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Zedler: SCHOLASTICI HIS-Data
5028-35-921-3
Titel: SCHOLASTICI
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 35 Sp. 921
Jahr: 1743
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 35 S. 475
Vorheriger Artikel: Scholastice, (Marie)
Folgender Artikel: SCHOLASTICI … Schüler
Siehe auch:
Hinweise:

  Text Quellenangaben
  SCHOLASTICI, Scholasticus, dieser Nahme, welcher von Schola seinen Ursprung hat, ist ziemlich alt, und nach des Casaubonus Meinung von Theophrastus, des Aristoteles Discipul, zuerst gebraucht worden, einen gelehrten und beredten Mann damit anzudeuten.  
  Bey den Lateinern aber ist diß Wort zu Cicero Zeiten noch nicht gebräuchlich gewesen: Nachgehends hingegen ward dieser Name nur solchen gegeben, welche sich um kein öffentliches Amt bestrebten, sondern vor sich lebten, und dem Studiren, insonderheit aber der Philosophie sich widmeten.  
  Unter des Kaysers Augustus Regierung ward er den Rhetoribus gegeben, welche sich und ihre Schüler im Declamiren oder in Schulreden übten; sie bewarben sich so sehr um Zuhörer, wenn sie ihre Geschicklichkeit in einer öffentlichen Rede wollten sehen lassen, daß sie selbige nicht selten mit Gelde erkauften, wie Plinius von seinem Nomenclatore meldet: Hatten sie ihre Sachen gut gemacht, so wurden sie von ihren Zuhörern mit einem Kusse empfangen und nach Hause begleitet; wenn aber einer sich übel hielte, so zischten sie, stampften mit den Füssen, und steinigten ihn wohl gar zum Auditorio hinaus.  
  Allein von des Nero Zeiten an ward der Nahme: Scholasticus, denjenigen zugeeignet, welche sich in den Rechtsschulen im Advociren übten,
  • l. 2. C. de lucr. advoc.
  • Nov. 80.
 
  In dieser Bedeutung ist dieses Wort lange Zeit unter den Griechen im Brauch gewesen. Man hat es auch einst allen Rechtsgelehrten insgemein gegeben.  
  Überhaupt aber war es zu diesen Zeiten ein Schimpfwort, und bedeutete einen Schulfuchs oder Pedanten, daher auch Kayser Hadrianus auf gleiche Art Graeculus und Scholasticus genennet ward. Nachdem aber die geistlichen Schulen von den Königen in Franckreich des ersten Stammes aufgerichtet, und von Carln dem Grossen erneuert worden, gab man diesen Namen den Meistern solcher Schulen, das ist, denjenigen, welche diejenigen, die in den freyen Künsten und in der Theologie weiterkommen wollten, zu regieren und zu unterweisen hatten: welches umso nöthiger war, da die lateinische Sprache, so doch den grösten Theil des Gottesdienstes ausmachte, auch vielen unter den Geistlichen, kaum ein wenig bekannt war. Daher also solche Lehrer Meister oder Häupter der Schulen genennet wurden.  
  Einige geben vor, daß der so genannte Scholasticus einer Kirche nur die Sprachen und Philosophie zu lehren gehabt, und daß ausser demselbigen ein besonderer Professor der Theologie gewesen.  
  Dieses ist gewiß, daß diese besondern Ämter nachgehends vereinbart und von einer einigen Person verwaltet worden sind, welche an einigen Orten Scholaster, Primicerius, und auch Theologalis genennet wurde. Also wurde Algerius, welcher wider den Berengarius geschrieben, Scholasticus tituliret, weil er Scholaster oder Theologalis zu Lüttich gewesen, und Olivarius Scholasticus, welcher im Anfang des 13 Jahrhunderts lebte, bekam diesen Titul davon, weil er Theo-  
  {Sp. 922}  
  galis zu Cöln gewesen war.  
  Hiernächst haben einige gemeinet, daß alle abendländische Kirchen-Scribenten, welche seit dem 9 Jahrhundert Scholastici genennet wurden, diesen Namen wegen ihres in der Kirche bedienten Amts geführet haben, und daß von solcher Zeit an durch diesen Titel nicht mehr die Gelehrsamkeit oder Beredsamkeit der Personen, die ihn geführet, angedeutet worden.  
  Allein man findet doch auch einige Exempel, da der Name Scholasticus diese letztere Bedeutung gehabt zu haben scheinet. Wiewol Genebrardus berichtet, daß unter den Griechen das Wort Scholasticus gleichfalls der Name gewisser Kirchenbedienten gewesen, welche mit den Theologalibus oder Notariis apostolicis der abendländischen Christen übereinkommen, siehe auch den Artickel: Scholasticus.  
  Endlich hat man bereits in den mittlern Zeiten angefangen, den Namen derer Scholasticorum in einer gantz besondern Bedeutung denjenigen Schulherren beyzulegen, welche die damals fast gäntzlich unbekannte Aristotelische Philosophie wiederum hervorgesucht, und in ihren Schulen eingeführet, von welcher Art der Philosophen der Artickel: Scholasticker, nachzulesen ist.
  • Voß. Etymol.
  • Cangius Gloss. Latin.
 
     

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Stand: 30. Dezember 2012 © Hans-Walter Pries