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Zedler: Politick HIS-Data
5028-28-1525-20
Titel: Politick
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 28 Sp. 1525
Jahr: 1741
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 28 S. 626
Vorheriger Artikel: POLITICI MARTYRES
Folgender Artikel: Politick (Personal-)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text  
  Politick, Lat. Politica, Prudentia civilis, Fr.  
  {Sp. 1526}  
  Politique, heisset in einer Schul-Bedeutung, die Wissenschafft, die da anweiset, den Grund der Menschlichen Gesellschafften, und eines wohl gefasseten Regiments, die verschiedene Arten der Regierungen, worauf eine jede beruhe, wie sie erhalten und klüglich geführet werden müsse, worauf die Macht eines Regiments beruhe, und wie dieselbe innerlich durch heilsame Gesetze, Handhabung der Gerechtigkeit, Nahrung und Gewerbe, äusserlich durch gute Kriegs-Verfassung und vortheilhaffte Bündnisse zu befestigen, u.s.w.  
  Nach dem gemeinen heutigen Gebrauch heisset Politick, eine besondere Klugheit, die Vortheile eines Fürsten oder Staats wohl auszusinnen, durch verdeckte Wege zu suchen, und auf alle mögliche Weise zu erlangen. In solchem Verstand wird es offt auch auf Privat-Händel und Geschäffte gezogen.  
  Eine wahre Politick siehet zu förderst auf das allgemeine Gesetz der natürlichen Billigkeit, einem andern nicht zu thun, was man nicht gerne von ihm leiden wolte. Hiernächst betrachtet sie ihren Nutzen zu schaffen, ohne Schaden eines andern, und einen grössern allgemeinen, einem geringern oder besondern eigenen Nutzen vorzuziehen. Sie trachtet für allen Dingen, das Band der Menschlichen Gemeinschafft, Treu und Glauben, so wohl gegen die auswärtigen, durch Vesthaltung öffentlicher Versprechen und Bündnisse, als zu Hause, durch Auffrechthaltung der gemeinen Gesetze, Rechte und Freyheiten zu bewahren, als ohne welches kein menschlicher Umgang mehr bestehen kan, sondern in einen wilden Thierischen Raub, und reissende Gewalt verfallen muß.  
  Eine falsche Politick thut das gerade Widerspiel. Sie misset ihre Anschläge nicht nach Recht und Billigkeit, sondern nach ihren unartigen Begierden: Sie setzt alles andere Absehen an die Seite, und hat allein ihren Eigennutz vor Augen, was auch für Schade und Unrecht andern dadurch entstehen möchte: Und zu denselben zu gelangen, achtet sie nicht, ob sie gerade oder krumme Wege, durch Betrug, Hinterlist, Untreu, oder offenbahre Gewalt einschlagen müsse. Für den Meister dieser letztern, wird insgemein Machiavellus angegeben, der aber wider seine Meynung Schüler gehabt, die ihren Meister weit übertroffen.  
  Von denen so die Grundsätze der Politick in eigenen Wercken, nach ordentlicher Lehr-Art verhandelt, oder sonst darzu Anleitung geben, giebt ausdrückliche Nachricht Gabr. Naudäus in Bibliographia politica, welchen nebst Casp. Schioppii Paedia politices und Coleri Epist. de studio politico, der gelehrte Conring zusammen herausgegeben, und Casp. Thurmannus in Bibliotheca Statistica, welcher vornehmlich diejenigen aufgezeichnet, so von Staats-Streichen und von berühmten Staats-Ministern gehandelt.  
  Unter den Alten sind Plato, den der grosse Lehrer Th. Aqvinas so hoch gehalten, daß er gewünschet, es möchten seine Schrifften in einer Grund-Regel in alle Christliche Regimenter eingeführet werden, und Aristoteles, welchen Piccartus mit einer vortrefflichen Auslegung erläutert. Beyde aber werden heut wenig geachtet, vielleicht weil sie nicht recht verstanden werden, oder weil ihre Sätze mit den heutigen nicht  
  {Sp. 1527|S. 627}  
  übereinstimmen.  
  Unter den neueren ist Joh. Bodinus in seinem Buch de Republica, welches auch ins Teutsche übersetzt zu lesen, den Naudäus wegen seiner grossen Gelehrtheit, scharffen Verstandes, und reiffen Urtheils, ein besonderes Lob vor andern beylegt. Th. Hobbes in seinen Büchlein de homine et Cive, hat einen besondern Weg eingeschlagen, der aber wenig Beyfall gefunden, und ihm starcken Widerspruch erweckt: Doch wird er wegen seiner tieffen Einsichten von allen gelobet.  
  Unter den übrigen Hauffen möchten zu erlesen seyn,  
 
  • Arn. Clapmarius de Arcanis Rerumpublicarum, der aber nach Urtheil der Verständigen seinen Titel kein Genügen thut:
  • Pet. Gr. Tolosanus de Republica, der viel Gelehrtheit aber wenig Ordnung mit sich führt:
  • Joh. Chokier Thesaurus Aphorismorum Politic.
  • Carl. Scribanii Politicus Christianus.
  • Duri de Pasculo Aulicus Politicus, dessen rechter Nahme Eberh. a Weihe, welchen er aber offt verändert, und darum von Ungersdorff der verstellte Schulfüchsische Edelmann genennet wird.
  • Chr. Besoldi Politica, ein gelehrtes Werck:
  • Und unter den neuesten
    • Josiä Arndii Joab Davidis, s. Minister Principis probatus et improbatus;
    • Jac. Ben. Bossueti Politique tirée des propres paroles de l' Ecriture S.
 
  unter den Systemacis hat den Vorzug Jo. Ch. Becmann in Meditationibus Politicis.  
  Herr Christian Wolff hat in seiner Politick zureichende Lehren vorgetragen, daraus man von allen denjenigen, was im gemeinen Wesen vorkommt, richtigen Grund anzeigen, und alles, was zu einem Staat gehöret, oder irgendens wo darinnen angetroffen wird, vernünfftig beurtheilen kan. In der Ausführung alles dessen, hat er wohl in acht genommen, 1) daß alles gründlich angeführet, und 2) überall der Nutzen in höhern Facultäten und dem menschlichen Leben gezeiget werde.  
  Deswegen hat er seine Politick betittelt: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschafftlichen Leben der Menschen, und insonderheit dem gemeinen Wesen, und machet darinnen zwey Theile. Im ersten Theile handelt er von den Gesellschafften der Menschen, und zwar  
  1) von der Gesellschafft der Menschen überhaupt,  
  2) von dem Ehestande,  
  3) von der väterlichen Gesellschafft,  
  4) von der Herrschafftlichen Gesellschafft, und  
  5) von dem Hause.  
  In dem andern Theile redet er  
  1) von dem gemeinen Wesen überhaupt,  
  2) von den verschiedenen Arten des gemeinen Wesens,  
  3) von der Einrichtung des gemeinen Wesens,  
  4) von den bürgerlichen Gesetzen,  
  5) von der Macht und Gewalt der Obrigkeit,  
  6) von der Regierung der hohen Landes-Obrigkeit, und  
  7) von dem Kriege.  
  Von der Historie der Politick handelt Stolle in seiner Historie der Gelahrheit, in einen besondern Capitel, welches das V des III Theiles ist.  
  Man lese auch den Artickel: Staats-Wissenschafft.  
     

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Stand: 27. Februar 2013 © Hans-Walter Pries