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Zedler: Nieder-Gerichte HIS-Data
5028-24-729-2
Titel: Nieder-Gerichte
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 24 Sp. 729
Jahr: 1740
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 24 S. 378
Vorheriger Artikel: Niedergelassen
Folgender Artikel: Nieder-Gerlachsheim
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben und Anmerkungen
  Nieder-Gerichte,  
 
  • Erb-Gerichte,
  • Erb- und Nieder-Gerichte,
  • Unter-Gerichte,
  • Niedere oder unterste Gerichtsbarkeit,
  • Hofmarck,
  • Hofmarcks-Gerechtigkeit,
  • Gerichte über Güld und Schuld,
  • Vogteylichkeit,
  • Vogtey-Gerichte,
  • Vogteyliche Gerichte,
  • Jurisdictio Bassa,
  • Jurisdictio Haereditaria,
  • Jurisdictio inferior,
  • Jurisdictio simplex,
 
  sind eigentlich eine von der hohen Obrigkeit verliehene Gewalt über alle bürgerliche Sachen und geringe Verbrechen zu erkennen und zu urtheilen. Und die Richter heissen Erb- oder Unterrichter.  
  Es gehören aber zu diesen Erb- oder Nieder-Gerichten bloß die Klagen, welche wegen dinglichen Rechts und Gerechtigkeiten, als z.E. wegen liegender, stehender, fahrender, beweglicher u. unbeweglicher Güter, wie auch wegen Schulden angebracht werden, es mögen dieselben sich so hoch belauffen, als sie wollen.
  • Schneidewin in Epit. Feud. ...
  • Co-
  {Sp. 730}  
   
  ler in Proc. Exec. …
  Ingleichen gehören darzu die Pfändungen und Bestraffungen derer geringen Verbrechen, als des  
 
