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Zedler: Rang, Präcedentz HIS-Data
5028-30-802-3
Titel: Rang, Präcedentz
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 30 Sp. 802
Jahr: 1741
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 30 S. 410
Vorheriger Artikel: Ranft
Folgender Artikel: Rang, Glied
Siehe auch:
Hinweise:

  Text Quellenangaben
  Rang, Präcedentz, Proedria, Praecedentia, ist der äusserliche Vorzug, da einer dem andern in Ordnung vorgehet, und der entweder auf dem Wohlstande beruhet, z.E. wenn eine Manns-Person dem Frauenzimmer den Rang giebet, dergleichen auch vielfätig dem Fremden, jedoch in gewissen Umständen, widerfähret; oder auf die Opinion der Leute, die sie vor unsere Geschicklichkeit haben; oder auf die Dignitäten und Ehren Stellen oder auf die Ehren-Stellen und Opinion der Leute zugleich.  
  Wenn jemand im Range Ehre suchet, so muß man ihm die Eitelkeit des Ranges vorstellen, und dabey zeigen, daß Verständige um des Ranges willen niemanden hochachten, ja unterweilen wohl gar daher Anlaß nehmen den andern zu verachten, absonderlich wenn sie mercken, daß er deßwegen von ihnen angesehen zu werden begehret. Es kan aber die Eitelkeit des Ranges gar leicht gezeiget oder erkannt werden, in dem es ja auf der blossen Einbildung beruhet, daß einer mehr ist, der in dieser Stelle sitzet, als der eine andere einnimmet, oder der einige Schritte vorhergehet, als der einige nachfolget, daher auch bald die Vornehmern voran gehen und die Geringeren nachfolgen, bald die Geringeren vorgehen und die Vornehmeren zuletzt folgen.  
  Da  
  {Sp. 803|S. 411}  
  der Rang nichts im Menschen und seinem Zustande ändert; so ist auch für sich keine Ehre darinnen zu suchen. Wenn man Rang durch Verdienste erhält, das ist, um des Guten willen, welches wir an uns haben, und solcher gestalt eine wahre Ehre zum Grunde leget; so gereichet er soweit zu Ehren, als er eine wahre Ehre zum Grunde hat. Nicht der Rang, sondern die Ursach des Ranges ist eine Ehre.  
  Er vergnüget den, der ihn hat, und andere, die darauf acht geben, in so weit man sich dadurch der Vollkommenheit oder des Guten erinnert, so ihn zu wege gebracht, und in so weit man sich erfreuet, daß das gute erkannt und belohnt wird.  
  Hingegen wo Rang nicht durch Verdienste, sondern durch andere krumme Wege erlangt worden, als wenn man erkauffet, erbettelt oder zur Belohnung für erduldete Schande bekommet, z.E. die übele Aufführung seiner Frau übersiehet, und was dergleichen mehr ist; so kan er einem keine Ehre gegeben. Vielmehr gereichet er öffters zur Schande, in dem er Anlaß giebet nachzuforschen, wie man den Rang erhalten habe, den man keines weges verdiene, auch unterweilen mit unseren übrigen Umständen sich gar nicht zusammen reimet.  
  Und hieraus erlernet man zugleich, wie weit man den Rang begehren soll, nehmlich in so weit er Anlaß geben kann sich des Guten, was wir an uns haben, zu erkundigen und daher ein Mittel ist, unsere wahre Ehre zu befördern. Denn da ein jeder verbunden ist das Gute bekannt zu machen, was an ihm ist, so kan er auch den Rang annehmen, wenn er Anlaß geben kan sich desselben zu erkundigen.  
  Hingegen wer darinnen vor sich Ehre suchet, und wohl gar deßwegen besser zu seyn düncket als andere, der handelt in der That thöricht, indem darinne keine bestehet, und kan von Verständigen kein anderes Lob als das Lob der Thorheit erhalten. Nichts desto weniger wird um den Rang nicht selten gar hefftig gestritten, insonderheit bei grossen Begängnissen, wo so mancherley Leute zusammen in eine Ordnung gerichtet werden sollen; da zuweilen die einen mit den andern um den Vortritt streitig sind, und keiner ihm gerne etwas vergeben, oder einem andern weichen will.  
