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Zedler: Sachsen-Recht HIS-Data
5028-33-258-13
Titel: Sachsen-Recht
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 33 Sp. 258-266
Jahr: 1742
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 33 S. 142-146
Vorheriger Artikel: Sachsen-Querfurt
Folgender Artikel: Sachsen-Recht (Proceß nach)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

  Text   Quellenangaben
  Sachsen-Recht oder Sächsisches Recht, Jus Saxonicum, Droit Saxon.  
  Unter diesem verstehet man gemeiniglich nichts anders, als diejenigen Gesetze und Verordnungen, welche vornehmlich in denen Chur- und Fürstlich Sächsischen Provintzien und incorporirten Landen üblich sind, und werden selbige überhaupt in das alte und neue abgetheilet.  
  Das alte oder gemeine Sächsische Recht bestehet aus dem Land- und Lehn-Rechte, und dem Weichbilde; das neue Sächsische Recht hingegen ist entweder das Churf. oder Fürstliche Sächs. Recht. Wovon unter besondern Artickeln ein mehrers nachgesehen werden kan.  
  Ehe und bevor wir aber zu deren weitern Abhandlung selber schreiten; so wird nicht undienlich seyn, vorläufftig erst eines und das andere so wohl von denen Durchlauchtigsten Gesetzgebern oder Urhebern dieses Sächsischen Rechtes, und der ihnen deshalber zustehenden Macht und Gewalt, als auch von der Art und Weise, wie solche theils abgefasset, theils auch in das Land bekannt gemacht und zu jedermanns Wissenschafft gebracht werden, zu erinnern.  
  Es ist demnach  
  {Sp. 259|S. 143}  
  vor allen Dingen zu wissen, wie auch aus den Deutschen Geschichten zur Gnüge bekannt, daß Deutschland vor Zeiten überhaupt zwey allgemeine Rechte gehabt, das Fränckische oder Schwäbische, und das Sächsische. Jenes ist in dem Schwaben-Spiegel verfasset, aber nicht mehr im Brauch. Dieses hingegen oder das alte Sachsen-Recht ist eigentlich dasjenige Recht, dessen sich die Sachsen, so bey den Alten in Ostfalen und Westfalen eingetheilet wurden, bedienten.  
  Solches bestund, wie der andern Deutschen Völcker ihre Rechte, anfänglich in allerhand hergebrachten Gewohnheiten. Und ist die wahrscheinlichste Meynung, daß sie vor Carls des Grossen Zeiten keine geschriebene Gesetze gehabt, indem, was in dem Land-Recht und in der Glosse von Constantinus dem Grossen erzehlt wird, als wenn selbiger dieses Volck mit gewissen Rechten versehen, vor ein ungereimtes Geschwätze zu halten ist.  
  Carl der Grosse aber hatte selbigen zuerst geschriebene Gesetze gegeben, welche zum Theil noch übrig, und von Herolden, Lindenbrogen, Lucas Holstenen, und andern, an das Licht gebracht worden. Nach der Zeit haben vielleicht die andern Deutschen Kayser und Könige etwas hinzu gethan. Wie denn insonderheit Heinrichen dem Vogler der Ursprung des Heergewettes, ingleichen auch den Otten unterschiedene Ordnungen beygeleget werden. Aus welchen allen und den alten Gewohnheiten nachgehends Ebko von Rebkau zu Anfang des 13. Jahrhunderts seinen Sachsen-Spiegel zusammen gesetzt hat.  
  Dieses Recht hatte vor alten Zeiten einen grossen Theil von Deutschland unter sich, und wurde vor ein allgemeines Recht in der Sächsischen Pfaltz gehalten, und dem Schwäbischen Rechte, welches in den an dem Rhein gelegenen Provintzien und den Niederlanden beobachtet wurde, entgegen gesetzet. Es drang auch sogar in Pohlen, und die damahls darzu gehörigen Provintzen, in denen es auch noch zum Theil in gutem Ansehen ist.  
  Als aber in Deutschland der Stände Macht mehr und mehr anwuchs; so ist geschehen, daß deren viele, ungeachtet sie noch bis jetzund zu der Sächsischen Pfaltz gehörig, selbiges entweder gar, oder doch zum Theil, abgeschaffet, und nunmehro dessen Beobachtung in die Grentze der Lande Albertinischer und Ernestinischer Linie eingeschräncket worden.
