HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Land-Gut HIS-Data
5028-16-427-3
Titel: Land-Gut
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 16 Sp. 427
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 16 S. 225
Vorheriger Artikel: Land-Gummi
Folgender Artikel: Landhaus
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text  
  Land-Gut, heisset ein Gut, so ausserhalb einer Stadt auf dem Lande gelegen und mit Feld-Bau, Wiese-Wachs, Vieh-Zucht u.d. versehen, und ist entweder ein Ritter-Gut, oder ein Unterthanen- oder so genanntes Bauer-Gut.  
  Wer ein Land-Gut zu erkauffen Willens ist, hat vorher so wohl sich selbst und seinen Zustand, als in gleichen des Verkäuffers, der Nachbarschafft, der Wohnung und deren Zugehör, sammt deren Einkünfften, und so es mehr als ein gemeines oder Bauer-Gut ist, nach der Gerechtigkeit, Freyheiten und Unterthanen Beschaffenheit wohl zu bedencken und in Betrachtung zu nehmen; welches alles wir nebst dem, was bey einem und dem andern Stücke ins besondere in Acht zu nehmen, kurtz in folgender Ordnung zusammen fassen wollen, da wir erwägen, was vor, bey und nach dem Kauffe eines Land-Gutes, und zwar über Haupt auf Seiten des Käuffers vornehmlich in Acht zu nehmen ist.  
  Vor dem Kauffe erkundiget man sich zuförderst nach dem Zustande des Verkäuffers, ob er redlich, oder Gewissen loß, und aus was vor Ursachen er das Gut verkauffe, nach dem forschet man nach der Beschaffenheit und denen Umständen des Gutes selbst, wie nehmlich die Herrschafft, unter deren Gerichtsbarkeit es lieget, gegen ihre Unterthanen insgemein gesinnet sey? Ob die angrentzende Gründe unter einerley oder mehrere und fremde Herrschafft gehöre, in gleichen wie es sich mit der Lehen verhalte?  
  Wie die Nachbarschafft beschaffen, ob sie gut und friedfertig, oder böse und zänckisch sey? Ob das Gut von allen Ansprüchen, wie sie Namen haben mögen, frey, und nicht etwa mit der Zeit durch einen unvermeidlichen Einstand, Abtrit oder Näher-Recht angefochten werden könne? Ob die Raine oder Marck-Steine richtig oder streitig?  
  Endlich siehet man auf die Lage des Gutes selbst, und auf die Beschaffenheit der dazu gehörigen Stücke, daß es einer Volckreichen Stadt, oder verschiedenen nahrhafften Orten, nicht allein zu weit entlegen, um nicht nur allen auf dem Gute erzeugten und erbaueten Überfluß mit Nutzen desto eher in das Geld zu setzen, als auch die zur Wirthschafft benöthigte Stücke und deren Abgang um soviel eher zu ersetzen, wie denn aller Dings ein grosser Vortheil, wenn Holtz, Mühlen, Ziegel-Scheunen, Kalck-Öfen, Schmiede, Wagner, Sattler, und dergleichen Handwercker, nebst andern Nothwendigkeiten nicht so sehr ausser Weges, sondern nahe in der Nachbarschafft zu haben sind.  
  Daß die Gebäude dauerhafftig und nicht baufällig, auch gnungsame nöthige Beqvemlichkeit haben, nach der Grösse und Weitläufftigkeit der dazu gehörigen und dabey befindlichen Landes-Wirthschafft, nicht weniger, daß selbige nicht etwa anschüssenden Wassern, Sturm-Winden und anderer entstehenden Gefahren augenscheinlich unterworffen; auch ist dabey zu unterscheiden, ob Gärten, Felder und Wiesen fruchtbaren Boden haben, oder einer morastigen, mosigen, sandigen oder sonst rauhen Art sind, gesunde  
  {Sp. 428}  
  Lufft haben, und nicht Wasser- Wetter- Wild- und dergleichen Schaden unterworffen; wie die Vieh-Zucht beschaffen, ob sie starck, gute Sommer-Hütung, in gleichen gute Weide habe, ob gute Eichel-Mast vorhanden, oder das Schweine-Vieh vom Boden gefüttert werden müsse, und was dergleichen mehr.  
  Über Haupt ist dasjenige Gut vor das vollkommenste und einträglichste zu halten, welches schönen Wiesen-Wachs, gute Obst-Gärten, fruchtbare Äcker, einen unabgiedeten Holtz-Wachs, gut Fisch-Wasser oder Teiche in seinem Begrieff hat.  
  Bey dem Kauffe darff sich der Käuffer am wenigsten mercken lassen, ob sey ihm an dem Kauffe sonderlich gelegen, sondern er muß vielmehr durch einen vertrauten Freund darum handeln lassen. Bey nichtigen und unstreitigen Gütern thut der Käuffer besser, er leiste die Bezahlung davor auf ein Mahl; bey dem Gegentheile aber, da man sich nachtheiliger und gefährlicher Ansprüche versiehet, so von dem Verkäuffer etwa trüglicher Weise verschwiegen worden, ist es sicher, daß man sich vergleichet, die Zahlung entweder in Nach-Fristen zu thun, oder so viel in Händen zu behalten, daß man sich in ereignendem Falle seines Schadens daran erholen könne.  
  Nach dem Kauffe ist vor allen Dingen alles dasjenige abzustellen, was von dem vorigen Besietzer durch Nachlässigkeit und andere übele nachtheilige Haushaltung hint an gesetzet, und der Aufnahme des Gutes hinderlich gewesen. Welche Anmerckungen bey Erkauffung eines Ritter-Gutes eben Falls zu machen, ausser denen aber noch vieles andere sich zu beobachten findet.  
  Was endlich also grosse adeliche Land- und Ritter-Güter, auch deren Gerechtigkeiten anbelanget, so hat ein Käuffer zu bedencken und zu betrachten:  
 
