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Zedler: Reichthum [2] HIS-Data
5028-31-198-2-02
Titel: Reichthum [2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 31 Sp. 199
Jahr: 1742
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 31 S. 113
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Übersicht
Geld-Kunst (Forts.)
  Arten (Forts.)
 
  politische
 
  Fürst
 
  Mittel, die ein Land reich machen
 
  1. Geld in Bewegung bringen
  2. Geld im Lande halten
  3. Geld ins Land bringen
  andere Arten der fürstlichen Geldvermehrung
  Literatur

Stichworte Text Quellenangaben
politische Die Politische Geld-Kunst siehet auf die äusserliche Glückseligkeit, so ferne selbige durch das Geld befördert wird, und zeigt daher, wie man Geld erwerben, und dasselbe klüglich brauchen müsse. Sie geht entweder auf das Wohlseyn einer Republick überhaupt, und be-  
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Fürst trifft also den Regenten, oder einer jeden eintzelnen Person, welche man die privat-politische Geld-Kunst nennen könnte. Jene weiset insonderheit, wie ein Fürst soll reich werden, welches eine practicable Sache ist, indem wir dieses aus der Erfahrung wissen. Das eintzige vernünfftige Mittel dazu ist, daß er sein Land reich mache, indem natürlich, wenn ein Regent durch seine Klugheit die Einkünffte des Landes vermehret, daß auch die Schatz-Cammer davon wachse und zunehme, und hingegen wenn das Land arm, der Regent niemahls reich seyn könne.  
  Bey solcher Vermehrung kan er sich so viel zueignen, als der wahre Nutzen der Regierung erfordert, ja nach Beschaffenheit der Umstände, als zur Zeit der Noth, noch ein weit mehrers, worinnen er nichts unbilliges begehet, wenn es zum Nutzen des allgemeinen Wesens muß angewendet werden. Ja wenn ein Fürst siehet, daß die Unterthanen zu reich, und dadurch zur Uppigkeit verleitet werden möchten, so kan er diesen Uberfluß zu sich nehmen, und ihn also anwenden, daß davon Waysen-Häuser, Invaliden-Häuser, Kirchen und Schulen gestiftet, gebessert, wohlverdiente Männer belohnet, und im Fall noch was übrig bleiben solte, der Staat vermehret werde, welches denn dem armen Handwercks-Mann wieder zu statten kommen kan.  
Mittel, die ein Land reich machen Ist demnach die Schatz- Kammer des Fürsten einerley mit der Schatz-Kammer des Landes, so werden beyde das Land und der Fürst in diesem Ansehen, zugleich reich, und die Mittel, die ein Land reich machen, machen auch einen Fürsten reich. Selbige sind folgende:  
1. Geld in Bewegung bringen
1) muß man darauf dencken, daß alles Geld im Lande in steter Bewegung sey, welches wie ein Bothe ist, dessen Ruhe keinen, die Bewegung aber, oder das Lauffen allein Nutzen bringet, und daher soll kein eintziger Thaler in Ruhe liegen, welcher bey weiten nicht so viel nützet, als ein Dreyer, der rouliret. Darauf pflegt man insgemein nicht wenig zu sehen, und man denckt, es sey dem Lands-Herrn gleich viel, wer das Geld habe, wenn es nur im Lande bleibe.
 
 
  Allein wenn man die Sache genau überleget, wird sich ein anders zeigen. Denn dependiret das Wohl eines Fürsten von dem Wohlseyn seiner Unterthanen, so ist ja natürlich, daß es besser um die Unterthanen stehen müsse, wenn das Geld rouliret, als wenn dasselbe stille lieget, indem von einem Thaler, ja von Millionen Millionen, wenn sie ruhen, kein eintziger Mensch leben kan, da hingegen von einem eintzigen Thaler, der in Bewegung ist, täglich zehen Menschen leben können. Es würden auf diese Art viele von denen Unterthanen unvermögend werden, ihre Handthierung zu treiben, Handel und Wandel muß in Abnahme kommen, und die Gaben werden mit vieler schmertzlicher Empfindung und Klagen gegeben.
 
