 
 
14.) Daß der Gebrauch der goldenen Bulle dem Könige eben so wohl als dem Kayser frey stehe. Heute zu Tage aber mögte dieses wohl einem Römischen Könige schwerlich, ohne Kayserliche Vollmacht, zustehen. Denn die Worte in Ferdinandi III. Capitulation Art. 46. die goldene Bulle, als ein uraltes Insigne eines regierenden Kaysers oder Königs scheinen durch regirend anzudeuten, was allen Falls vor ein König die goldene Bulle brauchen möge; und es ist nicht zu läugnen, daß sich würcklich vor Zeiten ein noch nicht zu Rom gecrönter Kayser der goldenen Bulle enthalten, und bloß des Insigels bedienet habe. Wie wohl die veränderten Umstände haben gemacht, daß jetzo ein Kayser, oder ein an dessen Stelle regierender König, ohne Bedencken die goldene Bulle an denen Urkunden brauchet.
 
 
15.) Daß das Encaustum gleichmäßig von ihm gebraucht wird. Doch dieses hat nach denen heutigen Umständen nichts auf sich, und ist auch noch nicht erwiesen, daß der Römische König dessen berechtiget wäre.
 
 
16.) Daß das Reichs-Pannier im Felde vor ihm so wohl, als vor dem Kayser flüget, welches man, als ein Zeichen der Königlichen Würdigkeit erkennen, oder davor halten muß, daß vormahls dem Könige vom Kayser aufgetragen gewesen, einem Kriegs-Heer vorzustehen.
 
 
17.) Daß er eben so gut, wie der Kayser, bey der Crönung Riter schlage;
 
 
18.) auch aller Standes-Erhöhungen mächtig sey; wobey man sich im vorhergehenden Raths erhohlen kann, wie dieses angenommen werden müsse.
 
 
19.) Daß er die Erkenntniß über Reichs-Lehen, welche einem Theile gäntzlich und endlich abgesprochen werden sollen, habe. Doch hierinnen kann heutiges Tages nicht ein Mahl ein Kayser mehr frey verfahren, geschweige denn ein König. Es taugen auch diese und mehrere folgende Vergleichungen deswegen nicht, weil ein Römischer König, der vorgezeigten Regel nach, nicht aus eigenem Rechte, sondern vermöge Kayserlicher Vollmacht dergleichen vermag. Will man aber den König mit dem Kayser in gewisse Vergleichung setzen, so muß es solche Stücke betreffen, die des Königs eigene Beschaffenheit, nicht aber des Kaysers Vollmacht anbelangen, weil gegen Theils des Vergleichens kein Ende noch Nutzen seyn würde, da ein Kayser dem Könige gelegentlich alle Regierungs-Rechte auftragen dürffte.
 
 
20.) Daß der Römische König in einerley Befugniß mit dem Kayser hohe Schulen stifften und privilegiren mögte, doch hier gilt, ob es gleich viele behaupten, und mit der hohen Schule zu Jena, welche Kayser Ferdinand der I. noch als Römischer König mit Freyheiten versehen hat, bestätigen, eben dasselbe, was schon offte erinnert worden. Dahin gehört auch
 
 
21.) daß er Reichs-Tage ausschreibe.
 
 
22.) Die Reichs-Abschiede mit sei-
 
  {Sp.  1274}  
 
  nem Insiegel bestätige.
 
 
23.) [2]Gesetze ausgehen lasse, und deren Festhaltung anbefehle, und dieses
[2] HIS-Data: korrigiert aus: 22
 
24.) in Königlicher Macht und Vollkommenheit; ja
 
 
25.) bey der Kayserlichen Majestät des Römischen Königs, und des Reichs schwehren Ungnade; wobey auch
 
 
26.) Sr. Kayserlichen Majestät, und des Römischen Königs ernstliche Meynung angeführet wird.
 
 
27.) Daß er mit dem Banne oder Acht drohe und bestraffe;
 
 
28.) daß er solchen Bann gelegentlich wieder zuruck halte.
 
 
29.) Daß er die Reichs-Acht in Geld-Straffe verwandele;
 
 
30.) die Schuldigen derselbigen derselbigen Reichs-Acht völlig entbinde.
 
 
31.) Reichs-Steuern ausschreibe. Doch das letztere hätte füglich wegbleiben mögen, da die Kayserliche Regierung in dergleichen Majestäts-Rechten selbst der Massen in Schrancken stehet, daß alle Handlung davon mißlich und bedencklich fället. Was aber das anbelanget, daß ein Römischer König,
 
 
32.) gleich wie der Kayser die Chur-Fürsten Neven und Oheim, die Reichs-Fürsten und Stände aber seine und des Reichs-Unterthanen nenne, hat seine Richtigkeit, und ist viel mehr von denen dem Römischen Könige billich zugelegten Vorzügen, als aus der Capitulation herzuleiten, weil man sonst kühnlich alle Kayserliche Rechte hieher ziehen könnte.
 