  Heut zu Tage theilet sich das Sächsische Recht in 2 Theile, deren der eine gemein Sächsisch Recht, der andere Churfürstl. Sächsisch Recht genennet wird.  
  Der erstere bestehet wiederum aus 3 Theilen,  
   
  Nachdem aber mit der Zeit darüber verschiedene Streit-Fragen und ungleiche Meynungen entstanden; so sind solche vornehmlich durch Churfürst Augustens Constitutionen und Johann George II Decisionen erörtert und abgethan worden, die aber allein in den Churfürstlichen Landen gelten; da hingegen das alte Sachsen-Recht nicht nur in den beyden Ober- und Nieder-Sächsischen Kreisen, sondern auch  
  {Sp. 260}  
  in Schlesien, ja in Pohlen und Liefland, so viel die Städte betrifft, noch bis auf den heutigen Tag gebrauchet wird.  
  Nachgehends sind von höchstbemeldeten Churfürst Augustens, Preißwürdigsten Andenckens, Durchlauchtigsten Nachfolgern in der Chur-Würde von Zeit zu Zeit noch mehrere Verordnungen und Erläuterungen derer bisher schon bekannt gewesenen Rechte und Gesetze publiciret worden, wie unter denen Artickeln Sächsische Gesetze und Sächsische Rechts-Historie mit mehrern zu ersehen seyn wird; von deren verbindlichsten Krafft Rechtens in Ansehung derer Churfürstlich-Sächsischen Unterthanen und Lande folgende Betrachtung hinlänglich zeugen kan.  
  Es ist nehmlich unter denen Rechtsgelehrten gegenwärtiger Zeit eine gnugsam bekannte und durch viele Reichs-Grund-Gesetze bestätigte Wahrheit, daß die unmittelbaren Stände des heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, krafft der ihnen zustehenden Landes-Herrlichen Macht und Hoheit, in ihren Territoriis neue Gesetze geben, und entweder die alten zum Besten der Unterthanen ändern, oder gar abschaffen mögen. Siehe
  • die Wahl-Capitulationen derer Kayser
    • Leopolds und Josephs, Art. 3.
    • Carls VI, Art. 1.
  • Hertius de Superior. Territor.
  • Johann Ehrenfried Mayer in Tract. de Jure Statuum Legislatorio
  Und ob zwar einige in den Gedancken stehen, als ob die Rechte derer Privat-Personen, welche in denen Reichs-Abschieden, und andern allgemeinen Reichs-Gesetzen, enthalten, von einem Landes-Herrn nicht dürfften geändert werden, zumahl, wenn denenselben die clausula derogatoria annectiret zu befinden, massen dergleichen mit allgemeiner Einstimmung der Stände errichtete Gesetze unveränderlich und eben so wenig, als andere Conventionen unmzustossen: (Myler von Ehrenbach de Principibus et Statibus ImperiiStamm de Servit. person. … Vitriarius in Jur. Publ. …)
  so scheinet doch diese Meynung, wenn sie nicht mit gehöriger Beschränckung angenommen wird, der Landes-Fürstlichen Hoheit sehr nachtheilig zu seyn, indem dergleichen Conventionen die hohen Paciscenten nur in so weit, was den öffentlichen Reichs-Staat, oder die Stände selbst, oder derselben Unterthanen, gegen einen und den andern Reichs-Stand und dessen Unterthanen betrifft, verbinden, keineswegs aber die Art und Weise, das Justitz-Wesen in ihren eigenen Ländereyen zu besorgen, und denen Unterthanen Rechte und Gesetze vorzuschreiben, bestimmen, noch einschräncken.  