  Welches den Ceremonien-Meistern, denen desfalls die Einrichtung obliegt, viel zu schaffen macht, und wo es nicht endlich entschieden werden kan, gemeiniglich durch ein Interims-Expediens, beyden Theilen unverfänglich, vor das mahl gehoben wird. Was bei einem vorfalleden Rang-Streit nach der Klugheit zu beobachten,, weiset Heumann im Politischen Philosopho …  
  Diejenigen, welche in einer Dignität und Würde stehen, sollen denen vorgehen, die solche nicht haben, wenn sie gleich von Geburt älter seyn, l. 2. et 3. de alb. scribend.
  weil der Würden Ordnungen zu halten seyn, wie die ausdrückliche Rubric ist in Cod. ut dignitatum ordo servetur. Farinac. lib. 1. ...
  Bey denen, die gleiche Dignität und Würde haben, ist die Ehigkeit der Zeit zu attendiren. Brunnemann ad l. 1. C. ...
  Immatriculirte Advocaten gehen denen Actuarien der Ordnung nach vor, Wernher sel. obs. ... Horn de jure ...
  Ein Handwercker, der Raths-Herr worden, gehet denen Advocaten, die an eben demselben Orte Bürger  
  {Sp. 804}  
  oder Einwohner seyn, vor, wo nicht durch Gewohnheit das Gegentheil beygebracht werden kan, Berger lib. 1. R. 280.
  Wenn von dem Rangs-Rechte die Frage ist, muß nicht allein der Grad, in einer in einer Obern Facultät erhalten hat, sondern auch das Amt, das einer verwaltet, in Betrachtung gezogen werden Wernher. sel. obs. ...
  Ein wider einen aus der Zahl der Doctorum exercirter possessorischer Actus des Rang-Rechts präjudicirt denen andern nicht, Wernher. sel. obs. ...
  So viel übrigens die zwischen denen Fürsten und Ständen im Heil. Röm. Reiche entstandenen Präcedentz- oder Rang-Streitigkeiten anbetrifft; so gebühret deren Entscheidung und die Erkänntniß darüber dem Kayser, als oberstem Richter.  
  Endlich ist auch aus der Jüdischen Historie bekannt, dass die Oberstelle, Prōtoklisia, allezeit denen gelehrten und verdienten Männern zugeeignet worden. Daher die bekannte Regel der Rabbinen: Tribus ad convivium invitatis, principe, sapiente et humili, sapiens est proximus a prinicipe. Si quaeris: cur a rege? respondent; Quia sapiens est.  
  Diesen Hochmuth wirfft Christus vor denen Schrifftgelehrten und Pharisäern, da er von ihnen sagt, daß sie gerne oben an sitzen über Tisch, und in den Schulen, Matth. XXIII, 6.
  Denn weil die Grossen im Volck diese Leute sehr hoch schätzten und ehrten, und nichts von Wichtigkeit ohne ihren Rath vornahmen, so wurden sie öffters von ihnen zu Gaste geladen, da bewiese man ihnen den Respect, daß man ihnen den ersten Platz zuerkannte, womit ihnen auch höchstens gedienet, und solches ihnen sehr angenehm war,
  • vergl. Luc. XIV, 7. 8.
  • Bes.
    • Josephus im Jüd. Alterth. XIII B. 18. Cap.
    • Cave im Leben der Apostel, p. 333,
    • Lightfoot in Horis
  Sie liebten auch die Oberstelle in den Schulen, welche ihre Sammel-Plätze waren, da man das Gesetz lase und zum öffentlichen Gebet und Predigten zusammen kam. In diesen Gebäuden sahe man Ehren-Stühle, die vor die Aufseher der Schulen gestifftet, und vor die Schrifftgelehrten und Pharisäer erbauet waren. Hier verlangten sie auch den Rang und Vorzug, wie auch die ansehnlichsten Stellen unter denen, die Ehren- und Autoritäts-Stühle in denselben hatten. Bes.
  • Reland Antiquit. …
  • Amelii Erörterung schwerer Schrifftstellen Neues Test II Th. p. 342. u.f.
  Von dem Range überhaupt können nachgelesen werden
  • Joh. Jac. Rhode in Diss. Moral. de Proedria, Königsberg 1717;
  • Glafey in dem Vernunfft- und Völcker-Rechte, p. 26. u.f.
    Auch hat der Herr von Rohr in der Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen ... gantz ausführlich von dem Range gehandelt.
  Siehe ingleichen den Artickel: Rang-Ordnungen.  
     

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Stand: 3. April 2013 © Hans-Walter Pries