  • Ob ein solches Gut, so er kauffen will, frey eigen, oder Lehen?
  • Ob es einen Stamm-Gut, da er denn von denen Befreundten den Einstand zu besorgen, oder ein Fidei-Commiss oder Maiorat sey?
  • Ob das Lehen geistlich oder weltlich? Mannes- oder durchgehend Lehen?
  • Ob man mit Kindern beyderley Geschlechts belehret, oder bey deren Ermangelung die Vettern und nähern Bluts-Verwandten dem Lehen-Brief einverleiben zu lassen von dem Lehen-Herrn zugelassen werde?
  • Ob es einen oder mehr Lehens-Herren habe? Wovon sonderlich das Letztere wohl zu bedencken und zu scheuen.
  • Ob man in der Lehen-Stube mit einer leidlichen Taxe abkommen könne?
  • Ob das Gut von Steuern, Gülten, Umgeld oder Tranck-Steuer, Zehenten und der gleichen Anlagen frey sey? Oder ob es dergleichen selbst einzunehmen?
  • Ob es mit dem Iure Aperturae oder dem Öffnungs-Rechte beschweret ist?
  • Ob auch irgend alte Ausstände oder Schulden darauf haffen, oder ob dies Falls alles richtig?
  • Was vor alte und neue Lehen- und Kauff-Briefe, Saal-Bücher und Erb-Register, gerichtliche Documenta und Instrumenta von Frey-Briefen und Erb-Einigungen in Originali vor Handen?
  • Ob es die Ober- und Nieder- oder Unter-Gerichte, Marck-Freyheiten und dergleichen Gerechtigkeiten habe? Und ob diese unansprüchig und geruhig besessen worden?
  • Ob auch die Brau-Gerechtigkeit vorhanden?
  • Ob das Bier gut abgehe?
  • Ob das Gut seine eigene Hof-Schencke habe?
  • Und was der Wirth Pacht davon giebt?
  • Ob es auch in andern

