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Zedler: Sachsen [Stück von Deutschland] HIS-Data
5028-33-236-2
Titel: Sachsen [Stück von Deutschland]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 33 Sp. 236-238
Jahr: 1742
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 33 S. 131-132
Vorheriger Artikel: Sachsen, siehe Sächsisch
Folgender Artikel: Sachsen [Herzogthum]
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

Stichworte Text  
  Sachsen, Lat. Saxonia, wird jetzo das Stück von Deutschland genannt, so an  
   
  stösset, obgleich das alte Sachsenland gantz andere Grentzen gehabt.  
  Kayser Maximilian I hat auf dem Reichs-Tage zu Augspurg die in obbeschriebenen Grentzen begriffene Länder bey seiner Eintheilung des Deutschlandes in die Kreyse im Jahr 1500 in einen Kreys verfasset und solchen den Sächsischen genennet; er hat aber, nachdem er 1512 noch mehrere Länder darzugeschlagen, 2 Kreyse daraus gemacht, und einen den Ober-Sächsischen, den andern aber den Nieder-Sächsischen benamet.  
Obersächsischer Kreis Der Ober-Sächsische Kreys, Lat. CIRCULUS SAXONICUS SUPERIOR, gehöret mit unter die Zahl der zehn Kreyse des heiligen Römischen Reichs, grentzet  
   
  und begreifft  
   
  Der Kreys-Director ist der Churfürst von Sachsen.  
Niedersächsischer Kreis Der Nieder-Sächsische Kreys, Lat. CIRCULUS SAXONICUS INFERIOR, grentzet  
 
  • gegen Osten an den Ober-Sächsischen Kreys,
  • gegen Süden eben an denselben und an Hessen,
  • gegen Westen an Westphalen und das Deutsche Meer,
  • gegen Norden aber an Jütland und an die Ost-See.
 