  Dahero vielmehr dafür zu halten, daß weder durch die neuern Reichsgesetze, sofort denen Gewohnheiten und Landes-Ordnungen in Entscheidung derer Unterthanen Privat-Angelegenheiten etwas entzogen worden, noch auch hierdurch die Reichs-Stände selbst, ohne ausdrückliche und besondere Verzicht, ihre Landes-Fürstliche Hoheit einschräncken, und ihnen die Freyheit benehmen lassen, daß, wenn es ihren Landen nützlich, sie unter ihren eigenen Unterthanen sothane Gesetze nicht ändern könnten und dürfften, in Betracht, weder Ihro Kayserlichen Majestät, noch denen übrigen hohen Reichs-Ständen, daran gelegen, auf was massen ein unmittelbarer Reichs-  
  {Sp. 261|S. 144}  
  Stand seine Unterthanen regieret. Dieses ist die gründliche Meynung des Herrn Reichs-Hof-Raths von Berger in Oeconom. Jur. Bes.
  • Titius in Jur. Priv.
  • Cocceji in Jur. Publ. prud.
  • Thomasius in Dissert. de Stat. Imp. … §. 44. u.ff. bis zum 59.
  Daß aber insonderheit die Durchlauchtigsten Vorfahren des Chur-Hauses Sachsen diese Autonomian, oder unumschränckte Macht, ihren Unterthanen Gesetze vorzuschreiben, jedesmal behauptet, solches ist aus der Historie offenbahr. Siehe Pfeffinger ad Vitriarium
  Und pfleget daher der Churfürst zu Sachsen der höchste Verweser und Beschützer des Sächsischen Rechtes (Juris Saxonici supremus Tutor et Defensor) genennet zu werden, Germ. Princ. …
  Massen dieses die von etlichen Jahrhunderten her ergangene Sächsischen Landes-Ordnungen darlegen. Und hat unter andern Churfürst Friedrich der Weise, glorwürdigsten Andenckens, nebst denen übrigen Hertzogen zu Sachsen, als im Jahre 1521 von Kayser Carln V auf dem Reichs-Tage zu Worms in dem Abschiede §. 19. verordnet wurde, daß der Brüder Söhne nebst des Verstorbenen Brüdern und Schwestern in stirpes succediren, und alle und jede Statuta, Satzungen, Gewohnheiten, Gebräuche, altes Herkommen, und Freyheiten, wo die an einigen Orten dieser Kayserlichen Satzung zuwider erfunden, caßiret und abgethan seyn sollen, dawider nicht allein feierlichst protestiret; sondern es ist auch das Herkommen, und alte Sächsische Recht, nach welchem bey Erbschafften das Darstellungs-Recht in der Seiten-Linie gäntzlich ceßiret, von Churfürst Augusten, Preißwürdigsten Andenckens, per Nov. Constitut.Wir wollen aber mit diesen Unsern Gesetzen etc. von neuen bestätiget worden.  
  S. das Torgauische Ausschreiben Tit. welchergestalt die Agnaten und Mit-Belehenten circ. fin. ibi: nach dieser Ordnung, wollen wir, daß man in den Hof-Gerichten, Juristen-Facultäten und allen Schöppen-Stühlen, nicht allein in künfftigen, sondern auch in den Fällen, so sich zuvor zugetragen, und noch nicht gäntzlich erörtert, richten, und derselben nach erkennen, sprechen und urtheilen soll, wollen auch alles dasjenige, so solcher unserer Ordnung zuwider, angesehen und bedeutet werden mag, aus Churfürstlicher Macht und Hoheit in unsern Landen hiermit corrigiret, aufgehoben und abgethan haben.  
  Und hat vornehmlich Churfürst August wegen vieler guten Gesetze den Namen des Sächsischen Justinians (Justiniani Saxonici) und einen unsterblichen Ruhm erlanget.  
  In der von Churfürst Johann George II Glorwürdigen Andenckens herausgegebenen Policey-Ordnung §. f. werden von dieses hohen Hauses Durchl. Gesetz-Gebern folgende nahmhafft gemacht: Dabey wir aber unsere in GOtt ruhende geehrten lieben Vorfahren, sonderlich aber, Churfürst Ernstens, Churfürst Moritzens, Churfürst Augustens, Churfürst Christians I und II und unsers Hochseligen Herrn Va-  
  {Sp. 262}  
  ters Churfürst Johann Georg I aller höchstseeligsten Gedächtniß, Kirchen-Landes-Ordnungen, keinesweges ausgeschlossen haben wollen.  