Unterschiede Bey demjenigen, worinnen sich der Kayser von dem Könige unterscheidet, findet so vieles Bedencken nicht statt, Dieser Unterschied aber bestehet darinnen  
 
1.) [3] Der Kayserliche Titel unterscheidet beyde von einander. Denn ob wohl ehe Mahls der Titel und bey beyden, so der Kayser noch nicht zu Rom gecrönt war, nur Königlich seyn konnte, so ist doch dieses, so viel des regierenden Kaysers Titel anlangt, jetzo verschwunden.
[3] HIS-Data: Nr. in der Vorlage nicht vorhanden.
 
2.) Die Art und Zeit der Wahl eines Königs und Kaysers ist offenbar unterschieden. Denn jener wird im Zwischen-Reich erwählt, dieser aber bey stehender Regierung.
 
 
3.) Man wählt den Kayser, um das Zwischen-Reich zu verkürtzen; diesen, um dasselbige gar zu vermeiden. Denn der Kayser soll die Regierung so fort in eigener Gewalt antreten, aber nicht der König, welcher gelegentlich in des Kaysers Namen, und an dessen Stelle regieren kann. Daher auch diejenigen irren, welche dem Könige eine eigene Gewalt beylegen, als welche nicht, ausser bey einer Ausnahme der vor angeführten Regel, weswegen ordentlicher Weise ein Römischer König gewählt wird, Statt findet.
 
 
4.) Chur-Maintz hat in der goldenen Bulle seine zur Beruffung der Wahl bestimmte Fürsten, bey der Römischen Königs-Wahl aber, muß sichs dieselbe erst von denen gesammten Chur-Fürsten[4] ansetzen lassen, und ist bey diesem Geschäffte zuforderist auf eine vorläuffige Handlung derer Chur-Fürsten verwiesen.
[4] HIS-Data: korrigiert aus: Chur-Fristen
 
5.) Die Wahl eines Römischen Königs, erfordert die Einwilligung des Kaysers; die Kaysers-Wahl aber bedarff keiner Einwilligung eines andern.
 
 
6.) Der Kayser bekommt den Titel Unüberwindlichster, der König aber nicht.
 
 
7.) Der Kayser führt den zweyköpffigen, der Römische König aber nur den einköpffigen Adler; wie wohl dieses erst in denen zwey letzten Jahrhunderten beliebt worden ist.
 
 
8) Der Kayser regiert in eigenem Namen und
 
  {Sp. 1275|S. 629}  
 
  Gewalt; dem Römischen Könige aber gebührt, so lange der Kayser lebt, keine Regierung. Denn ob gleich einige dem Römischen Könige auch eine eigene Regierung beylegen, so ist es doch falsch, und sie widersprechen sich offt selbst. Die Haupt-Ursache einer Römischen Königs-Wahl aber ist schon vorhin angegeben, und braucht hier nicht widerholt zu werden.
 
 
9) Des Königs Gewalt eignet sich anders nicht, als daß es der Kayser zulasse, oder zulassen soll. Dieses ist auch, worauf sich das vorhergehende beziehet.
 
 
10) Der Kayser hat jederzeit, so weit es die Reichs-Verfassung nachgiebt, seine vollkommene Regierung, des Römischen Königs vollkommene Regierung aber fängt sich erst an, wenn der regierende Kayser abgehet; sinte Mahl die eingeschränckte, und abhangende Gewalt, wenn er gleich vor den Kayser regieret, dennoch der Vollkommenheit zuwider ist; welches sich auch damit an Tag geleget, daß
 
 
11) unangesehen des Königs Ferdinanden aufgetragenen Regiments, die Reichs-Cammer ihm weder verpflichtet gewesen, noch anders, als aus des Kaysers Befehl, mit ihm gehandelt, auch diese lediglich das Kayserliche Cammer-Gerichte genannt worden.
 
