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Zedler: Pandecten [1] HIS-Data
5028-26-505-05-01
Titel: Pandecten [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 26 Sp. 505
Jahr: 1740
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 26 S. 266
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Übersicht
Einleitung
Verfertigung
Pandectae oder Digesta
Ordnung
Herausgeber und Mitarbeiter
Urheber
Aufgaben der Sammler
Widersprüche
Bearbeitungszeit
Bekanntmachung

Stichworte Text Quellenangaben
Einleitung Pandecten, Pandectae, sind der andere Theil der Welt-bekannten Sammlung derer alten Römischen Rechte und Gesetze, oder des sonst so genannten Corporis Juris Civilis, und enthalten eigentlich nichts anders, als einen kurtzgefaßten Auszug aus denen vorher sich über die Massen gehäuften Schrifften und Aussprüchen derer alten Römischen Rechts-Gelehrten, welche bis zu denen Zeiten des Kaysers Justinianus gelebet und bekannt geworden.  
Verfertigung Es war aber deren Verfertigung allerdings eine recht desperate Arbeit, wie solche gedachter Kayser in Prooem. Inst. §. 2. selber nennet. Es ließ nemlich derselbe, nachdem kurtz zuvor auf dessen Befehl der sogenannte Codex Justinianeus zu Stande gebracht worden war, aus der ungeheuern Menge der alten Juristischen Schrifften dieses Werck verfertigen, welches er nach dem Exempel des Julianus Celsus Pandectae und auch Digesta intitulirte, wie solche in der Constit. Dedit nobis Deus. §. 1. de confirm. Digest. welche in dem L. 3. C. de vet. jur. enucl. zu befinden genennet werden. Besiehe auch l. 1. §. 12. und l. 2. §. 1 C. eod.
Pandectae oder Digesta Pandectae aber wird dieses Werck von denen Griechischen Worten tou pan kai dechomai deswegen also genennet, weil solche alle und iede Materien der Römischen Gesetze, oder was irgend nur einiger Massen zu der alten Römischen Rechts-Gelehrsamkeit gehören möchte, in einer gewissen beliebten Ordnung abgehandelt in sich fassen.
  • Julius Pacius in Prolegom. Anal. Instit. §. 2.
  • Stryck in Praecogn. Jur. c. 2. §. 7. p. 25.
  Ob aber dieses Wort generis foeminini oder masculini sey, davon kan Voßius de Arte Grammat. Lib. 1. c. 19. desgleichen Brencmann in Hist. Pand. Lib. III. c. 6. nachgelesen werden.  
  Die andere Benennung aber, nach welcher sie sonst auch Digesta heissen, hat ihren Ursprung von dem lateinischen Worte Digerere, weil alles dasjenige, was zuvor in denen Schrifften der alten Römischen Rechts-Gelehrten hin und her zerstreuet war, in eine gewisse Ordnung gebracht worden.  
Ordnung Zu wünschen aber wäre nur, daß solches dem Namen nach auch würcklich, oder doch besser, als würcklich geschehen, beobachtet worden, wiewol dennoch nicht zu läugnen ist, daß diese Rechte und Gesetze von dem Kayser Justinianus nicht auf eine gantz verworrene Art und Weise vorgetragen worden, indem der von vielen Rechts-Gelehrten gezeigte Zusammenhang derer Pandecten gar deutlich zu erkennen giebet, daß man das Corpus Juris Romani deswegen nicht vor ein gantz confuses Chaos halten könne, weil die darinnen befindlichen Materien ihrer grossen Menge ungeachtet, dennoch von dem Kayser Justinianus in eine gewisse Ordnung dergestalt rangiret worden, daß eben dieser gedachte Zusammenhang derer Materien dem Gedächtniß wohl zu statten kommen kan, worauf auch der Kayser Justinianus selbst  
   {Sp. 506}  
  in der angezogenen Constit. §. 1. in fin. zu sehen scheinet. Cujacius in Paratitl. ff. in prooem.
  Bey dieser Verfertigung derer Pandecten wird von einigen Gelehrten erinnert, daß zwar die Verfasser derselben unendlich viele Auszüge aus denen Schrifften der alten Juristen gesammlet hätten, aber ohne alle Überlegung; daher es käme, daß das gantze Werck von gar keiner Ordnung wäre, es liege alles darinnen über die Massen unter einander gemischt, die an einander hangende Materien wären mehrentheils zergliedert, zerstückt, und der Alten ihre Meynungen sehr öffters zerbrochen und unrichtig vorgetragen. Hofmann in Hist. Jur. Vol. I. p. 294.
