HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Sprache [1] HIS-Data
5028-39-399-10-01
Titel: Sprache [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 39 Sp. 399
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 39 S. 213
Vorheriger Artikel: Sprache [Übersicht]
Folgender Artikel: Sprache [2]
Hinweise:

vorhergehender Text  Artikelübersicht   Teil 2  Fortsetzung

Übersicht
Bedeutung
Äußerliches Sprachvermögen
Sprache und Beredsamkeit
Ursprung
Entwicklung
Älteste Sprache
  Hebräische Sprache

Stichworte Text   Quellenangaben und Anmerkungen
  Sprache, Rede, Loquela. [1]
[1] HIS-Data: Lateinisch auch Lingua, siehe die nachfolgenden Artikel, z.B. Sprache (Frantzösische)
Bedeutung Das Wort Sprache hat zweyerley Bedeutung: Einmahl wird dadurch verstanden das Vermögen, welches der Mensch hat, seine Gedancken durch eine vernehmliche Stimme zu erkennen zu geben. Solch Vermögen ist ein Vorzug, dessen sich das  
  {Sp. 400}  
  vernünfftige Geschöpffe allein zu rühmen hat, und wird betrachtet, als innerlich, wie sie in dem Verstande empfangen, oder als äusserlich, wie sie durch den Mund verrichtet wird.  
Äußerliches Sprachvermögen Und in diesem letzten Verstande bedeutet es die vernehmliche Stimme selbst, durch welche ein Mensch dem andern seine Gedancken mittheilet. Hierbey betrachtet man  
 
1) die Werckzeuge, welche sehr unterschiedlich sind, als die Brust mit dem Zwergfelle, die Lunge und die Lufftröhre, welche alle die Lufft aus- und einblassen; die Stimme aber moduliren die Lippen, die Zähne, die Zunge, das Zäpffgen, der Gaumen und die Nase, welche gleichsam den Resonanzboden machet.
 
 
2) Die Art und Weise; solche bestehet in der Modulation der aus der Lungen gestossenen Lufft, denn wie z.E. einer in eine Trompete bläset, so klinget sie auch.
 
 
3) Die Materie; solche ist zwiefach, eine giebt die Seele, die andere die Lebensgeister, diese sind also von einander geschieden, daß die Geister öffters, ohne Mitarbeitung und Regierung der Seele etwas hervorbringen, wie solches gantz offenbar wird, wenn einer in tieffen Gedancken stehet, und doch mit dem andern redet und mit betet, daß er hernach nicht weiß, was er gethan hat.
 
 
4) Der Nutzen der Sprache, welcher ebenfals zwiefach ist: Denn
 
 
 
1) soll die Sprache und Rede hauptsächlich auf GOtt den Herrn gerichtet seyn, denselben, als unsern Schöpffer und gnädigen Vater, anzubeten, und ihn mit Danck und Lob zu ehren;
 
 
 
2) auf unsern Nächsten, als denselben mit Unterredungen, Tröstungen, Auf- und Unterrichten u.d.g. zu dienen.
 