 
  Dieses kan füglich geschehen, wenn man im Lande Sicherheit im Ausleihen verschaffet, damit niemand aus Furcht betrogen zu werden, das Capital liegen lasse; es müssen reiche Leute im Essen, Trincken, Wohnung, Kleidern und andern Stücken mehr aufgehen lassen, wodurch andere was verdienen können, das Geld kommt so unter die Leute, und man hat nicht einen so grossen Anlauf von Bettlern. Es müssen die
 
  {Sp. 201|S. 114}  
 
  Landwirthschafften wohl getrieben, die Manufacturen in Aufnahme gebracht werden, da denn ein Mittel dem andern die Hand bietet. Wenn der Regent so viel von dem Uberfluß der Renten gesammlet, als zur Werbung einer ansehnlichen Armee nöthig, so soll er weiter an keine Sammlung der Schätze dencken, und auch für seine Person keinen Thaler ruhen lassen, und wenn gleich das Geld vor die Armee nicht rouliret, so schafften es doch in seiner Ruhe grössern Nutzen, als wenn es in Bewegung wäre; alle andere Ruhe aber des Gelds ist dem allgemeinen Wesen, welches dasselbe besitzet, schädlich;
 
2. Geld im Lande halten
2) soll dieses Mittel, daß das Geld roulire, zum rechten Nutzen angewendet werden, so muß man veranstalten, daß das Geld nicht aus dem Lande zu dessen Schaden gebracht werde, welches auf unterschiedene Art geschehen kan. Denn es geschicht dieses durch den Pracht mit ausländischen Waaren, wodurch das Geld zwar rouliret, aber nicht zum Vortheil der Republic, weil es aus dem Lande kommt: den Pracht aber, den man mit inländischen Sachen treibet, soll man eben nicht verbieten, indem Pracht, wenn er eine bloße Nachahmung anderer Leute unsers gleichen ist, welche der Wohlstand erfordert, und Hoffart nicht einerley sind, wodurch das Geld so rouliren kan, daß die Reichen etwas erschöpffet, und von deren Uberfluß denen Armen etwas zugewendet werde.
 
 
  Es kömmt das Geld ferner aus dem Lande, wenn viele in fremde Länder reisen, und da das Geld durchbringen, mithin muß der Fürst auch auf die Minderung dieses Ubels dencken, welches aber nicht die Absicht hat, daß er seinen Lands-Kindern, wenn er selbst keine Universität hat, verbieten solte, Studirens wegen auf Universitäten zu zühen, und also das Geld nicht aus dem Lande zu tragen, massen man in der Republic verständige und tugendhaffte Leute braucht, die nachgehends dem Lande mehr einbringen können, als dasjenige ausmacht, was sie ausser demselben verthan; selbst aber eine Universität anzulegen, ist nicht allezeit thunlich, und wenns auch practicable, nicht rathsam, mithin ists vielmehr vor ein Land, wo keine Universität ist, ein Vortheil, daß die Lands-Kinder ausserwärts Gelegenheit, was nützliches zu erlernen, finden.
 
 
  Hat der Fürst in seinem Lande selbst eine Academie, so scheints zwar, daß man dadurch beydes, die Erlernung der guten Künste und Wissenschafften, und die Erhaltung des Gelds im Lande erlangen könnte, wenn man den Lands-Kindern, auf fremde Universitäten zu reisen verböte, oder wenigstens verordnete, daß sie einige Jahre auf der einheimischen zubringen müsten. Eine solche Anstalt ließ sich wohl machen, ob aber in der That so grosser Nutzen dabey seyn wird, lassen wir dahin gestellt seyn. Denn setzen wir zum Voraus, daß an der gründlichen Erlernung guter Wissenschafften, und einem tugendhafften Leben der Bedienten in einer Republic mehr gelegen, als an den Geld, so dadurch im Lande erhalten wird, so stehet dahin, obs mit der einheimischen Universität in Ansehung derer Lehrer, der Wissenschafften und der Disciplin allezeit so beschaffen, daß man den wahren sich vorgesetzten Endzweck erlangen kan, wie nicht weniger ob jemand auch
 