  • Diebstahls unter drey Schillingen,
  • Haarrauffens,
  • Stossens,
  • Werffens,
  • Maulschellen,
  • Braun- und Blauschlagens,
  • Blutrünsten und Verletzungen, daraus keine Gefährlichkeit des Todes kommt,
  • Fleisch- und kampfbare Wunden,
  • Lügenstraffen,
  • schlechte Schmäh-Worte, die nicht an freyen Orten[1] oder hohen Personen geschehen, und peinlich nicht geklaget werden;
  • Ferner deren, so gegen die Gerichte sich ungehorsam erweisen, wie auch derer, so verbotene Waaren feil haben,
  • verbotene Messer und Waffen tragen,
  • verbotene Spiele treiben
  • u.d.g.
Siehe
  • Landes-Ordn. von 1550. tit. was zu Ober- und Nieder- oder Erb-Gerichten gehöret,
  • desgleichen von 1555 tit. eod.
  • Const. El. Sax. …
  • Const. v. 1506. in Cod. August. …
  • Duell-Mandat
[1] HIS-Data: vergl. Gefreyte Örter
  Insonderheit wird ihnen die Bestrafung der Gotteslästerer mit Stellung am Pranger, und deren Anschlagung auf Kirchhöfen, an Rath-Häusern oder Schenck-Stäten, nachgelassen. Polic. Ordn. von 1661. …
  So stehet ihnen auch die Handhabung der Kleider-Ordnung zu. Polic. Ordn. ...
  Im übrigen mögen sie die Verbrecher willkührlich mit Gefängniß 2. 3. 4. und zum höchsten 8 Tage lang, oder um eine ziemliche Geld-Busse, jedoch daß sich dieselbe über 2. 3. oder zum meisten 4 gute silberne Schock nicht erstrecke, in Straffe nehmen.
  • Schneidewin und Coler ll. cc.
  • Carpzov in Pract. Crim.
  Anlangend die Bestraffung der Unzucht und Hurerey, so von ledigen Personen begangen, oder wenn Braut und Bräutigam vor der Priesterlichen Einsegnung sich zusammen finden, wird von etlichen davor gehalten, daß solche dem Erb- oder Unterrichter zustehe. Andere aber zählen dieselbe unter die Ober-Gerichts-Fälle, worinnen, wie auch sonsten, jedes Ortes Landes-Ordnungen und Herkommen, wie auch die Lehn-Briefe, in Acht zu nehmen.  
  Was aber gemeiniglich nach Sächsischen Rechten in diesem oder jenem Falle Statt habe, solches ist beym Carpzov l.c. zu befinden.  
  Es ist auch allhier noch zu gedencken, daß die Verweisung oder Verbietung derer Gerichte, Städte oder Dörffer, ingleichen die Verdammung zum ewigen Gefängniß, dem Ober-Richter zukomme.
  • L. nulli.
  • Alex. von Imol. in l. magistratibus
  • Schneidewin l.c. …
  Wenn aber an einem Orte, da einer nur die Unter-Gerichte hat, ein Fall, so in die Ober-Gerichte gehörig, sich zutrüge, der Unter-Richter aber sich des Thäters zu bemächtigen eher Gelegenheit hätte; so ist dieser wohl befugt, ja schuldig, den Ubelthäter zu dem Ende gefänglich zu setzen und zu behalten, auf daß er ihn demjenigen, welchem das Ober- oder Hals-Gerichte zuständig, überantworten möge.
  • Coler l.c. …
  • Schneidewin l.c. …
  Sonst ist hierbey zu wissen, daß die vom Adel gemeiniglich nur die Nieder-Gerichte haben, welche in Schwaben ehemahls die Vogts-Herren, in Ost-Frießland aber Hauptlinge das ihnen deshalber zustehende Recht aber die Herr-  
  {Sp. 731|S. 379}  
  lichkeit genannt wurde, und an theils Orten auch noch gegenwärtig also genennet wird, als die Herrlichkeit zu N. u.s.w.
  • Besold in Thes. Pract. Lit. N. voc. Nieder-Gericht
  • Tabor de Suffrag. …
  Daß denen Dorff-Schultheissen und Dorff-Schöppen, wenn der Edelmann nicht zugegen ist, die Gerichtsbarkeit zukomme, dieselben aber mehrentheils die Gräntzen der schlechten und blossen Untersuchung nicht überschreiten und die Execution nicht zusammen gefügt haben, sondern wo dem Urtheil und Ausspruche der Verdammte nicht Gehorsam leistet, dem Obern die Sache denunciret, und von ihm die Zwangs-Krafft dem Ausspruche hinzugefügt werde; Die Gelehrten aber, welche denen Dorff-Schultheissen und Dorff-Schöppen die Gerichtsbarkeit nicht zugestehen wollen, als z.E. Finckelthaus in Obs. … Carpzov P. IIII. Const. … einem von Adel, der in eben demselben Dorffe zugegen sey, und daß sie in solchem Falle zwar nichts anders als blosse Executoren auf den Winck und Befehl des Herrns von Adel sind, voraus setzen, im übrigen aber es ausser allem Streit sey, daß sonst auch denen Schultheissen die Gerichtsbarkeit zukomme, wenn sie zumahl mit dem Schultzen-Gerichte belehnet sind, zeiget Stryck in Us. Mod.  
  Dafern nun aber einem oder dem andern die Gerichtsbarkeit schlechterdings verliehen worden; so werden insgemein nicht nur die Erb- und Nieder-Gerichte, sondern auch die Ober-Gerichte darunter verstanden.
  • Carpzov P. II. Const. … und in Pract. Crim. …
  • Mevius P. IV. …
  Widriger Meynung sind, und wollen, die Erb- und Unter-Gerichte wären disfalls nur allein darunter gemeynet,
  • Struv in Syntagm. Jur. Feud. …
  • Stryck l.c. …
  Es wäre dann, daß die Ober-Gerichte dem Lehn vorher schon einverleibet, oder die gäntzliche Gerichtsbarkeit verliehen worden wäre.
  Ein mehrers hiervon siehe unter denen Artickeln  
   
  Schlüßlich ist hierbey noch zu erinnern, daß einige zwar auch lieber die sonst so genannte Mittel-Obrigkeit, lat Mixtum Imperium, hieher ziehen, und mit denen Erb- oder Nieder-Gerichten vor eines ausgeben wollen. Es ist aber sicherer und gewisser, daß solche vielmehr eine gantz besondere Art der Gerichtsbarkeit vorstellen, wovon unter dem Artickel Obrigkeit (Mittel) ein mehrers.  
     

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Stand: 22. November 2023 © Hans-Walter Pries