  Von dieser Arbeit fället auch Christian Heinrich Freisleben in der Einleit. zur Bürgerl. deutschen Rechts-Gelahrheit c. 5. § 8. pp. 88. ein artiges Urtheil, wenn er spricht:  
  „Der Augenschein weiset, daß darinnen nicht eine gemeine Unordnung anzutreffen, sondern daß sich Tribonianus Mühe gegeben, etwas vollkommen unordentliches zu machen.“  
  Indessen finden sich doch welche Verehrer des Justinianischen Rechts, so beständig davor halten, daß eine vortreffliche Ordnung und Zusammenhang bey denen Pandecten in Acht genommen worden. Und dieser Meynung ist unter andern Cujacius zugethan. Siehe Kreß in Praef. 2. Specim. Jurispr.
  Ob nun gleich nicht zu läugnen ist, daß sich in dem gesammten Corpore Juris einiger Zusammenhang derer Materien und Ordnung findet, indem solche sowol nach der Vorschrifft des Codicis, als nach dem Edicto perpetuo des Salvius Julianus eingerichtet und abgefasset worden, l. 1. §. 5. C. de vet. jur. enucl.
  so scheinet doch deswegen die Meynung derer Rechts-Gelehrten, welche mit dem Duarenus in Dispp. Anniv. Lib. I. c. 55. zu behaupten suchen, daß bey Abhandlung und Erklärung derer Pandecten keine andere Abtheilung derer Materien und Ordnung gemacht werden könne, keinesweges zu billigen zu seyn, weil die Ordnung im Vortrage und der Lehr-Art (Methodus doctrinae) allerdings zu erfordern scheinet, daß das gantze systematische Corpus derer Pandecten nach einem solche Vortrage zergliedert vorgetragen werde, welcher dem Gedächtniß und dem Zusammenhange derer Materien am allergemässesten zu seyn scheinet.  
  Dahero zu zweifeln ist, ob die Meynung des Ludovici in seiner Doctrina Pandectarum so schlechterdings anzunehmen sey, wenn er meynet, es stehe in keiner Privat-Person Gewalt, deshalber eine andere Ordnung zu treffen und einzuführen, ob er gleich selbst nicht in Abrede seyn kan, daß die mehresten Materien in denen Pandecten nach der Art und Weise, wie sie von denen Sammlern geordnet worden, nicht zum besten zusammen hiengen. Denn wenn man das letzte einräumet, so siehet man nicht, warum man bey dieser Sammlung derer Rechte, welche nach dem Edicto perpetuo eingerichtet worden, nicht von dem systematischen Corpore dergestalt, wegen einer desto bessern und deutlichern Lehr-Art abgehen könnte, daß man durch einen weit ordentlichern Vortrag nach dem natürl. Zusammenhange der Sachen, welche vorgetragen werden, dem Gedächtnisse derer Lernenden zu statten zu kommen suchte.  
  Ist also sehr gut, daß einige  
  {Sp. 507|S. 267}  
  Rechts-Lehrer unserer Zeiten der studirenden Jugend diesen gefälligen Dienst erzeiget, und die in denen Pandecten enthaltenen Rechts-Materien dergestalt nach der natürl. Ordnung derer zusammenhangenden Materien rangiret, daß alle diese Materien in einer natürl. Verbindung nach dem Rechte der Personen und Sachen vorgetragen, wie nicht weniger dasjenige, was die rechtl. Klagen anbetrifft, besonders abgehandelt haben, weil man auf solche Weise die in einander geworffene Materien aufs deutlichste aus einander wickeln und dadurch dem Gedächtnisse eine sehr gute Hülffe leisten kan, wie denn dergl. vorneml. Rivinus in einem besondern Schediasmate, unter dem Titul: Nexus Pandectarum etc. gezeiget hat. Siehe auch Eckard in Jurispr. Civ. p. 2. u. ff. in Prooem.
Herausgeber und Mitarbeiter Die Verfertigung derer Pandecten hat der Kayser Justinianus im Jahre 530 im Monat December dem Tribonianus aufgetragen, wie solches aus der Constitution, so dem Corpori Juris vorgesetzet, und dem Titulo Codicis de vet. jur. enucl. einverleibet worden, zu ersehen, welcher sich hierauf noch 16 andere Männer, theils öffentl. Lehrer auf der hohen Schule zu Constantinopel und Berytus, theils geschickte Advocaten zu Mitarbeitern angenommen. Und sind deren Namen folgende:  
 