  {Sp. 202}  
 
  Lust hat, daselbst zu studiren. Denn wie leicht kan sichs auf verschiedene Art zutragen, daß wohl die nöthigsten Wissenschafften auf einer einheimischen Academie schlecht tractiret werden, und also niemand darinnen was rechtes lernen kan, auf welche Weise man zwar das Geld im Lande behalten hätte; man bekäme aber keine tüchtige Leute, die einmahl dem gemeinen Wesen rechtschaffene Dienste thun könnten, welcher Schaden weit grösser, als derjenige, wenn das zum Studiren nöthige Geld aus dem Lande auf eine fremde Universität gebracht wird. Soll aber jemand wider seinen Willen auf eine Universität zühen, da er in den Gedancken stehet, er könne auf einer andern seine Studien glücklicher treiben, so macht dieses in dem Gemüth Verdruß, und dieser Verdruß im Studiren Hindernisse.
 
 
  Das Reisen in fremde Länder, läst sich so schlechterdings nicht verbieten. Denn obgleich viele in ihrem Vaterlande klug worden; und hingegen mancher, der viel Geld aus dem Lande geschleppet, und in der Fremde sitzen lassen, nicht klüger worden, und hingegen wohl neue Laster und Thorheiten zurückgebracht, so ist doch dieses ausgemacht, daß man auf der Reise manches anmercken kan, welches zum Nutzen des Vaterlandes kan angewendet werden, und kommt also nur darauf an, was für eine Person reiset, und ob sie im Stand, sich auf der Reise vernünfftig zu regieren, und mit den Geld wohl hauszuhalten; hievon aber zu urtheilen, ist eine schwere Sache, auch in Ansehung, daß viele erst auf der Reise selbst liederlich werden, nicht wohl practicable. Solte aber das Reisen so sehr überhand nehmen, welches zwar bey itzigen Zeiten nicht zu sorgen, und man wüste wahrscheinlich vorher, daß man in Zukunfft so viel gereisete Personen zum Dienst der Republic nicht brauchen könnte, so hat der Regent wohl Ursach, durch ein Verbot dem häuffigen Reisen Einhalt zu thun.
 
 
  Zu denjenigen Arten, wie das Geld aus dem Lande gebracht wird, gehört auch, wenn man dasjenige, so man an Speise, Tranck, Kleider, ohne und zu seines Leibes Nothdurfft brauchet, anders woher holen, und mit baarem Gelde bezahlen muß, daher man die Ursachen zu untersuchen, warum das Land in ein und dem andern Mangel habe, und wo man selbiges gefunden, auf Mittel bedacht seyn, wie demselbigen durch Verbesserung des Feldbaus, der Holtzung, der Viehzucht, Jägerey, Fischerey abzuhelffen. Bey guten Jahren muß man einen Vorrath an Victualien sammlen, damit wir nicht bey einem Mißwachs, den zu verhindern wir nicht vermögend sind, das benöthigte aus fremden Ländern holen, und das Geld dahin bringen müssen.
 
 
  Die gröste Ursach, die einen Landmann arm macht, ist der Krieg, absonderlich wenn er in entlegenen und fremden Landen muß geführet werden, indem solcher gestalt das Geld aus dem Lande kommt. Wird er im Lande selbst geführet, so bleibt wohl das Geld, so die Armee verzehret, im Lande, es kan auch dadurch fremdes Geld durch die feindliche Armee ins Land gebracht werden; allein der Feind kan theils durch Plündern, theils durch Contributiones, theils durch Verwüstung des Landes grossen Schaden, und dadurch grossen Mangel anrichten. Am er-
 
  {Sp. 203|S. 115}  
 
  träglichsten ist noch der Krieg, der an den Gräntzen sein Lager aufschläget, weil die Unterthanen von dem Aufgange desselben wieder etwas genüssen.
 
 
  Qvacksalber, Marcktschreyer, Comödianten, Seil-Täntzer, Spieler, Glücks-Töpffer, und andere Landläuffer können auch viel Geld bisweilen aus dem Lande schleppen, und wo man siehet, daß sie nicht eben so viel verzehren, als sie verdienen, oder nicht den geringsten Nutzen stifften, welches dann und wann von einem Qvacksalber und Marcktschreyer geschehen mag, niemals aber von Comödianten, Seil-Täntzern, Glücks-Töpffern, so soll man sie im Lande gar nicht dulten, und das wenige, so sie der Obrigkeit, wegen erhaltener Erlaubniß, abtragen müssen, nicht ansehen.
 