  Was aber die Theile des Leibes anbelanget, welche zu Formirung der Sprache und der Stimme gehören: So sind verschiedene Bewegungen im Leibe nöthig, welche dem Willen der Seele unterworffen sind, und die mit ihren Verrichtungen übereinstimmen. Die Materie der Stimme und der Sprache ist die Lufft, welche aus der Lunge heraus gestossen wird, und also dienen darzu die Lunge und die Lufft Röhre.  
  Insonderheit aber ist der Kopff (larynx) hauptsächlich um der Stimme willen vorhanden. Von den bey den Gießkannen förmigen Knorpeln wird der Ritz (glottis, rima) formiret, damit durch den engen Ausgang die Lufft geschwinde heraus fähret, weil sonst keine Stimme und Sprache statt finden könnte. Und weil sich die Stimme ändert, nachdem der Ritz weit oder enge ist: So sind auch besondere Mäuslein vorhanden, welche ihn weiter und enger machen, nachdem es die Nothdurfft erfordert.  
  Zur Eröffnung dienen die Ringschildförmigen, die Ringgießkannförmigen und die Seiten-Ringgießkannförmigen. Nehmlich ausser den beyden Ring-Gießkannförmigen Knorpeln befindet sich noch der Ringförmige, der um den Kopff herum gehet, und daran die Gießkannförmigen liegen, und der Schildförmige oder der Adams-Apffel, den man bey Mannspersonen durch die Haut oben am Halse gar wohl sehen und fühlen kan.  
  Die Seiten-Ringgießkannförmigen Mäuslein sind an der Seite des Ringförmigen Knorpels und an den Gießkannförmigen feste, und ziehen diese zu beyden Seiten nach der Seite herüber, wenn der Ritz erweitert werden  
  {Sp. 401|S. 214}  
  soll. Die Ringschildförmmigen sind an dem Ringförmmigen Knorpel und dem Gießkannförmmigen feste, und ziehen die beyden Gießkannförmmigen Knorpel nach der Seite herüber, wenn der Ritz erweitert werden soll. Endlich die Ringgießkannförmigen sind von hinten an dem Ringförmigen Knorpel feste, und endigen sich an den Gießkannförmmigen, und demnach ziehen sie diesen hinten vor, wenn sich der Ritz erweitern soll. Hingegen wird der Ritz durch die Gießkann-Mäuslein enger gemacht, welche von der Seite des Ringförmmigen Knorpels schief herüber zu den Gießkannförmmigen gehen, daß demnach der zur Rechten herüber gegen die Lincke, und der zu Lincken herüber gegen die Rechte gezogen wird, wenn der Ritz enger werden soll.  
  So vielerley Werckzeuge hat GOtt dem Kopffe der Lufft-Röhre gegeben, damit der Ritz so wohl weiter als enger gemacht werden kan, als er ordentlicher Weise bey dem Athemhohlen offen stehet, nachdem die Stimme hoch oder niedrig, fein oder grob werden soll.  
  Allein ausser diesen Mäuslein finden sich noch andere zu anderm Gebrauche an dem Kopffe der Lufft-Röhre. Von dem Brustbeine gehen herauf an dem Schildförmigen Knorpel die Brustbein-Schildförmigen Mäuslein; wenn diese verkürtzt werden: so werden die Schildförmigen Knorpel nieder gezogen. Hingegen von dem Zungenbeine gehen in den Schildförmmigen Knorpel die Zungen-Bein-Schildförmigen Mäuslein: Wenn diese verkürtzet werden; so werden die schildförmigen Knorpel in die Höhe gezogen. Indem nun der Schildförmige Knorpel nach einander in die Höhe gehoben und wieder heruntergezogen wird; so wird die Lufft, welche durch die Lufft-Röhre aus den Lungen herausfähret, eine solche Bewegung mitgetheilet, als zu Erregung eines Schalles vonnöthen ist, und solchergestalt lautbar gemacht.  
  Und in der That können wir auch diese Bewegung, wenn wir reden oder schreyen, mit dem Finger fühlen, wenn wir ihn an den Adams-Apffel legen. Und demnach sind auch besondere Werckzeuge vorhanden, wodurch der Athem lautbar und zu einer Stimme gemacht wird. Der Ritz in dem Kopffe der Lufft-Röhre muß wegen des Athemhohlens, so in einem fortgehet, offen seyn. Gleichwohl ist Gefahr, wenn wir etwas hinunter schlucken, daß etwas davon in die Lufft-Röhre kommet: welches viele Schwierigkeiten macht, wie wir es erfahren, wenn wir sagen, es sey in die unrechte Kehle gekommen, massen die unrechte Kehle nichts anders als die Lufft-Röhre ist. Zu dem Ende ist das Kehldecklein vorhanden, welches der oberste Knorpel ist, so den Ritz in der Lufft-Röhre bedecket, wenn wir etwas hinunter schlucken. Daher kömmt es, daß etwas von Speise und Tranck in die Lufft-Röhre kömmt, wenn wir reden oder schreyen wollen, indem wir im Hinunterschlucken begriffen sind. Dann wenn wir etwas sicher hinunter schlucken wollen; so muß das Kehldecklein niedergedruckt liegen, damit der Ritz in dem Kopffe der Lufft-Röhre bedeckt sey: wenn wir aber reden oder schreyen, oder auch lachen, mit einem Worte eine Stimme von uns geben wollen; so muß das Kehldecklein erhaben seyn, damit der Ritz frey wird.  