  • Theophilus,
  • Anatolius,
  • Dorotheus,
  • Constantinus,
  • Gratianus,
  • Stephanus,
  • Menna,
  • Prosdocius,
  • Eutolmius,
  • Timotheus,
  • Leonides,
  • Leontius,
  • Plato,
  • Jacobus,
  • Constantius
  • und Johannes.
 
  Waren also dieser Sammler, nemlich mit dem Tribonianus, siebenzehn, L. 2. §. 9. C. de V. J. E. Siehe Herrmanns Histor. Nachr. von dem Leben des Kaysers Justiniani M. p. 20. u. ff.
  Von diesen gelehrten Männern ist nun dieses Werck auf Kayserlichen Befehl aus der alten Römischen Rechts-Gelehrten Schrifften, deren Namen iedwedem Gesetze vorgesetzet worden, nach der Ordnung des Codicis und des Edicti perpetui zusammen getragen worden.  
Urheber Derer Schrifften aber, woraus die Pandecten gezogen und verfertiget worden, waren ungefehr zwey tausend. Und neun und dreyßig alte Römische Juristen waren Urheber davon, wie Gregorius Haloander davor hält. Taurellus setzt deren 38. Guilielmus Budäus 37. Johannes Mercerius hingegen 36. Des Taurellus Meynung will Lorentz Theodor Gronov in Emendat. Pand. p. 81. und Bernhard Heinrich Reynold in Not. ad Mercerii Conciliator. p. 3. vor die beste halten, derer Namen werden in dem Indice, Pandectis Florentinis praefixo, in folgender Ordnung angegeben:  
 
  • M. Salvius Julianus.
  • L. Aemilius Papinianus.
  • Domitius Ulpianus.
  • Julius Paulus.
  • Titus Cajus oder Gajus.
  • Quintus Mutius Scavola.
  • Hermogenianus, oder Hermogenes.
  • Juventius Celsus.
  • Herennius Modestinus.
  • Priscus Meratius.
  • Q. Septimius Florens Tertullianus.
  • Callistratus.
  • Javolenus Priscus.
  • Alfenus, oder Alphenus.

    {Sp. 508}

  • Venulejus Saturninuns.
  • Sextus Cäcilius Africanus.
  • Papirius Justus.
  • Sextus Pomponius.
  • Florentinus.
  • Aelius Martianus.
  • Claudius Tryphonius.
  • Ulpius Marcellus.
  • Licinius Proculus.
  • Aurelius Arcadius Charisius.
  • Licinius Ruffinus.
  • Arrius Menander.
  • Aemilius Macer.
  • Antistius Labro.
  • Aburnus, oder Aburnius Valens.
  • Lucius Volusius Macianus.
  • Junius Mauricianus.
  • Terentius Clemens.
  • Q. Cerbidius Scavola.
  • Masurius Sabinus.
  • Julius Gallus Aquila.
  • Tarruntenus Paternus.
  • Anthas, oder Phorus, oder Furius Antianus.
  • Rutilius Maximus.
  • Aelius Gallus
 