3. Geld ins Land bringen
3) Es ist nicht genug, daß das gegenwärtige Geld im Lande bleibe, und in steter Bewegung stehe und roulire; sondern man muß auch darauf bedacht seyn, wie noch mehr Geld ins Land gebracht werde, das vorher noch nicht drinne gewesen. Dazu dienen die Bergwercke, indem wie viel jährlich von Metallen aus der Erde gegraben wird, um so viel das Land reicher ist, massen dasjenige, was unter der Erden war, den Einwohnern nichts halffe, nun aber zu deren Nutzen kan gebraucht werden, man mag aus dem Metall Geld schlagen, oder sonst Handel und Wandel damit treiben. Jedoch weil die Bergwercke nicht alle einerley Art sind, noch allezeit allein von den Inwohnern gebauet und genutzet werden, so müssen hier die besondere Umstände in Betrachtung gezogen werden, wenn man urtheilen will, wie weit die Bergwercke einem Lande nützlich sind.
 
 
  Glücklich ist dasjenige Land, wo die Bergwercke gute Ausbeute geben, und die Gewercke Inwohner sind; am glücklichsten aber, wenn Silber- und Gold-Bergwercke da sind, die reiche Ausbeute geben. Denn dadurch wird es um so viel reicher, als die auf den Bau gewendete Kosten und die Ausbeute zusammen sich belauffen, indem einmahl der Gewercke ihr Geld rouliret; so dem Lande nützlich, hernach vermehrt das ausgegrabene Metall, so man vorher noch nicht gehabt, den Reichthum. Sind die Gewercke auswärtige Personen, und die Bergwercke tragen Ausbeute, so geht zwar so viel Geld aus dem Lande, als die Ausbeute, die sie zu ihrem Antheil bekommen, werth ist; weil aber dasjenige, so aus der Erde gegraben wird, vorher niemand eigenthümlich gehöret, wegen der Unkosten hingegen der Gewercke ihr Geld rouliret, auch bey dem Fall, wenn sie nichts tragen, so hat doch das Land davon mehr Nutzen, als Schaden, welches auch geschiehet, wenn die Gewercke Innwohner sind, und die Bergwercke keine Ausbeute tragen, aus eben der Ursach, daß doch wegen der Unkosten das Geld nicht stille lieget, und vielmehr unter die Leute kommt.
 
 
  Denn wolte man sagen, es hätte das Geld an bessere Dinge können gelegt werden, so könnte es zwar vielleicht in Ansehung der Gewercken seyn, nicht aber in Ansehung der Republic. Denn wenn dieselbe, eins ins andere gerechnet, von 100 Thalern 110 Thaler Unkosten nicht jährlich vor 10 Thaler Metalle, oder andere Berg-Arten solten ans Licht bringen, und die aufgewendeten 100 Thaler kriechen nicht in die Erde hinein, sonst wäre der Handel sehr schlecht, sondern sie bleiben auf der Erde in den Beuteln der
 
  {Sp. 204}  
 
  Berg-Bedienten, darinnen sie doch, wie bekannt, sich auch nicht lange aufzuhalten pflegen.
 
 
  Eins der vornehmsten Mitteln, das Geld im Lande zu vermehren, ist auch der Handel und Wandel, wenn man an auswärtige mehr Waaren verhandelt, als man von ihnen zu nehmen nöthig hat, mithin muß der Regent so viel, als möglich ist, darauf dencken, daß der Handel und Wandel in Flor komme. Man treibt denselben entweder mit rohen Materialien, oder mit daraus gefertigten Waaren, dazu die Natur so wohl, als die Kunst den Grund legt, und es entstehen daraus unterschiedene Grade von dem Vermögen des Landes.
 