  Zu diesem Kreys werden gerechnet  
   
  Die Directores in diesem Kreyse sind der König von Preussen als Hertzog von Magdeburg, und der Churfürst von Braunschweig, als Hertzog von Bremen, auch Krafft eines Vertrags mit der Hertzoglich-Wolfenbüttelischen Linie, als Hertzog von Braunschweig. Als Hertzog von Bremen alterniert dieser letztere mit dem Könige von Preussen.
  Von der Be-  
  {Sp. 237|S. 132}  
  schaffenheit dieses Landes mercken wir folgendes an: Es ist selbiges mit Korn, Wein und Öl, und mit allen, was zur Nothdurfft und Vergnügung des menschlichen Lebens zu brauchen ist, in Uberfluß begabet. Es hat einen solchen Zuwachs an denen nöthigsten Lebens-Mitteln, daß es auch die Nachbarschafft, der es daran fehlet, zugleich mit versorgen kan. Die Obst- und Kohl-Gärtner versorgen die Küchen und Speise-Kammern mit angenehmen Früchten. Diese Länder sind mit Wein gesegnet, und wer die Gegend des Meißner-Landes, der Elbe und Sale hat kennen lernen, der wird die Abbildung eines gesegneten Canaans für sich sehen.  
  Sachsen hat Saltzwercke, welches sonst allen Ländern nicht gegeben ist; das neue Saltzwerck zwischen Leipzig und Merseburg ist gegen andern curieux anzusehen, indem das wilde Wasser von der Saale, in den so genannten Gradir-Häusern, wenn es von oben her aus einem Canal herabtreuffelt, durch die Lufft weggeblasen, jene aber aufgefangen und zu Salze gekocht wird.  
  Es ist eine Stadt in Sachsen, deren Gegend ein lustiges Eden, und die schönen Gärten wegen der ausländischen und kostbaren Gewächse, Blumen und Früchte, ein klein Italien oder das Paradieß von Deutschland herstellet.  
  In den grossen Heiden, als der Dreßdnischen, Torgauischen und Dübischen und andern Gegenden, enthält sich eine ziemliche Menge von dem besten Roth- und Schwartz-Wildpret. An allerley Geflügel und Federvieh ist kein Mangel. Und es wäre kein Wunder, wenn man auf die Gedancken käme, es regnete in Ober-Sachsen Lerchen, wie dort in der Wüsten Wachteln, weil ausserdem, was sie selbst um diese Zeit verzehren, eine ziemliche Parthie denen Auswärtigen zugeschickt wird.  
  An Fischen hat die Elbe, die Molde, die Bare und die Sale keinen Mangel. Und obgleich, wie in den See-Städten oder niedrigern Landen, so gar viele Sorten von Fischen nicht können vorgesetzt werden, so fehlt es doch nicht an delicaten Aalen, Schmerlen und Forellen u.s.w. die in den edelsten Flüssen dieses Landes gefischt werden. Der grossen Teiche bey Torgau, Merseburg, Zittau und vielen andern Orten zu geschweigen.  
  Eine unschätzbare Wohlthat sind die Bergwercke dieser Lande, davon diese Gegend des edlen Sachsen-Landes ja den Namen führet und von allerley Ertz mit recht das Ertzgebirge heisset. Besonders sind die Silberbergwercke zu Schneeberg und Zwickau, vornehmlich zu Churfürst Ernsts Zeiten, ungemein gesegnet gewesen, und haben jährlich viele Tonnen Goldes eingetragen. Es wurde des Silbers so viel aus den Gruben gebracht, daß man den Gewercken kein gemüntzt Geld gabe, sondern nur das Silber in Klumpen zuwoge. Ja man hat 1477 zu Schneeberg in einer Schacht, St.-Georgen-Zeche genannt, eine Tafel und Bäncke von einer gediegenen Silber-Stuffe aushauen lassen, und den Churfürsten sammt seinen Hofleuten daselbst unter der Erde Tafel zu halten eingeladen, der darüber sich höchstens verwundert und gesagt: Er könne sich wohl rühmen, daß er viel herrl. als der Römische Kayser Mahlzeit gehalten. Aus dieser Stuffe sollen über 400 Centner Silber gemacht worden  
  {Sp. 238}  
  seyn.  
  Eine Meile von Seida ist ein Fluß, so die Arnsbach heist, zwischen dem Porstein und Kemmerwalda, in welchem Goldkörner gefunden werden, deren 1 Pfund 5 Gülden gelten. Noch näher dem Porstein ist ein Wasser, das heist die Flöhe, so zwar dergleichen Körner auch, aber soviel nicht wie die Arnsbach führet. Es gehöret diese Gegend einem Herrn von Schönberg. Es sind Italiäner dahin kommen und haben dergleichen viel mitgenommen, so ihnen aber verboten worden.  
  Die warmen Wässer und Bäder, die Sachsen hat, sind eine recht grosse Wohlthat, und so gut als die Wasser Amana und Parphar zu Damascon. Die Elster, die auch Leipzig begrüsset, führet an einem Orte Perlen; es ist auch eine Gegend bekannt, da Edelsteine, Demante, Magnete und Amethisten u.s.w. gefunden werden. Der kostbare Stein, der sonst nur über ein weites Meer in andere Länder muß gebracht werden, wächst im Lande, und was China und Indien, nechst diesen nur Holland an sonderbarer Erde für sich hat, das hat Sachsen in seinen Visceribus unwissend seiner Einwohner gezeuget: Denn Rochlitz bricht Marmor, und Dreßden giebt Porcellan und Crystall, wovon künstliche und nützliche Gefässe, wie auch zarte und delicate Gläser zur Bewunderung anderer hoher Landesherren fabriciret werden, und zu billigen Kauf vor Augen liegen.  
  Und wie diese Fabriken so gar lange nicht zu Stande kommen, so sind gleichergestalt auch Alaunwercke zu Schemsal, und noch an einem andern Orte dieses Landes erfunden und angebauet worden.  
  In Roth- und Zobel Färben hat Leipzig vor andern Städten das Glücke, daß die Materialien nur daselbst am besten angewandt werden. Wiewohl Lufft und Wasser auch einen grossen Einfluß in allen Dingen hat. Und wer wolte alle Wohlthaten und die Glückseligkeit des Sachsen-Landes nach Würden beschreiben.  
  Die Einwohner, vornehmlich in Meissen, haben die Ehre, daß die Deutsche Sprache in ihrer Gegend am besten geredet werde.  
  Die Galanterie wird bey denen Sachsen aus zwey Ursachen wohl unterhalten. Erstlich floriret durch die Stadt Leipzig die Kauffmannschaft dergestalt, daß viel curiöse Leute daselbst zusammenkommen und die Sitten der Einwohner höflich machen. Darnach sind die 3 Universitäten, Leipzig, Wittenberg und Jena, vor andern also starck und berühmet, daß der Geschmack der Gelehrsamkeit durch alle Städte mit sonderbaren Lobe der Unterthanen zu dringen pfleget.  
  Ein Sachse überhaupt ist tapfer, wahrhaftig und beständig. Die Sachsen haben in den Türckischen und Frantzösischen Kriegen ihre Schuldigkeit allezeit wohl in acht genommen. Wien, Ofen, Mayntz, Ryssel, Dornyck, und Dovay müssen ihnen ein gut Zeugniß geben.  
  Ein Sachse ist seinem Landesherrn ein treuer Unterthan. Und nichts hat ihn, wiewohl er auch niemahls Ursache gehabt, zu einem Tumult und Rebellion jemahls bewogen.  
  Die Religion betreffend, that GOtt diesem Lande die Gnade, daß in demselben, und zwar auf der Universität Wittenberg der Anfang zur Evangel. Reformation durch den Dienst Lutheri gemacht wurde.  
     

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Stand: 23. August 2016 © Hans-Walter Pries