  Über diß haben die Churfürsten zu Sachsen, bey denen solennen Reichs-Zusammenkünfften das Recht, Policey- und Tax-Ordnungen zu errichten, und darüber zu halten. Besiehe Struv in Synt. … und neueste Tax-Ordnung d.d. Augsp. 31. Jan. 1690.
  Nachdem auch bekannt, daß die Churfürsten von Sachsen nebst denen übrigen protestirenden Reichs-Fürsten, in Geistlichen- und Kirchen-Sachen, ebenfalls die Ober-Herrschafft und das Recht, Gesetze zu geben, ausüben,
  • Instr. Pacis Westph. Art. 5. §. 30.
  • Henniges ad d.I.
  • Hertius de Super. Territ.
  So wird nicht nöthig seyn, gegenwärtig zu untersuchen, wie weit der Hertzoge von Sachsen Autorität, in Kirchen-Sachen zu befehlen, vormahls gegangen, sondern wir erinnern nur kürtzlich, wie der ehemahlige Chur-Sächsische Ober-Consistorial-Rath Reinhardt in Meditat. de Jur. … behaupten wollen, daß Churfürst Friedrich II. nebst seinem Herrn Bruder Wilhelm, ingleichen Hertzog George, und andere, schon zu ihrer Zeit, durch Kirchen-Gesetze rechte Disciplin und Gottes-Dienst zu halten, auch Abstellung alles dessen, was die wahre Gottesfurcht und Frömmigkeit verhindert, wie hingegen das abergläubische und ruchlose Wesen nicht wenig befördert, zu wege zu bringen beschäfftiget gewesen, dahero vermöge einer von dem von Germar, Land-Comthur der Balley Thüringen, gefertigten alten Nachricht, Hertzog George einsten sich dessentwegen bey entstandenen Irrungen gegen des Deutsch-Meisters Gesandten vernehmen lassen: Er reimete offtermeldter Balley halber niemand etwas ein, und wäre er in seinem Lande selbst Pabst, Kayser und Deutsch-Meister. Siehe
  So bald als durch Churfürst Johann George I. Testament und darauf erfolgte Verträge, Chur-Sächsischen Lande, dem äusserlichem Ansehen nach, gewisser massen zergliedert worden, ist die Frage fürgefallen: Ob und wie weit die Fürstlichen Herren Vettern dieser Linie, bey Errichtung der neuen oder Veränderung der alten Landes-Gesetze, Antheil zu nehmen? Wir haben bereits oben gehöret, daß das Recht, Gesetze zu geben, aus der Landes-Fürstl. Hoheit herzuleiten; folglich wird auch die Beantwortung dieser Frage, ob den Durchl. Herren Vettern die Landes-Fürstl. Hoheit in ihren Landes-Portionen zustehe, oder nicht, nach eben diesem Grunde einzurichten seyn.
  • Reinhardt, alleg. Tract. …
  • Stryck de Jur. Pap.
  • ingleichen Land-Recht Art. 3. Lib. 1. verb. der Pabst mag kein Recht setzen, da er unser Land- und Lehn-Recht mit kräncken möge.