 
  Die Materialien, damit man handeln kan, werden entweder aus den Bergwercken genommen, oder von den Garten- und Acker-Bau, oder von der Viehzucht. Aus den Bergwercken kommen die Metalle, Mineralien, Steine und Stein-Kohlen. Der Acker-Bau giebt allerhand Arten von Getreyde; wohin man auch die Weinberge rechnen kan: aus den Garten nimmt man das Obst, Holtz von Bäumen, so man verarbeiten kan, allerhand Kräuter und Gewächse; und von der Viehzucht hat man nicht nur das Vieh selbst, sondern auch Butter, Käse, Wolle, Talch, Borsten, Häute, Felle, und dergleichen, wohin man auch den Handel mit dem Holtz, mit den Fischen, dem Wild, und so ferner rechnen kan. Auf solche Weise muß die Landwirthschafft fleißig getrieben, und untersuchet werden, worinnen und an welchen Orten sich zum Besten des Landes darinnen etwas vornehmen lässet.
 
 
  Diejenigen Sachen nun, welche die Natur dem Lande gegeben, haben den ersten Grad des Werths von der Natur. Zu solchen Materialien kommt die Kunst, wodurch man solche Waaren verfertiget, die man Manufacturen nennet, welche den natürlichen Preis, oder den ersten Grad des Werths gar sehr erhöhen können, indem dadurch eine solche Sache kan bereitet werden, die leicht noch zwey mahl so viel gilt, als ihre Materie, wenn sie der Kaufmann dem Handwercker bezahlt, welcher denn wieder seinen ansehnlichen Profit haben kan, er mag die Waare an Einheimische oder Auswärtige verkauffen, und das macht den dritten Grad des Werths.
 
 
  Es ist aber hier zum voraus zu überlegen: ob man gar keine Materialien ausser Land führen, und alles verarbeiten lassen soll, welches einige dafür halten, es müsse nemlich der Regent, wenn er sich und sein Land bereichern wolte, befehlen und verordnen, daß keine unverarbeitete Materialien aus seinem Lande giengen, indem was die Ausländer daraus machten, er auch in seinem Lande bereiten lassen, und die Materialien vier mahl höher nutzen könnte; allein wir halten dafür, daß man mit Unterscheid darauf antworten müsse.
 
 
  Denn in Thesi ist das wohl richtig, daß ein Land weit grössern Vortheil hat, wenn daselbst die Materialien können verarbeitet, und die Waaren entweder an die Inwohner, oder an Auswärtige verhandelt werden; ob sichs aber practiciren lässet, ist eine andere Frage. Wenn es mit den Einheimischen dahin kan gebracht werden, daß sie die im Lande verarbeitete Waaren nehmen müssen, und die Einfuhre fremder Waaren, dafür man baar Geld zahlen muß, verhütet wird, so ists ein grosser Vortheil, wodurch das Geld nicht nur im Lande bleibet, sondern auch in steter
 
  {Sp.205|S. 116}  
 
  Bewegung ist.
 
 
  Ja wenn solche Waaren zugleich an Auswärtige für baar Geld können verhandelt werden, so ists noch weit besser, weil hierdurch zugleich viel Geld ins Land kommt, wiewohl sich weder das erste, noch das andere allezeit practiciren lässet, und ereignen sich nach der Beschaffenheit der Länder und Örter allerdings Fälle, da es besser, die Materialien, als die daraus verarbeiteten Waaren aus dem Lande zu führen. Denn bisweilen finden sich an einem Ort die Materialien in so grosser Menge, daß man nicht gnug Arbeiter darzu haben, und nach Proportion des Landes unterhalten kan; oder diejenigen, die mit uns handeln könnten, verlangen nicht so wohl die verarbeiteten Waaren, als vielmehr die Materialien; oder sie werden nicht so auf diese Art, wie an anderen Orten, verarbeitet, und was andere Fälle mehr sind.
 