  Sonst dienen zur Verschliessung des Kopffes von  
  {Sp. 402}  
  der Lufft-Röhre auch die Schildgießkannförmigen Mäuslein, als welche von dem Schildförmmigen Knorpel heraufgehen, und sich in den Gießkannförmigen endigen.  
  Der Kopff der Lufft-Röhre mit seinem vielfältigen Werckzeugen ist eigentlich um der Stimme willen gemacht. Damit nun aber ferner eine Sprache daraus wird; so muß die Stimme auf verschiedene Art verändert werden, damit die Buchstaben heraus kommen, daraus die Sylben und die Wörter bestehen, welches insonderheit Amman in seiner Dissertation: de Loquela umständlich ausgeführet hat.  
  Zu den lautbaren Buchstaben brauchen wir den Mund, als durch dessen verschiedene Eröffnungen die Stimme zu lautbaren Buchstaben wird. Es findet sich aber ein Unterschied so wohl in der Weite, als in der Figur der Eröffnung, und ist daher kein Wunder, daß man einem an dem Munde es ansehen kan, was er für einen lautbaren Buchstaben ausspricht, wenn man sich darinnen geübet. Jedoch ist nicht zu läugnen, daß auch die Zunge dabey gebraucht wird: denn wenn man die Zunge bey der Spitze hält, indem man die lautbaren Buchstaben ausspricht, wird man finden, daß man eine Bewegung in der Zunge verspüret. Ja wenn man die Zunge gewöhnlicher Weise mit der Spitze unten an den Zähnen liegen lässet, indem man die lautbaren Buchstaben hinter einander ausspricht; so wird man eine Veränderung in der Figur der Zunge nach dem Unterscheide der Buchstaben verspüren, wenn man eigentlich darauf Acht hat.  
  Unterdessen wird insgemein blos auf die Änderung des Mundes gesehen, weil die Zunge in ihrer Lage stille verbleibet, indem der Buchstabe ausgesprochen wird, und daher die Veränderung in ihrer Figur und Lage gleichsam vorher geschiehet, ehe wir den Buchstaben aussprechen. Und dieses ist die Ursache, warum man insgemein den Unterschied der lautbaren Buchstaben blos von der Eröffnung des Mundes herholet. Die stummen Buchstaben kommen von der Veränderung der Stimme durch die Lippen, die Zähne, die Zunge und den Gaumen her, wovon Amman in der angeführten Dissertation zu allen Buchstaben ins besondere Exempel gegeben hat. Wolfens vernünfftige Gedancken von dem Gebrauche der Theile in dem Menschen etc. p. 495 u.f.
  Der Mangel der Sprache ist an und für sich kein Kennzeichen der verwundeten Lufft-Röhre; sondern wenn sich dieselbe verlohren, dergestalt, daß der Patiente auch bey niedergedrücktem Kopffe keinen lauten Thon hervorbringen kan; so ist es ein Merckmahl, daß die zurücklauffenden Nerven verletzet sind. Dieses beweiset unter andern de la Motte im zweyten Theil seiner Chirurgie, p. 276 mit folgendem Exempel: Da ein Verwundeter, dem die Lufft-Röhre gantz durchgeschnitten gewesen, im Anfange recht gut hat sprechen können, dem aber nachher, da erwehnte Nerven auch verletzet worden, die Sprache erst vergangen. Da nun nicht bey allen Wunden der Luftröhre diese Nerven mit verwundet werden, so erfolget auch nicht bey allen der Verlust der Sprache, wie solches auch die Erfahrung bekräfftiget.  
  Obgleich die Zunge eines der vornehmsten Instrumente der Sprache und der Vernehmlichkeit der Stimme ist; so schreibet doch Riolan in seiner Anthropographia, daß er ein Kind von fünff Jahren gesehen habe, welches, nachdem es die  
  {Sp. 403|S. 215}  
  Zunge durch bösartige Blattern verlohren gehabt, das Zäpflein aber unverletzt behalten, gar nicht oder doch sehr wenig den Gebrauch der Sprache verlohren gehabt. Es ist wahrscheinlich, daß der Grund oder das Fundament der Zunge dabey zurück geblieben ist.  
  De Jußieu hat in den Memoires de l’academie des Sciences eine Anmerckung von einem kleinen Mägdgen beygebracht, welches geredet hat, ob es schon ohne Zunge gebohren gewesen, an deren statt es nur eine kleine Erhebung gehabt hat.  
  Ein Exempel, daß ein Frauenzimmer aus Liebe die Sprache verlohren, führet Friedel an, in seinem XVI medicinischen Bedencken, p. 330. u.f. ingleichen in seinem expedit. und bewährt. Medic. im I. Theile, p. 95 u.f.  
Sprache und Beredsamkeit Die Sprache ist der Grund zur Beredsamkeit; doch ist sie an sich selbst die Beredsamkeit noch nicht. Es verhält sich damit fast wie mit dem Gehen und Tantzen, oder Lauffen. Ein jeder Täntzer oder Läufer muß zuvor gehen können: Aber nicht alle die da gehen können, können auch geschickt tantzen, oder mit sonderbarer Behändigkeit lauffen. Es wäre in dieser Absicht gut, daß man auch die Wörter, sprechen und reden, in gemeinen Gebrauche so unterscheiden möchte. Jenes könnte man allen Menschen einräumen, die den Gebrauch ihrer Zunge hätten, ihre Gedancken andern mitzutheilen; dieses aber müste man nur denen zugestehen, die mit besonderer Weitläufftigkeit, Geschicklichkeit und Lebhafftigkeit von einer jeden Sache ihre Gedancken zu erklären wüsten.  