    {Sp. 429|S. 226}

    Wirths-Häusern ausgeschencket werden müsse, oder man solches in die benachbarten Städte und Orte verführen dürffe?
  • Ob man auf seinem und derer Unterthanen Gehöltzen die Jagten und Weidewerck, hohe und niedere, alleine oder mit andern gemenget habe?
  • Was man an rothen und schwartzen Wildprät, an Hasen, Füchsen, Wölffen und der gleichen, zusammt dem Feder-Wildprät, besage der Jagt-Register, jährlich zu genüssen?
  • Ob Mahl- Stampf- Säge- Walck- Schleiff- Öl- Pulver- Papier- Gewürtz- und Lohe-Mühlen zum Gut gehörig vor Handen sind?
  • Was der Mahl-Müller von der Mahl-Müller Zins oder Pacht gebe?
  • Und ob er auch Schweine in die Mastung zu nehmen schuldig sey?
  • Wie viele Gänge die Mühle habe?
  • Ob alle Zeit Mahl-Wasser gnug vorhanden?
  • Ob das Wehr kostbar und schwer zu erhalten, und ob es leicht Schaden nehmen könne?
  • In gleichen ob die Mühlen bey grossem Gewässer lange stille stehen müssen?
  • Ob Ziegel- und Glas-Hütten, Kalck-Öfen und Stein-Brüche auch Gyps und Mergel vor Handen?
  • Ob eine Kirche bey dem Gute sey, ob es eine Mutter oder Filial-Kirche?
  • Ob dem Besietzer des Gutes das Ius Patronatus zustehe?
 
  Gleich wie auch schlüßlichen der Herrschafft und derer Unterthanen Wohlstand zusammen vereinbaret ist, also ist auch dies Falls, ehe der Schluß des Kauffs gemachet wird, Insonderheit aus zu forschen:  
 
  • Wie viel Unterthanen seyn?
  • Wie viel gantzer Höfe, Bauer- und Pferde-Güter, Hintersässer-Güter und Häuser sich bey dem Gute befinden?
  • Was sie an gewissen Schoß, Gulten, Zehenten, Erb- Feder- und Haus-Zinsen, Eyern, Käsen, Lamms-Bäuchen, Gänsen, Caphänen, Fast-Nacht, Herbst- Rauch- und andern Hünern, Scherwerck-Tägen, Frohn-Diensten, und andern beständigen Gefällen jährlich abtragen müssen?
  • Ob sie Sterb- An- und Ab-Zugs, auch Lehen-Geld, Hand-Lohn, Kauff-Siegel und andere Schreib-Gebühren geben müssen? Und was die gewisse Taxe darüber sey?
  • Ob ferner die Unterthanen arm oder reich?
  • Wie hoch ihrer Güter Kauff-Schillinge sich belauffen ?
  • Wie ihre Häuser aufgebauet und bedachet ?
  • Wie viel Heu-Futterung sie beyläuffig einlegen, und Haupt-Viehes davon auswintern?
  • Ob und wie viel Getraide sie zum Verkauf überley behalten? Und wie weit sie es zu Marckte führen?
  • Ob sie mit Schulden beladen, oder andere ihnen selbst schuldig?
  • Ob sie auch etwas von ihren Grund-Stücken versetzet haben?
  • Wie viel eigentlich Pferdner oder Anspänner, Hintersässer, Häusler und Haus Genossen vor Handen?
  • Ob alle Hand- und Pferde Dienste entweder gemessen oder ungemessen, auch die Bau-Frohnen so wohl mit Pferden als mit der Hand verrichtet werden?
  • Wie weit und offt Gutsch-Fuhren zu verrichten?
  • Ob und wie weit die Unterthanen Botschafft lauffen müssen, und was sie zum Boten-Lohne bekommen?
  • Ob die Unterthanen um den Zehenten schneiden?
  • Ob sie Flachs rauffen, rasten, auswaschen, stauchen, brechen, hecheln, spinnen, ingleichen auch den Hanff ?
  • Ob sie Hopfen abnehmen, blaten und pflücken? Obst brechen u.d.
  • Wie viel sie vor den Acker Gras auf denen zum Gute gehörigen Wiesen zu hauen bekommen ?
  • Ob die Unterthanen auch Gras streuen, Heu und Grummet machen, Haber und Gerste harcken, auch die

    {Sp. 430}

    Feld-Früchte nebst Heu und Grummet einführen und einbringen helffen ?
  • Und was sie an Fröhner-Brodten, Käsen und dergleichen empfangen?
 
  Was sonsten iedes Gut vor Nutzung und Gerechtigkeit oder Beschwerungen hat, solches pflegen desselben Anschläge und Erb-Register zu weisen.  
     

HIS-Data 5028-16-427-3: Zedler: Land-Gut HIS-Data Home
Stand: 18. August 2013 © Hans-Walter Pries