Aufgaben der Sammler Wie sich nun diese Sammler bey Verfertigung derer Pandecten aufzuführen gehabt, das kan man aus den Worten der Constit. de concept. Digest. §. 7. zur Gnüge ersehen. Sie musten nemlich dasjenige, was in denen Schrifften der alten Rechts-Lehrer nicht wohl gegeben, oder irgend sonst unvollkommen und unverständlich war, verbessern, ergäntzen, deutlicher machen, und auf die damalige Regierung appliciren. Es war ihnen auch anbefohlen, sich wohl in Acht zu nehmen, daß sie keine Antinomien oder widerstreitende Gesetze möchten einschleichen lassen, wie solches zu ersehen aus der erst angezogenen Constit. de concept. Digest. l. 1. §. 8. C. de V. J. E.
Widersprüche Es stand daher der Kayser Justinianus in den Gedancken, die Pandecten wären auf seinen Befehl so behutsam verfertiget worden, daß gar kein Widerspruch darinnen anzutreffen seyn würde. Wie er sich denn dessen in l. 2. pr. C. de V. J. E. rühmet, dennoch aber finden sich viele unter den Gelehrten, welche eine ziemliche Menge dergleichen Antinomien nicht nur in denen Pandecten, sondern auch in den übrigen drey Theilen des Corporis Juris Justinianei angemercket haben wollen. Als da sind  
 
  • Frantz Balduinus in Justiniano,
  • Hotomann in Anti-Triboniano,
  • Thomasius in Not. ad Strauchium, in Scholiis ad Huberum, und in Dispp. Lips. passim.
  • Joh. Jac. Wissenbach in Exerc. ad ff.
Siehe auch Müller ad Struvii Synt. Jur. Civ. Exerc. L. §. 69.
  Wiewol auch wiederum andere sind, welche solche in ihren hiervon herausgegebenen Schrifften mit einander zu vereinigen suchen. Als Z.E.  
 
  • Gratian von Garzatoribus,
  • Niclas von Pafferibus,
  • Bronchorst,
  • Pacius,
  • Giphanius,
  • Struve,
  • Berger,
  • Jac. Brandmüller,
  • Reinh. Bachovius,
  • Helffrich Hunnius
  • u.a.
Bes. aber auch Balduin in Justin. p. 261.
Bearbeitungszeit Zu Verfertigung dieses Werckes hatten die Sammler zehn Jahr Zeit überkommen, welches aber in 3 Jahren zu Ende gebracht wurde. Und diese Eilfertigkeit hat  
  {Sp. 509|S. 268}  
  auch der Kayser Justinianus nicht übel empfunden.
  •  l. 2. §. 12. C. de V. J. E.
  • l. 3. §. 12. C. eod.
  • Balduin in Justin. p. 270.
Bekanntmachung Da nun dieses Werck gedachter massen zu Stande gebracht worden war; so überreichte Tribonianus solches dem Kayser Justinian, der es auch sogleich bekannt machte, und den 16 December 533 nebst denen Institutionen bestätigte. l. 2. § 23. C. de V. J. E. 
  Und muste sodenn alles, was in demselben enthalten war, vor das Seine paßiren. §. 10. u. 19. Constit. Tanta. de Confirm. Digest.
  Es hat aber der Kayser Justinianus bey dieser Bestätigung derer Pandecten sonderlich zwey Stücke verbothen, nemlich  
 
1) solte man die Gesetze nicht mehr mit Siglis oder einzeln Buchstaben, bey Strafe eines Falsches, schreiben.
Siehe Constit. Omnem. §. 8. und l. 2. §. 22. C. de V. J. E.
  Und  
 
2) solten keine Commentarii, sondern nur Paratitla, darüber verfertiget werden.
Constit. Deo auctore. §. 7. und Constit. Tanta. §. 21.
     

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Stand: 15. Dezember 2023 © Hans-Walter Pries