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Zedler: Recht (Canonisches) HIS-Data
5028-30-1339-2
Titel: Recht (Canonisches)
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 30 Sp. 1339
Jahr: 1741
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 30 S. 679
Vorheriger Artikel: Recht (Cammer)
Folgender Artikel: Recht (Cent-)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

Stichworte Text Quellenangaben
  Recht (Canonisches)  
   
  wird sonst auch das Päbstische Recht[1] genennet, weil es auf Päbstlichen Befehl zusammen getragen worden, und gewisse Canones oder Reguln vorschreibet, nach welchen man seinen Lebens-Wandel in und ausser Gericht zu führen hat.
[1] HIS-Data: siehe Päbstliches Recht
  Christ. Thomas. in Cautel. circa Praecognita Jurispr. Eccles. cap. 18 sagt, daß das Jus Canonicum ein Buch sey derjenigen Gesetze, welche von denen Bischöffen zu dem Ende gemacht worden, daß die Christen zu einem frommen und heiligen Leben, und rechten Glauben von göttlichen Dingen möchten angehalten werden.  
  Dieses Recht soll in dem XII Jahrhunderte der Lateinischen Kirche entstanden seyn. Die nachher erfolgte Einführ- und Annehmung dieses Rechts suchet Lauterbach in der Praefat. Comp. Jur. gar weit her, und spricht, daß solches, in so ferne es weder der Billigkeit, noch dem göttlichen Rechte entgegen wäre, eingeführet sey, da doch viele Canones in selbigem enthalten, welche weder wider die natürliche Billigkeit noch das göttliche Recht lauffen, und doch gleich wohl nicht recipiret sind, dieses auch aus dem Lauterbach d.l. selbst so viel deutlicher darzuthun ist, als er bald hierauf anführet, daß es meist nur in solchen Sachen gültig sey, wo das Bürgerliche Recht  
  {Sp. 1340}  
  entweder gar nichts, oder doch sehr dunckel und zweifelhafft verordne und also dem Bürgerlichen Rechte überall nachstehen müsse, ausgenommen in Kirchen- Gewissens- und Proceß-Sachen; als in welchen das Canonische Recht jenem vorzuzühen sey; da aber beyde zweiffelhafft wären, so habe auch unter beyden Rechten keines vor dem andern einigen Vorzug; Von dem Ursprunge und Anfange in Colligirung dieser Canonum, ingleichen von dem Fortgange dieses Päbstischen Rechts kan so wohl Böhmers Jus Ecclesiasticum, als auch Fleischers Einleitung zum geistlichen Recht, und Thomasius in Cautel. circa Praecogn. Jurispr. Eccles. nachgelesen werden.  
  Hierbey ist nur dieses zu erinnern, daß, weil die Päbste in der meisten occidentalischen Christenheit ehemahls viel zu sprechen hatten, solches, gleich wie das Civil-Recht, entweder auf Befehl oder doch auf Zulassung des Pabsts Eugenius III auf denen Italiänischen Universitäten eingeführet worden, allermassen Kayser Justinianus selbst in denen Novellen den zu seiner Zeit vorhandenen Codicem Canonum bestätiget, und solchen gar mit einander der göttlichen Schrifft gleich gemacht hat, Thomas. d.l. cap. 19. und also solch Canonisches Recht mit dem Civil-Recht auch nach und nach in Deutschland kommen sey, indem ehemahls viel junge Leute aus Deutschland nach Bononien Studirens halber gezogen, die denn keine andere Wissenschafft, als aus denen Römischen Rechten und Päbstlichen Satzungen, mit sich zurück gebracht, und auf Universitäten auf dem Catheder, und sonsten in Gericht-Stühlen appliciret haben.  
  Da es denn solcher gestalt auch nach und nach in Deutschland einige Autorität, zwar aller Orten, jedoch in einigen Landen, als in denen Stifftern eher, aber nicht gleich durch in allen Stücken, erlanget hat, und freywillig, z.E. in Sachen, welche die Ehe, Kirchen-Güter und Beneficia, Zinsen, Zehenden, Testamente, milde Sachen, Stifftungen, Eyde, Verjährung und die Processe betreffen, angenommen worden ist. Dergleichen Autorität es auch nach der Reformation zwar bey denen Protestirenden, weiln man daran gewöhnet war, in ietzt angeführten Materien behalten hat; jedoch, weil das Ansehen des Pabsts bey denen Protestirenden erloschen, also auch dem päbstlichen Rechte bey Ihnen weiter keine Gültigkeit und Autorität übrig verblieben ist, als in so weit es freywillig und aus blossem Gebrauche angenommen worden.  
  Inzwischen verwirfft offtgedachter Thomasius d.l. cap. 22. nicht unbillig Schilters Meynung, ob habe das Canonische Recht, nachdem es von Luthern verbrannt worden, in denen Protestantischen Landen alle Krafft verlohren. Er zeiget dargegen gründlich, daß in keinen Reichs-Abschieden, oder Satzungen von Maximilian I, bis auf Ferdinand I, das Canonische Recht gantz aufgehoben, und das Bürgerliche an dessen Statt gesetzt worden sey; es wäre denn, daß solches nur in Ansehen gewisser Materien geschehen.  
  Wann also nun das Bürgerliche und Canonische Recht in einerley Materie oder Streit-Sache einander  
  {Sp. 1341|S. 680}  