  Es stehet auch ein Römischer König in seinen unläugbaren Pflichten gegen den Kayser; ob er aber das Laster der beleidigten Majestät gegen denselben begehen könne, ist etwas zweifelhafft. Denn es scheinet dasselbe eine Art der Unterthänigkeit voraus zu setzen, welche man sich dem Könige gegen den Kayser so blosser Dings nicht beyzulegen getrauet. Da aber gleich wohl in Bundes-Verfassungen, dergleichen man im Reiche antrifft, diesem Laster eine viel weitläuffigere Erklärung gegeben werden kann, auch das Herkommen fast selbst vor die Bejahung der Frage spricht, kann man sich dieser gleichfalls beyzupflichten gar wohl entschliessen.
  Zwey Beyspiel, aus welchen sich das Herkommen, wegen derer Römischen Könige, so sich an dem Kayser und dem Reiche verschulden dürffen, zu erledigen ist, zeigen Conrad, Kayser Henrich des IV. und Henrich, Kaysers Friedrichs des II. Sohn, beyderseits erwählte Römische Könige; davon
  • der Auctor Vitae Henrici IV.
  • Godefridus Coloniensis ad an. 1234. seq.
  • Albericus ad an. 1234.
  • und die Acta Electionis Conradi IV. bey Leibnitzen Prodr. …
nachgesehen werden können.
  Beyde Printzen waren in offenbarer Verrätherey und Aufruhr gegen ihre Väter, als regierend Kayser, und zugleich gegen das Reich begriffen. Sie waren dessen Theils durch ihre Thaten, Theils durch ihre Briefe überzeuget, und alles, was das Laster beleidigter Majestät auf sich haben konnte, leuchtete aus ihren Anmassungen hervor. Man kann also leichte, da man die alten Geschicht-Schreiber zu Vorgängern hat, ihr Verbrechen mit jenem verhasten Namen belegen.  
  Ein Römischer König erkennet des Kaysers Majestät; er nennet ihn, ob man dieses auch gleich nicht im genauesten Verstande annimmt, seinen Herrn; und so ist kein Zweifel, daß er wenigstens gegen das Reich und  
  {Sp. 1276}  
  dessen Haupt, in solcher Verbindlichkeit, als ein ungleich Verbundener stehe. Von diesem aber ist ausgemacht, daß er des Höhern Majestät durch feindseeliges Verfahren kräncken, und sich also wieder eine feindseelige Ahndung auf den Hals ziehen könne. Ein Sohn eines Regenten ist eben so wohl dessen Unterthan, als ein anderer, und kan also in so ferne des Vaters Majestät verletzen. Stehet nun gleich diesem Satze in etwas entgegen, daß der Römische Könige, da er des regierenden Kaysers Sohn wäre, auch selbst mit einer Majestät bekleidet werde; so bleibt doch der Schluß von denen Pflichten, und Verwürckung eines ungleich Verbundenen, an und vor sich beständig.  
  Ein Exempel wird die Sache deutlicher vorstellen. Die Rhodiser stunden ehe dem gegen die Römer in einem ungleichen Bunde, welchen Grotius de Jure … ein Foedus de Imperio ac Majestate comiter colenda nennet. Gleichwohl beschwehrte sich der Römische Feld-Herr Lentulus, als die Rhodiser ihm und seiner Schiffs-Flotte und Völckern ihren Hafen verschlossen, auch Proviant und andere Nothdurfft verweigert hatten, über die von denen Rhodisern verletzte Majestät des Römischen Reichs, wovon Cicero Epist. … und Brisson de Verbor. … Nachricht geben. Spener l.c. …
Richter Fragt man aber, wer in solchem Falle bey einem Römischen Könige Richter seyn würde; so ist ohne Bedencken zu antworten, daß dieses Erkenntniß dem Reiche zugehörte. Dieses würde auf gleiche Art und Weise, wie mit der Absetzung eines Kaysers, davon unter dem Worte Kayser, Tom. XV. p. 329. seq. gehandelt worden, zu verfahren haben; womit denn auch denen Zweifeln, die wegen der Majestät eines Römischen Königs gemacht werden können, begegnet wird. Dasjenige, so beyde vorgemeldete Printzen betroffen, bewähret das dieses Falls gültige Reichs-Herkommen. Beyde Mahle brachten die Kayser die Verwürckungen derer Könige an die Stände auf den Reichs-Tag. Diese fälleten, nach gnugsam erörterten Umständen, und Uberführung deren Beschuldigten, das Urtheil, und entsetzten sie ihrer Würde. Stellen auch gleich die letztern Zeugnisse, wie es scheinet, alles auf den Ausspruch des Vaters; so ist doch die Vollziehung dieser Rechts-Handlung ohne das bekannt gnung, und man darff sich durch den Bericht derer Geschicht-Schreiber nicht irre machen lassen, welche, wie es an sich Rechtens ist, den Ausspruch und die Vollführung des Urtheils des Kaysers Namen zuschreiben. Spener l.c. …
Absetzung Sollte sich ein Römischer König wider Vermuthen feindlich gegen das Reich, oder dessen Haupt den Kayser bezeigen, und finge an, die Reichs-Rechte, so viel an ihm wäre, zu kräncken, oder wollte sich gegen die Capitulation der Regierung anmassen, und den Kayser ausschlüssen; so würde seine Absetzung wohl aller Dings Rechtens seyn müssen; wie denn dieses schon durch die Beyspiele König Henrichs und Conrads bestätiget worden. Doch findet man kein Exempel, daß ein Römischer König, ohne des regirenden Kaysers Zuthun, und ohne, daß dieser vornehm-  
  {Sp. 1277|S. 630}  
  lich die Absetzung Rechtens zu seyn erachtet hätte, auf dem Reichs-Tage angeklagt, geschweige gar verurtheilet worden wäre. Denn der Kayser, als das höchste Reichs-Haupt, läst sich in dem allen nie Mahls ausschlüssen, und ist also unnöthig, solche unbegreiffliche Umstände zu ersinnen, da auch gegen des Kaysers Willen wider einen Römischen König zu verfahren stünde. Spener l.c. …
Abdankung Was weiter von der freywilligen Abdanckung eines Kaysers gemeldet worden, mag auch hier füglich angenommen werden. Spener l.c. …
     

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Stand: 30. März 2013 © Hans-Walter Pries