  Die bejahende Meynung haben zwar etliche der Fürstlichen Herren Vettern darzustellen gesuchet, wie insonderheit aus dem vom Hochseeligen Herrn Hertzog Moritz Wilhelm, postulirten Administratorn zu Naumburg d.d. 2. Dec. 1685. in Druck gegebenen Mandate bekannt ist; da hingegen die verneinende in der kurtz vorher d.d. 20. Sept. ejusd. a. an Seiten des hohen Chur-Hauses gefertigten  
  {Sp. 263|S. 145}  
  Deduction, welche Lünig im Deutschen Reichs-Archiv … mittheilet, und in anderer und die Staats-Wissenschafft hochverdienter Männer, gegen das Fürstl. obangezogene Mandat gefertigten Schrifften, insonderheit aber in dem eigentlichen Berichte, wie es mit denen, zwischen Churfürstlicher Durchlauchtigkeit Johann Georg III. und Dero Herren Vettern beyden Hertzogen zu Sachsen und Administratorn der Stiffter Merseburg und Naumburg obschwebenden Differentien vor Bewandnis habe, d. an. 1688. gründlich ausgeführet worden, wie nemlich das errichtete Testament und darauf erfolgte Theilung das von uralten Zeiten so wohl ausser dem Churfürstenthum, als was die Chur betrifft, hergebrachte Recht der Erstgeburt keines weges aufgehoben oder verändert, viel weniger einen Staat in den andern, wider die Reichs- und Landes-Verfassung, formiret, sondern vielmehr die Fürstlichen Landes-Portionen, als partes integrantes in einem Unito, mit denen Churfürstl. Landen verbleiben, mithin die allgemeine Oberherrschaft (Jus Superioritatis Universale, oder in regula) Churfürstlicher Durchlauchtigkeit dergestalt zustehe, daß davon denen Fürstl. Herren Vettern ein mehrers nicht als diejenigen Actus, so ihnen in dem Freund-Brüderlichen Hauptvergleiche nachgelassen, und zwar auf die darinnen bestimmte Art und Weise, eingeräumet worden, massen dieses das Hochfürstl. Haus Sachsen-Weissenfels insonderheit vor längst erkannt u. Ihro Churfürstl. Durchlauchten das hohe Regale der Landes-Herrlichkeit und der Oberherrschaft (Jus sublime Territorii et Superioritatis) samt allen davon abhangenden Befugnissen und Gerechtigkeiten, so wohl in geistlichen, als weltl. Angelegenheiten, in ihrer Landes-Portion, deutlich zugestanden hat, per Recess. Eluculat. d. an. 1682. §. 8. 9. beym Lünig im Deutschen Reichs-Archiv P. Spec. Cont. 2. Abtheilung 4. Abs. 1. f. 645.
  Solchergestalt nun ist das hohe Recht, allgemeine Landesgesetze zu ertheilen, als ein Vorbehalt Sr. Churfürstlichen Durchlauchtigkeit alleine verblieben. Wir wollen die hieher gehörigen Gründe anziehen, damit ein jeder selbst den Grund der Sache beurtheilen möge.  
  Anfänglich sind in dem Testamente Johann George I Glorwürd. Andenckens d.d. 20 Julii 1652 §. 11. dem Durchl. Chur-Hause überhaupt alle mit dem Rechte der Erstgeburt verbundene Gerechtsame zugetheilt. Daß aber unter diese das Recht, Gesetze zu geben und zu erklären, vornehmlich mit zu zehlen ist, ist offenbahr. Siehe Ludolph in Introd. ad Jus Primogen. … ingl. von Ponicau in Disp. de Emolument.
  Hiernächst gehet der Freund-Brüderliche Haupt-Vergleich d.d. 22 April. an. 1657. § 44 dahin: Wann auch die Churfürstl. Durchlauchtigkeit Landes-Ordnungen in geist- und weltlichen Sachen zu publiciren nützlich befinden, wollen sie solches denen Herren Brüdern zu erkennen geben, ihre Bedencken darüber vernehmen, weß man sich sodann auf einem allgemeinen Land- und Ausschuß-Tage vereinigen wird, das wollen die Herren Brüdere in den Ihri-  
  {Sp. 264}  
  gen auch publiciren, ausschreiben, und zu Wercke richten lassen.  
  In dem von Churfürstlicher Durchlauchtigkeit mit dem Durchl. Sächsischen Weissenfelsischen Hause d.d. 12. Sept. 1682. getroffenen Elucidations-Recess. § 34. ist insbesondere verglichen: Wann Churfürstl. Durchlauchtigkeit allgemeine Landes-Gesetze und Ordnungen in geistlichen und weltlichen Sachen, zu publiciren nöthig oder nützlich befinden, wollen sie solches mit Ihro Fürstlichen Durchlauchtigkeit communiciren, Dero Erinnerungen und Bedencken darüber vernehmen und bey einem Land-Tage proponiren; was nun so dann abgehandelt und geschlossen wird, das soll in Ihro Churfürstlichen Durchlauchtigkeit Namen abgefaßt verbleiben, jedoch aber in Ihro Fürstlichen Durchlauchtigkeit Landes-Portion von Deroselben publiciret u. zu Wercke gerichtet werden; dafern auch gewisse das Land angehende Fälle vorkämen, da Ihro Churfürstl. Durchlauchtigkeit sonderliche Mandata in Ecclesiasticis oder Secularibus, in Militaribus oder Civilibus, in Müntz-Sachen, und dergleichen, dem Herkommen nach, auszufertigen genöthiget würden, soll die Publication solcher Mandatorum in Ihro Fürstlichen Durchlauchtigkeit Landes-Portion in Ihro Churfürstlichen Durchlauchtigkeit Nahmen, jedoch mediate und von Ihro Fürstlichen Durchlauchtigkeit, auf die Masse geschehen, daß zwar Ihro Fürstliche Durchlauchtigkeit zu solchem Behuff ein gewisses Patent nach der Notul sub. Lit. A. fertigen, demselben aber das Mandat ingroßiren lassen mögen.  