Ursprung Hieraus ist nun überaus leicht zu sehen, daß die Sprache weit älter seyn muß, als die Beredsamkeit. Es sey nun, daß dem ersten Menschen die Sprache anerschaffen, oder daß selbige allmählich von ihm erfunden worden; indem er nach Veranlassung seiner Empfindungen und Gedancken allerley Töne von sich gegeben, und selbige als Zeichen gewisser Dinge beständig damit verknüpfft hat: So ist es doch gewiß, daß das erste Sprechen nicht so gleich eine wohlgesetzte Rede gewesen seyn kan.  
  Die älteste Sprache muß in den ersten Jahren der Welt eine sehr unvollkommene Sprache gewesen seyn. Die Anzahl der Dinge, deren man dazumahl nöthig hatte, war sehr geringe; der Umgang unter so wenigen Menschen und bey so wenigen Begriffen war sehr seltsam; und ihre Unterredungen musten also nothwendig sehr mager bleiben: Folglich waren auch ihre Worte nicht viel, folglich dachten sie mehr als sie sprachen; wofern das noch dencken heist, wenn man ein blosses anschauendes und kein symbolisches Erkänntniß von Dingen hat. Denn so viel ist wenigstens ausgemacht, daß unsre Gedancken durch den Gebrauch der Wörter zu weit grösserer Deutlichkeit gelangen.  
Entwicklung Es ist leicht zu schliessen, daß nach und nach bey anwachsender Menge der Menschen und bey zunehmender Anzahl der zum bequemen Leben gehörigen Dinge, auch die Sprache der ersten Menschen wortreicher geworden. Z.E. wenn Seth die Sternseher-Kunst, Jubal Music, und Tubalkain das Schmiede-Handwerck erfundenen: so ist kein Zweiffel, daß sie nicht ihre Sprache mit verschiedenen neuen Wörtern bereichert haben sollten, die ihr Vater Adam noch nicht gewust hatte.  
  So gieng es nun allmählich fort, und es muß ohne Zweifel lange gedauert haben, ehe die erste Sprache zu einigem Reichthume gekommen ist. Vielleicht hat sie auch denselben niemahls  
  {Sp. 404}  
  erlanget, wenn man sie mit den heutigen Sprachen vergleichen will. Die Hebräische ist schon von vielen Sprachkundigen einer Armuth in Worten, und grossen Unvollkommenheit in ihren Ausdrückungen überwiesen worden. Man kan davon den Herrn le Clerc bey seinem Wercke über die Bücher Mosis und in der Arte critica nachschlagen.  
  Was uns Moses von den Reden der Patriarchen vor und nach der Sündfluth erzehlet, stimmet vollkommen hiermit überein. Die Gespräche, so er uns von denselben aufgezeichnet hat, werden immer desto ausführlicher, angenehmer und beweglicher: je neuer die Zeiten sind, darinnen sie vorgefallen sind. Und man könnte sagen, daß sich in den Unterredungen der Söhne Jacobs mit dem Joseph in Egypten, die ersten Funcken der Hebräischen Beredsamkeit gewiesen hätten.  
  Doch nach dieser Zeit scheinet die Wohlredenheit unter Leuten, die mit der Viehzucht umgiengen, ein schlechtes Wachsthum gehabt zu haben. Die Egyptier hergegen müssen zum wenigsten bey Hofe und unter ihren Priestern schon mehr Fertigkeiten im Reden erlanget haben: Denn wir sehen, daß Moses, der in aller ihrer Weisheit unterrichtet gewesen, nachmahls bey Ausführung seines Volckes und in der Wüsten bis an seyn Ende, solche Proben einer erhabenen, durchdringenden und feurigen Beredsamkeit abgelegt, die man ohne allen Unterricht und ohne alle vorhergehende Übung nicht wohl von jemanden vermuthen kan.  
  Also ist die Sprache immer bereichert worden, bis sie endlich zu den Zeiten des Propheten Jesaias und Jeremias auf den grösten Gipfel ihrer Vollkommenheit gebracht worden ist. Gottscheds Redek. p. 50 u.f.
Älteste Sprache Was die Frage anbelanget: Welches die älteste unter allen Sprachen sey? So kan man nichts gewisses entscheiden. Einige sind auf die Gedancken gerathen, als ob die erste Sprache der Welt bey dem Thurm-Bau zu Babel gäntzlich verlohren worden sey, und als ob nur einige Reste davon in andern Sprachen übrig geblieben wären. Andere haben der Äthiopischen, andere der Griechischen, andere der Syrisch-Chaldäischen, die meisten der Hebräischen dieses Recht der Erstgeburt unter den Sprachen, wenn wir so sagen dürffen, zu behaupten gesucht. Niemand aber ist wohl hier auf eine seltsamere Meynung gefallen, als der im 16 Jahrhunderte bekannt gewesene Medicus zu Leyden, Johann Goropius, mit dem Zunamen Becanus. Wie er die Welt zu bereden gesuchet, daß das Paradies in Holland gewesen sey, so hat er auch die Niederländische Sprache vor die älteste ausgegeben.  
Hebräische Sprache Diejenigen, welche die Hebräische Sprache für die älteste halten, haben folgende Ursachen:  
 