  zuwider sind, so ist dem letzten nachzugehen, wenn es Kirchen-Güter oder andere geistliche Sachen betrifft; dergleichen z.E. in der Verjährungs-Materie geschiehet, allwo das Bürgerliche Recht die Verjährung, wenn solche gleich gefährlicher und betrüglicher Weise (mala fide) geschehen, zulässet; das Canonische Recht dargegen solche verbeut.  
Schlesien Auch in Schlesien ist das Canonische Recht in vielerley Fällen recipiret, wie diesem Henel. in Silesiogr. Renovat. cap. 11. §. 41. Beyfall giebt; Siehe auch Weingart in Fasc. dict. ... Feltz in Disp. ...
  Und nach solchem wird nicht nur in dem auf dem Dom zu Breßlau niedergesetzten Bischöfflichen, sondern auch in denen übrigen Königlichen und Fürstlichen Evangelischen Consistoriis derer Erb- und anderer Fürstenthümer, wie nicht minder der Stadt Breßlau, in Kirchen- Ehe- Pfarr- Eydes- und Gewissens- Pfründen- oder Stifftungs- Priester- Zinsen- Begräbniß- und andern Sachen, unter denen Evangelischen, in so fern nemlich dergleichen Canones bey denen Augspurgischen Confeßions-Verwandten angenommen sind, gesprochen,
  • Brachvogel in Collect. ...
  • Henel in Silesiogr. ...
  • Weingart in Fascic. ...
  • Seidel observat. ...
  Allermassen nicht allein bereits vorhin Kayser Rudolph de dat. 3. Sept. Anno 1588 und Kayser Leopold im Jahre 1669 den 14 May, sondern auch die letzthin verstorbene Kayser- und Königliche Majestät, glorwürdigsten Andenckens, hiervon selbst in ein und andern Fällen allermildeste Vorschrifft ertheilet, wie aus der beym Brachvogel Part. II. ... und Seidel d.l. §. 12.befindlichen Pragmatischen Sanction erhellet, allwo selbe wegen derer nach dem Canonischen Rechte verbotenen Grade in Ehe-Sachen, und derselben Dispensation allerhöchste Ausmessung gethan haben: Daß sich niemand, wes hohen oder niedern Standes, Amts, oder Wesen der sey, zuwider derer geistlichen Constitutionen und Rechten über den vierdten Grad der Blut-Freundschafft und Schwägerschafft, ohne gebührlichen Consens, oder Bewilligung, ehelich nicht einlassen noch verheyrathen solle bey Vermeidung etc.  
  Und zu solchem Ende, damit nebst andern Rechten auch das Canonische Recht in Schlesien erlernet werden könne, bey Auf- und Einrichtung der Königlichen Josephinischen Adelichen Ritter-Academie zu Liegnitz, ebenfalls einen öffentlichen Lehrer des Canonischen Rechtes zu bestellen, vor gut befunden worden ist,
  • Autor der Schlesischen Kern-Chronick, Part. II. cap. 7.
  • Von denen Professorn, Exercitien- und Sprach-Meistern, p. 372.
  • ingleichen Bohens ausführlicher Bericht von Inauguration der Königlichen Ritter-Academie zu Liegnitz.
  Dergleichen auch bey Errichtung der Königlichen Leopoldinischen Breßlauischen Uni-  
  {Sp. 1342}  
  versität, unter andern denen Patribus der Gesellschafft Jesu mit vergönnet worden, daß daselbst so wohl das Canonische Recht von ihnen gelehret, als auch Doctores des bemeldeten Rechtes creiret werden mögen, wie aus dem Fundations-Diplomate zu ersehen ist.  
  Alleine, ob zwar ietzt bemeldeter massen das Canonische Recht auch in Ehe-Sachen in Schlesien statt findet, dergestalt, daß alle vorgegangene Fehler durch die nachfolgende Ehe gereiniget werden, ja eine solche Ehe nach dem Canonischen Rechte bestehe, wenn auch gleich die Frau aus unadelichem Stande und geringer Herkunfft ist. Besiehe Thomas in seinen Gedancken über Juristische Händel Part. III. ...
  oder wenn auch die Ehe gleich noch in dem letzten Augenblicke des Lebens vollzogen, ingleichen die zuvor gebohrnen Kinder alle mit einander durch die nachfolgende Ehe legitimiret worden: So leidet es gleichwol wieder seinen Abfall, allermassen in Ehe-Sachen das Canonische Recht für der Ritter-Banck in Schlesien nicht gültig ist, und das Ritter-Recht die hier unter dem Canonischen Rechte verborgenen liegende Erdichtungen keinesweges zulässet, solchemnach die Legitimation derer Kinder, welche von einem adlichen Vater und unadlichen Mutter erzielet und gebohren werden, durch die nachfolgende Ehe, so kräfftig nicht ist, daß dieselbe erzeugete Kinder das Recht in solchem Ehren-Gerichte zu bestehen erlanget hätten, sondern es müssen, wie vom Vater, also auch von der Mutter, und ihrer Mutter, die Schilde untadelich vorgezeiget werden.
  • Henel in Silesiogr. ...
  • Autor der Schlesischen Kern-Chronick, P. II. ...
  • Fuldners Anmerckungen über das Compend.
  • Lauterbach p. 52. u.ff.
  Übrigens bestehet das Canonische Recht, wie wir es noch heutiges Tages haben, aus zwey Büchern,  
 
  • das erstere wird genennet Decretum, siehe Decretum, im VII Bande p. 377.
  • und das andere Decretales, siehe Decretales, ebend. p. 374. u.f.
 
     

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Stand: 24. August 2016 © Hans-Walter Pries