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Zedler: Leib HIS-Data
5028-16-1504-2
Titel: Leib
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 16 Sp. 1504
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 16 S. 763
Vorheriger Artikel: Leia
Folgender Artikel: Leib [Sachsen]
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text  
  Leib, Lat. Corpus, Frantz. Corps, ist ins gemein ein aus gehöriger Vermischung derer Elemente oder Unwesen gestalltetes und mit gewissen Theilen versehenes Wesen, wodurch es tüchtig wird, die Kräffte der Nahrung, der Empfindung und der Bewegung nach seiner Art auszuüben.  
  Ins besondere ist der menschliche Leib ein zusammen gesetztes Rüstzeug von verschiedenen Theilen und Gliedern, welche fähig sind, durch einen vernünfftigen Geist regiret zu werden.  
  Die Stücke, woraus derselbe zusammen gesetzet, sind sehr mannigfalltig, und werden von denen Natur-Kündigern gesondert in  
 
  • feste und flüßige,
  • innerliche und äusserliche,
  • Haupt- und Neben-Theile.
 
  Die festen sind  
 
  • die Beine,
  • das Fleisch,
  • die Knorpeln,
  • Adern,
  • Sennen
  • und dergleichen.
 
  Die flüßigen sind  
 
  • das Blut,
  • das Ader-Wasser
  • und viel andere Säffte mehr.
 
  Die innerlichen Theile sind  
 
  • das Hirn,
  • das Hertz,
  • die Lunge,
  • Miltz,
  • Leber
  • und übrige Eingeweide.
 
  Die äusserlichen sind  
 
  • die Haut,
  • die Glieder,
  • das Haupt,
  • die Arme,
  • Füsse
  • und so weiter,
 
  derer jedes wieder seine verschiedenen Stücke und Theile hat, nicht nur  
 
  • äusserlich, als
    • am Haupte sind
      • die Augen,
      • Ohren,
      • die Nase,
      • der Mund,
    • an den Armen
      • die Hände,
      • Finger
    • und so weiter;
  • sondern auch innwändig, weil ein jedes dererselben aus
    • Beinen,
    • Knorpeln,
    • Fleisch,
    • Nerven,
    • Adern,
    • Drüsen
    • und dergleichen
 
  bestehet.  
  Die Haupt-Theile des Leibes sind, ohne welche er nicht bestehen, noch beym Leben bleiben kan,  
 
  • das Haupt,
  • das Hertz
  • und so weiter.
 
  Die Neben-Theile sind sie, so zu dem Leben des Menschen nicht unumgänglich nöthig seyn.  
  Auf eine andere Weise wird der menschliche Leib abgesondert in gleiche und ungleiche Theile.  
 
  • Die gleichen sind, welche durch und durch dem Wesen und dem Ansehen nach einerley sind;
  • die ungleichen, die in Stücke, so dem Wesen und dem Ansehen nach nicht einerley sind, zerleget werden können.
 
  Die von der ersten Art sind dreyerley,  
 
  • fest und gediegen, wie die Beine;
  • flüßig und beweglich, wie
    • das Blut,
    • die Milch
    • und andere Säffte;
  • und weich, gleichsam das Mittel zwischen beyden vorigen, als
    • das Fleisch,
    • die Eingeweide,
    • Adern und andere Gefässe, in welchen sich die Säffte enthalten.
 
  Die von der letzten Art  
  {Sp. 1505|S. 764}  
  werden auch in drey Stücke gesetzet,  
 
  • den Kopf,
  • den Rumpf
  • und die Glieder,
    • die Arme und Füsse.
 
  Das Leben des menschlichen Leibes bestehet in der Bewegung. Dieselbe führet er entweder selbst oder andern zu gute. Ihm selbst, entweder ohne Veränderung des Ortes, und innwändig durch die Lebens-Kräffte zu seiner Erhaltung und Wachsthum, oder äusserlich und mit Veränderung des Ortes, durch die räumliche Bewegung. Anderen zu gute suchet er gleichsam sich selbst zu verewigen durch die Fortzeugung.  
  Über solche Bewegung herrschet der vernünfftige Geist, der in dem Leibe wohnet, doch nicht über alle auf gleiche Weise. Denn etliche dererselben sind nothwendig, denen hat der Geist entweder gar nicht oder doch nur auf eine beschränckte Weise zu gebieten; die andern aber, so willkührlich, stehen lediglich in seiner Gewalt, und daher rühret alles äusserliche thun und würcken des Menschen.  
  Wenn nun alle diese Kräffte in dem Leibe ihr richtiges Ebenmaß haben, und weder durch Mangel, noch durch Überfluß, noch durch Entstellung, noch durch Verletzung an ihrer ordentlichen Bewegung gehindert werden, daß heiße man Gesundheit. Und wie die Anatomie den menschlichen Leib in allen seinen Theilen zu erkennen und zu erforschen bemühet ist; also ist der Zweck der Artzney und Heil-Kunst, denselben in einem solchen wohlgemäßigtem Stande der Gesundheit zu erhalten, oder wenn er verrücket worden, dieselben wieder herzustellen.  
  Die äusserliche Ebenmaß des menschlichen Leibes, und gehörige Verhältniß aller Theile gegen einander, macht neben der Farbe desselben Schönheit. Wo daran etwas zu viel, zu wenig, ungeschickt, am ungerechten Orte, zu groß oder zu klein erscheinet, verursachet es eine Ungestallt, und wenn die von der Natur herrühret, heisset es eine Mißgeburt.  
  Die geschickte Verhältniß eines menschlichen Leibes hat Kircher mit der Verhältniß der Arche oder des Kastens Noa verglichen, der Gestallt, daß, gleichwie an demselben die Breite in die Länge sechs und die Höhe zehen Mahl enthalten gewesen, also auch der menschliche Leib in der Breite, wenn sie über die Hüffte genommen wird, das sechste Theil, und in der Dicke, wenn sie durch den Nabel genommen wird, das zehnte Theil seiner Länge haben soll. Eine genauere Vermässung aller Theile eines Leibes hat den Mahlern und Bildhauern zu gute Alb. Dürer gegeben, daran man noch wenig zu verbessern gefunden, siehe auch Mensch.  
     

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Stand: 18. August 2013 © Hans-Walter Pries