1. Weil eben allein aus derselben alle Nahmen der Örter und Menschen vor der Sündfluth und Sprachenvermischung können erkläret werden. Z.E.
 
 
 
  • Adam 1 B. Mos. II, 7.
  • Eva. III, 20.
  • Cain, IV, 1.
  • Seth, IV, 25.
  • Noah, V, 25.
  • Peleg, X, 25.
  • Eden, II, 10.
  • Nod, IV, 16.
 
 
2. Weil die Benennung einer Ehefrauen von dem Manne, als Männin, sonst in keiner Sprache zu finden ist,
1 B. Mos. II, 23.
 
3. Weil denen Thieren in dieser Sprache zuerst ihre Nahmen, und zwar solche, wie deren Natur eigentlich erfordert, sind gegeben worden;
1 B. Mos. II, 19. 20.
 
4. Weil derer ältesten Völcker und Nationen Nahmen daraus
 
  {Sp. 405|S. 216}  
 
  genommen sind;
1 B. Mos. X, 2-29.
 
5) Weil sie noch jetzo die Mutter aller andern Sprachen ist, als welche so leicht zu keiner andern können gebracht, noch in eine andere resolviret werden, als eben die Hebräische Sprache.
 
  Allein es ist nicht zu begreiffen, wie in so viel tausend Jahren und bey so unendlich vielen Veränderungen der menschlichen Begebenheiten eine Sprache in ihrer ersten Reinigkeit habe bleiben können. Da alles der Veränderung unterworffen ist, warum solten die Sprachen davon ausgenommen seyn? Will man einwenden, weil die Schrifft in der Hebräischen Sprache aufgezeichnet ist; so hätte GOtt auch dieselbige vor andern erhalten: So gewinnt man wenig damit. Wenn die Juden Mexicanisch geredet hätten; so hätte die Schrifft auch darinnen abgefaßt werden müssen, weil sich GOtt derjenigen Sprache bedienen muste, die die Leute verstunden. Solte ihr aber deswegen wohl eine besondere Heiligkeit zukommen?  
  GOtt redet in allen und jeden Sprachen, daher auch wegen der angegebenen Heiligkeit desfalls eine so viel Vorzug als die andere verdienet, und es ist gewiß kein kleiner von den hochmüthigen Juden uns aufgebundener Aberglaube, daß wir uns eine sonderbare Heiligkeit ihrer Sprache und daher, rührenden Vorzug weiß machen lassen. Es ist fast lächerlich, wie die Freunde von dieser Sprache und ihrem Alterthume schwatzen, daß sie ihre Stammwörter zur Erklärung der Stammwörter anderer Sprachen machen möchten. Allein so lange ihre Erklärungen allzugezwungen bleiben, solange keine tüchtigen Gründe vorhanden sind, aus welchen sie es beweisen können: So lange wird auch ihre Mühe vergebens seyn. Pufendorf. von den Zust. des H.R.R. Deutscher Nation p. 87.
     

vorhergehender Text  Artikelübersicht   Teil 2  Fortsetzung

HIS-Data 5028-39-399-10-01: Zedler: Sprache [1] HIS-Data Home
Stand: 27. Februar 2013 © Hans-Walter Pries