 
  Inzwischen muß hierinnen der Regent das möglichste thun lassen, und wo man siehet, daß die Manufacturen mit grösserm Vortheil können angeleget werden, alle Mittel brauchen, wodurch sie nicht nur in Flor zu bringen, sondern auch darinnen zu erhalten, wovon unten bey der Materie von Manufacturen mit mehrerm gehandelt worden.
 
andere Arten der fürstlichen Geldvermehrung Es sind noch andere Arten, dadurch das Aerarium kan vermehret werden, wenn ein Fürst die in seinem Lande geworbenen Soldaten an einen andern verkauffet, oder von einem andern Fürsten, daß er ihn zur Zeit der Noth beschützen möge, Pension bekommt, oder wenn er seine überflüßige Cammergelder auf Zinsen ausleihet, oder die Cammergüther mit gutem Vortheile verkauffet oder verpachtet.  
Literatur   Von dieser Materie können zweyerley Schrifften nachgelesen werden. Einige sind General-politische Bücher, worinnen diese Materie zugleich mit abgehandelt worden, worunter insonderheit die Gedancken
   
  • des Herrn von Seckendorffs, in dem Fürsten-Staat,
  • Buddei in element. philos. pract. ...
  • Rüdigers in der Kunst zu leben und zu herrschen ... der nach des Herrn Buddei Principiis geschrieben,
  • und Wolffs in den Gedancken von dem Gesellschafftlichen Leben der Menschen ...
    verdienen gelesen zu werden, die wir auch hier berühret haben.
    Andere haben besondere Schrifften von dieser Materie aufgesetzet, welche der Herr von Rohr in seiner Haushaltungs-Bibliotheck ... erzählet hat. Die vornehmsten sind
   
1) Hermann Conring in dissert. de aerario principis recte instituendo, augendo et conservando, worinnen er von dieser Sache schon gar methodisch gelehret;
   
2) Christian Henelius in tractat. politic. de aerario, sive de rationibus acquirendi principi pecuniam, worinnen er von Zöllen, Tributen, Müntz-Wesen, Bergwercken, Administrirung unbeweglicher Güter, montibus pietatis, monopoliis, Zuchthäusern und so weiter handelt:
   
3) Joachim Becher in dem politischen Discours von den eigentlichen Ursachen des Auf- und Abnehmens der Länder, Städte und Republiquen, worinnen viel feine Entwürffe von Commercien, Manufacturen, Seiden-Handel und dergleichen zu lesen, wiewol er auch zuweilen solche Vorschläge gethan, die sich
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  in Praxi nicht so leicht appliciren lassen, als er sich eingebildet;
   
4) Freyherr von Schröder, in der Fürstlichen Schatz- und Rent-Cammer, darinnen er Vorschläge thut, wie ein Fürst der Unterthanen Güter vermehren soll, und ist eins der besten Bücher von dieser Materie:
   
5) ein gewisser und ungenannter Cavalier in der Fürstlichen Macht-Kunst, oder unerschöpfflichen Gold-Grube, wodurch ein Fürst sich mächtig, und seine Unterthanen reich machen kan, darinnen viel gute Anmerckungen, sonderlich das Commercien- und Manufactur-Wesen betreffend, enthalten sind. Es hat diese Schrifft Heinrich Bodinus mit des Cavaliers Gutbefinden heraus gegeben, dawider aber des Jahres drauf 1704 ein anders heraus kommen unter folgendem Titel: das Gold des publicen Credits, welches der vornehme Auctor der Fürstlichen Macht-Kunst und unerschöpfflichen Gold-Grube durch Herrn Heinrich Bodens Gütigkeit und Vermittelung publice schauen lassen, wird auf dem Probierstein der gesunden Vernunfft zum Commercio untauglich befunden von einem Lübeckischen Kauffmann;
   
6) Johann George Leib in vier Proben, wie ein Regent Land und Leute verbessern, des Landes Gewerbe erheben, seine Gefälle und Einkommen sonder Ruin der Unterthanen billigmässiger Weise erhöhen, und sich dadurch in Macht und Ansehen setzen könne, worinnen er allerhand Anschläge eröffnet, wie ein Fürst vor den Ackerbau, Bergwercke, Manufacturen, Commercien, Universitäten, Künstler u.s.w. sorgen, und auf deren Verbesserung bedacht seyn soll:
   
7) Johann Georg Döhler, in der Untersuchung des heut zu Tage überhand nehmenden Geld- und Nahrung-Mangels nach seinem Ursprung und Ursachen, auch sichern und gewissen Hülffs-Mitteln,
    andrer zu geschweigen, die der Herr von Rohr an besagtem Ort schon angeführet hat.
     

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Stand: 12. Juli 2013 © Hans-Walter Pries