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Zedler: Müller (August Friedrich) HIS-Data
5028-22-197-6
Titel: Müller (August Friedrich)
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 22 Sp. 197
Jahr: 1739
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 22 S. 112
Vorheriger Artikel: Müller (August)
Folgender Artikel: Müller (Balthasar)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text Quellenangaben
  Müller (August Friedrich) der Philosophie und beyder Rechten Doctor, des Aristotelischen Organi ordentlicher Professor und des kleinen Fürsten-Collegii Collegiat auf der Academie zu Leipzig, ein so berühmter Philosoph als geschickter Rechts-Lehrer.  
  Er erblickte das Licht dieser Welt zu Obergräfen, einem Dorfe in Meissen 5 Meilen von Leipzig gelegen, um die Mitte des Decembers im Jahre 1684. Sein Herr Vater ist M. Johann Adam Müller, nachheriger Prediger zu Schöneck, einer Stadt im Voigtlande; die Mutter aber Frau Johanne Susanne, eine Tochter Herrn Johann Fromholds, Apotheckers zu Rochlitz.  
  Weil gedachter sein Herr Vater an ihm eine ungemeine Begierde zu denen Wissenschafften vermerckte, suchte er bey Sr. Königl. Maj. von Pohlen und Churfürstl. Durchl. zu Sachsen um eine Frey-Stelle in der Fürsten-Schule zu Grimme vor ihn an und solche erhielte er auch im Jahr 1697, und folglich im 12 Jahre seines Alters, wo er denn unter der Anführung der dasigen Lehrer innerhalb 6 Jahren durch seinen eigenen Fleiß und natürliche gute Gaben die schönen Wissenschafften dergestalt begriff, daß er bereits schon im 1703 Jahre vor fähig erkannt ward, die Academie zu beziehen.  
  Und so gieng er noch in gedachtem Jahre  
  {Sp. 198}  
  nach Leipzig. Hier legte er sich zuförderst auf die Weltweisheit, welche er mit ungemeinen Eifer trieb, und darinnen insonderheit die Vorlesungen des nunmehr seel. Herrn D. Andreas Rüdigers besuchete.  
  Nächste den Philosophischen Wissenschafften war die Rechtsgelahrheit sein Haupt-Werck, die er vornehmlich von dem berühmten Gottlieb Gerhard Titius erlernet hat.  
  In beyden Arten der Gelehrsamkeit hat er auch die höchste Würde erlanget. Denn im 1707 Jahre ward er von der philosophischen Facultät zu Leipzig mit der Magister-Würde beehret, deren Privilegien er sich durch eine am 25 August des folgenden 1708 Jahres öffentlich vertheidigte Dissertation de arte loquendi theilhafftig machete. Gleich hernach fieng er an, selbst eine philosophische Schule aufzurichten, welche wegen seines ungemein deutlichen Vortrages in kurtzen eine der stärckesten in Leipzig ward, daß öffters zu 200 und drüber auf einmahl seine philosophische Stunden besuchet haben.  
  Nachdem er am 8 October des 1714 Jahres auch in der Rechts-Gelahrheit die höchste Würde zu Erfurt erhalten und in der Inaugural- Dissertation die Materie de rationibus legum investigandis … ausgeführet hatte, fieng er auch an mit nicht geringerm Beyfall zu Leipzig die Rechtsgelahrheit zu lehren.  
  Seine Neben-Stunden verwandte er auf eine Deutsche Ubersetzung von des bekannten Spaniers, Balthasar Gracians, Homme de Cour oder klugen Hof- und Welt-Mann, welches Buch er nicht nur mit überaus schönen Anmerckungen, sondern auch mit einem kurtzen Lebens-Lauf des Verfassers bereichert hat. Der erste Theil desselben kam 1715, der andere 1717 und der dritte 1719, alle zu Leipzig in 8, unter dem Titel: Balth. Gracians Oracul, das man mit sich führen, und stets bey der Hand haben kan, das ist, Kunst-Regeln der Klugheit etc. zum Vorschein, siehe die Deutschen Acta Erudit. im 49 Theile …
  Der berühmte Stolle urtheilet in seiner Historie der Gelahrheit , III Th. V Cap. §. 29 mit Bestand der Wahrheit, daß des Herrn Müllers Anmerckungen vortrefflich wären, und sie den kurtzen und offt dunckelen Text des Verfassers erläuterten, auch sey der offt allzukurtz ausgedruckte Sinn des Schrifftstellers mehrentheils durch eine Umschreibung deutlicher gemachet worden. Ja Herr Stolle, wenn er sich II Th. Cap. I. … auf des Herrn Müllers Anmerckungen beruffet, nennet ihn den insgemein vernünfftig urtheilenden Herrn D. Müller.  