  A.  
  Notul des Publications-Patents, welchem die Churfürstlichen Mandata zu ingroßiren.  
  Von Gottes Gnaden Wir Joh. Adolph, (Tot. Tit.) Thun hiermit kund und zu wissen: Demnach der Durchl. Fürst und Herr Johann Georg III. (Tot. Tit.) wegen (inseratur generaliter causa vel occasio Mandati) vermittelst eines öffentlichen Mandats, welches nachfolgenden wörtlichen Inhalts ist (inseratur Mandatum integrum) Verordnung zu thun, der Nothdurfft erachtet, Uns auch solches Freundvetterlich zu erkennen gegeben, und dannenhero dasselbe in Unsere Landes-Portion ebenmäßig zu publiciren und zu Wercke zu richten. Als Befehlen Wir hier mit unseren etc. daß sie jetzt angeregtem Mandat allenthalben sich gemäß bezeigen.  
  Ferner ist mit zu berühren, wie weit die Herren Land-Stände bey Errichtung neuer allgemeiner Gesetze und Landes-Ordnung zu concurriren pflegen. Ob nun wohl an und vor sich derer Landes-Stände Zuziehung bey denen zu errichtenden Gesetzen ordentlicher Weise nicht erfordert wird massen die Macht, Gesetze zu geben, eine Würckung der Majestät, oder doch der dieser ziemlich nahe kommenden Landes-Hoheit ist, deren die Landes-Stände ordentlicher Weise nicht theilhafftig werden; So kan doch, aus alten Herkommen, gegebenen Reversalien und Privilegien, dergleichen Gerechtsame denen Landes-Ständen wohl zuste-  
  {Sp. 265|S. 146}  
  hen. Besiehe von Rhez. Lib. 2. Instit. Jur. Pub. …
  Ja es scheinet sehr billig und löblich, und einem Landes-Herrn zu rathen zu seyn, daß er die allgemeine Landes Gesetze mit Rath und Gutachten der Stände auf denen Land-Tägen errichte, damit die von ihnen selbst an die Hand zu gebende Beschwerden desto nachdrücklicher erwogen, und die Gesetze zu Abstellung derselben eingerichtet werden mögen.
  • Ziegler de Jur. Majest.
  • Myler. von Ehrenbach in Tr. de Princ. et Stat. Imp.
  Dergleichen altes Herkommen findet sich insonderheit in denen Chur- und Fürstlichen Sächsischen Landen, wo selbst bey Erricht- und Verbesserung allgemeiner Landes-Gesetze und Policey-Ordnungen, die Land-Stände (deren Corpus aus Prälaten, Grafen und Herren, denen von der Ritterschafft und Städten zusammen gesetzet ist, und deren unterschiedliche Beschaffenheit und Eintheilung der hochberühmte Sächsisch-Zeitzische Cantzlar, Veit Ludwig von Seckendorff, im Deutschen Fürsten-Staat, … beschreibet) mit dazu gezogen und derselben ohnmaßgebliche Erinnerungen erfordert und zugelassen werden.  
  Einige meynen, daß aus denen zu überlegenden Puncten der Landstände Votum, wenigstens in denen vorigen Zeiten, einem Decisivo bißweilen nahezu kommen geschienen, wenn nicht nur von denen Ständen bey verschiedenen Land- und Ausschuß-Tägen ein und andere Postulata in Unterthänigkeit depreciret, woraus mehr als ein blosses Gutachten oder unmaßgeblicher Vorschlag zu folgern wäre, sondern auch viele höchstwichtige Sachen, worauf so wohl des gesammten Volckes, als der hohen Landes-Herrschafft, Bestes beruhet, erörtert worden. Besiehe German. Princ. … u.f. und in not. b.c. desgleichen Glafeys Geschichte des Hauses Sachsen …
  Hingegen legen die meisten denenselben nur ein Votum Consultativum bey, indem dasselbe nicht so wohl die Macht und Gewalt, Gesetze zu geben, als vielmehr nur die Art und Weise, wie solche am besten abzufassen und einzurichten, zum Grunde hat. Dahero hat auch der Herr Reichs-Hof-Rath von Berger in Oeconom. Jur. … aus einem von der löblichen Juristen-Facultät zu Wittenberg im Jahre 1686 ertheilten Responso gar wohl angezogen: Sie (die Land-Stände) wurden bey denen Land-Tägen alleine darum zu denen Deliberationibus gezogen, damit man die Sachen desto genauer untersuchen, und was nützlich oder schädlich seyn könne, desto mehr vergewissert werden möchte, ansonsten aber der Schluß gar nicht von der Landschafft, sondern von dem Landes-Herrn selbst, oder dessen Regierung zu gewarten sey, und solche Regierungen sich den Land-Ständen zu conformiren, und nach ihrem Willen den Schluß zu fassen, nicht angehalten werden mögen. Bleibet also der Satz festgestellet, daß sothane Gesetze allererst durch des Landes-Herrn Gutbefinden und Approbation ihre Consistentz und Krafft erreichen.
  • Coler in Proc. Exec.
  • Thomasius in supr. alleg.
  • Wildvogel in
  {Sp. 266}  
   
  Diss. de Statibus Provinc. von Land-Ständen §. 54.
 
  • Struv in Synt. Jur. Publ.
  Nachdem nun die Gesetze und Landes-Ordnungen, mit Zuziehung derer Stände, gemeiniglich eingerichtet worden; so pflegen solche nachgehends von dem Hochpreißlichen Geheimden Raths-Collegio approbiret, und durch die Hochlöbliche Landes-Regierung ins Land ausgefertiget und publiciret zu werden, welche meistentheils nach Ablauf 2 Monathe, nach deren geschehener Publication, ihre verbindlichste Krafft Rechtens erlangen. S. Praef. ad Constit. August. d. anno 1572. …
  Jedoch, wenn plötzliche und unvermuthete Vorfälle entstehen; so ergehen auch, ohne der Stände Zuziehen, aus bemeldten hohen Collegiis General- und Special-Verordnungen, Mandate und Rescripte u.s.w. welche von dem Herrn Cantzlar unterschrieben und durch den Secretarium des Ausländischen Creyses bey der Chur-Fürstlichen Landes-Regierung ausgefertiget worden. Wobey anzumercken, daß bisweilen ausserordentlich, und wenn es anbefohlen wird, einige Verordnungen und Mandate, z.E. die Ehe-Ordnung, das Mandat wider die Selbst-Rache, ingleichen die Armen-Ordnung wider das Bettel-Wesen, von denen Cantzeln pflegen abgelesen, wiederhohlet und eingeschärfft zu werden.  
  Auf was Masse mit Ausfertigung und Publication derer Patente, Ordonanzen, Reglements, und anderer zum Kriegs-Staate gehörigen Mandate, wenn solche nicht nur die Militz, sondern auch das Land in Krafft eines ordentlichen Gesetzes binden sollen, zu verfahren, davon ist die Königliche Final-Entscheidung d.d. 3. Decemb. 1714, beym Lünig C.A. … nachzulesen. Besiehe
  • Wabsts Histor. Nachr. von dem Churfürstenth. Sachsen. Sect. I. c. 1.
  • Colers Or. de Orig. Jur. Saxon.
  • Reinhards Tr. de Differ. Jur. Civ. et Saxon.
  • Conrings Comment. de Orig. Jur. Germ.
  • u.a.
     

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Stand: 29. März 2013 © Hans-Walter Pries