  Hiernächst brachte er auch sein philosophisches Lehr-Gebäude in dem 1728 und folgenden Jahren zu Papier, das er Bogenweiß drucken ließ und zum Grunde seiner Vorlesungen legete. Dieses wurde mit solcher Begierde aufgenommen, daß er schon im 1733 Jahr die zweyte, vermehrte und verbesserte Auflage unter dem Titel: Einleitung in die philosophischen Wissenschafften, in dreyen ziemlich starcken Octav-Bänden zu Leipzig herausgehen ließ, darinn er insonderheit den Einwürfen begegnet und abgeholffen, die ihm der seelige Herr Rüdiger wider verschiedene Lehren der Logick, der Metaphysick und des Rechtes der  
  {Sp. 199|S. 113}  
  Natur gemacht. Seine hier wider die Lehren der Wolffischen Philosophie gebrauchte Bescheidenheit hat Carl Günther Ludovici in dem Entwurfe der Historie der Wolffischen Philosophie, §. 391 des II Th. besonders herausgestrichen.  
  Ehe aber die nur gedachte Auflage seiner Philosophie unter die Presse gekommen, haben Se. Königl. Majestät von Pohlen und Churfürstl. Durchl. zu Sachsen ihn im Jahr 1731 wegen der obbeniemten und anderer Verdienste, derentwegen man ihn auch nach Halle zum öffentlichen Lehramte beruffen hatte, nicht von der Leipziger Academie weglassen wollen, sondern vielmehr mit einer ansehnlichen Pension begnadiget und zum ausserordentlichen Professor der Weltweisheit auf gedachter Academie ernennet, welche Profeßion er auch am 19 October mit einer schönen Rede de Philosophia cum Jurisprudentia conjungenda angetreten, dazu er in einer gedruckten und mit vieler Gelehrsamkeit angefüllten Einladungsschrifft die sämmtl. Academie eingeladen.  
  Als im Jahr 1732 Christian Ludovici, ordentlicher Professor des Aristotelischen Organi, mit Tode abgieng, ertheilten Höchstgedachte Majestät ihm auch diese Profeßion allergnädigst, zu deren feyerlichsten Antritt er gleichfalls eine Einladungsschrifft drucken ließ, auch vertheidigte er, um in der Philosophischen Facultät eine Stelle zu erlangen, am 3 September des gedachten 1732 Jahres eine überaus wohl gemachte Dissertation de emigratione religionis caussa suscipienda, deren ausführlichen Auszug man im 5 Stücke des I Bandes der gründlichen Auszüge aus denen neuesten theologisch-philosophisch- und philologischen Disputationibus … antrifft. Diese Dissertation hat Herr Friedrich Wilhelm Stübner wegen ihrer Vortrefflichkeit bald darauf in die Deutsche Sprache übersetzet und mit seiner Deutschen Übersetzung von des Herrn Johann Georg Schelhorns Tr. de religionis evangelicae in provincia Salisburgensi ortu, progressu et Fatis, mit beygefüget, Leipzig 1732 in 8.  
  Um Michael 1733 erhielt unser vortrefflicher Herr Müller den Academischen Scepter, welchen er auch bis Ostern 1734 mit vielen Ruhme geführet hat. In eben diesem 1734 Jahre ließ ein Ungenannter einige Bogen betitelt: Sendschreiben, darinnen Herr August Friedrich Müllers Recht der Natur etc. in 4 wider sein Recht der Natur ausfliegen, die er aber keine Antwort würdigte und der Verfasser selbst, der nachher entdecket worden ist, hat solches Unternehmen bereuet, siehe Ludovici Historie der Wolffischen Philosophie …
  Im 1735 Jahre am 20 September wurde ihm die durch den Tod Herrn Gottlob Friedrich Jenichens erledigte Stelle in dem kleinen Fürsten- Collegio vor vielen andern, die sich darum bewarben, zu Theile.  
  Im 1736 Jahre war er zugleich Procancellarius und Decanus bey der philosophischen Facultät, da er denn in Ansehung des ersterne Amtes in einem gedruckten Bogen die Liebhaber der Weltweisheit zur Annehmung der Würde eines Meisters der freyen Künste und Weltweisheit eingeladen; in Ansehung aber des andern Amtes gleichfalls in einer gedruckten  
  {Sp. 200}  
  Schrifft die bevorstehende Magister-Promotion angekündiget hat.  
  Auch hat er in seinem geführten Decanate noch mehrere Programmata drucken lassen: wie er denn über dieses alles noch vielen Fleiß und Zeit auf eine richtige Lateinische Ubersetzung des Aristoteles verwendet, deren Herausgabe die Gelehrte Welt umso viel mehr wünschet, ie bekannter es, wie schlecht die bißherigen Ubersetzungen gerathen und wie aus vielen Ursachen zu einer solchen Arbeit nicht leicht iemand fähiger sey als unser Philosoph.  
     

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Stand: 28. August 2023 © Hans-Walter Pries